Die Rahmenbedingungen des Anbaus ändern sich

Was die Zukunft bereithält: Zunehmende Digitalisierung – Herausforderungen durch Klimawandel – Immer weiter reichende Auflagen bei der Düngung – Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln nimmt ab

Trends in der Kartoffeltechnik: Die Rahmenbedingungen des Anbaus ändern sich

Weiter ansteigende Bunkervolumen bedingen auch die Entwicklung bodenschonenderer Fahrwerkskonzepte.

Trends in der Kartoffeltechnik: Die Rahmenbedingungen des Anbaus ändern sich

Die Kombination von Legen und Enddammaufbau hat sich in vielen Betrieben etabliert.

Die technische Entwicklung in der Kartoffelproduktion wird nicht mehr nur von den klassischen Einflussfaktoren Leistung, Verfahrenskosten und Produktqualität bestimmt, sondern zunehmend auch von den Möglichkeiten der Digitalisierung, den Herausforderungen des Klimawandels und den sich verändernden rechtlichen Rahmenbedingungen. Letztere spiegeln sich auch in weitreichenderen Auflagen bei der Düngung, der abnehmenden Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln sowie den Beschränkungen rund um den Straßenverkehr wider.

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Höhere Erträge, ein vermehrter Anteil ergrünter Knollen und das Separieren der Flächen vor dem Legen haben in verschiedenen Regionen zu größeren Reihenweiten beim Kartoffelanbau geführt. Diesem vor allem qualitätsgetriebenen Trend steht aber eine längere Entwicklungszeit bis zum vollständigen Bestandesschluss entgegen, die gerade in Jahren mit einer ausgeprägten Frühsommertrockenheit den Boden einer höheren unproduktiven Wasserverdunstung (Evaporation) aussetzt. Gleichzeitig zwingen Reihenweiten von über 75 Zentimetern zur Einholung von Ausnahmegenehmigungen oder zu besonderen technischen Lösungen beim Straßentransport vierreihiger Legemaschinen. Eine mögliche Alternative stellt die Kombination von zentralem Vorratsbunker und seitlich klappbaren Legeeinheiten dar, die über sensorgesteuerte Zuführbänder mit Pflanzgut versorgt werden, was zum Beispiel schon bei einigen sechs- und achtreihigen Legemaschinen umgesetzt wird. Weitreichendere Auswirkungen auf die gesamte Verfahrenskette hätte die Umstellung auf ein dreireihiges Grundsystem. So könnte zwar auch die Maschinenbreite bei den selbstfahrenden vierreihigen Erntemaschinen leichter an die zulässigen Grenzen beim Straßentransport angepasst werden, aber mit dem Systemwechsel ist ein sehr hoher Anfangsinvestitionsbedarf zumindest für die neue Lege- und Erntetechnik verbunden, der viele Betriebe von einem Wechsel abhalten könnte.

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Bei den Geräten für die mechanische Pflege der Kartoffelbestände sind neue Techniken und Konzepte zu erwarten.

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Der Krautschläger wird zur Schlüsselmaschine für zukünftige Krautminderungsverfahren.

Pflege und Pflanzenschutz

Während der Enddammaufbau als eine der Grundfunktionen der mechanischen Pflege vielfach schon gemeinsam mit dem Legen erfolgt, zeichnen sich bei der Beikrautregulierung langfristige Veränderungen ab. Die aktuelle Diskussion um eine Verlängerung der Zulassung des solo und in Kombination vielfach angewendeten herbiziden Wirkstoffs Metribuzin leistet der Auseinandersetzung mit mechanischen Pflegemaßnahmen weiteren Vorschub. Dabei sind die Dammflanken deutlich leichter zu bearbeiten als die Dammkrone, wenngleich die seitlichen Dammregionen durch ihre intensive Durchwurzelung einen äußerst sensiblen Bereich darstellen, der möglichst ungestört bleiben sollte. Neben den klassischen Werkzeugen wie Hackmesser, Rollhacken oder Striegel kommen auch Lösungen aus anderen Kulturen, zum Beispiel Fingerhacken, zum Einsatz. Weitere kartoffelspezifische Entwicklungen in Form neuer Werkzeuge und Sensorsteuerungen, aber auch eine stärkere Kombination von mechanischen und chemischen Pflegemaßnahmen, beispielsweise über eine Bandbehandlung der Dammkrone durch herkömmliche, in der Applikationstechnik adaptierte Pflanzenschutzspritzen, sind zu erwarten.

Mit der Zunahme mechanischer Maßnahmen im Kartoffelanbau steigt aber auch wieder die Durchfahrtshäufigkeit in den bisher nicht befahrenen Furchen, da die begrenzte Arbeitsbreite dieser Geräte keine alleinige Nutzung der bisherigen Fahrgassen ermöglicht. Dies setzt deutlich leichtere Traktoren mit einer an die Reihenweite angepassten Pflegebereifung voraus. Entsprechend wichtiger werden die Beachtung schädigender Bodenverdichtungen und der Entstehung von unerwünschten Kluten beim Befahren eines feuchteren Bodens. Hier zeichnen sich zwar digitale Lösungen auch für eine kleinräumige Prognose des Schadverdichtungsrisikos vor dem eigentlichen Befahren der Flächen ab, der Zielkonflikt zwischen termingerechtem Einsatz und bodenschonendem Befahren bleibt jedoch bestehen, da die optimalen Zeitfenster für mechanische Maßnahmen viel enger sind und häufig neben schlag- auch partienspezifische Unterschiede auftreten.

Vor dieser Herausforderung stehen die kartoffelbauenden Betriebe seit zwei Jahren auch bei der Krautminderung, da die Einsatzvielfalt des nicht mehr zur Verfügung stehenden Wirkstoffs Deiquat nur bedingt durch die verbleibenden Wirkstoffe ersetzt werden konnte.

Krautminderung

Dementsprechend erlebte der Krautschläger eine Renaissance als ein wichtiger Baustein in der zumeist mehrstufigen Verfahrensgestaltung. Moderne Krautschläger zeichnen sich durch eine gleichmäßige Zerkleinerung des Krautes, dessen gezielte Ablage in den Furchen und eine vom Traktor aus verstellbare Arbeitshöhe aus. Hinzu kommt der Wunsch nach deutlich größeren Arbeitsbreiten als die bisher standardmäßigen vier Reihen, um die Zahl der Überfahrten und damit die Gefahr von Bodenverdichtungen, aber auch von freigelegten Knollen an den Dammflanken deutlich zu reduzieren. In krautgeschlagenen Beständen lassen sich die verbleibenden Sikkative effektiv einsetzen und in Verbindung mit einer Reihenbehandlung direkt am Heck des Traktors oder in einem zweiten Arbeitsgang über die dafür ausgerüstete Pflanzenschutzspritze zudem noch die erforderlichen Aufwandmengen reduzieren.

Der Krautschläger stellt aber auch bei den alternativen Krautminderungsverfahren eine Schlüsselmaschine dar, indem er die Masse des oberirdischen Aufwuchses entfernt, bevor Abflammgeräte oder Krautrupfer die finale Beseitigung des Restkrautes übernehmen. Am Einsatz von elektrischem Strom zur Krautminderung in Kartoffeln wird weiter gearbeitet, um ein mögliches Qualitätsrisiko für die Knollen zu minimieren.

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Vor- und nachgelagerte Stapelsysteme verbessern die Effizienz der Kistenfüller.

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Die Nachfrage nach maschinellen Kühlanlagen nimmt durch längere Lagerungszeiten und den Klimawandel stetig zu.

Ernte

Die trockenen Erntebedingungen der vorletzten drei Jahre haben die Forderung nach der Entwicklung einfacherer Roder lauter werden lassen. Die Erfahrungen im vergangenen Herbst haben jedoch gezeigt, dass die aktuellen Sieb- und Trennelemente in den Erntemaschinen ihre Berechtigung haben und auch weiterentwickelt werden sollten. Dem fortwährenden Wunsch nach einer weiteren Leistungssteigerung kommen die Hersteller zum einen durch den weiter optimierten Gutfluss in den Maschinen nach. Zum anderen wächst nicht nur das Bunkervolumen, durch den vermehrten Einsatz von Überladebunkern lassen sich auch die Rangier- und Überladezeiten am Feldrand minimieren.

Der Erhalt einer hohen Knollenqualität darf bei allem Leistungs- und Kostenbewusstsein für die meisten Verwertungsrichtungen nicht außer Acht gelassen werden. Durch den vermehrten Einsatz hydraulischer Antriebe bis hin zu vollhydraulischen Modellen, auch bei ein- und zweireihigen gezogenen Rodern, wird eine knollenschonende Einstellung deutlich erleichtert. Zudem ermöglicht die Integration von Sensoren in die Regelkreise der Baugruppen eine weitgehend automatische Anpassung an wechselnde Einsatzbedingungen und schafft so für den Fahrer Freiräume, zum Beispiel zum Überladen der Kartoffeln während der Fahrt. Mit der Zahl der Verstellmöglichkeiten steigt aber auch die Komplexität der Steuerungsterminals. Dieser Gefahr versuchen die Hersteller durch eine gezielte Auswahl der Einstell- und Visualisierungstools auf der permanenten Bildschirmebene zu begegnen, wobei zumeist eine fahrerbezogene Individualisierung möglich ist. Diese Konfiguration lässt sich ebenso abspeichern wie verschiedene Grundeinstellungen der Maschine, die bei wiederkehrenden Einsatzbedingungen beziehungsweise Verwertungsrichtungen als erfahrungsbasierte Ausgangspunkte für weitere manuelle Anpassungen auf die aktuellen Rodebedingungen dienen.

Darüber hinaus eröffnet der umfassende Datentransfer von der Erntemaschine auf mobile Endgeräte oder den Betriebs-PC die Möglichkeit, die Rodearbeit zeitnah zu unterstützen oder aber Informationen/Daten für die spätere Weiterverarbeitung zu dokumentieren. Hier bieten herstellerunabhängige Datentransfersysteme deutliche Vorteile, wenn Maschinen unterschiedlicher Hersteller in die Verfahrenskette integriert sind oder Leistungen als Lohnarbeit in Anspruch genommen werden. Die Entwicklung praxistauglicher Lösungen zur Ertragskartierung bei der Ernte wird von den Herstellern forciert, da die hier anfallenden Daten bei entsprechender Validität für die Bewertung zum Beispiel teilflächenspezifischer Maßnahmen während der Vegetationsperiode unerlässlich sind.

Lagerung

Nach dem Verlust des bisher dominierenden Wirkstoffes Chlorpropham für die Keimhemmung von Lagerkartoffeln stehen heute alternative Produkte zur Verfügung, deren deutlich höhere Volatilität nicht nur angepasste Lagerregime, sondern auch veränderte Gebäudekonzeptionen erforderlich machen. So gewinnen kleinere Lagereinheiten wieder an Bedeutung, da sie individueller zu belüften sind und auch eine effektivere Nutzung der neuen, deutlich teureren Keimhemmungsmittel ermöglichen. Gleichzeitig ist eine höhere Dichtigkeit der Gebäude sowie der Lüftungsklappen sinnvoll. Entsprechend wichtiger wird aber auch die Kontrolle von Kohlendioxid und Ethylen in der Lagerraumluft, um ein partienspezifisches Lagerregime mit möglichst geringen Außenluftzeiten realisieren zu können. Hier bieten die neuen Steuerungscomputer mit ihrer einfachen Kombination der Grenzwerte für die einzelnen Regelgrößen ein hohes Maß an Flexibilität. In diesem Zusammenhang ist auch ein möglichst effektiver Einsatz der Außenluft zur Kühlung der Kartoffeln während der Lagerperiode anzustreben, der sich am ehesten durch ein Zwangsbelüftungssystem bei der Lose- und Kistenlagerung erreichen lässt. Die Vorteile einer Zwangsbelüftung haben sich zudem in diesem Herbst gezeigt, wo vermehrt Partien mit einem höheren Lagerrisiko aus dem Feld kamen und dann einer gezielten und intensiven Abtrocknungsbelüftung auch noch Wochen nach der Einlagerung bedurften.

Die immer wärmer werdenden Winter haben ebenso wie die Verlängerung der Vermarktungs- und damit der Lagerungszeit heimischer Kartoffeln zu einer vermehrten Nachfrage nach maschinellen Kälteanlagen geführt. Der Umweltschutzgedanke sowie förderrechtliche Vorgaben lassen einen Trend zum Einsatz nicht-halogenierter Kältemitteln, wie Ammoniak, Kohlendioxid oder Propan erkennen, die bei einem Austritt in die Atmosphäre, zum Beispiel durch Undichtigkeiten, nur ein geringes Treibhauspotenzial besitzen.Hinzu kommen frequenzgeregelte Ventilatoren für die Verdampfer beziehungsweise Verflüssiger sowie über verschiedene Techniken in ihrer Leistung bedarfsabhängig regelbare Kompressoren.

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Gaugele hat ein neues Lagermanagement-System entwickelt, um ein Lager optimal planen, organisieren und Vorgänge nachverfolgen zu können.

Aufbereitung

Mit der stärkeren Verbreitung von Kistenlagern nimmt das eigentliche Kistenhandling immer mehr Zeit in Anspruch, sodass über leistungsfähigere Kistenfüller und automatische Stapelsysteme im Zu- und Abfuhrbereich eine höhere Effektivität angestrebt wird.

Durch die erhöhte Nachfrage nach regionalen Produkten entstehen in der Speisekartoffelvermarktung häufiger direkte Kontakte zwischen den kartoffelbauenden Betrieben und einzelnen Lebensmittelgeschäften. Für diesen Vertriebsweg sind Kleinpackungen charakteristisch, die sich bei größeren Mengen nur über Wiege- und Verpackungsautomaten wirtschaftlich realisieren lassen. Neben gebrauchten Lösungen werden hier vorrangig Modelle im unteren Leistungs- und Preisspektrum nachgefragt. Die begrenzte Verfügbarkeit von Arbeitskräften verstärkt bei den landwirtschaftlichen Erzeugern den generellen Wunsch nach einem opto-elektronischen Verlesen auch ungewaschener Knollen. Die technische Entwicklung schreitet hier zwar kontinuierlich voran, doch können bisher trotz vorgeschaltetem Bürsten oder Polieren nicht auf allen Standorten zufriedenstellende Ergebnisse erreicht werden.


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