Roboter CURT bearbeitet die Felder

Prototyp bereits erfolgreich auf Äckern unterwegs – Einsatzgebiete sind die Beikrautregulierung sowie die Krankheits- und Schädlingsbekämpfung

Pflanzenschutztechnik: Roboter CURT bearbeitet die Felder

CURT Fahrgestell als Designstudie.

Pflanzenschutztechnik: Roboter CURT bearbeitet die Felder

CURT der ersten Generation bei der Dammpflege auf einem Kartoffelfeld.

Ist die Zukunft auf den Äckern vollautonom und von Robotik geprägt? Das Forscherteam um Kevin Bregler ist Feuer und Flamme für die neue Technologie, die einen Weg zu einer ökologischen und nachhaltigen Landwirtschaft ebnen kann. Ihr Prototyp des Landwirtschaftsroboters CURT war bereits erfolgreich auf Äckern unterwegs. Die Technik, die dahintersteckt, ist allerdings durchaus anspruchsvoll und wird auch klassischen Traktoren nicht den Garaus machen. Was die Roboter-Entwickler motiviert, was ihr Prototyp schon kann und was künftige Einsatzpotenziale sind, zeigt dieser zweite Teil des Blogbeitrags zu CURT.

Landwirtschaftsrobotik in all ihren Facetten ist die berufliche Leidenschaft von Kevin Bregler. Das merkt man sofort, wenn man sich länger mit ihm unterhält. Mit Begeisterung erzählt er von dem Prototyp CURT, dem Landwirtschaftsroboter, den er und seine Kollegen in den letzten Jahren am Fraunhofer IPA aufgebaut und bereits intensiv auf Äckern getestet haben.

Das Ziel dieser Roboterentwicklung ist, dass er zukünftig vollautonom einzelne Prozesse rund um den Pflanzenschutz durchführen kann. Die geplanten Einsatzgebiete sind die Beikrautregulierung, die Krankheits- und die Schädlingsbekämpfung. Der bisherige Fokus von Bregler und seinem Team lag auf der Beikrautregulierung, die sie im Wesentlichen im großen Fraunhofer-Leitprojekt COGNAC umgesetzt haben.

Autonome Navigation

Um die Beikrautregulierung leisten zu können, braucht CURT zunächst eine zuverlässige autonome Navigation. Denn tatsächlich ist es so, dass es zwar bereits fahrerlose Landwirtschaftsroboter gibt, diese werden aber entweder noch (fern-)gesteuert, oder sie fahren rein GPS-basiert. Der Nachteil: Die Roboter benötigen Überwachung oder sie sind weitgehend „blind“ in ihrer GPS-basierten Fahrt. Sie können also nichts wirklich „erkennen“ und „verstehen“.

Das Entwicklungsteam um Bregler arbeitet bereits viele Jahre an der autonomen Navigation für mobile Roboter. In der Vergangenheit lag der Schwerpunkt eher auf industriellen Anwendungen im Indoorbereich, mittlerweile ist man aber in die deutlich komplexeren Outdoor-Umgebungen übergegangen. Sie haben also beispielsweise die innen verwendeten 2D-Laserscanner gegen Kameras getauscht und so von 2D- auf 3D-Navigation umgestellt. Verbunden mit einer intelligenten Umgebungserkennung können Landwirtschaftsroboter so ihr Umfeld interpretieren und passend reagieren. Dies nennt Bregler „semantische Informationsgewinnung“ – also nicht nur erkennen können, dass da etwas ist, sondern auch, was es ist. Dabei geht es beispielsweise darum, Feldgrenzen oder die Untergrundbeschaffenheit zu erfassen, Hindernisse erkennen und klassifizieren zu können und auf diese entsprechend zu reagieren.

Die entstandene Outdoor-Navigation wurde bereits auf Äckern der Universität Hohenheim getestet und hat dort bewiesen, dass sie Reihen und Reihenenden sowie Einzelpflanzen erkennen und Höheninformationen zu Befahrbarkeit nutzen kann. Nun geht es darum, sie reifer und robuster zu machen – gerne auch mit einem Kooperationspartner. Die Idee dahinter: Nicht nur CURT kann von der Software profitieren, sondern Breglers Team möchte sie perspektivisch auch über eine Lizenz anbieten. Und eine weitere Idee: Warum nicht in klassischen Traktoren Assistenzsysteme anbieten, die beispielsweise Wegränder oder Pflanzreihen erkennen und Spuren halten können? Und schließlich: Auch das Erkennen von Vorgewenden wäre interessant. Vorgewende sind die Wendebereiche vor den bepflanzten Reihen. Auf manchen Feldern gibt es sie noch, auf anderen nicht mehr. Denn um den Acker maximal nutzen zu können, sollten Traktoren oder Roboter auf Feldwegen wenden, sofern denn welche vorhanden sind.

Zuverlässige Beikrauterkennung und -entfernung

Neben der Navigation ist das Erkennen und Entfernen des Beikrauts die zweite wichtige Funktion, die CURT können muss, um die Landwirtschaft ökologischer und nachhaltiger zu machen. Das ist alles andere als einfach. Schon für Menschen, die hobbygärtnern, ist es nicht immer leicht, eine gewünschte Pflanze von einem Unkraut zu unterscheiden. Und das Entfernen des Unkrauts erfordert unterschiedliche Fingerfertigkeiten.

Für die Erkennungsleistung kommt eine auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Objekterkennung vom Fraunhofer IPA zum Einsatz. Sie nutzt die KI-Technologie des maschinellen Lernens. Die Software benötigt also große Mengen annotierten (beschrifteten) Bildmaterials und erkennt dann darauf basierend autonom die zu erhaltenden Pflanzen. Da CURT auf Äckern mit Kartoffelkulturen getestet wurde, liegen nun mehrere 10.000 annotierte Bilder für eben diese Pflanze vor. Mit speziellen Algorithmen können sogenannte Bounding-Boxen oder Masken sowie deren Annotationen bereits vorvergeben werden, die dann nur noch ein Experte überprüfen muss. Dank dieser Datenbasis und intelligenter Algorithmen kann der Roboter die Pflanzen auf wenige Zentimeter genau erkennen und lokalisieren.

Wenn er nun weiß, was auf den Acker gehört und was wiederum dort nichts zu suchen hat, geht es ans Entfernen des Beikrauts. CURT hat dafür im COGNAC-Projekt drei Arten von Manipulatoren erhalten, also Werkzeuge, die das Unkraut entweder zupfen oder trennen beziehungsweise schneiden können: Das Zupfen soll mit einem Dreifingergreifer erfolgen. Für das Trennen und Schneiden sind eine rotierende Schneide mit einem Flügelmesser sowie ein vibrierendes Schneidblatt aufgebaut worden.

Vollintegration im Blick

CURT ist in seiner Entwicklung also bereits ordentlich vorangekommen und war auch schon auf dem Acker unterwegs, um seine Mechatronik sowie die Navigation zu testen. Was kommt nun? Bisher wurden nur Teilkomponenten praktisch getestet. Demnächst steht eine Vollintegration an: Hardware und Software müssen auf dem System perfekt zusammenspielen. Das ist sehr herausfordernd, denn schließlich ist der Roboter permanent in Bewegung und muss auf neue Ereignisse in seiner Umgebung in Echtzeit reagieren. So muss er mit Objekterkennungsalgorithmen beispielsweise Hindernisse erkennen und bewerten, Beikräuter erkennen und die Aufgabe zur Beikrautentfernung so planen und ausführen, dass der Roboter in einer kontinuierlichen, zeitoptimierten Bewegung weiterfahren kann.

Zukunft der Landwirtschaftsrobotik

Als langfristiges Ziel plant das Team um Bregler auch die Krankheits- und Schädlingsbekämpfung umzusetzen. Dies ist allerdings noch eine Stufe herausfordernder, als das Beikraut zu regulieren. Denn wenn man solche Probleme an Pflanzen gut sehen kann, ist es fast schon zu spät und der Schaden hoch. Zudem sind Schädlinge trickreiche Wesen: So lagern beispielsweise Kartoffelkäfer ihre winzigen Eier unter den Blättern, also sowohl für das menschliche Auge als auch für eine autonome Objekterkennung schwer zu finden. Um Pilzen vorzubeugen, wäre der Einbezug von Daten, unter anderem zur Luftfeuchtigkeit, hilfreich. Und sogenannte Hyperspektralkameras könnten Veränderungen an der Beschaffenheit von Blättern erfassen. „Wir brauchen für diese Einsatzszenarien also eine multisensorielle Anwendung, die eine Vielzahl an Daten auswerten kann“, so Bregler.

Und wenn wir mal zehn Jahre in die Zukunft blicken: Wird es dann womöglich nur noch Landwirtschaftsroboter geben? Davon geht Bregler nicht aus: „Im Ackerbau gibt es viele sehr energieintensive Arbeiten, wie das Pflügen oder das Roden von Hackfrüchten. Elektrifizierte Roboter mit ihren präzisen Arbeitseigenschaften sind dafür noch nicht geeignet, da die Leistungsdichte der Akkus nicht ausreicht. Auch wenn also die konventionellen Traktoren mit ihren Anbaugeräten voraussichtlich einmal autonom fahren können werden, können sie nicht ohne weiteres von kleineren emissionsfreien Robotern wie CURT ersetzt werden. Vollautonome Roboter werden aber sicher in den nächsten vier bis fünf Jahren den Teil der Arbeitsaufgaben im Ackerbau übernehmen können, der keine hohen Zugkräfte auf dem Feld benötigt, wie der gesamte Pflanzenschutz. CURT ist ja das beste Beispiel dafür.“


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