„Erste Maßnahme: Runter mit dem Energiebedarf!“

Energieberater André Mantay vom Ingenieurbüro Mantay aus Wilhelmshaven gibt Tipps, wie Gewerbebetriebe und Werkstätten ihre Energiekosten senken können.

Interview mit André Mantay, Energieberater, Ingenieurbüro Mantay: „Erste Maßnahme: Runter mit dem Energiebedarf!“

Ist eine Biogasanlage in der Nähe, kann eine Nahwärmeleitung günstige Wärme liefern.

Interview mit André Mantay, Energieberater, Ingenieurbüro Mantay: „Erste Maßnahme: Runter mit dem Energiebedarf!“

André Mantay ist Inhaber des Ingenieurbüros Mantay für Architektur, Statik, Gebäudetechnik, Bauphysik und Energieberatung in Wilhelmshaven.

eilbote: Herr Mantay, viele Landmaschinenhändler, aber auch andere Gewerbebetriebe, heizen aktuell mit Erdgas und müssen sich auf erhebliche Kostensteigerungen einstellen. Was können sie dagegen tun?

André Mantay: Als erstes kommt es auf eine nüchterne Statusbetrachtung an: Hat der Betrieb schon in der Vergangenheit Maßnahmen zum Energiesparen ergriffen oder fängt er jetzt erst an? Wie heizt er: mit Flächen- beziehungsweise Fußbodenheizung oder Gebläsestrahlern von der Decke? Wie ist der Dämmstandard? Es gibt eine Fülle von Schrauben, an denen man jetzt drehen kann. Die wichtigste Empfehlung ist aber: Runter mit dem Energiebedarf!

Ist das wichtiger als das Heizsystem?

Das eine bedingt das andere. Hierzu ein Beispiel: Ein herkömmliches Einfamilienhaus mit 200 Quadratmetern Wohnfläche aus dem Jahr 1984 hat in etwa eine Heizlast von 100 Watt/m2. Wenn Sie ein modernes Passivhaus nach heutiger Bauart nehmen, liegt die Heizlast bei 10 Watt/m2, also bei einem Zehntel. In so einem Haus können Sie mit einer Heizleistung von 2 kW eine 20 °C Temperatur aufrecht erhalten, das ist in etwa die elektrische Leistung eines Haarföhns. Das macht deutlich: Zunächst sollte man Bodenplatte, Außenwände, Dach und Fenster überprüfen und bei Bedarf erneuern. Im zweiten Schritt kann man dann entscheiden, welches Heizsystem nötig und sinnvoll ist.

Empfehlen Sie dabei immer eine Alternative zum Gas?

Nein, es ist ja nicht so, dass wir ab morgen kein Gas mehr haben. Es gibt auch gasbetriebene energiesparende Systeme wie Hell-Dunkel-Strahler auf Infrarotbasis. Diese nutzen zwar Erdgas, sind aber sehr effizient. Eine Alternative zu Erdgas wäre auch Flüssiggas (LPG), das in einem speziellen Tank gelagert wird. Eine andere Möglichkeit ist eine Deckenstrahlplatte auf Warmwasserbasis. Wenn dagegen alle auf die von der Bundesregierung empfohlene Wärmepumpe umstellen, steigt der Strombedarf sehr stark an – mit entsprechender Belastung für unser Stromnetz. Es kann ebenso sinnvoll sein, eine moderne Holzheizung zu wählen, wenn man in einer Region mit viel Wald ist. Oder sich an das Nahwärmenetz einer benachbarten Biogasanlage anzuschließen. Vielleicht gibt es auch einen Gewerbe- oder Industriebetrieb in der Nachbarschaft, der weitere Abwärme hat und sie abgeben könnte?

Betriebe haben oft verschiedene Bereiche wie Büro, Verkaufsraum, Lager oder Werkstatt. Spielt das eine Rolle bei der Wärmeversorgung?

Bezüglich Dämmung gilt hier das gleiche. Zusätzlich sollte die Betriebsleitung prüfen, welchen Wärmebedarf die Mitarbeiter und Kunden haben und ob man diesen eventuell reduzieren kann. Darüber hinaus können hier auch Kleinigkeiten helfen: Wie ist der Strombedarf bei der Beleuchtung? Sind die Leuchten schon auf LED umgestellt? Ist die Lichtstärke auf die Arbeitsbereiche angepasst? Im Büro ist sie anders als in der Werkstatt oder auf den Toiletten. In der Werkstatt oder in Hallen könnte man auch Solartubes einbauen, die das Tageslicht einfangen und mithilfe von Prismen in die Halle übertragen.

Was halten Sie von einer Photovoltaikanlage?

Sie ist ein Muss für jeden Betrieb. Denn die Anlagen sind heute so günstig, dass sich der Betrieb immer lohnt. Aufpassen sollte man bei der Installation auf dem Dach. Denn wer ein 25 oder 30 Jahre altes Dach damit bestücken will, bekommt eventuell Probleme mit der Statik. Ich rate dazu, erst das Dach zu dämmen und bei Bedarf zu modernisieren, bevor die Module installiert werden. Denn sie sind mindestens 25 Jahre in Betrieb und man kommt in der Zeit nicht mehr an das Dach heran. Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, die Anlage auf Inselbetrieb vorzubereiten. Denn ein Wechselrichter benötigt 50 Hertz aus dem Stromnetz. Fällt der Strom aus, liefert die Anlage keinen Strom. Im Inselbetrieb dagegen produziert sie weiter, auch wenn das Versorgungsnetz ausgefallen ist. Für einen Inselbetrieb sind jedoch einige technische Anforderungen zu erfüllen.

Interview mit André Mantay, Energieberater, Ingenieurbüro Mantay: „Erste Maßnahme: Runter mit dem Energiebedarf!“

Einsparen lässt sich Energie auch in der Werkstatt, wenn man hier zum Beispiel die Hallentore saniert oder die Temperatur herunterregelt und auf LED Licht umstellt.

Welche weiteren Möglichkeiten hat der Betrieb?

Grundsätzlich kann ich nur dazu raten, die Heizung als Investition anzusehen und nicht als Kostenfaktor, der im Keller verstaubt. Grundsätzlich strebt jeder Verbraucher beispielsweise beim Auto oder beim Handy nach einem neuen modernen Fabrikat. Der regelmäßige Check beim TÜV tut sein Übriges, dass ein Auto immer dem Stand der Technik entspricht. Diese Denkweise brauchen wir auch bei der Heizung. Sie ist oft älter als 30 Jahre und entspricht lange nicht mehr dem Stand der Technik. Worauf man auch achten sollte: Bei jeder größeren Wartung kann es passieren, dass der Monteur den Kessel auf die Werkseinstellung zurücksetzt. Dann heizt sie von 6 bis 22 Uhr. Passt man die Heizzeiten für die Raumwärme und den Warmwasserbedarf auf den tatsächlichen Bedarf an, lassen sich schnell mehrere tausend Kilowattstunden im Jahr sparen. Eine weitere Option ist die Einstellung der richtigen Heizgrenztemperatur, bei der die Anlage vom Sommer- in den Winterbetrieb geht. Wichtig ist, dass man sich auch darum kümmert. Eine Heizung sollte genauso gepflegt und gewartet werden wie das Auto.

Interview mit André Mantay, Energieberater, Ingenieurbüro Mantay: „Erste Maßnahme: Runter mit dem Energiebedarf!“

Ein Blockheizwerk erzeugt Wärme und Strom gleichzeitig. Viele Maschinen werden mit Erdgas betrieben, können aber auch das erneuerbare Biomethan verbrennen.

Dämmung, Heizsystem, Wärmebedarf: Vieles von dem erfordert Fachwissen. Woher bekommt der Betrieb das?

Es gibt viele qualifizierte Energieberater, die man zu Rate ziehen sollte. Sie schauen von außen auf den Energieverbrauch und können Schwachstellen aufdecken, ein Sanierungskonzept erarbeiten und später auch den Bau beaufsichtigen. Denn bei der Sanierung kann man viele Fehler machen, zum Beispiel beim Einbau von Fenstern. Wenn die Abdichtung nicht fachkundig gemacht wird, kann es weiterhin Zugluft im Raum geben. Aber Achtung: Energieberater ist keine geschützte Berufsberatung. Ob es sich um einen anerkannten Fachmann handelt, zeigt auch die Energieexpertenliste unter www.energie-effizienz-experten.de.

Wo kann man sich über Fördermittel informieren?

Fördermittel sind interessant, weil man damit nicht nur Unterstützung bei Maßnahmen zum Energiesparen erhält, sondern eine Erstberatung sowie eine detaillierte Energieberatung. Bei der Gebäudeenergie finden Sie Informationen zur Förderung hier: https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Unternehmen/Energie-und-Umwelt/

Die Fragen stellte Hinrich Neumann.


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