Düngemittel: Die Lage bleibt angespannt!

Preise hoch – Landwirte warten ab – Wirtschaftsdünger gewinnt an Bedeutung

Markt: Düngemittel: Die Lage bleibt angespannt!

Die Preise für Mineraldünger zogen innerhalb weniger Wochen um 150 Euro an.

Die Situation auf den Märkten für Mineraldünger bereitet Landwirten derzeit Kopfzerbrechen. Denn dort kennen die Kurse zumeist kein Halten mehr. So zog der Preis für Kalkammonsalpeter (KAS) – stellvertretend für die Entwicklung bei anderen Düngersorten – innerhalb weniger Wochen um 150 Euro an und notierte an deutschen Häfen zuletzt bei etwa 480 Euro/Tonne. Vor einem Jahr hatte der Preis noch unterhalb der Marke von 200 Euro/Tonne gelegen. Es sind vor allem die gestiegenen Energiekosten, die die Kette ins Wanken bringen. Mittlerweile steckt aber auch eine Menge Spekulation in den Kursen. Diese Entwicklung wirft die bisherigen Planungen der gesamten Produktionskette vom Hersteller über den Handel bis hin zum Verwender über den Haufen.

Produktion zurückgefahren

So fuhren Hersteller ihre Produktion teilweise oder komplett zurück. Denn es zeigte sich schnell, dass die hohen Erdgaspreise ihre Produktion so sehr verteuern würden, dass die Ware an den Märkten nicht mehr nachgefragt werden würde. Und auch der Handel trat in Sachen Mineraldünger schnell auf die Bremse. Folglich wurden Offerten der Hersteller zumeist dankend abgelehnt. Händler wissen, dass es Sinn macht, sein Pulver in unruhigen Zeiten trocken zu halten und abzuwarten. Konsequenterweise sind die Lagerbestände von Mineraldünger im Handel zumeist nur unterdurchschnittlich befüllt. Dies dürfte sich erst ändern, sobald sich der Handel mit Düngemitteln wieder rentabel abbilden lässt.

„Abwarten“ als Strategie

Bei Landwirten ist die Reaktion auf die hohen Düngerpreise zunächst einmal klar. „Abwarten“ ist die einhellige Meinung unter Landwirten, so das Ergebnis einer Blitzumfrage des eilboten. Denn ein akuter Handlungsbedarf besteht auf den Betrieben nicht, da die Düngearbeiten für 2021 – von letzten Ausnahmen abgesehen – zum Abschluss gekommen sind. Die Düngetechnik wird erst zum Frühjahr 2022 wieder aus den Maschinenhallen geholt. Dann aber wird sich zeigen, ob die benötigten Düngemittel zu akzeptablen Preisen greifbar sind. Hiervon ist derzeit aber nicht auszugehen, da die Nachfrage nach Erdgas im Zuge der weltwirtschaftlichen Erholung weiterhin groß sein wird. Es ist fraglich, ob Russland oder andere Erdgaslieferanten ihre Förderung in den kommenden Monaten erhöhen werden. Folglich gibt es Händler, die von einem weiteren Anstieg der Preise für Erdgas ausgehen. Andererseits ist aber auch zu erwarten, dass sich die angeheizte Stimmung auf den Märkten beruhigen wird und spekulationsbedingte Preisausbrüche unwahrscheinlicher werden.

Gülle statt Mineraldünger

Dennoch wird sich dann zeigen müssen, in welchem Rahmen sich der Einsatz von Mineraldüngern im Frühjahr 2022 rechnen wird. Bei Landwirten steigt bereits jetzt das Interesse an Wirtschaftsdüngern. „Zur Not werden wir Kunstdünger durch Gülle kompensieren – soweit es geht“, meint ein Milchviehhalter nördlich von Hamburg. Für Betriebe ohne Viehhaltung wird die Versorgung mit Gülle und Mist schwieriger. Denn es ist fraglich, ob und in welchem Umfang eine Beschaffung von Wirtschaftsdüngern gegebenenfalls möglich sein wird. Bereits jetzt halten sich erste Viehhalter mit einer allzu leichtfertigen Abgabe ihrer Gülle zurück und warten die Entwicklung auf den Märkten für Düngemittel ab. „Bei meinem Nachbarn werde ich in der nächsten Saison wohl keine Rindergülle für meine Felder bekommen“, vermutet ein Ackerbauer aus Schleswig-Holstein, „aber warten wir ab“.

 


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