Stihl hat vor kurzem angekündigt, bis zum Jahr 2035 sein Produktportfolio zu 80 Prozent auf Akkutechnik umzustellen. Dabei wird die Palette der benzinfreien Maschinen auch immer breiter – und leistungsfähiger: So wurde kürzlich die neue Akkusense FSA 200 vorgestellt, die bisher größte des Waiblinger Herstellers. Damit sollen Profis in Landschaftspflege und kommunalen Einsätzen auch hohem Gras und Gestrüpp problemlos beikommen. Mit dem HTA 160 kam zudem der leistungsstärkste Akku-Hochentaster ins Stihl-Sortiment. Damit können in der professionellen Baumpflege Äste und Totholz in großer Höhe sicher und komfortabel vom Boden aus entfernt werden.
Beim Straßenunterhalt im Raum Nürnberg hat bereits vor einigen Jahren der Umstieg auf Akkus begonnen: „Das Thema ist für uns heute nichts neues mehr, wir sind bereits gut mit der Technik vertraut“, sagt Norbert Weber, Leiter der in Ammerndorf angesiedelten Straßenmeisterei. Man habe sich langsam an das Thema herangetastet und mit einzelnen Geräten ausprobiert. Hauptgrund für den Wechsel hin zum Akku waren die gesundheitlichen Vorteile für die Mitarbeiter, etwa beim Baumschnitt vom Hubsteiger aus: „Dabei arbeitet man oft mit der Säge auf Schulterhöhe und bekam die Abgase dann direkt ins Gesicht“, weiß Weber. Daher waren kompakte Kettensägen die erste Maschinengattung, mit der man Gehversuche in der Akkutechnik unternahm.
Anfangs waren die Akkus noch etwas schwach auf der Brust und die Portfolios der Hersteller eher dürftig. Inzwischen aber reichen die Stromklötze für die Arbeiten der Straßenwärter gut aus, zudem können sie vielseitig in diversen Geräten genutzt werden: In Webers Straßenmeisterei und dem direkt angegliederten Kreisbauhof werden heute neben den Sägen auch Heckenscheren, Laubbläser, Freischneider, Hochentaster und Rasenmäher mit Akku betrieben. „Wir haben selbst nicht gedacht, dass wir hier so schnell so viel umstellen, die Vorteile aber überwiegen eindeutig“, ist sich Weber sicher. Die Mitarbeiter mussten sich kaum umstellen, denn das Gewicht blieb gleich und die Handhabung ist einfacher als zuvor bei den Benzingeräten. Vor allem beim Heckenschneiden sei der Vorteil, dass man nun kein Kabel mehr brauche. Im Gelände sei dafür früher auch ein externer Stromerzeuger notwendig gewesen, der heute entfällt. Durch den relativ leisen Betrieb brauchen die Mitarbeiter zudem meist keinen Gehörschutz, was die Arbeit komfortabler und sicherer macht. Denn im straßennahen Mäheinsatz, etwa auf Verkehrsinseln, muss der Arbeiter auch seine Umgebung durchgehend wahrnehmen, wobei der Gehörschutz bisher eine Einschränkung war. Und natürlich begrüßen auch die Bürger in der Nähe einen leiseren Arbeitseinsatz. „Wir statten zu Testzwecken immer erstmal einen Streckenwart mit dem neuen Akkugerät aus. Meistens kommen dann aber kurz darauf bereits seine Kollegen und möchten das gleiche, da die Vorteile schnell ersichtlich sind“, so Weber.
Entscheidung für ein System
Der Benzingemischkanister war früher kompatibel mit allen Herstellern und Maschinengattungen. Heute aber muss man sich an ein Akkusystem binden, weshalb es ratsam ist, vielfältig zu testen. Schlussendlich kristallisieren sich die Vor- und Nachteile der Systeme verschiedener Hersteller erst im praktischen Alltag heraus. Die fränkische Straßenmeisterei sei schlussendlich bei Stihl gelandet, da dort das Portfolio am vielfältigsten war. Die Produkte der Konkurrenz seien zum Zeitpunkt der Entscheidung leistungstechnisch und qualitätsmäßig absolut ebenbürtig gewesen, es fehlten damals aber noch ein paar Geräte in der Palette. Da alle Hersteller hier aber kontinuierlich nachlegen, muss der Vergleich von jedem potenziell interessierten Entscheider immer selbst und aktuell durchgeführt werden. Ein wichtiger Ansprechpartner für solche grundsätzlichen Weichenstellungen in Kommunalbetrieben wird auch künftig der Fachhandel sein, inklusive Vorführungen auf dem Bauhof.
Derzeit ist Weber mit den bereits am Markt verfügbaren Geräten sehr zufrieden, wirklich fehlen würde seiner Ansicht nach nichts. „Unsere Mitarbeiter führen meist keine Dauereinsätze aus, Großflächen etwa mähen wir mit Raupen oder Robotern. Akkugeräte kommen bei uns also für kleinere Einsätze wie etwa das Mähen von Verkehrsinseln zum Einsatz, wobei dann aber mehrere auf einer Tour liegen“, erklärt Weber. Um die Arbeit eines Tages damit zu schaffen, reichen zwei bis drei reguläre Akkus problemlos aus, die größeren Rückenakkus benötigen die Straßenwärter daher nicht. Würde künftig doch leistungsintensivere Arbeit anstehen, wären aber auch noch genügend Benzingeräte am Bauhof verfügbar. Zudem bieten die Hersteller auch dafür Lösungen, wie etwa die portable Stromversorgung PS3000 von Stihl: Sie hat selbst einen 2,1 kWh-Akku verbaut und kann damit entweder die Akkus der Handgeräte laden oder andere kabelgebundene Maschinen unterwegs mit bis zu 3.600 W betreiben. Auch mit niedrigen Temperaturen – für Akkus eine Herausforderung – hat man in der Straßenmeisterei keine Probleme, da die Ersatzakkus für den Tageseinsatz im Auto bleiben können, welches meist nicht sehr weit vom Einsatzort geparkt wird.
Einen speziellen Laderaum für die Akkus musste man nicht extra neu einrichten, da so etwas bei Straßenmeistereien oft schon besteht: Temporäre Ampeln und andere Technik brauchen bereits seit längerem Batterien, die am Standort geladen und gelagert werden müssen. „Unser Laderaum wird nun aber nochmals umgebaut, um auch die Akkus der Kleingeräte dort noch besser integrieren zu können“, so Weber. Damit möchte er einerseits die Sicherheit erhöhen, da ihm Akkus über Nacht direkt auf den Fahrzeugen zu laden zu riskant erscheint. Gleichzeitig wird so auch die Logistik vereinfacht, da volle Akkus nur an einem Ort zu finden sind, leere Speicher können ebenfalls direkt zentral wieder aufgeladen werden. In Ammerndorf liegt zudem eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, wodurch die Akkus ihre Energie von der Sonne bekommen können.
Was noch nicht gut geht, sei laut Weber das Laubsaugen, da wehre sich das Material am Boden meist noch zu sehr und es bräuchte mehr Leistung. Das Blasen von Laub dagegen sei mit Akkus schon gut in der Praxis machbar. Die Fällung regulärer Bäume wird ebenfalls noch länger den Benzinsägen vorbehalten sein, hierfür fehlt den Akkusägen noch der Dampf. Selbst die Akku-Profisäge MSA 300 von Stihl – verfügbar mit 40 cm Schiene – ist mit ihren drei Modi Eco, Fällen und Entasten lediglich für kleine bis mittlere Bäume gedacht. Wer größere Stämme sägen will, wird wohl auch künftig nicht um einen Verbrenner herumkommen. Die im Jahr 2035 noch im Benzin-Bereich verbleibenden 20 Prozent des Stihl-Portfolios werden daher auch die großen Fällsägen sein. Alles andere soll dann bereits mit Akku funktionieren.