Günstige Mini-Nutzfahrzeuge mit Spaßfaktor

Das UTV wird sicher nicht die große Revolution – wie einst Melkmaschine und Mähdrescher – auf den Höfen auslösen. Und wer ganz ehrlich ist, gibt die 50 Prozent Spaß, die in die Rechtfertigung für den Kauf einfließen, einfach offen zu. Die anderen 50 Prozent sind aber durchaus sinnvoll nutzbar. Vor allem, wenn der Preis stimmt.

UTV: Günstige Mini-Nutzfahrzeuge mit Spaßfaktor

Das Sector 550 und das E1 von Hisun sind beinahe identisch. Die entscheidenden Details stecken unter der Haube.

UTV: Günstige Mini-Nutzfahrzeuge mit Spaßfaktor

Auch als Standplattform funktioniert die Ladefläche gut.

Das Utility Terrain Vehicle (UTV), zu deutsch etwa „Nutz-Gelände-Fahrzeug“ wird auch hierzulande immer beliebter. Da es einen Beifahrer erlaubt und problemlos auch größere Dinge transportiert, kann es vielseitig eingesetzt werden. Wir sind die beiden chinesischen Hisun-Modelle Sector 550 und E1 ausgiebig Probe gefahren und haben auch verschiedene Arbeitseinsätze damit absolviert. Grundsätzlich ähneln sich die beiden Gefährte stark, lediglich der Antrieb ist unterschiedlich: Das 550er wird von einem Einzylinder Viertakt-Benziner mit entsprechenden Kubikzentimetern bewegt. Damit sind 30 PS und 60 km/h drin. Leistungstechnisch ist es im Alltag kaum an die Grenze zu bringen, auch steile Hänge mit Beifahrer und Forst-Werkzeug auf der Pritsche waren absolut unproblematisch. Ein kleiner Anhänger könnte hier sicher auch noch möglich sein. Denn notfalls ist neben der von uns in den allermeisten Fällen genutzten „High“-Stellung des Schalthebels auch noch der kürzer übersetzte „Low“-Gang verfügbar.

An Hanglagen schwierig

Das Sector E1 ist die günstigste elektrische Variante von Hisun, der Preis von 9.990 Euro netto liegt nur 1.000 Euro über dem des größten Verbrenners (550er). Dafür ist hier jedoch nur ein 5-kW-Motor (knapp 7 PS) verbaut, der vor allem am Hang schnell und stark nachlässt. Das hat uns aber auch der entsprechende Vertrieb (Ilafa Radolfzell, bekannt durch Solis) bereits im Vorfeld nicht verheimlicht. Auch die elektronisch per Kippschalter anwählbaren Stufen Low, Medium und High schaffen hier keine Abhilfe, sie drosseln lediglich den Motor für einen langsameren, feinfühligeren Fahreinsatz. Wenn am Hang also auf Stufe H kaum mehr etwas geht, bringen M und L noch weniger. Wirklich im Stich gelassen hat uns der E1 nie, auch steile Böschungen überwand er im schlimmsten Fall schlussendlich in sehr langsamer Schrittgeschwindigkeit. Der kleine Stromer geht daher meist in eher flachere Gefilde. Auch Betreiber von Campingplätzen kaufen ihn gerne, da er leise, aber trotzdem flott abseits der Wege unterwegs ist. Als Energiespeicher sind hier klassische Blei-Trockenbatterien verbaut, die grob 60 km Reichweite bringen. Im Alltag zeigten diese ihre Charakteristik: Je leerer sie werden, desto träger wird das Fahrzeug, auch bei zwei bis drei Balken Ladestand ist bereits ein deutlicher Verlust am Gas spürbar. Die Ladezeit beträgt zudem neun bis elf Stunden. Das Ladegerät unter dem Vorderwagen muss dafür direkt mit einem regulären Kaltgerätekabel (wie vom Computer-Netzteil) an eine 220-Volt-Steckdose angeschlossen werden. Dafür muss man sich durch den Radlauf weit unter das Fahrzeug bücken, die Buchse ist zudem völlig offen für Schmutz und Feuchtigkeit. Das hätten wir uns geschickter gewünscht, zumal unter der Plastik-Haube vorne vor der Scheibe genügend Platz für einen bequemen Anschluss wäre. Wer höhere Reichweite und Dampf bis zum letzten Volt will, muss die teureren Lithium-Ionen-Versionen kaufen. Diese sind auch mit größeren Motoren zu haben und laden schneller. Dadurch verdoppelt sich dann aber der Preis – mindestens.

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Kontrollfahrten im Wald nach Stürmen gehört zum Alltag der Landwirte mit Forstbesitz.

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Die Winde am Sector 550 schaffte den Sturmbaum problemlos, wenn auch langsam.

30 Zentimeter Bodenfreiheit

Positiv überrascht für diese Preisklasse waren wir vom Fahrwerk: Die per Gewinde einstellbaren Gasdruck-Federbeine schluckten auch auf sehr grob strukturierten Feldwegen alle Unebenheiten. Das Gaspedal kann dabei auch etwas weiter durchgedrückt bleiben. Die Bodenfreiheit von gut 30 cm ist dem ebenfalls zuträglich. Wird das Gelände besonders herausfordernd, können Allrad und Differentialsperre zugeschaltet werden. Wir kamen aber auf allen, auch steilen Wegen in Wald und Flur auch ohne zurecht, hatten aber meist sommerlich trockene Verhältnisse.

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Die Kippfunktion wird händisch betätigt und durch eine Gasfeder unterstützt.

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Der E-Motor sitzt mit einem festverzahnten Verteilergetriebe direkt auf der Hinterachse.

Im Vergleich zu einem regulären Traktor ist man hier auf jeden Fall deutlich bequemer und flotter unterwegs. Denn bei Landwirten werden die UTVs häufig als kleiner zusätzlicher Allrounder angeschafft. Ein spontaner Reparatureinsatz oder eine kleine Baustelle samt Werkzeug und Material bindet dann nicht den Frontlader-Schlepper – falls dieser überhaupt gerade verfügbar ist und nicht noch eine Maschine angebaut ist. Auch Kontrollfahrten auf den Feldern und Weiden samt Heuballen auf der Ladefläche (max. 150 kg), im Wald nach einem Sturm oder in der Borkenkäfer-Saison sind damit fix gemacht.

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Durch die klappbare Pritsche sind Motor und hinteres Fahrwerk auch von oben zugänglich.

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Das Cockpit ist übersichtlich: Dass Allrad und Diff-Sperre näher am Fahrer angeordnet sind als der Blinker, zeigt, wo die Prioritäten des Fahrzeugs liegen.

Wir haben ebenfalls einen Waldweg von einer dem Wind zum Opfer gefallenen Kiefer befreit. Das entsprechende Equipment fand locker auf der Ladefläche Platz. Die Winde an der Front des Sector 550 zieht 1,6 Tonnen, was bei einem Eigengewicht des Fahrzeugs von etwa 650 kg reichlich dimensioniert ist: Würde man die E-Winde wirklich ausreizen, zieht sie eher das Fahrzeug in den Wald, als den Stamm heraus. Für das allgemeine Aufarbeiten von Holz ist sie aber vor allem viel zu langsam. Aber natürlich wäre alleine das Anhängen der Forstwinde an den Traktor – wegen eines Sturmbaumes – umständlicher gewesen, als den Weg einfach schon während der UTV-Kontrollfahrt direkt mit deren Winde frei zu machen. Denn bei einzelnen Einsätzen kommt es nicht darauf an, ob das nun 10 oder 15 Minuten dauert. Die auf Vier Meter-Teile gesägte Kiefer hat die Winde dann auch problemlos zur Seite gezogen, womit die Mission erfüllt werden konnte. Auch Jäger könnten damit größeres erlegtes Wild zum Fahrzeug ziehen.

Kurz bevor es bei uns ans Hackschnitzelproduzieren ging, waren Gewitter angekündigt. Daher musste der Holzpolter spontan abgedeckt werden. Auch hier erwies sich das UTV als praktisch: Schnell die Planen aufgeladen und zum Lagerplatz gefahren. Die Pritsche diente dabei als Standplattform, wodurch nicht auf den Polter geklettert werden musste. Außerdem haben wir die trockene Holzspäne-Einstreu aus einem Hühnerstall damit auf den Misthaufen des Nachbarhofes verfrachtet. Dabei kamen uns die Kippfunktion und die aufklappbare hintere Bordwand zugute. Die ersten Zentimeter Hub müssen dabei mit den eigenen Armen geleistet werden, dann übernimmt eine Gasfeder, wie man sie auch von der Kofferraumklappe am Auto kennt.

Im Vergleich zu einem ATV (Quad) ist die Kabine praktisch, da sie auf Wegen zumindest grob vor Staub schützt und im Wald auch größeren hereinhängenden Ästen Paroli bietet. Außerdem ist so kein Helm nötig, da die Kabinenholme als Überrollkäfig fungieren. Wir hatten die einfache Variante mit kleinen Schwingtüren am 550 und gar keinen Türen am E1. Im Sommer und ganzjährig für kleinere Einsätze ist diese absolut ausreichend: Der Wind und kleinere Regenschauer auf dem Heimweg sind so unproblematisch. Wird es matschiger, ist über die Vorderräder schon mal etwas fliegender Schlamm in Richtung Seitenöffnung unterwegs. Wer also länger unterwegs ist, sollte zur optional verfügbaren Vollkabine greifen: Für gute 3.000 Euro gibt es dabei auch Scheibenwischer und -waschanlage, Heizung, Metalldach sowie eine klappbare Frontscheibe.

Wer das Fahrzeug neben den klassischen Transportaufgaben noch etwas vielseitiger nutzen möchte, ist allerdings etwas eingeschränkt. Denn neben der klassischen Kugel-Anhängerkupplung (350 kg Anhängelast, 43 kg Stützlast) sind keine Anbauräume vorhanden, eine Hydraulik gibt es ebenfalls nicht. Das sind eben die Abstriche der dafür sehr günstigen Fahrzeuge. Wer im Winter den Schnee vom Hof schieben möchte, kann zusätzlich ein 1,8 m breites Schneeschild montieren. Samt Unterzug kostet es 1.890 Euro.

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Das Fahrwerk kommt dank Gasdruck-Federbeinen auch in holprigem Gelände gut zurecht.

Fazit

Das E1 ist, wie schon gesagt, eher für Campingplätze geeignet, könnte aber auch auf einem weitläufigen Hof mit Biogasanlage und Weideflächen gefallen. Wer zudem abgasfrei oder leise in engen Ställen unterwegs sein will, liegt mit der Entscheidung ebenfalls richtig. Alle anderen werden wohl doch eher zum Verbrenner tendieren: Leistungstechnisch steht das Hisun Sektor 550 anderen UTVs nicht nach. Die Ladefläche ist jedoch etwas kleiner, eine Palette passt hier nicht drauf. Aber auch das ist im Alltag mit vielerlei kleinerem Gerät oder Material kein größeres Manko. Wer mit einem Anhänger auf der Straße fahren will, findet auch eine Lichtsteckdose, welche aber seitlich verbaut ist und so das Kabel durchs Fahrwerk baumelt. Wir haben das nicht direkt getestet, könnten uns aber eine bessere Lösung vorstellen. Kaum schlagbar ist dagegen der Preis, denn die kleineren Verbrenner mit 250 bzw. 450 Kubik sind schon für unter 5.000 Euro beziehungsweise 7.700 Euro zu haben. Andere Marken starten hier erst im niedrigen fünfstelligen Bereich. Insgesamt machten die beiden Hisun während unserem gut zweiwöchigen Praxiseinsatz einen stabilen Eindruck. Über die Langzeit-Haltbarkeit der Komponenten aus Fernost können wir dadurch aber natürlich nichts sagen. Zum Spaßfaktor aber schon: Der ist gigantisch!


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