Impulsgeber für die Wälder von morgen

Ideenschmiede und Trendmonitor: Forstmesse zeigt alles rund um die Wiederbewaldung

KWF-Thementage: Impulsgeber für die Wälder von morgen

Warum tragen, wenn man es auch fahren kann? Die SVLFG stellte vor, wie der Smart Skidder von Suffel Fördertechnik beim Zaunbau eingesetzt werden kann.

Nach coronabedingter Pause finden 2022 wieder Forstmessen statt. Forst live, Elmia, KWF Thementage waren bereits, die Interforst und DLG Waldtage sowie die FinnMetko in Finnland folgen. Die KWF-Thementage, die Anfang April im östlichen Sachsen-Anhalt stattfanden, waren vielleicht nicht die größte, aber fachlich eine der spannendsten Forstmessen in diesem Jahr, drehte sich doch alles um den Wiederaufbau von kalamitätsgeschädigten Wäldern. 

Denn abertausende Hektar an Wäldern sind es, die allein in Deutschland neu aufgebaut werden: Nach Stürmen und Borkenkäferplagen dominieren große Kahlflächen viele Wälder. Chronisten bezeichnen die aktuelle Lage als größte Wiederaufbau-Aufgabe seit den Nachkriegsjahren, als großflächige Reparationsleistungen in Form von Holzlieferungen vielerorts die Regionen regelrecht entwaldeten.

Lösungen für Wälder von morgen

Es lag also auf der Hand, dass das Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF) als Veranstalter ihre sechsten Thementage unter das Motto von Wiederbewaldung und Waldumbau stellte. An drei Tagen zeigten Forstverwaltungen, Unternehmen und Verbände nahe der Kleinstadt Jessen ihre Lösungen für die Wälder von morgen. Ein viereinhalb Kilometer langer Parcours bot coronakonform die Möglichkeit, sich über die unterschiedlichen Ansätze zu informieren, mit ausgewiesenen Fachleuten der Branche ins Gespräch zu kommen und in den organisierten Foren lebhaft zu diskutieren. 1800 Forstleute, Unternehmer und Waldbesitzer nutzten die Möglichkeit, sich auf den Thementagen zu informieren. Wir haben uns umgesehen.

Was in Skandinavien bereits Standard ist, steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen: Die maschinelle Pflanzung von Containerpflanzen über Mobilbagger. In Finnland werden so beispielsweise Fichte, Douglasie, Kiefer, aber auch Birke gepflanzt. Die Pflanzung mit Wurzelballen im Container reduziert den Pflanzschock, reduziert Feinwurzelverluste bei der Pflanzung, reduziert auch deutlich die Gefahr der „falschen“ Pflanzung (gestauchte, geknickte, verdrehte Wurzeln) und erweitert deutlich das mögliche zeitliche Pflanzfenster weit in die Vegetationszeit hinein. Rund 1000 Bäume schafft ein Bagger pro Tag. Er räumt dabei den Pflanzplatz von Schlagabraum und Gebüsch, legt anschließend den Mineralboden frei, drückt eine Containerpflanze in die Erde und den sie umgebenen Boden fest. Auf der Messe war die Rede von lediglich fünf Pflanzaggregaten, die es derzeit in Deutschland gibt, eins davon auf dem Hof eines Forstmaschinenanbieters. Im Einsatz zu sehen waren auf der Messe Aggregate von Bracke sowie der M-Planter. Benötigt wird für die Pflanzaggregate ein 15-Tonnen-Bagger mit 100 kW Leistung.

KWF-Thementage: Impulsgeber für die Wälder von morgen

Ein zur Waldbrandbekämpfung umgebautes Fass, mit dem über ein Gestänge tief hinein in die Bestände gelöscht werden kann.

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Christian Schmidt von Euro-Waldbrand mit seinem Pick-up, umgerüstet zur schnellen Waldbrandbekämpfung.

Von Kalamitäten betroffene Wälder bergen immer auch ein höheres generelles Risiko eines Waldbrandes, weil abgestorbenes, zum Teil am Boden liegendes Material dem Feuer mehr Futter bietet als lebende Biomasse. Die Sonderschau Waldbrandmanagement bot einen Überblick über Möglichkeiten der Waldbrandbekämpfung, aber auch Vorbeugung. Auffälliger Hingucker war das an einem landwirtschaftlichen Schlepper angehängte Wasserfass mit ausfahrbarem Turm, über den eine ferngesteuerte Spritze Wasser tief in brennende oder zu schützende Bestände hinein versprühen kann. Aber auch eine ferngesteuerte Mulchraupe kann bei einem Waldbrand gute Dienste leisten: Aus der Ferne gesteuert befreit sie den Mineralboden von brennbarer organischer Masse und kann so Barrieren anlegen, über die zumindest – abhängig von der Brandschneisenbreite – ein Bodenfeuer bei moderaten Windverhältnisssen gestoppt werden kann. Um vor Ort eventuelle Brände schnell bekämpfen zu können, wurden auch spezielle, swimmingpool-ähnliche Behälter der Firma Falt-Silo aufgestellt, die mit Fassungsvolumina von 500 bis 55.000 Litern erhältlich sind und innerhalb von 30 Minuten aufgebaut werden können.

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Die Drohnentechnik hält auch Einzug im Forst – es sind allerdings noch viele Fragen zu Verfahrensablauf und Genehmigung zu klären.

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Speichert Wasser für junge Waldbäume – die Wasserpille, die jungen Bäumen ins Pflanzloch gelegt wird.

Kleine Waldbrände bekämpfen dank Wasservorrat

Auf das Thema Waldbrände hat sich auch Christian Schmidt spezialisiert. Der Chef der Firma Euro-Waldbrand hat sich auf Dienstleistungen rund um Waldbrand spezialisiert, berät Kommunen und Organisationen, beschafft geeignetes Material wie Fahrzeuge, Pumpen, Schläuche und Werkzeuge und bildet Einsatzkräfte aus und weiter. Auf den KWF-Thementagen stellte er einen zum Einsatzfahrzeug umgebauten Pick-up vor, mit dem sogar dank Wasservorrat kleine Waldbrände direkt bekämpft werden können. Auch das kontrollierte Brennen von zum Beispiel Heideflächen gehört zum Aufgabenspektrum. Auf seiner Webseite www.euro-waldbrand.de stellt er kostenlos umfangreiches Wissen zur Waldbrandbekämpfung vor.

Das wertvollste Gut eines jeden Unternehmens ist das Personal. Was nützen der tollste Wald, die besten Maschinen und Geräte, wenn die Mitarbeiter ausfallen? Die SVLFG als Berufsgenossenschaft stellte auf den KWF-Thementagen umfangreich ihr Präventionsprogramm vor, etwa zu den Themen Zecken und Zoonosen, ausreichenden Pausen, Trinken und Hitzeschutz sowie rückenschonendes Arbeiten: Eine Forstraupe von Suffel Fördertechnik aus Aschaffenburg wurde dort als „Zaunbauraupe“ (Suffel Smart-Skidder) vorgestellt, mit der Zaunbaumaterial wie Drahtrollen, Pfähle und Geräte personalschonend und ferngesteuert auf Gummiketten in die Bestände transportiert werden können. Eine 40 kN Seilwinde mit 100 Metern Seil rundet das Angebot der knapp 19 kW leistenden Raupe ab.

Eine typische Forstmesse mit noch nie vorgestellten Neuheiten waren die KWF-Thementage nicht, denn es ging vor allem um die Anwendung neuer und bewährter Technik und die Vorstellung von Arbeitsverfahren. Das Prädikat „Neuheit“ beanspruchte aber beispielsweise das Unternehmen CRS Grüntechnik aus Nordendorf bei Augsburg für sich. Ihre Maschine zur Wiederaufforstung kombiniert Saat- und Pflanzverfahren. Einzusetzen ist sie für alle gängigen Baumarten mit klein- bis großflächigen Samen, sogar in Kombination in einem Bestand zur besseren Mischung. Die Saatdichte lässt sich dabei individuell steuern. Eine rückwärts laufende Fräse bereitet ein Saat- oder Pflanzbett vor. Die Maschine ist GPS-geführt, das Unternehmen bietet zur Pflanz- und/oder Saatdienstleistung mit Breitreifenschlepper auch eine Dokumentation der GPS-Saat- oder Pflanzreihen an.

KWF-Thementage: Impulsgeber für die Wälder von morgen

Saat von Waldbäumen mit dem Raupenharvester Impex.

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Pfanzelt zeigte auf den Thementagen ein weites Spektrum von Anbaugeräten und selbstfahrenden Maschinen für die Walderneuerung.

Ausbringung von Saatgut mit Drohnentechnik

Große Aufmerksamkeit erfuhr der Stand von Skyseed, an dem die Ausbringung von Saatgut mittels Drohnentechnik vorgestellt wurde. Der Vorteil: Auch in unwegsamem, steilem Gelände können zur Aufforstung, zum Waldumbau und zur Flächensicherung über eine Vorwaldbegründung große Saatgutmengen ausgebracht werden. Auf der Plusseite einer Saat gegenüber einer Pflanzung steht generell der vermiedene Pflanzschock, eine bessere Feinwurzelentwicklung und keinerlei Wurzelbeschädigung. Durch eine Pelletierung von Saatgut wird es nicht nur überhaupt maschinell ausbringbar konfektioniert, sondern auch noch geschützt durch eine das Saatkorn umgebene Hüllmasse – ähnlich wie beim Zuckerrübensaatgut. Das Berliner Unternehmen Skyseed setzt eine große Arbeitsdrohne mit 2,3 m Spannweite ein, die bis zu 12 kg Saatgut-Pellets mit dem selbst entwickelten Dosiergerät ausbringen kann – je nach Baumart reicht das für mehr als einen Hektar. Ausgebracht werden können Samen von den meisten gängigen Baumarten – von feinkörnigen Saaten wie Birke und Erle bis zu grobkörnigen wie Eiche und Buche. Bei all den Vorteilen darf nicht vergessen werden, dass eine Saat immer einen offenen mineralischen Waldboden benötigt, in dem meist obenauf liegenden Rohhumus oder einer dichten Pflanzenvegetation gelingt keine ausreichende Entwicklung. Die Flächen benötigen also dennoch eine ausreichende Bodenverwundung, wenn man sich nicht allein auf Wildschweine verlassen will, die den Boden umwühlen. 

Dass es bis zur großflächigen Umsetzung dieser Technik in die Praxis noch ein weiter Weg ist, bewies auch die Vorführung in Jessen – behördliche Angelegenheiten sind offenbar noch ein Hemmschuh. So konnte die vorgestellte Drohne zwar im Flug vorgeführt werden, sie durfte aber nichts fallen lassen, da der Abwurf von Gegenständen aus der Luft aus vermutlich gutem Grund sehr restriktiv geregelt ist in Deutschland.

Die Saat von neuen Waldbeständen kann auf vielfältige Weise geschehen: per Hand, per schleppergezogener Maschine und sogar per Harvester. Vermutlich ist der stattliche Impex Raupenharvester mit einem kleinen Saatgutkasten an der Kranspitze leistungsmäßig reichlich unterfordert, er zeigt aber zugleich einen Vorteil des Systems auf: Durch den langen Kranarm kommt der Harvester von der Rückegasse weit in die Bestände hinein und kann sein Saatgut ablegen ohne eine flächige Befahrung.

Einen anderen Ansatz verfolgt man bei Pfanzelt: flächige Befahrung, aber bodenschonend auf Bändern und das mit wenig Gewicht. Das Multitalent Moritz zeigte auf den KWF-Thementagen seine ganze Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten: so etwa als Forstraupe als Trägerfahrzeug für den Rettungsschirm, als Einsatzfahrzeug für Forstpflüge und Forstmulcher sowie ausgestattet mit Streifenfräse sowie Saat- und Pflanzaggregat zur Bestandesbegründung.


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