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Foto li.: Die lang nach oben gezogene Verstärkung (schwarz) ist elastisch, wodurch sie den Komfort nicht mindert. Foto re.: Die seitlichen Taschen sind zweigeteilt, wodurch man beim Herausziehen der Handschuhe das restliche dort verstaute Equipment nicht verliert.
Wir haben Schnittschutzbundhose, Stiefel und eine Kombination aus Funktionsshirt, Fleece-Sweater und Forstjacke ausprobiert. Bisher war unser Autor mit einem klassischen „Bauernanzug“ – Hose und Softschelljacke, darunter normales T-Shirt und Pullover – eines bekannten Online-Händlers unterwegs. Bereits vorab: Die Unterschiede sind enorm. Im sehr bewegungsreichen Forstalltag – von kniend am Stammfuß sägend über stehend entasten bis zu längeren Fußmärschen nutzen Waldarbeiter jedes Gelenk ihres Körpers in allen erdenklichen Weisen. Das müssen auch die Klamotten mitmachen und gleichzeitig möglichst eng anliegen – man möchte ja nicht mit schlackernden Textilien an jedem zweiten Ast hängen bleiben. Bei der Passform können die Aspen-Produkte punkten: Die Hose sitzt gut auf der Hüfte, die hauseigenen Hosenträger halten sie auch in stark gebückter Haltung dort, wo sie hingehört. All jenen, die bei Bundhosen noch auf einen Gürtel schwören: Probiert bitte trotzdem einmal Hosenträger aus, sie bieten im Forst wirklich sehr große Vorteile hinsichtlich Komfort. Denn so kann die Hose etwas freier agieren, bleibt aber dennoch in Position. Die elastischen Schulterriemen sind nach unserer Einschätzung wesentlich flexibler als ein einschnürender Gürtel.
Zurück zum Beinkleid: Die Schnittschutzeinlagen tragen wesentlich weniger stark auf als bei der bisher gewohnten Hose. Das trägt zusammen mit dem gut durchdachten Schnitt zur schlanken, aber nicht einengenden Passform bei. Die Taschen sind gut durchdacht, lediglich einen separaten Halter für den Kombischlüssel der Motorsäge hätten wir uns noch gewünscht. Viele Profis stecken den inzwischen aber in einen separaten Werkzeuggurt, weshalb das für die meisten verkraftbar sein dürfte. Einen fest integrierten Ring zum Einhängen von Maßband oder anderem Hilfszeug gibt es dafür aber direkt an der Hose. Ebenfalls gut gefallen hat uns die weit über die Knie und Oberschenkel gezogene Verstärkung. Bei Modellen anderer Hersteller heißt es da nicht selten „entweder – oder“, da die Verstärkung dann steifes Material bedeutet und somit dem Tragekomfort entgegenläuft. Endet sie bereits knapp über dem Knie, reißt oft genau dort der reguläre elastische Hosenstoff. Timberwear löst das mit großflächigen aber ebenfalls elastischen Verstärkungen und Schnittschutzeinlagen, was dem Tragekomfort zuträglich ist und dennoch viel Schutz vor Dornen und Ästen bietet.

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Die Schnürung in Rollenösen fühlt sich sehr komfortabel und leichtgängig an, auch wenn später am Tag einmal nachgezogen werden muss.

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Die Aspen 911-Stiefel sind mittig mit sechs Spikes ausgestattet, wodurch sich auch auf rutschigem Holz gut Halt finden lässt.
Kleinigkeiten machen oft den Unterschied
Die Stiefel mit der markanten Bezeichnung 911 konnten wir ebenfalls testen. Bereits beim Anziehen merkt man, dass hier mitgedacht wurde: Der Schaft lässt sich über die Zunge weit nach vorn aufklappen, die Schnürsenkel lösen sich dafür sehr leichtgängig in den Ösen. Der bisher vom Autor getragene Stiefel – ebenfalls ein Qualitätsschuh, der fast zehn Jahre gehalten hat – musste hier umständlicher dazu überredet werden, den Fuß bequem hinein zu lassen. Beim Schnüren überzeugt der hellgrün abgesetzte Aspen dann ebenfalls: Die unteren geschlossenen Ösen lassen sich leicht zusammenziehen, die erste offene Einhänge-Öse am Schaft hat dann eine Klemmfunktion, wodurch der bis dahin aufgebrachte Zug im Senkel nun von selbst gehalten wird. So können die oberen Ösen einfacher fertig geschnürt werden, ohne dass sich bei kurzzeitigem Ablassen der Spannung gleich wieder die Schnürung im gesamten Stiefel löst.
Generell passen die Stiefel gut, isolieren auch bei kalter Witterung über den kompletten Tag, mit eindringendem Wasser hatten wir trotz sehr nasskalter Witterung keine Probleme. Im Vergleich wirken sie schlank, fallen dabei aber nicht in die Wanderschuh-Klasse. Für den Einsatz wurden generell reguläre Baumwollsocken getragen, denn der Autor empfindet, dickere Exemplare gehen zu Lasten des Seitenhalts. Davon bietet der Stiefel sehr viel, wirkt dadurch aber etwas steifer, als wir es gewohnt sind, was sich vor allem an den Pedalen des Traktors bemerkbar machte. Generell gewöhnen wir uns aber auch gerne daran, denn mehr Halt und damit weniger Verletzungsrisiko ist dem Fahrkomfort immer vorzuziehen, zumal die Zeit auf dem Schlepper im Forst oft weit unter der des fußläufigen Einsatzes liegt. Außerdem versprechen wir uns durchaus noch etwas mehr „Geschmeidigkeit“, wenn das Schuhwerk vollständig eingelaufen ist – bisher hatten wir dabei keinerlei Probleme mit Blasen oder Druckstellen. Apropos Halt: Unter dem Mittelfuß sind die 911er mit sechs Spikes ausgestattet, wodurch sich auch rutschige Baumstämme etwas sicherer übersteigen oder entlanglaufen lassen. Dafür muss man die Metallspitzen aber auch bewusst nutzen und den Fuß aktiv quer auf den Stamm setzen, sodass die Metallspitzen ideal greifen.
Kommen wir zu den drei Kleidungsstücken für Obenrum. Statt Pullover und einer dicken Jacke setzen auch die Forstbekleidungsausstatter wie Aspen heute auf das Zwiebelprinzip, einige kennen das eventuell aus dem Wintersport oder von Outdoor-Aktivitäten. Grundsätzlich wird dabei mit drei Schichten gearbeitet: Die Basis direkt auf der Haut, die Isolation darüber und der Witterungsschutz ganz außen. Der Vorteil einer aufeinander abgestimmten Kombination liegt vor allem im dann gut möglichen Feuchtigkeitstransport und der Flexibilität was die Temperatur angeht. Als Basis hat der Autor das Funktionsshirt 411 angezogen. Trotz 100 % Polyester fühlt es sich recht angenehm an, es kommt kaum „Plastikgefühl“ auf. Empfohlen wurde uns die langärmlige Variante, da diese auch im Sommer gerne alleine getragen wird, wodurch die Arme gut gegen kratzende Äste, Brombeeren und ähnliches geschützt sind. Als zweite Schicht bietet Aspen die Isojacke 441 an: der Fleece-Sweater verfügt über zwei seitliche Taschen und eine auf der Brust, wodurch er auch alleine als leichte Jacke genutzt werden kann. Darüber kommt die Forstjacke 101, welche durch einen Elastan-Anteil ähnlich anpassungsfähig ist wie die Hose. Die geräumige Brusttasche für Smartphone und Co. lässt sich geschickt im Bogen von oben öffnen, was uns gut gefallen hat. Der verlängerte Rücken sorgt für angenehm temperierte Nieren auch bei längerer Arbeit in gebückter Haltung. Jacken, die insgesamt länger sind, stören dagegen meist an der Vorderseite.

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Das Zwiebelprinzip ermöglicht ein eng anliegendes Design bei gleichzeitig gutem Feuchtigkeitstransport.

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Die Taschen sind gut durchdacht und bieten viel Platz für Smartphone und Co.
Das Obermaterial wirkt stabil und ist wasserabweisend. In dieser Kombination kamen wir überraschenderweise kaum ins sonst typischerweise feuchte Schwitzen, der Dampf wurde schnell abgeführt. Bisher war der Autor mit Baumwoll-T-Shirt, Pullover und Softshelljacke nach Feierabend meist auf zwei Klamottenlagen nass durchgeschwitzt, wodurch es während der ruhigeren Tätigkeiten und Pausen vor allem am Rücken kalt wurde. Mit den drei Funktionskleidungselementen passierte das nicht, das Shirt war abends komplett trocken und roch kaum. Steht am Folgetag ein weiterer Einsatz an, könnte es problemlos noch einmal getragen werden, ohne Nachtschicht der Waschmaschine. Um das System noch etwas feiner justieren zu können, bekam auch das dünne Funktionsshirt einen Reißverschluss zum Kragen hin. So können nicht nur die beiden Jacken, sondern auch die unterste Schicht genau so luftig wie gerade nötig getragen werden. Geht es im Sommer ins Dickicht, schützt das Shirt auch eng bis zum Hals.
Ein weiterer Vorteil: Durch die Gestaltung der Isoschicht als schlanke Jacke kann diese bei Bedarf auch sehr einfach abgelegt werden, wenn man etwa in den frühen Monaten morgens noch bei Reif loszieht, gegen Mittag dann aber doch mehr in der Sonne steht. Bevor man während der Pause dann nochmal fröstelt, legt man sie wieder an. Bisher hielt der Autor – Forstwirt im Nebenerwerb – diese Kleidungsform für etwas übertrieben, durch das Ausprobieren ist er inzwischen aber von den Vorteilen voll überzeugt. Übrigens sind alle drei Kleidungsstücke – die Hose natürlich auch – in hellen Warnfarben samt Reflexionselementen gestaltet, wodurch man immer gut sichtbar ist, egal welche Zwiebelschale gerade als oberste getragen wird.
Fazit: Aus der etwas unförmigen, grünen Schnittschutzlatzhose ist über die Jahre ein multifunktionaler Anzug geworden. Es lohnt sich auf jeden Fall, hier in hochwertige Produkte zu investierten, denn auch ambitionierte Nicht-Vollzeitler wie Landwirte oder Hobby-Holzer kommen oft auf ein ansehnliches Stundenpensum im Wald. Deswegen ist deren Anspruch oft durchaus als hoch einzustufen. „Gut & Günstig“ als alleinige Auswahl reicht da nicht aus, schreckt vielleicht sogar ab. Die Anzahl an Anbietern, die auch über das Internet vertreiben, ist inzwischen nur noch schwer zu überblicken. Hier können lokale Händler punkten, denn die Schutzkleidung muss gut sitzen und wird daher gerne vor dem Kauf anprobiert. Wer hier ein gut abgestimmtes Sortiment bietet, bekommt auch Kunden auf den Hof, die sonst nicht zur Klientel gehören.
Die Marke Aspen
Elmar Luger ist als Vertriebsleiter und Entwickler der Arbeits- und Schutzbekleidung von Aspen in der Branche bereits bekannt, seine früheren Serien konnten durch unglückliche Umstände aber leider nie lange am Markt bleiben: Die Marke AxMen entwarf er bei der süddeutschen Einkaufsgemeinschaft EVG, die 2016 aber Insolvenz anmelden musste. Für die auf Forstausbildung spezialisierte Nürnberger Schule folgte dann Timbermen, welche kurz nach Marktstart dann aber an den Online- und Kataloghändler Grube verkauft wurde. Qualitativ überzeugte er jedesmal schnell, auch große staatliche Forstbetriebe statteten ihre Arbeiter mit seinen Produkten aus. Mit dem in Benningen am Neckar ansässigen Aspen-Generalimporteur hat Luger nun einen bereits langjährig im Landmaschinenhandel etablierten Geschäftspartner gefunden, für den er die Serie Timberwear entwickelte. Produziert wird sie großteils beim belgischen Spezialisten für Schutzkleidung Sioen, der unter anderem auch für Feuerwehr und THW fertigt.
