Technische Kriterien immer noch die Nummer Eins

Wie steht es draußen „im Feld“ um die Themen Gülletechnik und Gülleausbringung? Im Rahmen der DLG PraxisMonitor-Umfragen unter Spitzenlandwirten hat man sich nach 2017 zum zweiten Mal der organischen Düngung angenommen. Wir stellen die Trends und Veränderungen auf den Betrieben vor.

DLG-PraxisMonitor Gülletechnik: Technische Kriterien immer noch die Nummer Eins

Güllelogistik: Hier liefert ein Tankfahrzeug die Gülle zu.

Egal wie hoch der Anteil der Nutzung von organischen Wirtschaftsdüngern sein mag, sie hat im Ackerbau im Vergleich zum ausschließlichen Ausbringen von Mineraldüngern einige Vorteile. Geringere Düngerkosten entlasten die Betriebsbilanz und Humusaufbau ist im Moment in aller Munde. Auf dieser Seite haben Tierhalter gegenüber reinen Ackerbaubetrieben durchaus Trümpfe in der Hand. Allerdings stehen Veredelungsbetriebe, aber auch Betreiber von Biogasanlagen regelmäßig vor dem Problem, dass sie anfallendes organisches Material nicht oder nicht in ausreichender Menge auf eigenen Flächen ausbringen können. Gerade die Konzentration der Tierhaltung in bestimmten Regionen Deutschlands – klassisches Beispiel sind die Kreise Vechta und Cloppenburg als Hochburgen der Schweinehaltung – kann dazu führen, dass es ein lokales Überangebot an Gülle geben kann. Wenn der Preis stimmt, kann sich auch für weiter entfernt liegende Ackerbauern der (teilweise) Wechsel von Mineral- auf organische Wirtschaftsdünger durchaus lohnen, da die nötigen Nährstoffe in Einzelfällen durchaus sehr günstig eingekauft werden können.

Doch keine Medaille ohne Kehrseite: Gerade bei flüssigen, organischen Wirtschaftsdüngern wie Gülle oder Gärresten kennt man zwar die ausgebrachte Menge, in der Regel jedoch nicht die ausgebrachten Inhaltsstoffe. Diese variieren selbst innerhalb desselben Lagerbehälters oft stark und alle Bemühungen, die Behälterinhalte zum Beispiel durch Aufrühren zu homogenisieren, sind eine echte Herausforderung. Hinzu kommt, dass eine Analyse mit oft mehreren Tagen Bearbeitungszeit noch zu zeitaufwändig und auch zu teuer ist. Außerdem schwanken auch hier die Ergebnisse innerhalb und zwischen den Laboren oft stark. Flächendeckende Abhilfe könnten die Nah-Infrarot-Sensoren (NIRS) schaffen, die kontinuierlich während der Betankung des Güllefasses oder während der Ausbringung die Nährstoffinhalte messen und gegebenenfalls die Ausbringmenge pro Hektar an die Inhaltsstoffe anpassen. Aber auch hier ist man sich ob der Genauigkeit unter den Experten noch nicht zu 100 % einig. Der Gesetzgeber tut sich schwer dabei, die Werte aus dem Echtzeit-Messsystem auch für die Betriebsdokumentation anzuerkennen.

Wenn der technische Fortschritt aber in dem aktuellen Tempo weiterläuft, sollten die Sensoren in naher Zukunft für alle wichtigen Inhaltsstoffe und Güllearten Ergebnisse liefern, die für alle Anforderungen genau genug sind. Damit steht der Branche ein Paradigmenwechsel in der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern bevor – weg von m³/ha und hin zu kg N/ha, so wie es die Düngeverordnung fordert. Im Rahmen des vorliegenden DLG-PraxisMonitors zur Gülletechnik wollten wir uns nach 2017 zum zweiten Mal einen Überblick über den Stand der zurzeit in der Praxis verwendeten Gülletechnik verschaffen, vor allem weil bei der ersten Auflage noch nicht alle gesetzlich geforderten Änderungen tatsächlich in der Praxis angekommen waren. Die Online-Befragung haben wir im Juni 2021 unter führenden Praktikern durchgeführt.

Betriebsstruktur der Umfrageteilnehmer

Am DLG-PraxisMonitor Gülletechnik haben insgesamt 115 Betriebe teilgenommen. Sie bewirtschaften im Schnitt 343 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und sind damit im Vergleich zu 2017 rund 1,5 Mal so groß. Die durchschnittliche Schlaggröße ist mit 5,23 ha geringfügig kleiner geworden und auch die Entfernungen haben abgenommen: Im Mittel müssen rund 3,5 km (2017: 5,5 km) vom Hof beziehungsweise Güllelager zum Feld gefahren werden. In Sachen Traktorausstattung zeigt der Trend nach oben: Die Motorleistung des Traktors am Güllefass beziehungsweise des Ausbringfahrzeugs liegt bei durchschnittlich 193 PS. Mit im Mittel 8,2 Arbeitskräften inklusive Betriebsleiter (AK) war die mittlere Anzahl der Arbeitskräfte auf den Betrieben relativ hoch.

Definitiv keine kleine Zahl ergab sich bei der pro Jahr ausgebrachten Menge an flüssigen Wirtschaftsdüngern. Insgesamt 795.503 m³ stehen hier zu Buche. Trotz eines Rückgangs stellten die Gärreste mit rund 47 % den größten Anteil der ausgebrachten Menge flüssigen Wirtschaftsdüngers. Rindergülle war mit über 40 % ebenfalls stark vertreten, während Schweinegülle in den aktuell befragten Betrieben nur zu etwas mehr als 10-%igem Anteil zum ausgebrachten Volumen beitrugen (Abb. 1). Fast 83 % (2017: 75 %) der Betriebe bringen ausschließlich betriebseigene Gülle aus, während der Anteil reiner Ackerbaubetriebe, die ausschließlich zugekaufte flüssige Wirtschaftsdünger nutzen, von rund 7,5 % der Befragten auf 5,2 % gefallen ist. Die verkaufenden Betriebe liegen dabei durchschnittlich 20 km, im Maximum sogar 220 km entfernt. Mit 12,5 % gegenüber 9,6 % der Befragten ist die Nutzung einer Nährstoffbörse zum Kauf beziehungsweise Verkauf von Gülle angestiegen. Die Güllekette besteht im Mittel aus knapp 2,5 AK, 1,1 Verteilfahrzeugen und 0,90 Transportfahrzeugen mit 14 m³ und erreicht eine Leistungsfähigkeit von durchschnittlich 54 m³ pro Stunde – 14 m³ pro Stunde mehr als 2017.

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Details zur Gülledüngung in Weizen und Grünland

Mit Mais, den Getreidesorten Gerste, Weizen, Roggen und Triticale, Raps sowie Grünland und Ackergras waren letztlich die bekannten Marktfrüchte und Futterflächen auch die typischen Feldfrüchte, bei denen Gülledüngung zum Einsatz kam (Abb. 2). Auf Weizen werden dabei Einzelgaben von durchschnittlich 50 m³/ha ausgebracht (minimale Einzelgaben 46,5 m³/ha, maximale Einzelgaben 54,1 m³/ha). Der typische Zeitpunkt der Ausbringung in Weizen ist mit großem Abstand der Vegetationsbeginn im Frühjahr (79,1 % der Befragten, Mehrfachnennungen möglich). Nach-Ernte-Düngung vor Zwischenfrüchten findet mit 55,5 % deutlich seltener statt als die Frühjahrsdüngung. Insgesamt konzentrieren sich die Düngegaben viel deutlicher als 2017 auf diese beiden genannten Zeitpunkte, als noch rund 30 % der Befragten angaben, auch zum Beginn des Schossens nochmals mit Gülle zu düngen.

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Im Grünland hingegen bleibt es dabei, dass über das ganze Jahr hinweg Gülle ausgebracht wird. Man startet im Frühjahr zum Vegetationsbeginn und düngt dann nach jedem Schnitt, wobei die Zahlen im Jahresverlauf – mit Ausnahmen der häufigen Herbstdüngung von Schnitt zu Schnitt fallen.

Bei der Ausbringung setzen zwei Drittel der Befragten auf Eigenmechanisierung (Abb. 3) und nur 4,3 % der Befragten statt 15 % in 2017 setzen auf einen Komplettservice durch einen Lohnunternehmer. Etwa 10 % beziehungsweise 17 % haben Teile der Gülleausbringung an Dienstleister vergeben und lassen die Gülle ausbringen beziehungsweise transportieren.

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Rund 25 % der Befragten geben an, selbst als Gülledienstleister für andere Betriebe tätig zu sein – eine Steigerung um 9 % binnen vier Jahren. Eine Homogenisierung und eine Analyse der Inhaltsstoffe führen über drei Viertel beziehungsweise sogar fast 90 % der Betriebe vor dem Ausbringen durch. NIR-Sensoren spielen in der Praxis – noch – nur eine geringe Rolle, lediglich zwei Betriebe setzen diese am 2020 oder 2021 neu gekauften Güllefass ein.

In der Praxis verwendete Gülletechnik

Die bei den Umfrageteilnehmern verwendeten Güllefässer hatten einen durchschnittlichen Behälterinhalt von 16,8 m³ (2017: 15,3 m³), wobei jeweils 17,2 % der Befragten über Güllefässer mit einem Volumen von weniger als 10 m³ beziehungsweise mehr als 20 m³ verfügten. Wie 2017 bleibt die Markenwelt unter den Betrieben, die an der Umfrage teilgenommen haben, sehr bunt. Dabei wurden Zunhammer mit einem Anteil von rund 17 % und Kotte mit rund 16 % am häufigsten genannt. Die Gespanne bewegen sich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, innerhalb der für den Straßenverkehr zulässigen Gesamtmasse. Wir hoffen, dass die einzelnen Gespanne mit einer Masse von jenseits der 50 t oder gar 65 t erst auf dem Feld befüllt werden – aus der Umfrage war dies leider nicht nachzuvollziehen.

Mit rund 75 % stellen Fässer mit zwei Achsen den größten Anteil, gefolgt von ein- und dreiachsigen Anhängern (14,3 % beziehungsweise 6,1 %; Abb. 4). Damit ist der Anteil der Zweiachser gegenüber 2017 um über 10 % gestiegen. Rund ein Fünftel der Technik wurde gebraucht angeschafft. Mit insgesamt 80 % hatte der Großteil der Güllefässer keine Isobus-Steuerung. Die Landwirte allerdings, die auf Isobus setzen, nutzen auch wiederum fast vollständig die erweiterten Isobus-Funktionalitäten, wie beispielsweise eine GPS-basierte Gülleapplikation.

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Auf Grünland wird bei der Gülleausbringung im Mittel rund 7,6 km/h und maximal 20 km/h gefahren, auf Ackerland reduziert sich die mittlere Geschwindigkeit auf 7 km/h (Maximum 19 km/h). Damit sind sowohl die durchschnittliche als auch die maximale Geschwindigkeit nochmals angestiegen.

Bei den Verteilern fallen die Schleppschlauchverteiler mit nur noch rund 15 % Anteil (2017: 31,9 %) deutlich hinter die Schleppschuhverteiler mit 35,5 % (2017: 25,7 %) zurück. Auch die Prallteller mit Abstrahlung nach unten geben nach, während der Anteil an Schlitzgeräten und Injektionsverteilern in etwa gleich geblieben ist (Abb. 5).

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Dies wird auch bei der Einarbeitung bestätigt, denn 22,5 % der Befragten geben an, direkt bei der Ausbringung einzuarbeiten (Abb. 6), während rund 41 % der Befragten parallel zur Ausbringung mit einem zweiten Gespann einarbeiten. Rund ein Drittel wechselt nach einer gewissen Zeit auf ein zweites Gespann zum Einarbeiten, während nur in Ausnahmefällen der Traktor vom Güllefass zur Einarbeitung abgekoppelt wird.

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Insbesondere die Kriterien Quer- und Längsverteilung, das heißt die Genauigkeit der Gülleapplikation, bleibt den befragten Landwirten besonders wichtig. Dies zeigte sich vor allem darin, dass die Genauigkeit in der Quer- und Längsverteilung in der Ebene in der Wichtigkeit als Kriterium bei der Kaufentscheidung sogar noch vor dem Anschaffungspreis und der technischen Ausstattung rangiert. Gleichzeitig geben jeweils über 90 % an, mit der Quer- und Längsverteilung ihrer aktuellen Technik in der Ebene zufrieden oder sehr zufrieden zu sein – eine Steigerung gegenüber 2017. Am Hang ändert sich das Bild, denn hier fallen die Zufriedenheitswerte mit dann nur noch 50,5 % bei der Querverteilung beziehungsweise 54,5 % bei der Längsverteilung doch merklich schlechter aus. Wartungsaufwand und Zugänglichkeit der Wartungsstellen haben sich offenbar merklich verbessert.

Fazit

Entgegen der 2017 getroffenen Annahme ist der Anteil der Eigenmechanisierung nicht gesunken, sondern sogar noch geringfügig angestiegen. Durch die insgesamt größere Betriebsstruktur ist dies aber erklärbar. Im Vergleich der beiden Umfragen fällt vor allem auf, wie sich die Verteiltechnik geändert hat. Gerade aufgrund der häufiger auftretenden Futterverschmutzung sind Schleppschläuche offenbar nicht mehr das Mittel der Wahl. Emissionsarme Ausbringtechnik, möglichst noch mit direkter Einarbeitung ist teuer und bedarf leistungsfähiger Traktoren, die auf kleineren Betrieben offensichtlich nicht vorhanden sind. Neben den zeitlichen Vorteilen lohnt sich diese Technik aber auch an anderer Stelle: Gleich mehrere Landwirte gaben an, dass sie, seitdem sie mit Schleppschuhverteilern, Injektoren oder Schlitzgeräten arbeiten, deutlich weniger Konflikte mit Anwohnern oder Spaziergängern auszuhalten haben. Höflichkeit, Aufklärung und Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern leisten hier ein Übriges.


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