Lena Heckmann: Herr Stenglein, Sie sind jüngst in das Amt des Bundesinnungsmeisters gewählt worden. Wie haben Sie die Wahl auf der Mitgliederversammlung in Hamburg empfunden?
Norbert Stenglein: Das war für mich ein sehr emotionaler Moment! Natürlich ist es eine große Ehre, in die Position des Bundesinnungsmeisters gewählt zu werden. Es erfüllt mich mit gewaltigem Stolz für meinen Verband, dem Bundesverband LandBauTechnik e.V., bei dem ich nun bereits über 20 Jahre ehrenamtlich aktiv bin, als Bundesinnungsmeister sprechen zu dürfen. Ich denke, ich habe mittlerweile die Erfahrung und Reife, dieses hohe Amt zu übernehmen.
Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass es einige anstrengende und stressige Momente geben wird, aber ich bin bereit, mich den Herausforderungen zu stellen. Wir sind ein super Team an der Spitze des Verbandes und eine breit aufgestellte Organisation in Essen, die bei der täglichen Arbeit besten Support leistet. An dieser Stelle möchte ich auch ein dickes Lob an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Kolleginnen und Kollegen der Bundesgeschäftsstelle in Essen aussprechen und bedanke mich für das Vertrauen.
Wie haben Sie zur LandBauTechnik Branche gefunden?
Ich habe eine Lehre im elterlichen Betrieb gemacht, die ich mit verkürzter Lehrzeit im Jahre 1984 abgeschlossen habe. Den Meister habe ich dann 1988 erfolgreich bestanden. Zum Ehrenamt bin ich durch meinen Vater gekommen, der war schon immer in unserer Innung Oberfranken ehrenamtlich tätig. Ich bin als sein Nachfolger im Gesellenprüfungsausschuss zum Beisitzer im Meisterprüfungsausschuss, danach zum Vorstand in unserer Landmaschinenmechanikerinnung Oberfranken gewählt worden.
Es folgte dann die Wahl zum Delegierten des LIV Bayern, die Wahl zum Vorstand des LIV Bayern, Entsendung an den Vorstand des Bundesverbandes H.A.G zur Kommission 2000, Kooption zum Bundesvorstand, Wahl zum Bundesvorstand und letztendlich Wahl als Nachfolge für Leo Thiesgen zum Bundesinnungsmeister.
Welche Themen liegen Ihnen besonders am Herzen, was möchten Sie angehen?
Zwei Themenbereiche sind mir besonders wichtig, wenn es um unseren Beruf geht. Das ist zum einen, den Spagat zwischen den Anforderungen unserer Kundschaft verbunden mit den neuen Techniken der Landwirtschaft 4.0 sowie die zunehmend digitale Technikwelt im Berufsbild zu meistern. Wir möchten die jungen Leute, die wir ausbilden, auf die starke Veränderung seit Beginn der Mechanisierung der Landwirtschaft herausragend vorbereiten.
Alle Rahmenlehrpläne müssen das bisher Bekannte mit dem in Zukunft Kommenden verbinden. Diese Transformation in unserer Ausbildung muss uns durchgängig vom Azubi bis hinauf zum Servicetechniker und Meister gelingen.
Davon hängen der Erfolg und die Technikbeständigkeit der ganzen Landtechnik-Branche ab. Zum anderen müssen wir die Frage beantworten, wie wir unsere Betriebe aufstellen, dass wir auch in Zukunft ein attraktiver Arbeitgeber bleiben und uns gegenüber anderen Branchen durchsetzen. Im Kampf um die besten Köpfe sollten wir unser wichtigstes Potenzial – die Mitarbeitenden – noch besser an unsere Betriebe binden. So könnte sich sogar ein Wettbewerbsvorteil ergeben! Denn, in Zeiten des Fachkräftemangels haben die Angestellten die Wahl, ob sie im Handwerk oder in anderen Bereichen mit verlockenden Angeboten, zum Beispiel im Dienstleistungssektor oder der Industrie, ihren Lebensunterhalt verdienen.
Da wir das Potenzial zu einem äußerst attraktiven, krisensicheren und überdies nachhaltigen Arbeitgeber haben, besteht unsere Hauptaufgabe darin, dass wir unsere so interessante und zukunftsträchtige Branche mit klugen Arbeitszeitmodellen ausstatten, sodass unsere Mitarbeitenden durch gut und modern ausgestattete Arbeitsplätze und flexible Arbeitszeitmodelle einen Wohlfühlort zum Arbeiten vorfinden.
Was ist derzeit aktuell und wird im Vorstand besprochen?
Ein wichtiges Thema mit hoher Priorität ist die zukünftige Architektur der Karriereleiter im Handwerk Land- und Baumschinenmechatroniker: vom Azubi zum Meister im InnoVET Projekt LBT Forward. Ein besonderer Fokus liegt dabei darauf, Arbeitnehmende zu finden und zu binden. Hier stellen wir uns die Frage, was kann die Branche dafür leisten?
Des Weiteren ist es uns ein Anliegen, junge Leute für das Ehrenamt zu gewinnen, sodass sie sich für unseren Berufsstand engagieren, von den Innungen, den Landesinnungen bis hoch zum Bundesverband.
Ein Teil, der zur Arbeitgeberattraktivität in unserer Branche beitragen kann, ist unser Versorgungswerk mit der betrieblichen Altersversorgung und der Überstundenrente gemeinsam mit der Signal Iduna als Bindeglied zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Als Bundesinnungsmeister sind Sie federführend für die Ausbildung des Land- und Baumaschinenmechatronikers zuständig. Wie steht es um die Ausbildung im Moment und was erwartet uns in Zukunft?
Die technischen Inhalte der Ausbildung sind besonders attraktiv für junge Menschen und stellen unsere Branche heraus. Das bestätigen unsere stetig gestiegenen Ausbildungszahlen im gesamten Land. Und dennoch kämpfen wir in unserem Beruf nach wie vor für Anerkennung bei Eltern und Schulen, auch im Bezug auf das Handwerk allgemein in unserer Gesellschaft. Die Wichtigkeit unseres Tuns muss in die Mitte der Gesellschaft befördert werden: Ohne Handwerk wird es keine Zukunft geben! Wir müssen den überholten Gedanken, dass die akademische Ausbildung die beste Option für Kinder und Heranwachsende ist, ein für alle Mal ausradieren! Denn das Gegenteil ist der Fall: Wie mir in vielen Gesprächen mit Schülern und Schülerinnen sowie Praktikanten und Praktikantinnen immer wieder bestätigt wird, wollen sich die jungen Leute, mittlerweile auch viele interessierte junge Frauen, technisch und handwerklich betätigen. Und all das bietet unser Handwerk, wir sind nämlich eine ziemlich starke Branche!
Mir ist es wichtig, dass wir das zu jeder Gelegenheit über alle Kanäle sichtbar machen – das ist Aufgabe der Betriebe und des LandBauTechnik Bundesverbandes!
Gibt es etwas, was Ihnen darüber hinaus wichtig ist?
Ich möchte all meinen Vorstandskollegen danken für das Vertrauen, das sie mir durch die Wahl zum Bundesinnungsmeister ausgesprochen haben. Besonders bedanken aber möchte ich mich an dieser Stelle bei meinem Vorgänger, Leo Thiesgen, mit dem ich seit Anbeginn meiner Tätigkeit im Bundesverband ein ausgesprochen freundschaftliches und man kann schon fast sagen familiäres Verhältnis habe.
Wir haben über einen langen Zeitraum viele Probleme kollegial besprochen und dann in unserem hervorragenden Team aller Vorstandskollegen zu tragbaren Lösungen geführt. Leo ging uns immer mit gutem Beispiel voran. Von ihm habe ich sehr viel gelernt und aufgenommen. Er ist ein Handwerker und Visionär, der unsere Branche in den letzten 20 Jahren sehr geprägt und zukunftsfähig aufgestellt hat.
Lieber Leo, vielen Dank für dein Lebenswerk. Ich freue mich sehr auf die vor mir liegende Zeit, unsere Branche zu formen und mit neuen Inhalten zu versehen.