Reifendruckregelanlage: Bodenschutz und Imagepflege

Reifendruckregelanlagen (RDA) sind seit mehr als 20 Jahren am Markt. Die Vorteile des reduzierten Bodendruckes werden oft diskutiert. Haben die wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Forum ins Feld gefunden? Der eilbote hat nachgefragt.

Reifendruckregelung: Reifendruckregelanlage: Bodenschutz und Imagepflege

Die Reifendruckregelanlage ist bei Südzucker eine Voraussetzung zur Ausbringung von Carbokalk aus der Zuckerproduktion.

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Die Ausstattung von Erntetechnik mit der Regelanlage orientiert sich an den regionalen Bodeneigenheiten.

Seit mehr als 20 Jahren bieten Reifendruckregelanlagen die Möglichkeit durch Absenken des Reifendruckes, die Aufstandsfläche der Reifen zu vergrößern und so den Druck pro Quadratzentimeter Boden zu vermindern. Dr. Ludwig Volk, seit 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Biomasse-Institut der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, hatte sich bereits sehr früh in seiner 25jährigen Funktion als Professor für Agrartechnik an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest für die Technik rund um den variablen Reifendruck engagiert. In zahlreichen praxisbezogenen Versuchen und wissenschaftlichen Datenauswertungen wurden die Vorteile eines angepassten Reifenluftdrucks belegt. In nicht weniger zahlreichen Vorträgen hat er den landwirtschaftlichen Praktikern vorgerechnet, dass sich die Anschaffung einer Reifendruckregelanlage (RDA) bereits mittelfristig lohnt. Im selben Zeitraum haben sich die landwirtschaftlichen Nutzmaschinen verändert – nicht in ihrer Funktion – aber oft in Bezug auf Fahrgeschwindigkeiten, Traglasten, Gesamtgewichte, in Höhen, Breiten und Ladevolumen. Dabei sind die Grenzen der Straßenverkehrsordnung inzwischen erreicht.

Die Herausforderung, auf dem Acker bodenschonend zu agieren, bleibt. Hier gilt mehr als nur das Argument die Ertragsfähigkeit der Flächen zu erhalten. Erosionsschutz und Erhalt der Wasserspeicherfähigkeit der Böden im Rahmen des Umweltschutzes sind längst nicht nur Forderungen von ambitionierten Ökologen. Für die weniger Ambitionierten vorweg nochmals eine einfache Faustzahl als Argument für die RDA: 1 Zentimeter mehr Spurtiefe im Acker kostet 10 Prozent mehr Kraftstoff.

RDA in der Praxis

Auf 10.000 bis 15.000 landwirtschaftlichen Betrieben und landwirtschaftlichen Lohnunternehmen, so schätzt Dr. Volk, sei entsprechende Technik vorhanden. Weitere technische Verbesserungen und eine Integration der RDA in die Maschinen wird die Nachfrage ausweiten. Eine Anfrage bei den Herstellern bzw. Anbietern der RDA, wie sich denn der Absatz in den vergangenen Jahren tatsächlich entwickelt hat, fand nicht die erhoffte Resonanz. Es blieb eher verhalten still. Aber hier hat sich aus technischer Sicht einiges bewegt.

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Die überwiegende Mehrzahl der Gülle-Gespanne ist bereits mit RDA ausgerüstet.

RDA Entwicklung geht konsequent weiter

Einen erheblichen Schub hat die Weiterentwicklung durch Übernahme von Reifendruck-Regel-Spezialisten durch Hersteller der Landtechnik, wie z.B. Claas, oder Reifenhersteller, wie Michelin und Trelleborg mit dem Achsspezialisten Dana, erfahren. Letztere stellten ihr neues System unter dem Namen CTIS+ Inside auf der zurückliegenden Agritechnica vor. In einer Mitteilung dazu sagte Paolo Pompei, Präsident von Trelleborg Wheel Systems: „Unsere jüngsten Forschungsergebnisse zeigen, dass der Einsatz des optimalen Luftdrucks die variablen Betriebskosten in der Landwirtschaft um bis zu 20 Prozent senken und gleichzeitig die Umwelteinwirkungen des landwirtschaftlichen Betriebs verbessern kann.“ Nach seiner Einschätzung wird in fünf Jahren bereits jeder dritte Traktor über 120 PS in Europa und Nordamerika mit einer Reifendruckregelanlage ausgerüstet sein.

Ebenfalls in Hannover präsentierte Bosch Rexroth eine Premiere: das GFT 8150 TIS (Tire Inflation System), eine integrierte Reifendruckregelung, die sich vom Standardterminal aus bedienen lässt. Die Resonanz war ausgesprochen gut. Besonderes Interesse zeigten Hersteller von Feldhäckslern und Feldspritzen.

Bei den Traktorenherstellern ist das Thema präsent. Bereits integrierte Technik gibt es bei Fendt mit dem VarioGrip optional für die 800er, 900er und 1000er-Baureihen. Weitere Beispiele sind der Xerion, der Lexion 770 oder Jaguar von Claas und nicht zu vergessen der Unimog. An vergleichbaren Lösungen wird zum Beispiel auch bei ArgoTractors gearbeitet. Ebenfalls auf der Agritechnica vorgestellt: die österreichische Lösung von Terra Care. Die Kompressoren zur RDA sind im Frontgewicht des Traktors untergebracht. Bedient wird die Anlage via Display.

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In der Güllekette sind die Gespanne alternativ zur RDA mit Niederdruckreifen ausgerüstet.

Reifenhersteller breit aufgestellt

Ergänzend oder sogar alternativ zur Reifendruckregelanlage bieten die Reifenhersteller ein nicht nur in den Ausmaßen der Reifen breites Programm. Beispiele sind Reifen mit extrem flexiblen Seitenwänden, die sogenannten IF- (Improved Flexion), die bei gleicher Tragfähigkeit einen bis zu 20 Prozent geringeren Fülldruck und die VF-Technologie (Very High Flexion) bis zu 40 Prozent weniger Reifen- innendruck ermöglichen. Um das Wandern der Felge im Reifen zu verhindern, werden inzwischen stabilere Felgenhörner oder aggressivere Rändelungen verwendet.

Auftragsvergabe und Imagepflege mit RDA

Die Mehrzahl der aktuell genutzten RDA befindet sich noch immer an Traktoren und den Gespannen der Gülleausbringung. Lohn-unternehmen bestellen häufig das Güllefass bereits mit installierter RDA. Vor Jahrzehnten noch als „Alleinstellungsmerkmal“ gepriesen, ist die RDA inzwischen eher die Voraussetzung, dass landwirtschaftliche Betriebe, insbesondere pfluglos arbeitende, diese Aufträge vergeben. „Als zusätzliche Leistung lässt sich der Einsatz mit RDA nicht abrechnen. Es ist in der Auftragsvergabe inbegriffen“, so ein Lohnunternehmer. In der Güllebranche kann man inzwischen davon ausgehen, dass ungefähr 40 Prozent der Gülle noch immer vom Hof direkt auf das Feld gebracht wird. Gut 60 Prozent werden vom Hof bis an den Feldrand transportiert und dann mit dem Ausbringfass, mit Grubber oder Schlitzgerät, ausgebracht. Regionale Unterschiede lassen sich eher an der Flurstücksgröße als an der Anbauregion ausmachen: gut zwei Drittel der mit RDA ausgestatteten Gülletechnik fahren im Westen der Republik, im Osten ist es gut ein Drittel – hier wird aber bereits erheblich mehr auf komplette Gülle-Ketten gesetzt. Ein Trend bei Dreiachsfässern: Auf Grund des Gesamtgewichtes ist keine zusätzliche RDA auf dem Fass installiert. Eher werden diese mit Reifen ausgerüstet, die ohnehin mit weniger Druck fahren. Pauschale Schätzungen aus der Branche lauten: ca. 5 Prozent der Dreiachs-Fässer werden mit RDA geordert, Zweiachs-Fässer mit ca. 8 Prozent. Das ist noch keine Kulturrevolution.

Rund die Hälfte der in Deutschland ausgebrachten Güllemenge bringen Fasswagen mit RDA aus. Technische Standards einzufordern, kommt auch noch von ganz anderer Seite. Nicht nur der Abnehmer fordert – auch der Abgeber macht die Vergabe von Aufträgen an den technischen Möglichkeiten einer RDA fest. Ein interessantes Beispiel liefert die Südzucker, die an Landwirte den aus der Zuckerproduktion anfallenden Carbokalk verkauft und bodenschonende und exakte Ausbringung garantiert. Diese Dienstleistung wird von der Südzucker an Lohnunternehmen mit entsprechendem Leistungsprofil vergeben. Darauf hat sich z.B. die Streumaster Maschinenbau GmbH aus Egglkofen eingestellt. Entsprechend sind die Carbokalk-Streuer der oberen Profiklasse mit einer RDA, Wiegeeinrichtung und dem Modul Task Controller Section Control ausgestattet. Auftraggeber und Abrechnungsadresse für die Lohnunternehmer ist Südzucker.

Fazit

Die RDA hat sich an den Maschinen und Geräten durchgesetzt, die in den witterungsbedingten oder gesetzlich vorgegebenen schmalen Zeitfenstern auf dem Feld agieren müssen: Das Traktor-Güllefass-Gespann. Die bereits kurze Zeit im Frühjahr und Herbst, wenn die Böden nicht tragfähig sind, wird durch die neugefasste Gülleverordnung weiter verkürzt.

Verminderung des Bodendruckes ist keine nur ökonomische Betrachtung, oder ein ökologisches Bedürfnis. Die öffentliche Diskussion braucht positive Signale aus der Landwirtschaft, wenn es um die Umwelt geht. Die Südzucker zeigt, dass Bodenschutz nicht nur für einen optimalen Zuckerrübenanbau eine Bedeutung hat.

Hintergrund – Auf 20 Prozent der Ackerflächen gibt es Beeinträchtigungen durch Verdichtungen

Der eilbote sprach mit Björn Völlmar vom Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG)

eilbote: Lässt sich abschätzen, wie hoch der Anteil an bereits verdichteten Ackerflächen und Grünland ist?

Björn Völlmar: Es gibt aktuell keine Auswertung, die flächenhaft Aufschluss über den aktuellen Verdichtungszustand der Böden in Niedersachsen gibt. Auch deutschlandweit gibt es keine einheitliche Ermittlung der tatsächlich verdichteten Landwirtschaftsfläche. Punktuelle Messungen und Strukturuntersuchungen der einzelnen Bundesländer lassen jedoch darauf schließen, dass auf zehn bis 20 Prozent der Ackerflächen tatsächliche Beeinträchtigungen durch eine Verdichtung vorhanden sind (Umweltbundesamt 2015). Seit 1991 läuft das niedersächsische Boden-Dauerbeobachtungsprogramm auf 90 Standorten (70 Landwirtschaft/20 Forst). Ziel ist es, auf Basis repräsentativ ausgewählter Messflächen mögliche Bodenveränderungen aufzudecken, Ursachen und Wirkungen zu bewerten und zu prognostizieren. Eine Analyse dieser Bodendauerbeobachtungsflächen aus dem Jahr 2011 zeigt, dass bei 6 von 46 Standorten Schadverdichtung im Unterboden vorhanden sind (Schäfer, 2011). Es ist hier von einer Gefährdung der Bodenfunktionen nach Bundes-Bodenschutzgesetz auszugehen. Auf Grünland ist allgemein aufgrund der höheren Humusgehalte und der besseren Durchwurzelung sowie der geringen Maschinengewichte bei der Bewirtschaftung von einer geringeren Betroffenheit der Böden durch Bodenverdichtung auszugehen. Jedoch können auf Weideflächen lokal durch Viehtritt erhöhte Bodendichten auftreten. Zudem sind Grünlandstandorte oftmals feuchter und damit empfindlicher gegenüber Verdichtung als vergleichbare trockene Standorte.

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Welche Böden sind extrem gefährdet?

Als hoch gefährdet gelten Böden aus holozänen Auensedimenten, Fließerden aus Ton, Organische (Moor-) Böden sowie Marschenböden. Zudem gelten Geschiebe- und Lösslehme sowie Sandlösse als gefährdet. Im NIBIS-Kartenserver des LBEG können regionale Gefährdungen der Böden gegenüber Verdichtung unter Bodenkunde/Bodenverdichtung (Auswertungen BK50) nachvollzogen werden (https://nibis.lbeg.de/cardomap3/). Erste Ergebnisse sind im Tagungsband „20 Jahre Bodendauerbeobachtung in Niedersachsen“ zusammengestellt. Hier sind die Standorte, Humus- und Stoffgehalte der Böden, Stoffbilanzen u.v.m. beschrieben.

Gibt es natürliche Vorgänge, die Bodenverdichtungen begünstigen, die sich aus ackerbaulicher Sicht aber auch ertragsmindernd auswirken?

Bodenverdichtung ist ein natürlicher Prozess. Durch die Setzung der Böden steigen die Lagerungsdichten der Böden sehr langsam an. Diese natürlichen Prozesse haben jedoch keine messbaren Auswirkungen auf Erträge. Von der bewussten Bearbeitung im Sinne der landwirtschaftlichen Praxis geht keine Gefährdung der Böden aus. Eine schädliche Bodenverdichtung tritt bei unsachgemäßer Bewirtschaftung und Nichteinhaltung der fachlichen Praxis auf, wenn der Boden unter schlechten Bedingungen, d.h. trotz hoher Bodenfeuchte, mit schweren Maschinen befahren wird. Daher ist eine mechanische Belastung durch Maschineneinsatz (Radlast, Kontaktfläche, Reifendruck, etc.) immer an die aktuelle Verdichtungsempfindlichkeit der jeweiligen Böden anzupassen.

Die Fragen stellte Kai Hasse


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