„Geheimhaltung“ scheint für den Landmaschinenhandel unbedeutend zu sein. Dennoch gibt es Informationen, die nicht in die Hände Dritter, vor allem nicht von Wettbewerbern fallen sollten. Insbesondere bei Wartung und Instandhaltung gibt es gute und schlechte, regelmäßige und sporadische Kunden. Damit ist klar, auf welche Kunden man verzichten könnte und welche im wortwörtlichen Sinne „wertvoll“ sind. Wo etwas Wertvolles vorhanden ist, stehen Konkurrenten bereit, die diese abwerben möchten. Eine Möglichkeit ist die Übernahme von Mitarbeitern. Wie sich Landmaschinenhändler vor Geheimnisverlust schützen, wird im weiteren Text aufgezeigt. Der wechselwillige Mitarbeiter wird darüber informiert, dass eine „Mitnahme“ von Kunden nicht achselzuckend akzeptiert würde.
Gesetzliche Ausgangslage
An erster Stelle steht die Frage, was ein ausscheidender Mitarbeiter „mitnehmen“ darf. Kein Mensch lässt sein Wissen zurück, kann oder soll es wie den Inhalt einer Festplatte auf Knopfdruck löschen.
Jeder Arbeitgeber kann sich durch ein im Arbeitsvertrag geregeltes nachvertragliches Wettbewerbsverbot schützen. Als Gegenleistung muss der Arbeitnehmer eine Entschädigungszahlung erhalten, welche gleichermaßen im Arbeitsvertrag geregelt sein muss. Normalerweise darf der ehemalige Mitarbeiter Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers abwerben. Ausnahmen bestehen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Über § 4 Nr. 10 UWG wird geregelt, dass jemand unlauter handelt, der einen Mitbewerber gezielt behindert. Unlauteres Abwerben liegt vor, wenn der Kunde zum Beispiel angelockt wird. Dies dürfte der Fall sein, wenn sich ein Kunde vorschnell für ein nicht transparentes Angebot entscheiden müsste oder der Abwerbende den Kunden zum Vertragsbruch drängt. Unlauterkeit erfolgt auch durch irreführende Angaben. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der ehemalige Mitarbeiter noch im Namen des alten Arbeitgebers auftritt und dem Kunden damit nicht transparent macht, dass ein Unternehmenswechsel erfolgt ist.
Das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden (Urteil vom 18. 01. 2012 – 9 Ta 407/11): Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet die Pflicht des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung. Der Arbeitgeber kann sich vor einer nachvertraglichen konkurrierenden Tätigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Vereinbarung eines bezahlten und maximal auf zwei Jahre befristeten Wettbewerbsverbots nach §§ 74 ff. HGB schützen. Fehlt es an einer rechtswirksamen Wettbewerbsabrede, kann der Arbeitnehmer zu seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb treten.
Eine Möglichkeit der Abwehr ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.
Nachträgliches Wettbewerbsverbot
Ein nachträgliches Wettbewerbsverbot muss im Arbeitsvertrag geregelt sein. Das Wettbewerbsverbot beinhaltet sowohl die Anstellung bei einem Wettbewerber als auch die Selbstständigkeit.
Diese wird wirksam, wenn eine Entschädigung für den Arbeitnehmer geregelt ist. Ein pauschaler Verweis auf §§ 74 ff. HGB ist möglich, um Zahlungen korrekt miteinzubeziehen. Nach § 74 Abs. 2 HGB ist „für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der (…) zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht“. Die Entschädigung wird durch Einkünfte geschmälert, die der Arbeitnehmer während des Wettbewerbsverbotes erzielt. Die Entschädigung und anderweitige Einkünfte müssen unter 110 Prozent des vorherigen monatlichen Einkommens liegen. Bei einem Wohnortwechsel 140 Prozent, dann ist aber kaum ein Wettbewerbsverbot notwen- dig.
Da mit einem beruflichen Wechsel meistens Einkommenserhöhungen von mehr als zehn Prozent verbunden sind, wird eine Ausgleichszahlung eher bei einer Selbstständigkeit als bei einer Anstellung bei einem Konkurrenten fällig.
Beschränkungsklauseln werden zwei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam, können aber auch kürzer gelten. Ein Wettbewerbsverbot nach § 74a HGB ist nur dann verbindlich, wenn das berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers gewahrt wird. Ergänzend muss das Verbot nach Tätigkeit (Branche) und Ort begrenzt werden, da ansonsten eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit erfolgt.
In dieser Vereinbarung wird festgehalten, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Geheimhaltung verpflichtet ist (inklusive Verwertung der Geheimnisse). Umfang und Dauer sowie auf welchen Bereich sich die Verschwiegenheit beschränkt, sind zu regeln. Unzulässig ist eine Klausel, wenn sie so umfassend ist, dass die einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gleichkommt, zum Beispiel wenn der Arbeitnehmer bestimmte Kundengruppen nicht ansprechen darf.
Organisatorischer Schutz
Sicherlich ist die Möglichkeit eines Wechsels bei einem 54-jährigen Mechaniker mit 30 Jahren Betriebszugehörigkeit geringer als bei einem 28-jährigen Absolventen einer Fachhochschule. Mit Letzterem gilt es über Möglichkeiten zu sprechen und gemeinsame Lösungen zu finden. Sucht der junge Mitarbeiter eine adäquate Stelle bei einem Wettbewerber in einer anderen Region, ist die Gefahr der Kundenabwerbung geringer, als wenn er sein eigenes Unternehmen in der Nachbargemeinde gründet. Welche Alternativen hat ein Neugründer, als bekannte Kunden anzusprechen, um erste Aufträge zu erlangen? Dabei besteht die Möglichkeit, gemeinsame Lösungen zu finden. So kann beispielsweise die Stundenzahl reduziert werden und der Betroffene gezielt neue Kunden anwerben, die in einer Übergangsphase über den alten Arbeitgeber betreut werden, später aber zum neuen Anbieter wechseln können.
Organisatorisch sollte nach Möglichkeit eine Trennung von Kunden, Umsätzen und Gewinnen geschaffen sein. Moderne Kalkulationsprogramme ermöglichen detaillierte Auswertungen, welche dem kundigen Fachmann eine exakte Einordnung der Kunden ermöglichen. In diesem Rahmen gilt es, mit dem Daten-Verantwortlichen zu klären, wie Datenabgriffe verhindert, zumindest aber zeitnah dokumentiert werden.
Nach einer Kündigung ist eine Freistellung möglich. Der Mitarbeiter wird weiter entlohnt, ist aber nicht mehr aktiv. Hier besteht das Dilemma, dass eine solche Maßnahme besonders wirksam ist, wenn sie lange Zeit wirkt, womit aber nicht unerhebliche Kosten entstehen.
Dass die Aufgaben nunmehr an andere Mitarbeiter verteilt werden müssen, ist offensichtlich. Die zunehmenden Probleme, neue Mitarbeiter zu finden, machen häufig eine Konzentration auf bestimmte Aktivitäten erforderlich. Hier ist der Inhaber gefordert, sich weniger auf die Gewinnung neuer Kunden als um die Sicherung des Bestandes zu kümmern.
Maßnahmenumsetzung
Spätestens wenn ein Mitarbeiter kündigt, ist der Zeitpunkt gekommen, Maßnahmen zu prüfen und nach Bedarf umzusetzen.
Im ersten Schritt gilt es, den Kundenstamm zu analysieren. Dabei erfolgt die Unterteilung auf Grundlage der in untenstehender Abbildung aufgeführten Kriterien. Bei dem Kontakt zwischen Arbeitnehmer und Kunden stellt sich die Frage der Intensität, vor allem aber der Form des Kontaktes. Vor allem bei einer persönlichen Betreuung, zum Beispiel im regelmäßigen Kundendienst, ist die Gefahr groß, dass der Kunde die neue Gelegenheit ergreift.
Geringes Ergebnis/Umsatz, technischer Kontakt
Hier erfolgen keine Maßnahmen. Der Mitarbeiter kennt die Wirtschaftlichkeit nicht, kann damit keine Kunden auswählen, sondern müsste zufällig entscheiden.
Geringes Ergebnis/Umsatz, persönlicher Kontakt
Die Entwicklung wird verfolgt. Wird festgestellt, dass der Arbeitnehmer ursächlich für den Wechsel ist, gilt es, deutliche Warnungen an den Mitarbeiter auszusprechen.
Hohes Ergebnis/Umsatz, technischer Kontakt
Hier gilt es, die Vertragsgestaltung zu überprüfen, eventuell Lauf- beziehungsweise Kündigungszeiten anzupassen und Bonusregelungen einzurichten, welche bei der Erreichung bestimmter Umsatzgrenzen zusätzliche Preisreduktionen für den Kunden in Aussicht stellen.
Hohes Ergebnis/Umsatz, persönlicher Kontakt
Bei Schlüsselkunden ist eine direkte Reaktion nach der Kündigung notwendig. Der ausscheidende Arbeitnehmer erhält keinen Kontakt mehr zum Kunden. Ein neuer Ansprechpartner etabliert sich persönlich. Wenn der Kunde ein Angebot eines neuen Anbieters vorlegt, kann durchaus gefragt werden, ob der ehemalige Arbeitnehmer dahintersteckt. Wurden die oben dargestellten Schutzmaßnahmen ergriffen, kann ein deutlicher Warnschuss hilfreich sein. Bleibt dieser ohne Wirkung, können rechtliche Schritte eingeleitet werden, wurden die notwendigen Grundlagen doch mit der Geheimhaltungsvereinbarung geschaffen.