Wichtige Player fehlten auf der Messe in Paris

Die SIMA liegt schon etwas zurück. Über viele Messeneuheiten haben wir bereits berichtet. Die Standbesuche bei den Reifenherstellern haben wir uns für das Sonderthema „Reifen“ aufgehoben. Lesen Sie, wer auf der Landtechnikshow in Paris dabei war und wer fehlte.

SIMA 2022: Wichtige Player fehlten auf der Messe in Paris

Bei Apollo Vredestein stand auf der SIMA die VF-Reifenreihe Traxionoptimall im Mittelpunkt.

SIMA 2022: Wichtige Player fehlten auf der Messe in Paris

Trelleborg präsentierte sein System ATMS, das Messtechnik, Robotik und Datenverarbeitung kombiniert.

Mit der SIMA fand im November 2022 – zum ersten Mal seit der coronabedingten Pause nach drei Jahren – wieder eine der drei etablierten großen Landwirtschafts-Leitmessen in Europa statt. Zum ersten Mal zu dem neuen Termin, der jedoch mit der EIMA in Bologna kollidierte. Im Vorfeld gab es Befürchtungen, dass auch diesmal die Messe wegen Corona-Maßnahmen ausfallen könnte.

Diese ungünstigen Randbedingungen hatten Spuren hinterlassen. So fehlten einige wichtige Aussteller und die beiden tierhaltungsbezogenen Ausstellungsbereiche waren nicht vertreten. Diese kleinere SIMA war entsprechend der allgemeinen Verunsicherung zurückhaltender. Viele der Aussteller hatten auch schon ihre Neuigkeiten während der Coronazeit sukzessive vorgestellt. Der Auftritt war nicht so glamourös wie in der Vergangenheit und manche Stände kleiner als früher. Auch die Maschinen waren häufig nicht die Top-High-End-Maschinen, sondern ein bis zwei Nummern kleiner. Es kam besonders bei großen Maschinen- und Komponentenherstellern der Eindruck auf, dass gespart worden war.

Megathemen Umweltschutz und Ernährungssicherheit

Die beherrschenden Themen auf der SIMA stellten Klimaschutz und Ökonomie durch Nachhaltigkeit und Effizienzsteigerung dar. Hierbei spielte Ressourcenschonung, zum Beispiel durch Vermeidung von Pestizideinsatz, eine wesentliche Rolle und mit neuer Aktualität die Reduzierung von Energie- und Wasserverbrauch. Als Überbau zur Steuerung der komplexen Prozesse standen Systeme zur Datenerfassung, -speicherung und -optimierung auf Basis einer vernetzten KI-und IT-Landschaft (wie Smartfarming/ Precisionfarming) im Vordergrund.

Ein bemerkenswerter Beitrag zur Ernährungssituation war die Präsentation von Trelleborg. Dabei wurden die nächsten 25 Jahre als kritische Größe mit in den Fokus gerückt. Die landwirtschaftlich bearbeitbare Ackerfläche beträgt drei Prozent der Erdoberfläche oder elf Prozent der Landfläche. Um zehn Milliarden Menschen zu ernähren, ist bei Beibehaltung der heutigen Anbauverfahren und Ernährungsgewohnheiten eine 25 Prozent größere Agrarfläche als heute erforderlich. Da dies nicht möglich sei, müssten alle Chancen genutzt werden, um umwelterhaltend den Ertrag pro Fläche zu erhöhen oder Gewohnheiten bei Anbau und Ernährung zu ändern. Aufgrund der rapide steigenden Weltbevölkerung sei es dringend erforderlich, in nächster Zeit eine nachhaltige, tragfähige Lösung für die Ernährung der Weltbevölkerung zu finden.

Einen Ansatz sah Trelleborg in seinem prämierten ATMS. Dieses System besteht aus der Kombination von Messtechnik, Robotik und Datenverarbeitung. Es dient zur Steigerung der Bodenschonung sowie der Effizienz des Traktoreinsatzes und damit der Ressourcenschonung und CO2-Reduzierung. Dazu werden Reifenparameter wie Last, Temperatur, Druck oder Schlupf permanent erfasst. Die Mess-Sensoren sind in einem Bauteil zusammengefasst, von dem eines in jedem der Reifen unter dem Laufflächenbereich befestigt ist. Aus den Daten wird die einsatzbedingte Effizienz des Traktors berechnet. Sofern diese von einem optimalen Arbeitspunkt abweicht, berechnet das System die optimalen Einsatzparameter bezüglich der Ballastierung der Achsen sowie des Reifendrucks und des Motorarbeitsbereichs. Alle Parameter können automatisch angepasst werden. Hierdurch wird gleichzeitig eine größtmögliche Bodenschonung erreicht. Die Daten werden für zukünftige Einsätze im System gespeichert.

Die Implementierung aller Komponenten, um den gesamten ATMS-Umfang einsetzen zu können, erfordert einen hohen Aufwand.

Eine Anwendung wäre denkbar bei den prämierten autonom fahrenden Maschinen von Krone/Lemken. Diese waren ein Beispiel für die Anwendung von KI und Smart Farming, um ein Feld mit minimaler Fahrstrecke zu bearbeiten und Bodenverdichtung durch mehrfaches Überfahren zu vermeiden. Die Fahrzeuge waren mit Reifen ausgerüstet, deren Effizienz noch durch Reifendruckregelanlage oder, weitergehend mit dem ATMS von Trelleborg, weiter gesteigert werden können.

SIMA 2022: Wichtige Player fehlten auf der Messe in Paris

Zuidberg war in Paris mit seinem Laufwerk vertreten.

Nur wenige Laufwerke und Druckregelanlagen

Die Diskrepanz zwischen technischen Möglichkeiten und der Realität zeigte sich auf der SIMA darin, dass nur wenige Maschinen mit diesen verfügbaren Zusatzausstattungen präsentiert wurden. An den sehr schweren und entsprechend leistungsstarken Maschinen waren Laufwerke montiert eingesetzt. Druckregelanlagen waren an ein paar Traktoren sowie schweren Sonderfahrzeugen und Spritzen zu sehen.

Der Themenkreis „Reduzierung von Bodendruck und Kraftstoffverbrauch“ wurde fahrwerksseitig im Wesentlichen durch Verwendung von IF und VF Reifen (für den zyklischen Einsatz ggf. solche mit CHO bzw. CFO-Kennung) abgedeckt.

SIMA 2022: Wichtige Player fehlten auf der Messe in Paris

Der BKT Stand lockte die Messebesucher mit seiner Rugby-Ball-Aktion.

SIMA 2022: Wichtige Player fehlten auf der Messe in Paris

Einige Top-Reifenhersteller fehlten

Die bei den großen Maschinenherstellern zu bemerkende SIMA-Zurückhaltung wurde von der Reifenbranche noch übertroffen. Hier fehlten drei imageträchtige, große Marken. Allen voran ist hier Michelin zu nennen, die auf der Agri-Leitmesse in ihrem Heimatmarkt nicht mit einem eigenen Stand vertreten war und das, obwohl Michelin (Kleber) sich als Marktführerin versteht. Die beiden anderen großen Marken ohne Reifenstand waren Continental und Bridgestone (Firestone). Von den etablierten Marken fehlte Yokohama (Alliance/Galaxy).

Andere Marken hatten sich auf Gemeinschaftsstände zurückgezogen wie Nokian (was angesichts des Russland-Debakels verständlich ist), oder waren durch Importeure/Großhändler vertreten. Trotzdem war noch eine beträchtliche Anzahl Reifenhersteller mit einem eigenen Stand anwesend. Von denen kam der Großteil aus dem asiatischen Raum sowie Indien.

Die Lücke durch Michelin wog schwer. Denn sie traf nicht nur den Reifensektor, sondern auch die Bereiche der neuen Tochterunternehmen mit Technologien wie Luftdruckregelsysteme, vernetzte Smart-Farming-Datenverarbeitung oder Laufwerke, die Michelin auf den Messen 2019 noch intensiv beworben hatte.

Bei den Laufwerken war das Angebot ansonsten auch mager. Es waren nur Zuidberg und Polluzzi zu sehen.

Der einzige anwesende Premium-Reifen-Hersteller war Trelleborg. Der Stand hatte wieder die übliche repräsentative Größe. Eine Stirnseite war dem prämierten ATMS vorbehalten. Hier lief auch eine Video-Präsentation, in der die System-Komponenten erklärt und der Optimierungsprozess für einen Traktor während seines Einsatzes dargestellt wurde. Auch die Informationen, die der Traktorfahrer auf seinen Displays abrufen kann, wurden exemplarisch gezeigt. Das umfasste sowohl aktuelle Istwerte als auch Handlungsempfehlungen.

Der innen im Reifen unter der Lauffläche befestigte Messsensor wurde an einem Reifenschnittmodell gezeigt.

An der einen Standlängsseite präsentierte Trelleborg seine Reifenlinien: die neue Ladewagen-Reifenlinie HF 1000 mit Stahlcord-Gürtel in 750/60 R 30.5 187 D, dazu die VF Traktionsreifen-Linie TM1000 progressiv traction in VF 650/85 R 38 182 D für schwere Schlepper und den Weinberg-/Obstplantagenreifen Pneu Trac in 480/65 R 28 148 A8.

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GRI stellte seinen grünen Reifen aus (li.). CEAT präsentierte seinen mächtigen Torquemax.

Die etablierten Marken gut vertreten

BKT nutzte die Zeit seit 2019 für eine Expansionsphase. So wurde in den vergangenen drei Jahren die Reifen-Produktionskapazität ausgebaut. Die im Jahr 2022 existierenden fünf Reifen-Werke lagen alle in Indien. Die Produktion im Werk Bhuj wurde auch für die Laufbandfertigung erhöht. Das Produktportfolio wurde um die neue Laufbandsparte erweitert. Ferner wurde eine eigene Rußfabrik (140.000t/Jahr) gebaut. Für alle seine Aktivitäten hob BKT deren Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit hervor sowie sein soziales Engagement. 80 Prozent des Umsatzes erzielte BKT durch Export. Die Hauptabsatzmärkte waren Europa und Nordamerika, die aufgrund des starken Preis- und Lohngefälles zu Indien besonders profitabel waren.

Der große BKT-Stand war wieder mit seinen Sportaktivitäten der große Publikumsmagnet. Diesmal stand Rugby im Mittelpunkt und entsprechend gab es Rugby-Bälle zu gewinnen. An neuen Produkten wurde gezeigt: das Laufband Agriforce BK T71 in der Größe 18x6x44 mit Stahlcord, die 70 %-Traktorreifenlinie Agrimaxfactor in 710/70 R 42 176 D/179 A8 und 600/70 R 30 155 D/155 A8 , der Flotationreifen Ridemax FL 615 in 800/65 R 32 185 D mit Stahlcordgür- tel.

CEAT präsentierte auf seinem weitläufigen Stand seine breite Produktpalette:

Vom mächtigen VF 850/75 R 42 CFO 185 D Torquemax, ein Reifen mit 2,40 m Durchmesser, dem derzeit größten CEAT Reifen, über den VF 380/90 R 46 173 D Spraymax mit Stahlcordgürtel für selbstfahrende Spritzen, bis zur neuen Flotation-Reifenlinie mit Stahlcord-Gürtel 600/55 R 26.5 SB 178 D Floatmax FT und dem Galileo, eine Entwicklung analog zum Pneutrac von Trelleborg, jedoch mit einem Flotation-Reifenprofil.

Daneben waren als aktuelle Produkte der Standardlinien zu sehen: 800/65 R 32 CHO 181 A8/B Yieldmax für den Einsatz an Mähdrescher/Häcksler u.ä. und 710/75 R 42 181 D/ 184 A8 Farmax HPT für Schlepper im oberen Leistungsbereich.

CEAT folgte hinsichtlich Marktentwicklung und Produktion den Spuren von BKT, jedoch ist der Heimatmarktanteil bei CEAT deutlich höher. Nach einem Anstieg von Umsatz und Produktion sind weitere Expansionen geplant.

Bei Apollo-Vredestein lag der Fokus auf der VF-Traktionsreifenreihe Traxionoptimall. Die Produktvorteile wurden an einem VF 750/70 R 44 186 D auf einem Messstand demonstriert. Ein weiterer Schwerpunkt waren die Flotation-Reifen VF 750/60 R 30.5 IMP 187 D Flotationoptimall als neue VF Produktreihe sowie der 750/60 R 30.5 IMP 181 D Flotation Trac Standardlinie und der 600/60 R 30.5 IMP 169 D Endurion Trailer für gemischten Einsatz. Darüber hinaus war das gesamte Spektrum der bekannten Traxion-Produktreihen vorhanden.

Die Marke Mitas (Zweitmarke von Trelleborg) präsentierte auf dem Gemeinschaftsstand mit Trelleborg von ihrer VF- Flotation-Reifenreihe H 3000 R den VF 1000/65 R 32 200 A8 sowie aus der VF Sprayer-Reifenlinie HC 1000 den VF 380/90 R 46 173 D und für den Kommunal-/Baustellen-Einsatz den 480/80 R 38 IND 161 D/166 A8 HCM mit Stahlcordgürtel.

Die ehemals große Marke Goodyear arbeitet an ihrem Agrimarkt-Comeback in Europa, kommt aber kaum voran.

Der Nokian Reifen stand unauffällig auf einem Gemeinschaftsstand.

Value for money: Breite Basis und eine Überraschung

Hier im Value for money-Segment war eine große Breite von Herstellern vertreten, die meistens ein solides Programm von Standard-Reifen besitzen wie Maxxam, MRL, Mahansaria und Ascensio. Von diesen Anbietern im Basissegment war jedoch einer besonders bemerkens- wert.

Eine Technologie mit Potenzial zum Highlight oder Marketing-Gimmick wurde von GRI, einem Hersteller aus Sri Lanka, präsentiert: ein umweltschonender AS-Reifen mit grüner Oberfläche, der so in Serie gehen soll. Durch diese grünen Mischungen soll der Rollwiderstand und damit der Treibstoffverbrauch und der CO2-Ausstoß gesenkt werden. Ebenso soll die Laufleistung gesteigert werden. Auch bei den Materialien will GRI möglichst auf nachwachsende Ressourcen zurückgreifen und den Einsatz von Energie und Wasser minimieren.

Falls der Reifen so in Serie gehen sollte, wäre das Revolutionäre jedoch nicht nur diese noch nachzuweisenden Vorteile (solche Technologien und deren Kosten sind im Prinzip bekannt), sondern, wenn der grüne Reifen auch im Einsatz über viele Jahre noch seine Farbe und seine Eigenschaften beibehalten würde. Es ist bislang noch keinem Reifenhersteller gelungen, denn farbige Seitenwände weisen technisch eher Nachteile auf und die Technologie ist nicht sinnvoll auf andere Reifenbauteile übertragbar. Dann könnten alle Reifen farbig werden. Außer Grün dürfte eine breite Farbpalette möglich sein. Egal, wie es kommt: Ein Eye-Catcher war der grüne Reifen auf alle Fälle.

Quo vadis, SIMA?

Auch wenn offenbar kaum jemand so richtig glücklich war mit diesem Messekonzept, so sandte die SIMA 2022 mit ihrer Durchführung dennoch ein mutiges Lebenszeichen in einer Zeit voller Ungewissheiten. Die Aussteller ihrerseits hatten eine bessere Abstimmung zwischen den großen Messen gefordert, um künftig Kollisionen der Termine und Überforderungen der Aussteller zu vermeiden. Und das zu erstellende Konzept wird dann die weiteren Messen festlegen. Eine Antwort wird wohl schon zur Agritechnica 2023 gegeben werden.


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