Hochflexibel werden

Nicht nur das Klima wandelt sich, auch die Politik. Die daraus folgenden Herausforderungen reichen die Landwirte an die Hersteller weiter.

Trends in der Kartoffeltechnik: Hochflexibel werden

Diese achtreihige Legemaschine kombiniert gleichzeitig Unterfußdüngung, Dammformung sowie die Ausbringung von Flüssigbeize und Furchenbehandlungsmittel.

Der Kartoffelanbau hat in der letztjährigen Vegetationsperiode durch den intensiven Witterungswechsel eine besonders hohe Flexibilität von den Landwirten erfordert. Gemeinsam mit den sich abzeichnenden Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen ergeben sich daraus neue Herausforderungen, die es auch mithilfe einer angepassten Technik zu lösen gilt.

Lagerung

Von der erheblichen Verteuerung der Energie ist im Rahmen der Kartoffelproduktion vor allem die Kartoffellagerung betroffen, da in vielen Betrieben die vorhandene Außenluftbelüftung noch durch eine maschinelle Kühlung ergänzt wurde, um so auch bei klimabedingt höheren Temperaturen eine qualitätsorientierte Lagerung sicherstellen zu können. Bei Neubauten werden deshalb die Dämmstärken der Außenhülle deutlich erhöht, während bei bestehenden Lagerhäusern eine Minimierung der Wärmebrücken sowie unkontrollierter Lufteintritte angestrebt wird. Gefördert wird zudem der Austausch der alten AC-Ventilatoren gegen effizientere EC-Modelle, die sich dann auch stufenlos in der Drehzahl anpassen lassen.

Bei neuen Lagerhäusern ist gleichzeitig wieder eine stärkere Unterteilung in kleinere Lagerräume zu beobachten, die schneller befüllt und dann gezielter in der Temperatur geführt werden können als eine große Halle. Eine Effizienzsteigerung lässt sich in der Kistenlagerung auch mit dem Übergang zu Zwangsbelüftungssystemen erreichen, die über ihre um ein Vielfaches größere Kontaktfläche von Luft und Kartoffeln eine schnellere Abtrocknung und Abkühlung gewährleisten können. Die neueren Steuerungsprozessoren bieten neben der individuellen Unterstützung einer qualitätsorientierten Lagerführung vielfach auch die Möglichkeit zur Optimierung des Energiemanagements, indem die größtmögliche Nutzung selbsterzeugter regenerativer Energien oder eine Temperaturführung unter Berücksichtigung des in den nächsten Tagen zur erwartenden Wetters integrierbar sind.

Mit der weiter steigenden Rodeleistung nehmen auch die Anforderungen an die Einlagerungslinie zu, damit die erforderliche Pufferfunktion innerhalb der Erntekette erhalten bleibt. Neben den verschiedenen Walzeneinheiten zur Erdabtrennung steigt auch das Interesse an elektronischen und pneumatischen Beimengungstrennungen, da von den Betrieben vielfach kein Verlesepersonal mehr für die Erntemaschinen zu finden ist.

Einlagerung und Aufbereitung

Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Beschädigungsrisiko für die Kartoffeln umso größer ist, je später die Steine beziehungsweise Kluten in der Verfahrenskette aussortiert werden. Für das direkte Überladen und Reinigen am Feldrand oder aus der Miete werden sowohl mobile Annahmeeinrichtungen als auch Überladewagen genutzt, die sich zum Teil ebenfalls mit elektronischen oder pneumatischen Trenneinrichtungen ausrüsten lassen.

Bei der Aufbereitung von Lagerkartoffeln finden die opto-elektronischen Verlese- und Sortieranlagen immer mehr Eingang in die landwirtschaftliche Praxis, da auch in diesem Bereich kaum noch ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Neben einer sich stetig weiterentwickelnden Erkennungstechnik hat sich auch die Bedienbarkeit der Anlagen verbessert. Während die kompakten Anlagen mit vertikalem Gutfluss nur eine Aufteilung in zwei bis drei Qualitäts- beziehungsweise Sortierklassen vornehmen können, sind bei den horizontal arbeitenden Anlagen weitere Unterteilungen möglich. Dies bedingt jedoch einen entsprechend größeren Standraum, der in bestehenden Linien nicht immer zur Verfügung steht.

Trends in der Kartoffeltechnik: Hochflexibel werden

Eine Effizienzsteigerung lässt sich in der Kistenlagerung mit einer Zwangsbelüftung erreichen, in der Abbildung durch eine Druckwand.

Bestellung

Bei der Anlage der Kartoffelflächen wird der Einfluss des Klimawandels besonders deutlich. Die intensiveren Trocken- und Hitzephasen lassen sich pflanzenbaulich am wirkungsvollsten über ein schnellschließendes Blätterdach des Kartoffelbestandes abmildern. Dazu sind sowohl blattreichere Sorten als auch engere Reihenabstände hilfreich, während aufgrund der höheren Ertragsleistung oder des Anbaus in separierten Beeten jedoch vermehrt größere Dämme und Reihenweiten genutzt werden. Hinzu kommen die politischen Bestrebungen nach einem stärkeren Bodenschutz, beispielsweise durch eine möglichst durchgängige Bedeckung des Bodens sowie eine geringere Bearbeitungsintensität.

Bei den kombinierten Einheiten aus Bodenbearbeitungs-, Lege- und Häufelwerkzeugen erleichtert daher eine separate Einstellung oder Nutzung der Aggregate die Anpassung an die wechselnden Einsatzbedingungen. Darüber hinaus werden Werkzeuge zum Schutz vor Wassererosion in den Furchen auch in vermeintlich ebenen Regionen an Bedeutung gewinnen, da sie das Wasser länger auf der Fläche halten und so den Pflanzen nutzbar machen. In diesem Zusammenhang kommen die Stabilität der Dämme sowie deren Oberflächenbeschaffenheit hinzu, um die Infiltration des Niederschlags in den Dammkörper zu unterstützen und ein Abrutschen der Dammflanken zu verhindern.

Pflege und Pflanzenschutz

Die niederschlagsreiche Witterung von Mitte Juli bis Mitte August letzten Jahres hat gezeigt, dass die Kraut- und Knollenfäule weiterhin eine sehr verlustreiche Krankheit im Kartoffelanbau ist, die in solch kritischen Phasen intensiv bekämpft werden muss. Dies hat vor dem Hintergrund einer geplanten beziehungsweise bereits vereinbarten, deutlichen Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln zur Folge, dass Einsparmöglichkeiten vor allem in den anderen Bereichen der Kartoffelproduktion gesucht werden dürften. In der Beikrautbekämpfung lassen sich chemische Herbizide durch mechanische Maßnahmen ergänzen oder eventuell ganz ersetzen. Die technische Entwicklung im Bereich der mechanischen Kartoffelpflege hat bisher aber noch nicht die Dynamik angenommen, die in anderen Kulturen, wie zum Beispiel den Zuckerrüben, zu beobachten ist. Dies ist zum Teil auf die Dammkultur zurückzuführen, da die Bearbeitung von Dammflanken und -krone unterschiedliche Herausforderungen beinhaltet. So weisen zum Beispiel die Pflanzenabstände in der Reihe je nach eingesetztem Legeaggregat eine relativ große Streubreite auf und auch der mehrstänglige Wuchs der Kartoffeln stellt deutlich höhere Anforderung an die Werkzeugführung. Daher könnte hier die Kombination aus chemischer Bandbehandlung im Dammkronenbereich und mechanischer Dammflankenbearbeitung eine sinnvolle Lösung sein.

Eine weitere Herausforderung in der mechanischen Pflege ist die Steigerung der Flächenleistung durch höhere Fahrgeschwindigkeiten und größere Arbeitsbreiten. Letzteres würde durch den Einsatz von sechs- oder achtreihigen Legemaschinen begünstigt, die als Lösungen mit zentralem Vorratsbunker und seitlich ausklappbaren Legeeinheiten langsam Eingang in die Praxis finden. Darüber hinaus fehlen noch technische Lösungen, um die beim Legen in den Furchen aufgebauten Querdämme vor beziehungsweise bei den Pflegegängen so einzuebnen, dass ein Befahren mit dem Traktor sowie eine exakte Maschinensteuerung wieder möglich sind.

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Die mechanische Bearbeitung von Dammflanken und -krone stellt hohe Anforderungen an die Werkzeugführung.

Krautminderung

Mit der mittlerweile wieder auf einer größeren Zahl von Betrieben eingesetzten Kombination aus Krautschlagen und anschließender chemischer Sikkation lässt sich der Aufwand chemischer Pflanzenschutzmittel ebenfalls reduzieren. Eine wesentliche Forderung aus der Praxis ist aber auch hier eine Vergrößerung der Arbeitsbreite, der jedoch das relativ hohe Maschinengewicht der klassischen Krautschläger entgegensteht. Für vollständig chemiefreie Krautminderungsverfahren stehen zum einen Krautrupfmaschinen zur Verfügung, deren Werkzeugpalette neben den bekannten Rupfballonen jetzt auch wieder horizontal umlaufende Gummiriemen sowie neue rotierende Gummiteller umfasst. Bei den thermischen Abflammgeräten wurde die Effizienz mithilfe unterstützender Luftgebläse verbessert, doch bleibt der CO2-Fußabdruck des Verfahrens durch das Verbrennen von Gas vergleichsweise hoch. Bei den Maschinen zur elektrischen Krautsikkation konnte die Arbeitsbreite schon auf neun beziehungsweise zwölf Meter vergrößert werden. Möglich wurde dies durch weiter optimierte Stromapplikatoren sowie das vorherige Besprühen der Pflanzen mit einer leitenden Flüssigkeit, die eine verbesserte und vor allem konstantere Leitfähigkeit des Kartoffelkrautes auf der gesamten Fläche sicherstellen soll.

Ernte

Auch das sikkierte Kartoffelkraut hat sich in den letzten Jahren zu einem immer größeren Problem in der Kartoffelernte entwickelt, da es aufgrund einer vermutlich veränderten Konsistenz nicht mehr so effektiv von den aktuellen Krauttrenneinrichtungen der Roder entfernt wird. Ein größerer Krautanfall bindet zum einen Arbeitsleistung der Verlesekräfte und kann zum anderen bei der späteren Vermarktung der Kartoffeln zu Behinderungen in den Aufbereitungslinien führen. Luftunterstützte Trenneinrichtungen in den Erntemaschinen könnten hier früh im Prozess eine Lösung bieten, während gegenlaufende Trennaggregate, auch im Aufbereitungsbereich, vielfach mit einer höheren mechanischen Belastung der Knollen verbunden sind.

Da den rein mechanischen, thermischen und elektrischen Krautminderungsverfahren eine Dauerwirkung fehlt, ist bis zur Ernte mit einer stärkeren Wiederverunkrautung der Dämme zu rechnen, vor allem, wenn der geplante Rodetermin witterungs- oder leistungsbedingt nicht realisierbar ist. Dies wird durch eine tendenziell stärkere Grundbelastung ausschließlich mechanisch gepflegter Bestände noch verstärkt, sodass auch hier neue Anforderungen auf die Krauttrennwerkzeuge der Erntemaschinen zukommen.

Ein Flaschenhals in der Rodeleistung sind häufig die aktiven Beimengungstrenneinrichtungen wie umlaufende Abstreifer oder Bürstenbänder, da für eine befriedigende Arbeitsleistung ein möglichst gleichmäßig verteilter Gutstrom und ein nicht zu hoher Durchsatz erforderlich sind. Die mit der Zunahme der betrieblichen Kartoffelanbaufläche wachsende Variabilität der Beimengungen auf den einzelnen Schlägen erschwert die Auswahl der „richtigen“ Trenneinrichtung für den Roder, sodass die Betriebe oder Lohnunternehmer von den Herstellern eine größere Flexibilität einfordern – sei es durch eine praxisgerechtere Umsetzung der Modulbauweise mit deutlich kürzeren Umbauzeiten oder den werkzeuglosen Wechsel zwischen unterschiedlichen Aggregaten in einer Maschine. Die Digitalisierung und das Datenmanagement setzen sich ähnlich wie in anderen Ackerbaukulturen auch im Kartoffelanbau weiter durch. Beispiele sind hier teilflächenspezifische Applikationskarten für Dünger und Pflanzenschutzmittel oder ein am Abreifegrad orientierter Einsatz der chemischen Sikkative. Mit einer praxistauglichen Ertragskartierung bei der Kartoffelernte, die neben dem Massenertrag auch die Größenzusammensetzung des Erntegutes sowie den jeweiligen Beimengungsanteil berücksichtigt, könnte jetzt eine Lücke geschlossen werden, um eine wirksame Kontrolle der durchgeführten pflanzenbaulichen Maßnahmen zu ermöglichen. Gleichzeitig lassen sich so die Maschineneinstellungen im Bereich der Trenneinrichtungen optimieren und die Beschädigungsgefahr der Kartoffeln reduzieren. Bei der weiteren Vermarktung ergeben sich zudem Vorteile durch die bereits bei der Ernte bekannte Größenzusammensetzung der einzelnen Partien.


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