Am Donnerstag vergangener Woche um 9.17 Uhr war es so weit: Die VTE, die drei Buchstaben stehen für „Verfahrenstechnische Einheit“, setzt sich selbstständig vom Feldrand Richtung der Grasfläche in Bewegung. Bis zum Einfahren in den Grasbestand hat ein Mitarbeiter mit Fernbedienung die Kontrolle über das gut 7,5 t schwere Fahrzeug mit vier gleich großen 38-Zoll Rädern und 230 PS Vierzylinder-Diesel von MTU. Der dieselelektrische Antrieb umfasst einen 700 Volt Generator und drei Elektromotoren: je einen an der Vorder- und Hinterachse und einen an der Zapfwelle. Das Fahrzeug hat ein Untersetzungsgetriebe, die Differenziale an den Achsen lassen sich sperren. 340 Liter Diesel fasst der Tank dieser Konzeptstudie. Die Krone Mäheinheit ist an einer konventionellen Dreipunkt an der VTE angebaut, Kabel und Hydraulikschläuche sind wie bei einem Traktor gekuppelt.
Nun startet die VTE im autonomen Arbeitsmodus und setzt das Mähwerk ein, um in zügiger Fahrt die vorher am Tablet eingegebene Route selbstständig abzuarbeiten. Auch der Wendevorgang am Feld funktioniert selbsttätig, vielleicht etwas langsamer als mit einem bemannten Traktor. Verschiedene Sensoren rund um die VTE registrieren Umfeld und Arbeitsqualität, um, falls nötig, nachzujustieren. Als sich die mähende VTE auf zehn Meter einem im Feld stehenden Dummy nähert, bleibt das Gespann sofort stehen. So ist die Sicherheit gewährleistet.
Ringsherum verfolgten gut 40 europäische Fachjournalisten, die Firmenleitungen und Gesellschafter aus Alpen und Spelle sowie das VTE Entwicklungsteam äußerst gespannt diese Weltpremiere im Münsterland. Nach dem Mähen zeigte dann die blaue Lemken Variante der VTE ohne Fahrer seine Arbeit mit dem Grubber Karat 10 in drei Metern Breite. Hier bearbeitete das Gespann sogar selbstständig das Vorgewende. Die Vierradlenkung macht die 2,70 Meter breite und 2,60 Meter hohe VTE gelenkig.
Lemken und Krone arbeiten seit 2017 an diesem Projekt einer selbstfahrenden, autonomen Zugeinheit. Das Projekt „Combined Powers“, übersetzt „Vereinte Kräfte“, umfasst heute ein zwanzigköpfiges Entwicklungsteam beider Unternehmen. Ihre Aufgaben teilen sich in Design des Antriebs, Navigation auf dem Feld, Bedienung und Steuerung, Automatisierung durch Sensoren und Aktuatoren sowie Prozessintelligenz auf.
„Unsere Unternehmen haben eine sehr lange Erfahrung im Mähen und Schwaden sowie in der Bodenbearbeitung und Aussaat. Den Arbeitsprozess des Mähens oder Drillens erledigen unsere Maschinen aus Spelle und Alpen. Ihre Arbeitsqualität muss bei der Betrachtung des Gespanns Traktor/Anbaugerät im Mittelpunkt stehen“, erläutert VTE Projektleiter Dr. Matthias Müter. Das Arbeitsgerät definiert seine Ansprüche an den Traktor, wie bei dem Tractor Implement Management (TIM), z.B. auch die Vorfahrtgeschwindigkeit des Gespanns.
„Wir sind die Verfahrensspezialisten. Unser Gespann bietet 100 Prozent Kompatibilität und Konnektivität für alle Schnittstellen zwischen Gerät und Zugfahrzeug. Daran mangelt es heute leider bei vielen Traktor/Geräte -Kombinationen. Deshalb haben wir das Projekt VTE gestartet. So können wir das Verfahren und die Arbeit unserer Maschinen besser optimieren und automatisieren.“
Zu wenig Zeit, zu wenig Personal, eintönige und langwierige Arbeiten, zunehmend komplexe Technik – hier will die VTE Abhilfe schaffen. Eine VTE könnte Landwirten mehr Freiraum für agronomisches Management und definierte gleichmäßige Arbeitsqualität bieten. Aktuell gibt es zwei VTE der zweiten Generation, eine in Blau, eine in Grün. Sie laufen jetzt im Feldtest. Krone und Lemken wollen damit die Erfahrungen vertiefen, aber auch Reaktionen und Anregungen aus der landwirtschaftlichen Praxis sammeln. Diese fließen dann in die Generation 3 ein, die nächstes Jahr mit fünf Maschinen an den Start gehen soll. Ziel ist, dass eine VTE einen ganzen Arbeitstag selbständig arbeitet, also wird der Dieseltank vergrößert. Weiterhin wird an zweitem Geräte-Anbauraum, einem Aufbausystem, zum Beispiel für Dünger oder Saatgut, gearbeitet und nach Alternativen für das schnelle Umsetzen der Maschine von Feld zu Feld geforscht. Ganz zum Schluss folgt dann die konstruktive Optimierung der Maschine für Montage und den Service.
Einen konkreten Markteinführungstermin wollte das VTE Team noch nicht nennen. Bis dahin gäbe es noch einige Aufgaben zu lösen.