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Die mechanische Kabinenfederung ist serienmäßig eingebaut.
Ursprünglich war der Lintrac für die alpinen Regionen vorgesehen. Das neue Fahrzeugkonzept mit Allradlenkung sollte eine Alternative zu Zweiachsgeräteträgern und Transportern sein. 2014 startete Lindner mit dem Lintrac 90 diese neue Baureihe. Mittlerweile ist sie auf acht Modelle angewachsen, fünf davon fahren stufenlos. Sie deckt das PS-Segment von 80 bis 130 PS ab, in dem Lindner bisher mit der Geotrac-Baureihe vertreten war.
Neben den Bergbauern haben sich auch immer mehr Landwirte in Gunstlagen für den Lintrac 90 interessiert. Weil sich die Ansprüche aber doch etwas unterscheiden, haben die Tiroler Traktorenbauer für den 90er-Lintrac gleich zwei Nachfolger auf den Markt gebracht – den Lintrac 80 und den 100er.
Wir haben den 80er mit dem kürzeren Radstand und der geringeren Bauhöhe getestet. Beim größeren Lintrac 100 verbaut Lindner standardmäßig die größere Traclink-Kabine und bietet zudem eine gefederte Vorderachse an.

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Wegen der niedrigen Bauhöhe ragt der Getriebetunnel leicht heraus.

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Das Bedienterminal für die Allradlenkung in der rechten B-Säule.
Fast wie Zweiachsgeräteträger
Das Testteam bezeichnet den Lintrac 80 bei der allgemeinen Bewertung als extrem hangtauglich. Unser Traktor war mit einer niedrigen Grünland-Breitbereifung ausgestattet: vorne 420/65R20 und hinten 540/65R28. Für viele Einsätze montierten wir zudem Zwillingsräder.
Aber auch die an der BLT Wieselburg ermittelten Gewichte und Abmessungen weisen auf einen Bergspezialisten hin. Der Lintrac 80 brachte im Test trotz umfangreicher Ausstattung nur 4.400 kg auf die Waage. Mit Zusatzbereifung erhöhte sich das Eigengewicht um 370 kg. Das zulässige Gesamtgewicht liegt bei 6.900 kg. Da bleiben ohne Zwillingsräder 2.500 kg für die Zuladung. Das sollte für einen Bergtraktor reichen.
Auch Bauhöhe und Kabinengröße sind für kleinere Gebäude im Berggebiet ausgelegt. Unser Testkandidat war nur 2,40 m hoch und 2,23 m breit. Standardmäßig liefert Lindner den Lintrac 80 mit der kleineren Kabine aus. Diese ist zudem um einige Zentimeter tiefer gesetzt. Dadurch ragt der Getriebetunnel zwischen den Beinen etwas heraus. Gestört hat das unsere Testfahrer nicht. Man kann den kleinsten Lintrac aber auch mit der größeren Traclink-Kabine bestellen. Kleiner Wermutstropfen: Wegen der niedrigen Bauweise und des achsgeführten Fronthubwerks liegt die Bodenfreiheit gerade einmal bei 290 mm. Dafür ist aber auch der Masseschwerpunkt entsprechend weit unten. Dieser erfüllt sogar die Anforderungen der BLT-Prüfrichtlinien für Zweiachsmäher.
Ein weiteres wichtiges Kriterium für einen Bergtraktor ist die Wendigkeit. Diese ist beim Lintrac 80 beeindruckend. Dafür hat der Hersteller gegenüber den größeren Lintracs den Radstand um 70 mm auf 2.305 mm gekürzt. Zudem hatte unser Testtraktor die optionale Allradlenkung an Bord. Damit erreichten wir einen Wendekreisdurchmesser von nur 8,40 m. Lenkt man wie üblich nur mit den Vorderrädern, erhöht sich der Durchmesser um rund 1,80 m.

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Als Option erhältlich: die zusätzliche Feststellbremse für die Betriebsbremse.

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Trotz kompakter Abmessungen fühlt sich der Fahrer in der Kabine wohl und hat eine gute Rundumsicht.
Vierzylinder von Perkins
Unter der leicht abfallenden Motorhaube sitzt ein Vier-Zylinder-Motor von Perkins mit 3,6 Liter Hubraum. Die Abgasvorschrifen der Stufe V erfüllt dieser Motor mit AdBlue, Dieseloxidationskatalysator, Dieselpartikelfilter und einer externen Abgasrückführung. Bei der Abgasmessung lagen alle Werte im Toleranzbereich.
Laut Lindner leistete der Motor nach ECE-R120 bei der Nenndrehzahl von 2.200 U/min 74,4 kW/102 PS. In den Homologationspapieren ist eine Maximalleistung von 82 kW/112 PS bei 1.800 bis 1.900 Motorumdrehungen angeführt.
Die von der BLT Wieselburg auf dem Zapfwellenprüfstand ermittelten Leistungswerte können sich sehen lassen: Nennleistung 58,5 kW/79,6 PS und Maximalleistung 72,0 kW/97,9 PS. Das Maximum erreichten wir zwischen 1.800 und 1.880 U/min. Der Leistungsverlust zwischen Motor und Zapfwelle war mit 12,2 % für einen stufenlosen Traktor gering. Auch die Konstantleistung lag mit rund 700 U/min in einem sehr guten Bereich. Der Drehmomentanstieg betrug 56,3 % bei einem Drehzahlabfall von knapp 32 %. Das maximale Drehmoment von 396,2 Nm erreichte der Motor bei 1.500 U/min. Das Anfahrmoment ist mit 129 % ebenso hoch.
Weniger erfreulich ist der Blick auf den Kraftstoffverbrauch. Zu den Sparmeistern zählt dieser Motor definitiv nicht. Der spezifische Dieselverbrauch bei Volllast und Nenndrehzahl beträgt 295,1 g/kWh und bei Maximalleistung 256,7 g/kWh. Am wenigsten verbraucht der Motor (248,1 g/kWh) im Bereich des maximalen Drehmoments bei 1.500 Motorumdrehungen.
Der Dieseltank unseres Testtraktors fasste 95 Liter, der AdBlue-Tank 11,5 Liter. Das ist nicht üppig, aber im Berggebiet könnte es reichen.

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Die Bedienung umfasst drei Komponenten: ein Touchdisplay als Armaturenbrett ...

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die Armlehne mit LDrive- und Joystick-Steuerung ...
Stufenlos fahren
Im Lintrac 80 und auch im 100er ist das Stufenlosgetriebe TMT09 von ZF verbaut. Es lässt sich über die bekannte LDrive-Steuerung bedienen und ist auf 40 km/h ausgelegt. Eine zusätzliche Untersetzung für mehr Zugkraft wie bei den größeren Traktoren dieser Baureihe gibt es nicht. Unser Testkandidat erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 42,9 km/h bei reduzierter Motordrehzahl. Rückwärts ist die Geschwindigkeit auf rund 20 km/h begrenzt. Das Tempo bestimmt man entweder mit dem Fahrpedal oder mit dem LDrive-Rad in der Armlehne. Zudem gibt es rund um den LDrive-Regler Schnellwahltasten für Handgas- und Fußgasmodus, Kriechfunktion, diverse Fahrmodi, Tempomat, Allrad und Differenzialsperre.
Neu ist die Verzögerungstaste zwischen der LDrive-Bedienung und dem Joystick. Damit kann man bergab die Motorbremswirkung erhöhen. Weiterhin gibt es aber auch den bekannten Freeze-Fußtaster zwischen dem Kupplungs- und Bremspedal. Auch der aktiviert bei Bergabfahrt die Motorbremswirkung, indem er die Getriebeübersetzung einfriert. Betätigt man beide Funktionen, wird nur der Freeze-Befehl ausgeführt. Zum sicheren Abstellen am Berg gibt es auf Wunsch zur konventionellen Handbremse eine zusätzliche Feststellbremse für die Betriebsbremse. Der Hebel dafür sitzt rechts vom Armaturenbrett.

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... sowie die seitliche Bedienkonsole.

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Neben diesem rumpfgeführten Fronthubwerk bietet Lindner auch ein achsgeführtes an.
Zapfwellen und Hydraulik
Der kleine Lintrac bietet im Heck vier Zapfwellendrehzahlen: 430, 540, 540E und 1.000. Besonders lobten unsere Testfahrer die 430er-Zapfwelle, die beim Mähen für die Grünfütterung in Kombination mit einem Frontmähwerk große Vorteile bietet. Die beiden Normdrehzahlen 540 und 1.000 liegen im Bereich der maximalen Motorleistung.
Die Ölhaushalte für Getriebe und Hydraulik sind wie bei allen Lindner-Fahrzeugen getrennt. Bis zu 88 l/min soll die Axialkolbenpumpe fördern, was sie auch tut: Die BLT hat 87,6 l/min gemessen. Optional bietet Lindner eine 100-Liter-Pumpe an. Für externe Verbraucher kann man bis zu 25 l Öl entnehmen. Bei maximalem Ausstattungsumfang sind bis zu fünf Hydrauliksteuergeräte möglich. Zwei davon lassen sich auf Wunsch auch extern am Kotflügel bedienen. Bei unserem Testkandidaten waren vier Steuergeräte montiert.
An der Ackerschiene im Heck stemmte unser Testkandidat durchgehend 3.170 kg. Weiter hinten am Hubrahmen gemessen waren es nur noch 1.956 kg. Den vertikalen Hubbereich im Heck haben wir mit 665 mm bestimmt. Mit der Fronthydraulik lassen sich Geräte von bis zu 2.000 kg problemlos hochheben. In der Praxis hatten wir mit beiden Hubwerken keine Probleme.

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In der maximalen Ausstattung sind bis zu fünf Hydrauliksteuergeräte möglich.
Ausstellbare Scheiben
Gelobt haben unsere Testfahrer auch die gute Rundumsicht und die ausstellbare Front- und Heckscheibe der Kabine. Durch ein neues Doppelscharnier an der Heckscheibe öffnet sich diese jetzt um bis zu 90°. Auch die beiden Türen konnte man ohne übertriebene Kraftanstrengung öffnen und schließen. Bei Schräglage am Berg fielen sie nicht von selber zu. Klappt man die Armlehne nach oben, kann man beim Lintrac auch auf der rechten Seite gut auf- und absteigen. Im Stall oder in anderen beengten Räumen ist das oft praktisch.
Ein Raumwunder mit einem bequemen Beifahrersitz darf man bei einem so kompakten Traktor nicht erwarten. Aber der Arbeitsplatz ist komfortabel. Unsere Fahrer fühlten sich sofort wohl, obwohl die Kabine nicht zu den leisen gehört. Die BLT hat am Fahrerohr 75 dB(A) gemessen. Es gibt auch ein paar Ablageflächen, und auf der linken Seite hinter dem Beifahrersitz befindet sich ein gekühltes Fach.
Die Kabine ist serienmäßig mechanisch gefedert. Eine gefederte Vorderachse gibt es bei diesem Modell nicht.
Die Bedienung umfasst drei Teile: ein Touchdisplay als Armaturenbrett, die Armlehne mit LDrive- und Joystick-Steuerung und die seitliche Bedienkonsole. Die Bedienung mit dem LDrive-Dreh- und Drückrad fanden wir sehr gewöhnungsbedürftig. Auch das kleine Drehrad, mit dem sich alle Einstellungen im Display durchführen lassen, haben unsere Testfahrer kritisiert. Es reagiert unterschiedlich schnell. Die Einstellungen kann man aber auch direkt am Touchdisplay vornehmen. Das funktioniert sogar während der Fahrt. Aus Sicherheitsgründen sollte man davon aber absehen.
Positiv aufgefallen ist, dass sich die Hecklenkung jetzt auch mit Tastern in der Armlehne bedienen lässt. Die schräg angeordneten Wippen für die Hydrauliksteuergeräte in der seitlichen Bedienkonsole lassen sich einzeln gut bedienen. Benötigt man aber am Vorgewende zwei Steuergeräte, muss man „umgreifen“. Da legt man die Funktionen leichter auf den Joystick in der Armlehne. Das geht dann deutlich komfortabler.

Schweres Erbe
Der Geotrac 75 war in Österreich über viele Jahre der meistverkaufte Traktor. Ob das der Lintrac 80 auch schafft? Die Gene für diesen Gipfelsturm sind auf jeden Fall da: Er ist unter 2,45 m hoch, hat einen kurzen Radstand, besitzt einen tiefliegenden Schwerpunkt und ist um ein paar Hundert Kilogramm leichter als viele Mitbewerber in dieser Klasse. Dank seiner einzigartigen, mitlenkenden Hinterachse ist er auch wendiger als die anderen. Der leistungsstarke, elastische Motor und der stufenlose Fahrantrieb sorgen zudem für komfortables und sicheres Fahren auch im Steilhang.
