Seit dem Durchführungsbeschluss 2022/382 des Europäischen Rats vom 4. März 2022 gelten für ukrainische Flüchtlinge besondere vereinfachte Einreisebestimmungen. Diese können, wenn sie nach dem 24.2.2022 aus der Ukraine geflohen sind, den EU-weiten Status als Kriegsflüchtling (genannt „vorübergehender Schutz“) erhalten.
Nach Artikel 12 der Massenzustrom-Richtlinie (2001/55/EG) dürfen Geflüchtete aus der Ukraine dann eine abhängige oder selbstständige Arbeit aufnehmen für den Zeitraum, in dem der vorübergehende Schutz besteht. Hierbei sollten nachstehende Punkte beachtet werden:
I. Aufenthaltserlaubnis als Voraussetzung für eine Arbeitserlaubnis
In Anlehnung an die Massenzustrom-Richtlinie erhalten Geflüchtete in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufentG.
Diese Regelung zur Aufenthaltserlaubnis legt den Grundstein zum Erhalt einer Arbeitserlaubnis. Die Aufenthaltsgenehmigung allein reicht für die Arbeitserlaubnis grundsätzlich nicht aus. Für die Aufnahme einer Tätigkeit – den Arbeitsmarktzugang und damit auch der Zugang zur betrieblichen Ausbildung oder zu einer Beschäftigung in der Zeitarbeit – ist ausnahmslos eine Arbeitserlaubnis notwendig. Vor Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses hat daher ein Arbeitgeber zu prüfen, ob eine Arbeitserlaubnis vorliegt.
Die Beschäftigung in Deutschland kann von der Ausländerbehörde erlaubt werden (§ 24 Abs. 6 AufenthG). Die Erlaubnis zur Aufnahme einer Ausbildung ist mit der Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung gleichzusetzen.
Arbeitserlaubnis schon vor dem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses
Eine Arbeitserlaubnis kann auch schon vor dem tatsächlichen Vorliegen eines konkreten Arbeitsangebots erteilt werden:
Die Ausländerbehörden können in Anwendung von § 24 VI 2 AufenthG in Verbindung mit § 31 BeschV die Aufenthaltserlaubnis mit einer Arbeitserlaubnis zusammen erteilen. Hierfür sind beide Anträge parallel zu stellen, auch wenn noch kein konkretes Arbeitsangebot vorliegt. Die Behörde trägt dann in die Aufenthaltserlaubnis ein, dass die Erwerbstätigkeit gestattet ist.
Voraussetzungen
Für die Antragsstellung reicht grundsätzlich der Nachweis der ukrainischen Staatsbürgerschaft und dass die/der Antragsteller(in) sich bis zum 24.2.22 in der Ukraine aufgehalten hat. Sollten Geflüchtete bereits eine dauerhafte Unterkunft haben, kann der Antrag möglicherweise auch online gestellt werden. Ist bereits ein konkretes Jobangebot vorhanden, kann das Verfahren beschleunigt werden.
Fiktionsbescheinigungen
Zu beachten ist auch, dass bereits bei Antragstellung die Behörden die Möglichkeit haben, sogenannte Fiktionsbescheinigungen auszustellen. Diese überbrücken das Aufenthaltsrecht, bis der eigentliche Aufenthaltstitel ausgestellt und erteilt werden kann und es tritt danach die „Erlaubnisfiktion“ des § 81 Absatz 3 Satz 1 AufenthG ein und es kann die Tätigkeit aufgenommen werden. Es sind hierbei jeweils eine Fiktionsbescheinigung sowohl für die Aufenthalts- als auch die Arbeitserlaubnis zu beantragen.
Dauer der Aufenthaltserlaubnis
Mit der sogenannten „Massenstrom-Richtlinie“ soll Geflüchteten ein Aufenthalt von einem Jahr ohne die Durchführung eines Asylverfahrens gesichert werden.
Die Aufenthaltserlaubnis ist somit auf ein Jahr befristet, kann aber auf maximal drei Jahre verlängert werden. Eine Verlängerung ist auf maximal drei Jahre möglich, wenn der vorübergehende Schutz weiterhin erforderlich ist, also etwa, wenn der Krieg in der Ukraine noch andauert.
Wollen Geflüchtete danach weiterhin in Deutschland bleiben, müssen diese vor Ablauf ihrer Aufenthaltserlaubnis einen Antrag auf Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels stellen, beispielsweise zum Zweck der Erwerbstätigkeit (§§ 18 ff. AufenthG) oder zum Zweck der Ausbildung (§§ 16–17 AufenthG).
Außerdem brauchen Geflüchtete aus der Ukraine dann ein Visum. Dieses muss – nach heutiger Rechtslage – dann im Heimatland beantragt werden.
II. Besonderheiten bei der Beschäftigung von Geflüchteten
Die Massenzustrom-Richtlinie schreibt vor, dass alle gesetzlichen Regelungen eingehalten werden, beispielsweise auch im Hinblick auf das Arbeitsentgelt. Es gilt also der Mindestlohn.
Für Geflüchtete gelten weder für Soziaversicherungs- noch Steuerangaben Besonderheiten.
Normalerweise wird die Steueridentifikationsnummer mit der Meldung bei der zuständigen Gemeinde verknüpft, sodass mit der Meldung einer Wohnsitznahme automatisch eine Steueridentifikationsnummer erteilt wird. Sollte die erforderliche Steuer-Identifikationsnummer des Arbeitnehmers bei Aufnahme der Tätigkeit noch nicht vorliegen, kann der Arbeitgeber für die ersten drei Monate den Lohnsteuerabzug nach den voraussichtlichen Lohnsteuerabzugsmerkmalen gem. § 39 c Absatz 1 Satz 2 EstG vornehmen.
Eingliederungszuschuss
Einen Rechtsanspruch auf einen Eingliederungszuschuss gibt es nicht. Die berufliche Eingliederung kann jedoch in besonderen Fällen durch die Bundesagentur für Arbeit unterstützt werden.
Es empfiehlt sich, den Antrag bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrags zu stellen.
Ein Arbeitgeber kann dann nach Ermessen der Bundesagentur für Arbeit einen Eingliederungszuschuss erhalten, wenn die Einarbeitungszeit umfangreicher ist als gewohnt und sofern die betroffene Person nach Ablauf des Förderzeitraums noch für weitere zwölf Monate beschäftigt wird. Der Eingliederungszuschuss kann dabei bis zu 50 Prozent des Arbeitsentgelts für maximal zwölf Monate betragen. Höhe und Dauer des Zuschusses richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sollte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während des Förderzeitraums oder in den zwölf Monaten danach ohne wichtigen Grund kündigen, muss er den Eingliederungszuschuss jedoch zurückzahlen.
Arbeitsverträge mit Geflüchteten
Falls die Aufenthaltserlaubnis zeitlich befristet ist, ist ein befristeter Arbeitsvertrag sinnvoll. Entweder als zeitliche Befristung bis zum Endzeitpunkt der Arbeitserlaubnis oder als sogenannte Zweckbefristung, sodass der Arbeitsvertrag automatisch mit Ende der Arbeitserlaubnis endet.
Überlegt werden sollten auch spezielle Klauseln in den Arbeitsverträgen mit ukrainischen Geflüchteten, die die Besonderheiten des Einzelfass berücksichtigen – zum Beispiel dahingehend, was gelten soll, wenn Geflüchtete nach Kriegsende wieder (vorzeitig) den Vertrag beenden wollen, um in ihr Land zurückzukehren.
Hintergrund – Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG)
(1) Einem Ausländer, dem aufgrund eines Beschlusses des Rates der Europäischen Union gemäß der Richtlinie 2001/55/EG vorübergehender Schutz gewährt wird und der seine Bereitschaft erklärt hat, im Bundesgebiet aufgenommen zu werden, wird für die nach den Artikeln 4 und 6 der Richtlinie bemessene Dauer des vorübergehenden Schutzes eine Aufenthaltserlaubnis erteilt.
(2) Die Gewährung von vorübergehendem Schutz ist ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes oder des § 60 Abs. 8 Satz 1 vorliegen; die Aufenthaltserlaubnis ist zu versagen.
(3) Die Ausländer im Sinne des Absatzes 1 werden auf die Länder verteilt. Die Länder können Kontingente für die Aufnahme zum vorübergehenden Schutz und die Verteilung vereinbaren. Die Verteilung auf die Länder erfolgt durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Solange die Länder für die Verteilung keinen abweichenden Schlüssel vereinbart haben, gilt der für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel.
(4) Die oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle erlässt eine Zuweisungsentscheidung. Die Landesregierungen werden ermächtigt, die Verteilung innerhalb der Länder durch Rechtsverordnung zu regeln, sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Ein Widerspruch gegen die Zuweisungsentscheidung findet nicht statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
(5) Der Ausländer hat keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Er hat seine Wohnung und seinen gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort zu nehmen, dem er nach den Absätzen 3 und 4 zugewiesen wurde.
(6) Die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit darf nicht ausgeschlossen werden. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Beschäftigung; sie kann nach § 4a Absatz 2 erlaubt werden.
(7) Der Ausländer wird über die mit dem vorübergehenden Schutz verbundenen Rechte und Pflichten schriftlich in einer ihm verständlichen Sprache unterrichtet.