Anrüchiges diskutiert

Die 23. Tagung «Land.Technik für Profis» widmete sich Anfang Februar den Wirtschaftsdüngern. Auf der Veranstaltung bei Kotte Landtechnik in Rieste wurde viel vorgetragen, aber fast noch mehr diskutiert.

VDI-MEG: Anrüchiges diskutiert

Über 220 Teilnehmende kamen zum Gastgeber der diesjährigen VDI-MEG Tagung Kotte.

Einem anrüchigen Thema, nämlich jenem der Wirtschaftsdünger, widmete sich die diesjährige Tagung «Land.Technik für Profis». Diese Veranstaltung, von der DLG und der Max-Eyth-Gesellschaft Agrartechnik im VDI organisiert, wird seit einigen Jahren jeweils am Ort des Geschehens durchgeführt, dieses Jahr beim Gülletechnik-Spezialisten Kotte im niedersächsischen Rieste. Dessen Geschäftsführer und Vertriebsleiter, Stefan Kotte, beleuchtete in seinem Plenarvortrag die Dreiecksbeziehung zwischen Leistung, Ausbringtechnik und Präzision. Dabei kam er auch auf das Thema der Nährstoff-Analytik zu sprechen. Ein gerade für die Gülle schwieriges Thema, gibt es doch zwischen publizierten Normwerten, Laboranalysen und neuerdings den in Echtzeit gemessenen Inhaltsstoff-Angaben von NIRS-Sensoren erhebliche Differenzen.

NIRS-Sensoren

Gülle ist eben ein inhomogener Stoff. Die Schwankungsbreite der Inhaltsstoffe ist demzufolge recht groß und von vielen Faktoren (Fütterung, verabreichte Zusätze, Dauer der Lagerung etc.) abhängig. Für eine seriöse Düngeplanung sind regelmäßige Analysen in einem akkreditierten Labor unumgänglich, obwohl man auch danach nicht immer die absolute Kenntnis über die wahre Zusammensetzung der Gülle hat, weil es selbst in ein und derselben Charge wiederum große Unterschiede geben kann. Die Technik hat zur Lösung dieses Analytik-Problems die Nahinfrarot-Spektroskopie entwickelt und entsprechende Sensoren auf den Markt gebracht. Auf einem Güllefass montiert und richtig kalibriert eine tolle Sache, da so die ausgebrachten Nährstoffe in Echtzeit erfasst und dann auch nahezu automatisch dokumentiert werden. Die Diskussion im Rahmen der Tagung zeigte aber, dass das Vertrauen in die von NIRS-Sensoren gemessenen Werte doch sehr eingeschränkt ist, dass man dafür kaum etwas zu zahlen bereit ist und dass die Verbreitung dieser Sensoren in der bäuerlichen Praxis selbst bei Lohnunternehmern überschaubar ist. Einzig die Bestimmung der Trockensubstanzgehalte sollen diese Sensoren derzeit zuverlässig ermitteln.

Was braucht die Pflanze?

So wertvoll Wirtschaftsdünger sind, insbesondere als wichtiger Faktor für die Humusbildung, so gar nicht einfach ist deren bedarfsgerechte Ausbringung. Wirtschaftsdünger sind Mehrnährstoffdünger, deren Zusammensetzung entsprechen selten exakt dem Düngebedarf der Pflanzen. Daher kann es notwendig sein, bestimmte Nährstoffe mineralisch zu ergänzen.

Beim Ausbringen von Gülle, speziell im Frühjahr, bewegt man sich nicht selten im Spannungsfeld von Ammoniakverlusten und Befahrbarkeit des Bodens. Mit den erforderlichen Verteilgeräten zur streifenförmigen und bodennahen Applikation wird den ohnehin schon schweren Gespannen weiteres Gewicht auferlegt. Die Verwendung von Breitreifen und Reifendruck-Regelanlagen entschärfen die Problematik des übermäßigen Bodendrucks. Güllezusätze – im Lager oder während der Ausbringung – können die Ammoniakemissionen reduzieren. Auf der Tagung präsentierte Versuchsergebnisse zeigten auf, dass jedoch nur durch eine Absenkung des pH-Wertes, entweder durch chemische oder biologische Ansäuerung, die Ammoniakverluste von Rindergülle während der Lagerung verlässlich reduziert werden kann. Viele der auf dem Markt propagierten Zusätze zeigen weniger eine reduzierende Wirkung auf die Freisetzung von Ammoniak, dafür umso mehr auf den Inhalt des Geldbeutels.

Hinsichtlich der bodenschonenden Ausbringung von Gülle wird die Verschlauchung von Gülle wieder aktuell.

VDI-MEG: Anrüchiges diskutiert

Das Podium diskutierte die Beiträge der Referentin lebhaft.

Verschlauchung

Bei diesem System fährt nur der Traktor auf dem Feld, Fahrten mit leerem Güllefass bleiben nahezu aus. Zudem werden Straßenverschmutzungen vermieden. Mit dem „Rowdy 640“ hat das junge Unternehmen KleuTec ein komplett neues Konzept entwickelt, mit dem die Nachteile von bisherigen Systemen wie hohe Rüstzeiten für das Auslegen und Kuppeln der Schläuche, einzelne Maschinen für Container, Pumpe und Schlauchtrommel mit entsprechenden Personalressourcen beseitigt sein sollten. Der «Rowdy 640» ist eine Kombination von Container, Pumpe, Schlauch, Absauge-Einheit und Kompressor in einem als Arbeitsanhänger zugelassenen Gerät. Somit ist dieses System flexibel und es wird neben dem Traktor auf dem Feld keine weitere Maschine oder Person für die Verschlauchung benötigt. Der Schlauch ist formstabil, kann auch im aufgerollten Zustand Gülle durchleiten und muss so nicht mehr zwingend ausgeblasen werden. Allerdings darf der notwendige Zugkraftbedarf im Feld nicht unterschätzt werden.

Präzise Applikation

Eine gezielte teilflächenspezifische Applikation von Düngemittel, besonders bei der Stickstoffdüngung, führte in den letzten Jahren zu einer verbesserten Nährstoffausnutzung und damit zu ausgeglichenen Nährstoffbilanzen. Precision Farming mit Wirtschaftsdüngern ist heute möglich. Sogar Section Control bei Gülle mit einzeln schaltbaren Sektionen am Schleppschlauch- und Schleppschuhgestänge oder an Schlitzgeräten haben verschiedene Hersteller in ihrem Programm. Notwendig für eine teilflächenspezifische Applikation sind exakte Kenntnisse über die Heterogenität der Teilflächen. Zudem benötigt man eine Ausbringtechnik mit NIRS-Sensorik, die eine Echtzeit-Analyse von Nährstoffgehalten der auszubringenden Dünger ermöglicht. Zusammen mit einem GPS-Empfänger lässt sich die ausgebrachte Nährstoffmenge dokumentieren, was letztlich dazu beitragen kann, den Einsatz von Mineraldünger auf das notwendige Maß zu reduzieren.

FAZIT

Die Tagung hat gezeigt, dass das Thema der Wirtschaftsdünger – speziell der Gülle – ein fast unerschöpfliches Reservoir an Inhalten bieten kann. Bei den Vorträgen der Referenten aus Forschung und Beratung, Industrie und der landwirtschaftlichen Praxis kam die eigentliche Technik vielleicht etwas kurz, dafür dominierten pflanzenbauliche und bodenphysiologische Fragen sowie die öffentliche Wahrnehmung und die behördlichen Auflagen rund um die Ausbringung.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen