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Der VDI-Fachbereich Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik (MEG) hat im Oktober den zweiten Teil seiner VDI-Roadmap „Agriculture Technology 2030“ zur Technik- und Technologieforschung für eine zukunftsfähige Tierhaltung veröffentlicht. Die VDI-Roadmaps können unter www.vdi.de/publikationen kostenfrei heruntergeladen werden.
„Moderne Systeme zur Versorgung der Tiere erfassen nicht nur die Futteraufnahme, sondern unterstützen das Tierwohl; indem zum Beispiel bei Kälbern mit Hilfe von Tränkeautomaten die Milch körperwarm in kleinen Portionen angeboten wird, und die Betreuungspersonen per SMS informiert werden, wenn kein Futter abgeholt wurde. Hierdurch hat man nicht nur eine sehr gute Einzeltierkontrolle, sondern unterstützt das Wohlbefinden und wird umgehend informiert, wenn individuelle Gesundheitsstörungen bei den wertvollen Jungtieren auftreten. Die individuelle Verhaltensbeobachtung ist ein strategisches Forschungsziel für die nächsten Jahrzehnte, um Tierwohl mess- und nachweisbar zu erfassen.
Eine zweite technische Herausforderung für die Tierhaltung ist die klimaneutrale Erzeugung der Lebensmittel. Klimaneutralität bedeutet einerseits die Minderung von klimaschädlichen Emissionen, andererseits aber auch einen nachhaltigen Umgang mit Energie.
Emissionsmindernde Maßnahmen werden nicht nur bei Neubauten eingefordert, auch die Nachrüstbarkeit spielt bei den laufenden Forschungsprojekten eine wichtige Rolle. In Bezug auf die Energieeffizienz hat die Tierhaltung gute Voraussetzungen: die Dachflächen der Ställe bieten viel Platz für PV-Module zur Stromerzeugung und auch die Biogas-Technologie passt sehr gut zu den vorhandenen Reststoffen, die unweigerlich mit der Tierhaltung verbunden sind. Die Abwärme dieser Anlagen (immerhin 60 Prozent des Biogas-Brennwertes) kann entweder in den Ställen verwendet werden, aber auch für die Anwohner und für Industrieunternehmen als Prozesswärme. Neue Entwicklungen haben das Ziel, die Reinheit des Biogases zu steigern, um es in das öffentliche Gasnetz einzuspeisen. Aber auch über die direkte Verwendung als Treibstoff wird intensiv geforscht.
Der Wunsch nach mehr Planungssicherheit besteht nicht nur bei den tierhaltenden Landwirtinnen und Landwirten. Stallgebäude und Biogasanlagen sind langfristige Investitionen; sie erfordern verlässliche baurechtliche Rahmenbedingungen von Seiten der Politik. Aber auch die Hochschulen und Universitäten erwarten klare Zusagen über die Zukunft der Forschungs- und Ausbildungsbereiche. Mehr Tierwohl, geringere Umweltbelastungen und die Absicherung der Energieversorgung im ländlichen Raum sind im Zeitalter der Digitalisierung große Herausforderungen, die nur mit einer nachhaltigen Forschungsstruktur erreichbar sind. Die große Innovationskraft der Landtechnik-Branche insgesamt wird dann sicher auch weiterhin zu einer hohen Wertschätzung in der Gesellschaft beitragen.
Der VDI-Fachbereich Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik (MEG) hat im Oktober den zweiten Teil seiner VDI-Roadmap „Agriculture Technology 2030“ zur Technik- und Technologieforschung für eine zukunftsfähige Tierhaltung veröffentlicht. Forschungsfelder werden exemplarisch für die Bereiche der Geflügel-, der Schweine- und der Rinderhaltung vorgestellt. Die Forschung hat das Ziel, Anforderungen an das Tierwohl gerecht zu werden, Umwelt- und Treibhausgasemissionen zu vermindern sowie der Energieerzeugung und einer effizienten innerbetrieblichen Verwertung. Die Automatisierung und die Robotik sind in der Tierhaltung teilweise schon im Einsatz. So gehören Automatische Melksysteme in der Milchviehhaltung schon seit längerer Zeit zum Stand der Technik. Dennoch besteht erheblicher Digitalisierungsbedarf. Bis zu einem individualisierten Umgang mit den Nutztieren als Grundlage für die Verbesserung des Tierwohls, für die Reduzierung von Umweltbelastungen und der Verbesserung des Ressourceneinsatzes ist es noch ein weiter Weg.
Mit der Roadmap will der VDI allerdings nicht nur Handlungsbedarfe im Bereich der Landwirtschaft bzw. Landtechnik ansprechen, sondern auch den Dialog mit der Politik und der Gesellschaft anregen. Verlässliche strategische Aussagen der Politik zur Zukunft der Tierhaltung in Deutschland und Europa sind unerlässlich für den Bereich, aber auch für die Forschung und den zukünftigen Technologietransfer. Auch für die Forschung und Lehre an den Universitäten und Hochschulen sind tragfähige langfristige Konzepte erforderlich.“

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Prof. Wolfgang Büscher.
Prof. Wolfgang Büscher leitet die Professur für “Tierhaltungstechnik” an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn. Er ist Lehrer und Forscher auf dem Gebiet der Tierhaltung mit den Schwerpunkten „Tierwohl“, „Umweltwirkung“ und „Futterkonservierung“. Vor seinem Studium der Agrarwissenschaften schloss er eine Ausbildung als Landwirt im Emsland ab. Nach dem Studium folgte seine Promotion an der Universität Bonn mit dem Titel "Luftführung in Stallanlagen". Dann folgte die Assistentenzeit mit seiner Habilitation zum Themenkomplex „Ammoniakemissionen aus Tierställen“ an der Universität Hohenheim (Stuttgart) bei Prof. Jungbluth. Seine erste Professur übernahm er 1996 an der Universität Halle. 2002 kehrte er an die Universität Bonn zurück und übernahm dort die jetzige Funktion. Er ist Mitglied im VDI-Fachbeirat Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik.
Prof. Dr. Wolfgang Büscher
Universität Bonn
Institut für Landtechnik
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