Weniger Zettelwirtschaft und mehr Komfort!

Landwirt Mustermann lernt die Vorteile eines Farmmanagement-Systems als Entscheidungsgrundlage schätzen. Für seine neue Rundballenpresse wählt er das Tractor Implement Management (TIM) für komfortables Arbeiten. Um den Fernservice für seinen neuen Traktor zu nutzen, muss er Daten freigeben. Soll er dies tun?

Digitaler Wandel – Teil 4: Weniger Zettelwirtschaft und mehr Komfort!
Digitaler Wandel – Teil 4: Weniger Zettelwirtschaft und mehr Komfort!

Unser Musterbetrieb wächst – in der Fläche und in seinen betrieblichen Aktivitäten – und er wird zunehmend digitaler. Die neuen Methoden sollen helfen, die Arbeit kostengünstiger zu erledigen und für mehr Komfort und Übersicht zu sorgen. Damit verschafft sich unser Betriebsleiter mehr Spielraum für strategische Überlegungen und Planungen für die Zukunft. Denn trotz aller elektronischer Hilfsmittel gilt: Die Entscheidungen muss er immer noch selbst treffen. Dazu benötigt er aber gute und aktuelle Informationen und Zahlen, um korrekt zu planen. Hubert Mustermann macht sich auf die Suche nach passenden Konzepten.

Farmmanagement System

Mustermann ist mit seinen Maschinen schon ein ganzes Stück in der Teilflächenthematik vorangekommen. Um den Überblick über die dabei gewonnenen Daten zu behalten und noch mehr Nutzen aus den Einzelwerten der Kulturen und Flurstücke zu bekommen, will er dringend seine alte „Zettelwirtschaft“ der Ackerschlagkartei zu den Akten legen und auch hier auf die moderne, digitale Version umsteigen. Der Schritt ist auch der zunehmenden Komplexität des Betriebes geschuldet: Neben den einzelnen Kulturen, die aufgrund der breiteren Fruchtfolge auch vielfältiger werden, ist auch der Gesamtbetrieb breiter organisiert als früher: Neben dem Ackerbau und der Gemüseproduktion hat der überbetriebliche Einsatz einzelner Maschinen zugenommen. Außerdem hat Mustermann mit Kollegen eine Biogasgesellschaft gegründet, in die auch Mustermann Substrat liefert und Gärreste als organischen Dünger zurücknimmt. Somit steigt die Zahl der Betriebszweige und die Vielfalt bei den Mehrwertsteuer-Verrechnungssätzen. Spätestens an diesem Punkt wird die alte Papierliste zur Herausforderung! Mustermann gewinnt mit der elektronischen Auswertung mehrere Vorteile:

▶ Er kann einfach und unkompliziert der erforderlichen Dokumentationspflicht nachkommen. Sobald die Eingabe ins System läuft, liegen die gewünschten Daten parat. Wichtig ist, dass er ein Programm wählt, das auch den ISOBUS Standard erfüllt. Dann sind die Daten der Verfahrensschritte im Ackerbau (Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz) einfach ins System einzupflegen, denn die Formate sind kompatibel – vom Terminal direkt in die Software am Hof-PC.

▶ Er erhält einen betriebswirtschaftlichen Überblick über den Erfolg seiner Maßnahmen in der Produktionstechnik. Alle relevanten Daten wie Bodenkennwerte, Maschinenleistungen und die für die Erträge der Kulturen maßgeblichen Aufwendungen zu Aussaat, Düngung und Pflanzenschutz sind überprüfbar und geben Informationen zu den einzelnen Verfahren und Betriebszweigen. So bekommt der Betriebsleiter für die Steuerung des Unternehmens und die Optimierung der pflanzlichen Produktion wertvolle Informationen. Die Entscheidungen daraus muss er dann aber natürlich selbst treffen. Die Daten liefern dazu aber wichtige Grundlagen!

▶ Er bekommt direkt die notwendigen teilbetrieblichen Auswertungen und Übersichten für die Buchhaltung und erleichtert damit die Vorbereitungen zum Jahresabschluss.

Unser Betriebsleiter stellt fest: Die Datenmenge und der notwendige Aufwand zur Interpretation sind deutlich gewachsen! Er verbringt mittlerweile viel mehr Zeit am PC, um die täglich wachsenden „Datenberge“ auszuwerten. So zeitintensiv hatte er sich das eigentlich nicht vorgestellt. Doch ihm wird klar: Erst wenn er die Analyse der Daten sorgfältig betreibt, können Schwachstellen in der Produktion sichtbar und „Ausreißer“ in den Werten beseitigt werden. Beides ist notwendig, um wirklichen „Ertrag“ aus den elektronischen Hilfen zu erwirtschaften. Die Anschaffung der Elektronik allein bringt wenig. Der Betriebsleiter macht erst den Unterschied! Welchen Nutzen zieht er aus den Einzelwerten:

■ Kostenoptimierung (z.B. Anbau Gemüse, Weizen, Raps, Mais...)

■ Verbesserung der Organisationsstruktur des Betriebes (z.B. Eigenmechanisierung oder überbetriebliche Erledigung je nach Produktionszweigen)

■ Regelmäßige Prüfung der Produktionstechnik (z.B. Analyse von Prozess- und Nebenzeiten in einzelnen Arbeitsgängen)

Die Vorteile liegen für den Betriebsleiter auf der Hand. Er bekommt mehr Transparenz durch aktuelle und detaillierte Zahlen. So kann er weiter optimieren!

Digitaler Wandel – Teil 4: Weniger Zettelwirtschaft und mehr Komfort!

Mustermann lernt „TIM“ kennen!

Hubert Mustermann freut sich schon darauf, das „Controlling“ mal wieder gegen die Arbeit auf dem Feld tauschen zu können: Er will mit einem Nachbarbetrieb gemeinsam eine neue Rundballenpresse anschaffen. Das Stroh wird zum großen Teil vermarktet, teilweise nutzt der Nachbar es in der Viehhaltung. Die alte Presse muss getauscht werden. Von einer Hausmesse beim Landmaschinenhandel bringt Mustermann Informationen zu einer neuen ISOBUS Funktionalität mit: TIM! Was ist das?

Der Begriff stammt aus der Reihe der verschiedenen ISOBUS Funktionalitäten der AEF und wurde erst zur letzten Agritechnica 2019 zertifiziert. Genauso wie „Section Control“ oder „Task Controller“ handelt es sich auch hier um eine standardisierte Aufgabe, die nach festgelegtem Muster und klaren Definitionen vom Schlepper und den Anbaugeräten geleistet werden kann. Alle Hersteller, die ihre Produkte nach dem ISOBUS Standard zertifiziert haben, können genau diese Funktionen in genau gleicher Weise über ihre Produkte im praktischen Einsatz darstellen. Also sprechen wir hier über einen weiteren gemeinsamen Standard, wenn die Funktionalität angeboten wird und sie entsprechend für den Schlepper und das Gerät freigeschaltet ist.

Digitaler Wandel – Teil 4: Weniger Zettelwirtschaft und mehr Komfort!

Und was kann TIM jetzt genau? Der Begriff steht für „Tractor Implement Management“, also den Befehlsaustausch zwischen Schlepper und Anbaugerät und zwar in beide Richtungen. TIM ist eine produkt- und herstellerübergreifende ISOBUS Lösung, bei der das Anbaugerät bestimmte Schlepperfunktionen steuert und den Arbeitsprozess optimiert. Das ist wirklich etwas Besonderes! Und was bringt das nun dem Landwirt? Machen wir es doch einmal an der neuen Rundballenpresse von Hubert Mustermann konkret:

Im Einsatz fährt das Gespann und füllt die Presse, bis die Meldung kommt, dass die Kammer voll ist und die Bindung starten kann. Der Fahrer muss halten, die Bindung starten, nach dem Vorgang die Klappe öffnen und den Ballen aus der Presse rollen lassen – das kennt man. Anschließend muss die Klappe geschlossen werden und es kann weitergehen. Dieser Ablauf wird mit TIM jetzt automatisiert. Ab sofort stoppt die Presse den Schlepper, wenn der Ballen seine vorgegebene Größe erreicht hat! Danach laufen alle folgenden Schritte automatisiert ab. Das erleichtert natürlich dem Fahrer die Arbeit und kann tatsächlich auch etwas Zeit einsparen. Berechnungen haben ergeben, dass die Mehrkosten (für die Softwarebausteine) durch das neue System bei rund 2 Cent pro Ballen liegen (Annahme: 35.000 Ballen über zehn Jahre). Das hört sich nach einem vertretbaren Aufwand für einen erhöhten Komfort für den Fahrer an. Wie groß ein Leistungszuwachs durch die Automatisierung wäre, könnte ein praktischer Vergleich parallel mit einem geübten Fahrer zeigen.

Was kann TIM noch? In den vergangenen Jahren gab es schon Ansätze mit Durchsatzkontrollen an verschiedenen Anbaugeräten. Diese Lösungen ermöglichen es, die Geschwindigkeit des Schleppers so zu beeinflussen, dass der Durchsatz des Gespanns immer am Leistungsoptimum gefahren werden kann. Der Fahrer wird von der ständigen Kontrolle entlastet, das Schluckvermögen der Maschine immer am Maximum zu halten und dabei das Risiko von Stopfern gering zu halten. Aktuell findet man diese Lösung, mit einem Durchsatzsensor an der Pickup, zum Beispiel bei einem Hersteller von Ladewagen.

Mustermann ist begeistert! Viele moderne Lösungen und Verfahren, mit der die Technik ausgestattet ist. Angebote, die sehr sinnvoll erscheinen und die Arbeit wirklich komfortabel machen. Aber es kommen ihm Bedenken: Mit neuen Maschinen läuft natürlich vieles störungsfrei und meistens rund. Aber was, wenn doch mal etwas im Einsatz kaputtgeht? Die Fehlersuche in der Elektronik ist für ihn als Praktiker nicht mehr so einfach. Gibt es dafür eigentlich auch schon digitale Konzepte und Lösungen? Am besten solche, die das Problem schon erkennen, bevor es zum Stillstand kommt! Gerade, wenn die Zeit in der Saison drängt. Das wäre ideal: Die Werkstatt meldet sich, hat ein Problem in der Maschine erkannt und schickt Monteur und Ersatzteil auf den Weg. Das wäre genial - oder? Mustermann will das Thema am Abend mit den Berufskollegen diskutieren, beim Treffen im Beratungskreis.

Remote Service = Fernservice

Von dort nimmt er folgende Informationen mit: Viele Hersteller bieten mittlerweile solche oder ähnliche Pakete an! Auf dem Fahrzeug ist eine Box montiert, die ständig Daten aus der Fahrzeugelektronik (Can-Bus-Daten: z.B. Drehzahl, Temperatur, Motorsteuerung etc., aber auch die aktuelle Position, Einsatzzeiten) zum Hersteller oder Händler sendet. Dazu sucht sich diese Box selbst den jeweils besten Mobilfunknetzservice, um eine funktionierende Verbindung für die Datenübermittlung zu finden. Der Besitzer der Maschine (z.B. Schlepper, Mähdrescher, Feldhäcksler) muss vorher dieser Datenübermittlung zustimmen, denn der Landwirt ist immer noch Eigentümer dieser Daten und er muss mit der Nutzung durch Andere einverstanden sein. Die Vorteile liegen für alle auf der Hand und sind auf den ersten Blick wirklich überzeugend:

Digitaler Wandel – Teil 4: Weniger Zettelwirtschaft und mehr Komfort!

Remote Service – Servicetechniker via der App Bitnamic Connect im Gespräch mit dem Landwirt an der Maschine.

Für den Hersteller: Der Hersteller sammelt über die im Einsatz befindliche Flotte ganz unterschiedliche Informationen, wie oft, wie intensiv und wie lang und wie schwer die Maschine arbeiten muss. Stellen wir uns dazu nur einmal das völlig gegensätzliche Umfeld des mittelgroßen Frontladerschleppers auf dem Milchviehbetrieb vor, der z.B. täglich den Mischwagen befüllt und durch den Stall zieht – im Vergleich dazu der leistungsstarke Zugschlepper auf dem Ackerbaubetrieb, der nach dem Ende der sehr intensiven Sommer- und Herbstsaison während des Winters keine Arbeit hat. Diese praktischen Daten in Verbindung mit Serviceinformationen des Handels nutzt der Hersteller, um seine Modelle passend weiterzuentwickeln und mögliche Fehler aus der Technik herauszubekommen. Nehmen wir noch die Erntemaschinen dazu, dann besteht hier auch die Möglichkeit, dass der Hersteller dem Nutzer Einstellinformationen übersendet – direkt während der Arbeit – um das technische Leistungsvermögen optimal nutzen zu können.

Welche Vorteile hat der Handel? Die Werkstatt vor Ort ist immer noch der direkte Ansprechpartner für den Landwirt. Sobald sich eine Störung zum Beispiel beim Mähdrescher andeutet (Fehlercode erscheint für genau diese Maschine beim Hersteller oder Händler), kann die Werkstatt „proaktiv“ den Kunden anrufen, über die technische Auffälligkeit informieren und das benötigte Teil entweder sofort bestellen oder direkt vom Lager nehmen und mit dem Monteur auf den Weg zum Kunden bringen. Das spart Zeit bei der Fehlersuche, spart Fahrzeiten zum Kunden und zurück und bindet möglicherweise auch den Kunden noch besser an die Werkstatt.

Und wie könnte Hubert Mustermann davon profitieren? Er spart die Ausfall- und Stillstandzeit der teuren Erntetechnik in der Saison, wenn der Fehler früh, bevor etwas zu Bruch geht, erkannt werden kann. Das Warten auf Monteur und passendes Ersatzteil wird verkürzt. Die Hilfe kommt sofort und die zeitraubende Fehlersuche entfällt. Das spart natürlich für alle Zeit! Dann kann er auch von der Einsatzberatung profitieren, die ihm hilft, aus der komplexen Technik immer das volle Leistungspotenzial heraus zu holen. Je mehr Durchsatz die Maschine bringt, desto mehr Fläche kann er in der Saison bearbeiten. Das senkt die festen Kosten der Technik im Einsatz!

Nur Vorteile! Das macht Mustermann stutzig. Wo ist der Haken an der Sache? Er muss natürlich seine Einsatzdaten preisgeben. Die liefern den Herstellern regelmäßig Informationen zum Beispiel darüber, wie intensiv und oft und wo er die Technik nutzt. Ist das wirklich ein Problem? Das muss unser Betriebsleiter für sich beantworten. Und Kosten fallen sicher auch an.

Gibt es eigentlich schon Anbaugeräte, die ähnliche „Frühwarnsysteme“ an Bord haben? Zur Zeit ist das System im Wesentlichen an selbstfahrenden Erntemaschinen und Schleppern im Markt zu finden. Dort sind einige Hersteller schon seit längerer Zeit aktiv, andere ziehen jetzt nach. Auch für Anbaugeräte wäre der „proaktive Service“ eine sinnvolle Hilfe in der Saison. Denn die Vorteile gelten hier genauso. Die Systeme sind noch im Aufbau und im Test. Der Landwirt muss sich – wie immer bei diesen Angeboten – Gedanken machen, was sich für ihn lohnt, wie hoch die Kosten sind und was auch „ohne“ weiter funktioniert.

Hubert Mustermann interessiert sich für das Thema, will aber die weitere Entwicklung zunächst mal beobachten. Denn Großbetriebe und Lohnunternehmen mit entsprechenden Flottengrößen sind natürlich von der Struktur hervorragende Testumgebungen für diese Konzepte. Dort laufen schon Systeme verschiedener Hersteller und dort kann unser Betriebsleiter aus den Medien und von der Beratung sicher viele Informationen für die eigene Meinungsbildung nutzen.

Mustermann stellt fest, dass es zunehmend um die Daten geht, die er während seiner Arbeit erzeugt. Er braucht die Auswertungen der Rohdaten, um für sich die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber Daten von ihm und seinem Betrieb brauchen auch seine Dienstleister und Lieferanten, Vermarkter und Handelspartner. Wir sprechen also zunehmend über Netzwerke, in denen sich der Betrieb unseres Mustermanns befindet. An der Stelle wollen wir in der kommenden Folge etwas tiefer gehen und uns über die Herausforderungen und möglichen Angebote zur Unterstützung informieren.


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen