Stimmung im Sinkflug

Nachdem zwischenzeitlich bessere Marktpreise die Stimmung der Landwirte aufgehellt haben, hat diese sich binnen Jahresfrist deutlich verschlechtert. Besonders besorgniserregend ist die fehlende Hoffnung der Landwirte auf eine bessere Zukunft.

Konjunkturbarometer Agrar: Stimmung im Sinkflug

Nach zwei besseren Jahren kündigen die Marktpreise und das Stimmungsbild schwierige Zeiten an. So ist die Bewertung der aktuellen Situation im Konjunkturbarometer Agrar seit Dezember 2022 von 14,9 auf 9,2 Punkte im Dezember 2023 abgerutscht; die erwartete Stimmung in zwei bis drei Jahren stagniert seit zwei Jahren mit rund 3,4 auf dem niedrigsten Wert seit zwanzig Jahren.

Besonders die Landwirte im Süden und Osten bewerten ihre erwartete wirtschaftliche Situation gegenüber dem Vorjahr wieder deutlich pessimistischer. Das ist ein Warnsignal für den ländlichen Raum insgesamt, der von der Wirtschaftskraft und Investitionstätigkeit der Landwirte lebt.

Marktpreise drücken auf die Stimmung

Noch vor einem Jahr war die Stimmung geprägt von höheren Preisen für Getreide, Milch und Rindfleisch, aber auch von niedrigen Ferkel- und Schweinefleischpreisen und teuren Betriebsmitteln (insbesondere Futter- und Düngemittel).

Seitdem haben sich die Märkte deutlich gedreht. Stark sinkende Getreide-, Milch- und Rinderpreise drücken spürbar auf die Stimmung und Gewinnerwartung. Die Landwirtschaftskammern rechnen aktuell mit einem Einbruch der Unternehmensgewinne für das Wirtschaftsjahr 2023/24 zwischen 33 und 53 Prozent. Einziger Lichtblick sind die Ernteerwartungen und die verbesserten Schweinepreise. Und so haben einzig die Veredelungsbetriebe ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als verbessert bewertet.

Konjunkturbarometer Agrar: Stimmung im Sinkflug

Das Vertrauen in Rahmenbedingungen leidet

Aber eben jene Veredelungsbetriebe blicken der Zukunft so pessimistisch entgegen wie seit zwanzig Jahren nicht mehr. Exemplarisch für die Zukunftssorgen sei der 9. Februar 2024 genannt. Bis dahin mussten Sauenhalter gemäß Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Umbaukonzepte für ihr Deckzentrum vorlegen – oder ihren Ausstieg bis 2026 erklären. So dämpfen die politischen Rahmenbedingungen auch in wirtschaftlich besseren Zeiten spürbar die Zuversicht. Zudem fand die Befragung zu diesem Konjunkturbarometer vom 23. November bis 23. Dezember 2023 und damit in politisch besonders turbulenten Zeiten statt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt 2022 warf seine Schatten voraus, die konkreten Kürzungsvorschläge der Bundesregierung beim Agrardiesel und der Kfz-Steuerbefreiung wurden wenige Tage vor Ende der Umfrage vorgestellt (13. Dezember). Und so hat die nationale Agrarpolitik nach Ansicht der Befragten den negativsten Einfluss auf die Rahmenbedingungen insgesamt. Da der Einfluss der nationalen Agrarpolitik im Juni 2023 aber noch negativer als im Dezember bewertet wurde, wird deutlich: Die Unzufriedenheit mit der Agrarpolitik sitzt weitaus tiefer.

Konjunkturbarometer Agrar: Stimmung im Sinkflug

Ersatz – statt Zukunftsinvestitionen

Ambivalent sind dabei die geplanten Investitionen. Zum einen planen die Landwirte mit 6,93 Mrd. Euro mit einem deutlich höheren Investitionsvolumen in den kommenden sechs Monaten. Dabei sind jedoch einige Sondereffekte zu beachten. Die Investitionen sind zum Teil deutlich rückläufig gewesen. So sank das Fördergeschäft „Landwirtschaft“ der Landwirtschaftlichen Rentenbank um 21,1 Prozent auf 1,597 Mrd. Euro. Zum anderen stehen auch in den kommenden Monaten Investitionen in langjährige Wirtschaftsgüter wie Wirtschaftsgebäude oder Hof- und Stalltechnik nicht im Fokus. In Verbindung mit deutlich gestiegenen Preisen und der Erwartung eher sinkender Zinssätze deutet die höhere Investitionsbereitschaft daher eher auf aufgeschobene Ersatzbeschaffungen sowie auf wieder leicht steigende Investitionen im Bereich der Erneuerbaren Energien hin.

Die Landwirte rechnen auch für die kommenden Monate mit turbulenten Zeiten, die insbesondere durch die politischen Rahmenbedingungen und hartnäckig hohe Kosten besonders negativ beeinflusst werden. Umso dringlicher ist es daher, dass die aktuellen politischen Debatten schnellstmöglich in tragfähige Lösungen und Entlastungen für die Landwirte münden. Die sich bereits jetzt spürbar verschlechternde Liquiditätslage deutet darauf hin, dass dafür nicht mehr viel Zeit bleibt.

Konjunkturbarometer Agrar: Stimmung im Sinkflug

Das Konjunktur- und Investitionsbarometer Agrar wurde letztmalig im Auftrag des DBV, des VDMA Fachverbandes Landtechnik und der Landwirtschaftlichen Rentenbank in einer repräsentativen Umfrage durch das Marktforschungsinstitut „produkt + markt“ ermittelt. Künftig erscheint das Konjunkturbarometer Agrar quartalsweise als Rentenbank-Index in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen kynetec.


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