Wenn alle Lichter ausgehen ...

Beim ersten Wintereinbruch kommt jährlich das Thema Stromausfall wieder auf den Tisch. Unser Fachautor Martin Abderhalden zeigt für die Notstromversorgung das Vorgehen von der Bedarfsabklärung bis zur Inbetriebnahme an einem Praxisbeispiel auf.

Notstromversorgung – Praxiseinsatz: Wenn alle Lichter ausgehen ...

Sturm und Schnee im Winter – eine zapfwellenbetriebene Stromversorgung sichert den Betrieb von Fütterung und Melkanlage.

Das Ziel ist es, einen Milchviehbetrieb inklusive eines Zweifamilienhauses möglichst einfach mit ausreichend Energie zu versorgen. In Zusammenarbeit mit einem Aggregatehersteller und dem örtlichen Elektroinstallateur hat er die richtigen Maßnahmen durchgeführt.

Wieviel Strom braucht man für die Unabhängigkeit? Auf dese Frage können die Generatorenhersteller hinsichtlich des Bedarfs die genaue Antwort geben. Für die Bedarfsanalyse berücksichtigt man sämtliche Stromverbraucher in Haus und Stall. Hat man eine aktuelle Stromabrechung zur Hand, kann der Bedarf gemäß dieser abgeschätzt werden. Am besten sollte man anschließend eine ausführliche Liste aller größeren Stromverbraucher machen und dabei gleich notieren, wann diese eingeschaltet werden, um damit die Höchstbelastungen sichtbar zu machen. Nun geht man die Liste durch und hebt die großen Verbraucher mit hohem Anlaufstrom hervor. Dies sind in unserem Fall die Stationärmischanlage mit 22 kW Motor, die Heubelüftung, die Luftentfeuchtungsanlage und die Güllerührwerke. Melkmaschine, die Spülautomaten mit Rücklauferhitzer und der Milchkühltank fallen etwas weniger ins Gewicht. Danach geht es im Wohnhaus weiter, wobei hier außer der Wärmepumpenheizung die Verbraucher eher weniger relevant sind.

Danach schaut man, wo zu welcher Zeit am meisten Strom benötigt wird und setzt die Prioritäten. Die Arbeitsgänge Melken, Kühlen, Waschen und Misten werden der Fütterung vorgezogen, da diese erst danach erledigt wird. Läuft aber der Futtermischer und wird noch mit dem Heukran befüllt, während die Wärmepumenheizung auch aktiv ist, ist der theoretische Strombedarf entsprechend höher. Die höchste Belastung wäre in unserem Fall um die 24 kW.

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Die Verbindung zwischen Traktor und Generator über die Zapfwelle muss so spielfrei wie möglich sein.

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Alle Sicherungen und die AVR Regelung, der justierbare Über-/Unterspannungsschutz und die Isolationsüberwachung.

Wieviel Einspeisung ist möglich?

Nun gilt es aber auch abzuklären, welche Absicherung der Hausanschluss, beispielsweise die Hauptsicherung vom Haus, aufweist und wie hoch die Einspeisung sein darf. Hier liegt der Ball klar beim Elektriker. Er kann genau sagen, mit wieviel Einspeisung der Hausanschluss versorgt werden darf. Er ist auch der Einzige, der Arbeiten an der Installation vornehmen darf.

Egal ob die Notstromeinspeisung mit einem Zapfwellengenerator oder einem Notstromaggregat mit eigenem Motor erfolgt, ist eine Netzabschaltung, welche durch einen Fachmann montiert wird, ein absolutes Muss! Alles andere ist verboten und lebensgefährlich.

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Mit geringem Aufwand kann mit einem Zapfwellengenerator der ganze Betrieb mit Strom versorgt werden.

Netzabschaltung ist ein absolutes Muss

Eine Netztrennschaltung macht nichts anderes, als die Netzeinspeisung in den Hausanschluss komplett und sicher abzuschalten und ermöglicht dann eine Umschaltung auf eine Einspeisesteckdose, mit der dann der Generator gekoppelt wird. Ist eine Photovoltaikanlage auf dem Betrieb montiert, so muss auch diese sauber vom Netz getrennt werden können – ansonsten besteht die Gefahr eines Totalschadens.

Die Installation der Schaltung erfordert Platz, denn die Kabel der Einspeisung sind großdimensioniert, und auch das Schaltmodul braucht Raum. Bei einem voll belegten Stromtableau kann es durch die vielen Kabel knapp werden und es wird ein zusätzlicher Steuerungskasten nötig.

Bei der Montage wird die Einspeisedose so positioniert, dass sie geschützt, aber gut zugänglich und mit dem Traktor so nahe wie möglich erreichbar ist. Die Kosten für eine Netztrennschaltung inkl. Steckdose und Montage und Anschlussarbeiten belaufen sich auf circa 1.000 Euro, ist noch ein Schaltkasten nötig, kommen nochmals etwa 500 Euro dazu.

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Über das Digitaldisplay lassen sich die Spannung aller drei Phasen und die genaue Frequenz in Hertz (Hz) ablesen.

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Die analogen Anzeigen an der Front zeigen die Betriebszustände und die Betriebsstunden an.

Je „besser“ der Traktor, um so „sauberer“ der Strom

Bei der Wahl des richtigen Generators stellt sich die Frage nach dem Bugdet und den Anforderungen. Am kostengünstigsten sind Zapfwellen-Generatoren, die an die Dreipunkthydraulik angebaut werden. Diese gibt es von 20 kVA bis etwa 85 kVA Leistung. Da ein Traktor auf jedem Hof vorhanden ist, ermöglicht das eine kostengünstige Lösung. Zu beachten gilt, dass der Traktor etwa doppelt so viele kW Leistung haben sollte, wie der Generator in Dauerleistung erzeugen kann. Zudem ist eine elektronisch geregelte Motorsteuerung von großem Vorteil. Denn so wird mit der Motordrückung bei Lastveränderungen die Drehzahl automatisch gehalten, ohne dass man manuell eingreifen muss. Denn Drehzahlschwankungen des Traktors übertragen sich auf die Frequenz vom Strom. Im Stromnetz entstehen Schwankungen, die nicht ausgeglichen werden können. Das kann sich gerade bei sensiblen Steuerungen bemerkbar machen und Störungen verursachen. Deshalb gilt: je besser der Traktor, um so sauberer ist der Strom. Aus diesem Grund funktioniert ein gleichmäßiger Antrieb auch nur mit spielfreier Gelenkwelle ohne Überlastkupplung oder Freilauf – die Verbindung muss starr und so spielfrei wie möglich sein. Je leistungsfähiger der Traktor, um so kraftstoffsparender lässt sich der Generator auch auf der 750 U/min- oder gar 1.000 U/min Zapfwelle niedertourig antreiben.

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Mit dem zehn Meter langen Erdungskabel wird im Einspeisebetrieb über einen Blitzableiter zusätzlich abgesichert. Im Feldbetrieb wird der Erdungsspieß so tief wie möglich in den Boden gerammt und mit dem Kabel verbunden.

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Für die Netztrennschaltung benötigt es eine vom Fachmann ausgeführte Installation mit einem Trennschalter und passender Steckdose.

Gleiches mit Gleichem vergleichen

Die Begriffe kVA und kW sind Angaben, die oft verwirren. Am einfachsten kann dies mit einem Glas Bier mit Schaumkrone erklärt werden. Das volle Glas mit der Schaumkrone zusammen kann als Scheinleistung/ kVA (Kilovolt-Ampere) betrachtet werden. Der trinkbare Teil, also ohne Schaumkrone, bedeutet die Wirkleistung / (Kilowatt). Die Schaumkrone entspricht der Blindleistung, also der Energie, die nicht verwertet oder umgesetzt werden kann und keinen Gehalt hat. Bei Geräteangaben ist also kVA die theoretische Leistung und kW die effektiv mögliche Leistung, dies sollte bei Vergleichen berücksichtig werden.

Bei der Ausstattung, Qualität und der Leistung gibt es sehr unterschiedliche Produkte auf dem Markt. Maßgebend ist die Dauerleistung in kW, gute Komponenten und eine präzise Steuerung. Diese sind das Herzstück und gewährleisten einen sicheren und effizienten Betrieb. Der Über-/Unterspannungsschutz sollte programmierbar und auf den jeweiligen Einsatzzweck anpassbar sein. Ein guter Zapfwellengenerator verfügt über zwei getrennte Systeme für den Feldbetrieb und den Einspeisebetrieb, beides separat abgesichert mit Personenschutzüberwachung. Im Feldbetrieb gehören Steckdosen vom Typ T23/230 V und je T25, CEE16 und CEE32 für 400 V Speisung dazu. Ein Stundenzähler ist wichtig für die Wartung. Da bei Volllast recht große Kräfte wirken, sollten auch der Dreipunktanbau und die Gelenkwelle robust sein. Größere Preisunterschiede erklären in der Regel die Auswahl und Qualität der Komponenten.

Für unseren Test haben wir den GENNO A42 Zapfwellengenerator des Herstellers Kilowatt 24 AG eingesetzt. Dieser ist topausgestattet und mit einem langsam laufenden Industrieaggregat von Linz ausgerüstet. Möglich ist eine Dauerleistung von 42 kVA/ 33,6 kW bei 50 Hz, die Maximalleistung liegt bei 46 kVA/37 kW. Die elektronische Spannungsregelung AVR und eine Frequenzüberwachung sorgen für eine zuverlässige Regelung. Wichtig ist, dass bei der Auslieferung des Generators der Landwirt vor Ort kompetent instruiert wird, und auch ein Probelauf unter realen Bedingungen stattfindet. Das bringt Sicherheit in der Bedienung. und Fragen können direkt erläutert werden. Wenn nötig, werden auch noch Feineinstellungen vorgenommen.

Notstromversorgung – Praxiseinsatz: Wenn alle Lichter ausgehen ...

Da der elektrisch angetriebene 22 kW Futtermischer über eine sehr gute Steuerung mit Frequenzumrichter verfügt, lässt auch er sich problemlos über den ZW-Generator betreiben.

Notstromversorgung – Praxiseinsatz: Wenn alle Lichter ausgehen ...

Ist der Platz im Tableau ausgeschöpft, braucht man für die Umschaltung einen separaten Schaltschrank.

Das Einspeiseprozedere ist Routinesache

Oft ist bei den Anwendern noch Abneigung oder Scheu vor einer Noteinspeisung vorhanden, was aber unberechtigt ist. Sicher schadet etwas Respekt nicht, denn man arbeitet mit Gerätschaften, die Starkstrom erzeugen. Und Scheu lässt sich mit einer guten Instruktion und Routine schnell beseitigen.

Als erstes wird der Generator am Traktor angebaut und zum Einspeiseort gebracht. Alle Sicherungen am Gerät müssen ausgeschaltet sein. Dann wird er auf den Boden abgesenkt und das Erdungskabel an einen Blitzableiter oder der Hauserdung angeklemmt. Dann wird das Einspeisekabel mit dem Gerät und der Steckdose verbunden. Nun startet man den Traktor und bringt die Zapfwellendrehzahl auf etwa 430 U/min. Die Drehzahl wird so eingestellt, dass sie bei 50,5–51 Hz konstant läuft und so abgespeichert. Ist eine Motordrückung vorhanden, wird diese nun ebenfalls aktiviert. Dadurch regelt der Traktor automatisch bei einer Lastveränderung nach. Sämtliche große Verbraucher auf dem Betrieb sind nun abzuschalten. Jetzt wird die Netztrennschaltung auf 0 gestellt und somit der Betrieb komplett vom Netz getrennt. Bevor man nun auf die Notstromeinspeisung umschaltet, sollte man mindestens fünf Sekunden warten, damit der Reststrom, der sich noch in den Leitungen befindet, sauber abfließen kann. Ist eine Photovoltaikanlage auf dem Betrieb installiert, muss diese spätestens jetzt unbedingt ausgeschaltet werden.

Nun sind das Generatorenterminal auf Hausbetrieb zu schalten und dann die Sicherungen zu aktivieren. Nun fließt der Strom zur Hausversorgung und nach und nach werden die ausgeschalteten Verbraucher zugeschaltet. Auf der Digitalanzeige vom Genno kann nun auch die Spannung auf allen drei Phasen separat und die exakte Hz Frequenz abgelesen werden. So hat man die Sicherheit, dass alles störungsfrei läuft. Ist der Einsatz beendet, ist die Vorgehensweise dieselbe einfach rückwärts. Bei unserem Testgenerator ist auf der Abdeckung der Steuerung ein Schema montiert, auf dem der Ablauf leicht verständlich und übersichtlich dargestellt ist. Die integrierte Überwachung reagiert bei Über- und Unterfrequenz, Über- und Unterspannung aller drei Phasen, Asymmetrie und Ausfall. Spricht eine der Überwachungen an, schaltet der Generator automatisch ab.

Haus- und Hofversorgung mit geringem Aufwand

Die Leistung des Zapfwellengenerators reicht bei unserem Betrieb mit großen Reserven aus. Im Haus können problemlos Heizung, Waschmaschine, Licht und Gefrieraggregate laufen, wenn im Stall die Beleuchtung und die Melkmaschine in Betrieb sind. Dazu lässt sich sogar noch der 22 kW Futtermischer mit 3.200 kg Futterkomponenten und ganzen Siloballen mit dem Heukran befüllen. So liegt die Leistungsaufnahme ab Generator bei circa 13 kW bei einem Dieselverbrauch von rund 8 l/h. Zu diesem sehr guten Ergebnis dürfte auch der Futtermischer beitragen, der mit einem hochwertigen Frequenzumrichter ausgestattet ist und so immer auf die optimalste Betriebsart schaltet. Selbst das Hochfahren nach stillstehendem Mischer ist kein Problem – bei einer Stern-Dreieck-Schaltung dürfte das aber wahrscheinlich nicht mehr möglich sein, da sonst der benötigte Anlaufstrom zu hoch würde.

Auch im Feldbetrieb universell einsetzbar

In erster Linie erscheint der Zapfwellengenerator als notwendiges Übel, das man am liebsten nicht benutzt. Dem ist aber nicht so. Er kann auch im Feldeinsatz sehr gute Dienste leisten und dort richtig „Dampf liefern“, also auch große Verbraucher versorgen. Sei es für die Brennholzaufbereitung im Wald oder für Bauarbeiten auf einer Weide, wo es keine Stromversorgung gibt. Oder zum Betreiben eines Heißwasserhochdruckreinigers, einer Schweißanlage oder auch für ein Festzelt. Es gibt unzählige Anwendungsbereiche und Einsatzzwecke, für die man den Zapfwellengenerator einsetzen und so auch schneller amortisieren kann. Der Betrieb erfolgt mit wenigen Unterschieden wie bei der Einspeisung in die Stromversorgung des Hofs. Anstelle eines Blitzableiters dient hier ein Erdungsspieß für eine Stromableitung. Dieser wird so tief wie möglich in den Boden gerammt und anschließend das Erdreich mit ausreichend Wasser durchnässt, denn trockener Boden würde schlecht leiten. Die Inbetriebsnahme läuft wieder gleich ab, lediglich der Wählschalter wird auf Feldbetrieb gestellt und automatisch die Isoliationsüberwachung aktiviert.

Der Wartungsbedarf ist sehr gering: Gelenkwelle schmieren, Getriebeölstand kontrollieren und jedes Jahr mindestens einmal das Einspeise-Prozedere durcharbeiten. Das dient der Übung der Bedienung und auch der Pflege der Generatorkomponenten. Für die Lagerung muss unbedingt ein trockener Platz vorhanden sein.


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