Damit beim Schrauben Finger nicht einfrieren

Hohe Energiekosten stellen viele Betriebe vor die Entscheidung: Ist Erdgas noch der richtige Brennstoff? Welche Alternativen gibt es? Wir stellen dazu beispielhaft die Konzepte der Agravis Raiffeisen AG und der BayWa AG vor. Außerdem gibt ein Energieberater im Interview Einspartipps.

Alternativen zum Erdgas: Neue Konzepte für Ihren Betrieb: Damit beim Schrauben Finger nicht einfrieren

Wie wird es im Winter? Gestiegene Energiekosten machen vielen Landmaschinenbetrieben zu schaffen.

Die Energiekrise 2022 betrifft längst nicht nur Privathaushalte. Immer mehr Gewerbe- und Industriebetriebe leiden unter dem Preisanstieg für Strom, Gas oder Öl. Mit der Aktion „Uns geht das Licht aus - Heute das Licht und morgen der Ofen?“ haben beispielsweise Bäckerinnungen in ganz Norddeutschland auf den existenzbedrohenden Preisanstieg für Energie aufmerksam gemacht.

Auch der Landmaschinenhandel denkt neu über die Energieversorgung nach. „Die Frage, wie wir als BayWa Energie einsparen können, treibt uns bereits seit Jahren um. 2018 haben wir eine Klimastrategie verabschiedet, mit dem Ziel, bis 2030 konzernweit die Klimaneutralität erreicht zu haben“, sagt eine Sprecherin der BayWa AG.

Umstellung auf LED

Bei Strom deckt die BayWa den Bedarf seit Ende 2020 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien. Ein weiteres Ziel ist, den Energieverbrauch zu senken. Darum werden aktuell alle Standorte in Deutschland auf intelligente LED-Beleuchtung umgestellt. Im Schnitt circa 35 Prozent des Stroms will das Unternehmen so im Vergleich zu bisher einsparen. „Voraussichtlich im Februar 2023 werden unsere Baustoff-Betriebe komplett umgestellt sein; Agrar und Technik folgen. Im Werkstattbereich liegen wir aktuell bei rund zehn Prozent Umstellung“, teilt die Sprecherin mit.

Alternative zu Öl und Gas

Bei Umstellung der Wärmeversorgung arbeitet die BayWa bereits an Alternativen zu Gas und Öl, wobei dieser Prozess weitaus umfangreicher ist. „Der Gesetzgeber schreibt vor, Heizungsanlagen, die älter als 30 Jahre sind, grundsätzlich zu erneuern. Nach einer Analyse unserer Standorte haben wir für die BayWa festgelegt, alle Heizungen, die älter als 22 Jahre sind, sukzessive umzustellen“, sagt sie. Das betrifft derzeit rund 300 Anlagen über alle Segmente (Agrar, Technik, Bau). Dabei geht es nicht nur um die Heizungsanlage, sondern die Situation insgesamt: In welchem Zustand ist das Gebäude? Ist es möglich, Photovoltaik auf dem Dach zu installieren? Sollten Hallentore und Fenster saniert werden? Auch im Wärmebereich geht es dem Unternehmen dabei um zwei Aspekte:

1. Energieeinsparung: Das will die BayWa zum Beispiel durch den Einbau von Deckenstrahlplatten statt der bisher in den Werkstätten üblichen Umluftgebläse erreichen. Mindestens ein Drittel der Energie soll sich so einsparen lassen.

2. Nutzung fossilfreier Energiequellen: Bei großen Werkstätten mit höherem Energiebedarf favorisiert das Unternehmen Pelletheizung, bei kleineren Werkstätten eine Wärmepumpe kombiniert mit einer PV-Anlage auf dem Dach.

Alternativen zum Erdgas: Neue Konzepte für Ihren Betrieb: Damit beim Schrauben Finger nicht einfrieren

Wenn Betriebe Zugang zu Holz haben, kann eine Hackschnitzelheizung eine Alternative sein.

Alternativen zum Erdgas: Neue Konzepte für Ihren Betrieb: Damit beim Schrauben Finger nicht einfrieren

Die BayWa setzt unter anderem auf Holzpellets als Brennstoff. Sie werden aus Sägeresten hergestellt.

Vorbereitung auf Abschaltung

Konkret in Bezug auf die jetzt angelaufende Heizperiode 2022/23 hat BayWa bereits für verschiedene Szenarien vorgesorgt:

Die Standorte sind zu 99 Prozent SLP (Standard-Last-Profil)-Abnahmestellen. Bei einer Priorisierung der Gasversorgung wären sie damit nach Unternehmensangabe nach aktuellem Stand nicht von einer Abschaltung bedroht. „Gleichzeitig empfehlen wir unseren Standort- und Werkstattleitern dort, wo es möglich und auch von der Arbeitsstättenverordnung gedeckt ist, die Heiztemperatur zu senken. Im Werkstattbereich sprechen wir hier von unter 18 Grad. Auch eine Absenkung auf 15 bis 16 Grad ist möglich – in der Regel kommen die Kunden im Auto und mit Jacke an unsere Standorte, sodass eine Beheizung auf 19 oder 20 Grad nicht zwingend nötig ist“, erklärt die Sprecherin.

Sollten die BayWa Standorte wider Erwarten doch von einer Gasabschaltung bedroht sein, hat das Unternehmen elektrische Heizpatronen (sogenannte Hot Mobile) angeschafft, die flexibel an das Heizungssystem vor Ort angeschlossen werden können.

Nahwärme aus Biogasanlagen

„Auch bei den Landtechnik-Standorten ist die Haustechnik einem raschen Wandel unterzogen. Das Ziel ist der Verzicht auf Gas als Energieträger“, berichtet ein Sprecher der Agravis Raiffeisen AG auf Anfrage des eilboten. Das Unternehmen richtet nach eigenen Angaben bereits seit Jahren ihre Gebäude auf die Anforderungen der Zukunft aus. Dabei spielen energetische Aspekte eine große Rolle.

Eine Möglichkeit dazu ist der Einsatz von Nahwärme aus Biogasanlagen wie in der Niederlassung Bockenem der Agravis Technik Raiffeisen GmbH. „Die Erfahrung zeigt jedoch, dass dieses nur sinnvoll ist, wenn die örtlichen Rahmenbedingungen wie die Nähe der Werkstatt zur Biogas-Anlage passen“, erklärt die Agravis.

Bei Neuplanungen legt die Agravis in allen Immobilien Wert auf Wärmepumpen, Fußbodenheizung, Wärmetauscher und PV-Anlagen für Eigenstrom auf dem Dach. LED-Beleuchtung mit Dämmerungsschalter und Zeitschaltung sind Standard.

 


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