Hohe Folgekosten werden zukünftig erwartet

Konventionelle pflanzliche Agrarproduktion dürfte um zehn Prozent zurückgehen

Die Umsetzung des von der Europäischen Union geplanten Green Deal wird in Deutschland nicht ohne erhebliche ökonomische Folgen für die Landwirtschaft gelingen. Laut einer Studie von Wissenschaftlern um Prof. Rainer Kühl von der Justus-Liebig-Universität Gießen ist davon auszugehen, dass die vollständige Umsetzung der zum Green Deal gehörenden Farm-to-Fork-Strategie und der Biodiversitätsstrategie zu einer Einschränkung der konventionellen pflanzlichen Agrarproduktion um etwa 10 Prozent führen wird.

Grund dafür seien die vorgesehene Ausweitung der ökologisch bewirtschafteten Anbauflächen auf einen Anteil von 25 Prozent und die geplante Reduzierung des Dünger- und Pflanzenschutzeinsatzes, erläuterte Kühl bei der Vorstellung der von der Edmund Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen Rentenbank geförderten Studie. Der Deckungsbeitrag im konventionellen Ackerbau werde unter dieser Voraussetzung bei konstanten Preisen über alle Kulturen hinweg voraussichtlich um rund 40 Euro/ha sinken. Zudem rechnen die Gießener Agrarökonomen mit einem zusätzlichen Investitionsbedarf von 3,1 Mrd. Euro, der zur Effizienzsteigerung im Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz fällig würde.

Kühl gibt darüber hinaus zu bedenken, dass mit dem Rückgang der konventionellen Produktion ein steigender Importbedarf verbunden sein könnte. Dies berge die Gefahr direkter und indirekter Landnutzungsänderungen und damit den möglichen „Export von Umweltproblemen“. Auch seien am Markt für Bioprodukte Auswirkungen durch das steigende Angebot zu erwarten, erklärte der Gießener Wissenschaftler. Diese könnten von wirtschaftlich erfreulichen Skaleneffekten in der Wertschöpfungskette bis hin zu Preisdruck durch Überangebote reichen.

Nach Einschätzung von Kühl stellt sich deshalb die Frage, wie die zu erwartenden Lasten des Green Deal am Agrarmarkt beziehungsweise in der Warenkette verteilt werden können. Denkbar seien entweder Importbarrieren zum Schutz des EU-Marktes vor Waren mit niedrigeren Umweltstandards oder eine finanzielle Kompensation der Landwirte für ihre höheren Kosten. Während Einfuhrzölle oder andere Handelsbarrieren erfahrungsgemäß über höhere Nahrungsmittelpreise die Verbraucher belasteten, müsse die finanzielle Entschädigung der höheren Produktionskosten über einen entsprechend angepassten Agrarhaushalt und damit letztlich über Steuern erfolgen, so der Agrarökonom.


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