Auch dieses Mal (Teil 1 zu Ketten siehe eilbote 48/2020) stand uns die Firma Endress mit der Expertin Angelika Schraml zur Seite. Die Modellpalette von Stihl dient als Beispiel und soll zeigen, auf welche grundsätzlichen Faktoren es bei Schneidgarnituren ankommt. Die Entwicklung geht vor allem zu immer leichteren Bauformen, wobei hier explizit auch Profis angesprochen werden. Eine schwere Schneidgarnitur ist heute nur noch in manchen Fällen das absolute Muss. Wer seinen Kunden moderne Technik bieten will, informiert sich daher regelmäßig über Neuheiten und kann dann entsprechend gut beraten.
Schnittlänge
Die Schnittlänge ist immer kürzer als die angegebene Schienenlänge, da nur der Teil, der aus der Motoreinheit herausragt, zum Schneiden genutzt werden kann. Die Schnittlänge kann auch je nach Motorsägentyp unterschiedlich sein.
Anschluss-Enden
Hier unterscheiden sich die Maße zwischen dem Langloch für die Haltebolzen, den beiden darüber- und darunterliegenden Aufnahmebohrungen sowie der Ölbohrungen. Bei Stihl werden intern folgende Bezeichnungen verwendet, die wir hier übernehmen, um einfacher auf die entsprechenden Anschlüsse verweisen zu können.
3005: Kleinster Anschluss, meist hinten offen. Für Akku, Carving, Hobby und kleine Entastungssägen.
3003: Für Sägen mittlerer bis hoher Leistungsklasse, für die meisten Sägen: ab MS 261 bis MS 661.
3002: Sehr viele große Typen, die meisten aber bereits ausgelaufen, etwa Stihl 051 oder 075. Wird im aktuellen Programm nur noch für die MS 881 angeboten.
Schienenkopf
Der Verschleiß des Schienenkopfes kann daran erkannt werden, dass die Kette dort direkt an der Schiene anliegt. Normalerweise läuft sie mit etwas Abstand zur Schiene auf den Zähnen des Sterns.
Da der Umlenkstern genau auf die Teilung der Kette konzipiert ist – parallel zum Kettenrad, siehe unten – muss für einen anderen Kettentyp auch die Schiene gewechselt werden. Ausnahme sind die Duromatic-Schienen, sie verfügen über keinen gelagerten Stern, hier läuft die Kette auch an der Spitze direkt auf der Schiene. Durch die höhere Reibung und das Fehlen des gelagerten Sterns ist die Schnittleistung der Duromatic-Schiene etwas geringer, was sich aber lediglich bei kleineren bis mittleren Sägen mit geringerer Motorisierung feststellen lässt.
Bei der Rollomatic ES ist es zudem möglich, die komplette Spitze samt Stern zu tauschen, dazu müssen vier Nieten geöffnet werden. Da diese Arbeit natürlich gezahlt werden muss, werde das laut Endress aber kaum noch nachgefragt, viele Kunden kaufen stattdessen ein komplett neues Schwert.
Nebenbei: Je größer der Radius der Schienenspitze, desto höher die Gefahr eines Kickbacks. Daher sind die Einsteiger-Schienen hier etwas schlanker, der Stern hat dann maximal sieben Zähne. Ein größerer Kopf allerdings sorgt für mehr Stechleistung, was Profis vor allem beim Fällen und Ablängen schätzen. Stihl bietet daher auch Schienen mit elf Zähnen und mehr, empfohlen werden diese auf Sägen ab 3,5 kW.
Ausführung
Je nach Einsatzgebiet muss eine Schiene entweder viel aushalten und möglichst wenig verschleißen oder aber möglichst leicht sein.
Als Standard-Klasse führt Stihl die Rollomatic E. Aufgebaut sind diese Schienen aus drei übereinander gelegten Platten, die mittlere ist etwas kleiner, wodurch sich die Kettennut ergibt. Als Schnittlänge sind hier maximal 63 cm verfügbar.
Profis setzen auf zwei weitere Typen: Die Duromatic-Schiene ist die haltbarste Variante im Stihl-Programm. Sie ist aus einem Stück gefertigt, was sie einerseits elastisch und damit weniger anfällig für Verbiegen, aber auch schwerer macht. Die Spitze (ohne Stern) ist mit einem Werkstoff auf Kobalt-Chrom-Basis gepanzert. Die maximale Schnittlänge beträgt auch hier 90 cm. Die Rollomatic ES ist ebenfalls aus Vollmaterial gefertigt, verfügt aber über einen tauschbaren Umlenkstern, womit sie die Vorteile von Rollomatic- und Duromatic-Schienen verbindet. Sie ist bis 90 cm Schnittlänge zu haben. Von ihnen gibt es keine 3005-Version für Hobby-Sägen.
Ölverteilung
Früher ging die Ölbohrung einfach komplett durch das Schwert, das Öl zur Schienenschmierung wurde relativ einfach eingeleitet. Dabei ging aber viel verloren oder das Öl kam nicht in der nötigen Menge dort an, wo es benötigt wurde. Daher wurde viel Entwicklungsarbeit investiert, etwa durch konische Formen, lediglich einseitige Ölbohrungen und eine verbesserte Form sowie spezielle Einsätze in der Kettennut. Im Vergleich zu Schienen aus den 90er Jahren schätzt Endress-Fachverkäuferin Angelika Schraml das Öleinsparpotential auf 20–30 %. Bei Stihl heißt dieses System Ematic, gekennzeichnet durch das E, zum Beispiel Rollomatic-E. Eine andere Version ist nicht mehr erhältlich.
Tuning-Kit
Gleich vorneweg: Seit Einführung der neuen .325“ Pro-Sägekette ist das Tuning-Kit bei Stihl selbst nicht mehr im Sortiment. Freie Händler schnüren das Paket aber noch immer selbst aus entsprechenden Nachbau-Produkten. Geeignet ist es für mittelstarke Sägen wie etwa MS 260/261 mit .325“-Teilung: Eine spezielle Schiene, die es ermöglicht, auf einer eigentlich für 3005-Aufnahmen ausgelegten Säge eine 3/8“-Picco-Kette zu fahren. Diese können sonst nur auf Schienen mit 3003-Aufnahme verwendet werden. So sollen bis zu 20 % mehr an Schneidleistung zur Verfügung stehen, Endress-Spezialisten Angelika Schraml war selbst davon überrascht, wie stark der Unterschied spürbar sei. Den Vorteil einer 3/8-Zoll-Kette haben wir bereits im ersten Teil (eilbote 48-2020) beschrieben.
Light-Versionen
Bei den Rollomatic-E-Light-Schienen mit dem kleinen 3005-Anschluss sind in allen drei Platten Hohlräume ausgespart, welche mit glasfaserverstärktem Polyamid ausgefüllt sind. Diese Schienen sind dadurch noch leichter und auch etwas steifer. Eine verklemmte Light-Schiene verzeiht daher mehr Krafteinwirkung während der Befreiung, ohne sich zu verbiegen. Auch hier zielt man auf Hobby- und Gelegenheitsanwender, sie ist bis 40 cm Schnittlänge verfügbar. Bei der Rollomatic ES-Light (also die 3003-Version) wird nur die mittlere Platte mit Hohlräumen versehen. Der speziell gehärtete Stahl ist biegesteif und damit stabil. Neu im Programm ist zudem die Light 04-Serie: Sie ermöglicht es den .325“-Nutzern, mit den zur Light04 passenden 1,3 mm-Pro-Ketten zu arbeiten (statt wie bisher 1,6 mm), was ebenfalls Gewicht spart und durch weniger Reibung mehr Leistung verfügbar macht.
Bestrebungen in Richtung Carbon gab es bereits, Stihl zeigte vor wenigen Jahren bereits einen Prototyp. Größter Vorteil ist dabei natürlich das Gewicht, auch die Endress-Spezialistin sieht das so. Problematisch ist dabei allerdings der hohe Preis, zudem ist das Material sehr spröde und nicht elastisch: Müsste man der Säge nun doch einmal einen Ruck geben, ist die Bruchgefahr sehr hoch. Wenn sich diese Technik in Serie durchsetzt, werde es wohl ein Nischenprodukt für Profis bleiben.
Einen Grund gegen leichte Schienen gebe es laut Endress-Spezialistin Angelika Schraml nicht, man könnte es lediglich als „konservative Einstellung“ betrachten, lieber noch eine reguläre Schiene zu kaufen. Selbst viele Profis schätzen ihrer Erfahrung nach den Gewichtsvorteil gegenüber der geringeren Stabilität wesentlich wichtiger ein.
Carving
Diese Schienen werden neben dem Schnitzen auch gerne von Handwerkern eingesetzt, etwa um Aussparungen in Balken oder andere Holzteile zu schneiden. Sie passen generell auf Elektro-, Benzin- oder Akku-Sägen, aber eben nur auf die kleinen Modelle mit der 3005-Aufnahme. Materialtechnisch werden sie bei Stihl zu den Duromatic-Schienen gezählt.
Kettenräder
Neben der Schiene gehört auch das Kettenrad als fester Bestandteil zur Schneidgarnitur, es muss passend zur Kettenteilung gewählt werden. Generell werden zwei Typen unterschieden:
Profilrad: Geformt wie eine Glocke, auf der die Zähne zum Kettenantrieb direkt fest aufgeschweißt sind. Wird als ein Bauteil komplett über der Kupplung montiert und gilt daher als bewährte Technik. Vorteil: Die Kette lässt sich leicht aufziehen, ihre Laufposition auf dem Rad ist klar ersichtlich. Verschleiß ist leicht zu erkennen. Nachteil: Der Wechsel ist etwas zeitaufwändiger, maximal dauert es etwa fünf Minuten. Daher empfiehlt sich diese Variante für den Gelegenheitsanwender in Hobby und Landwirtschaft.
Ringkettenrad: Glocke mit Aufnehmer, auf dem das eigentliche Kettenrad (ringförmig) gesteckt montiert ist, welches dann von einem Sprengring festgehalten wird. Vorteil: Flexibel und schnell zu wechseln sowie kostengünstig, daher greifen Profis gerne zu dieser Variante. Nachteil: Die Kette ist etwas hakeliger aufzuziehen, da das Ringkettenrad seitlich geschlossen ist, was aber für etwas bessere Führung sorgt. Dabei muss zudem darauf geachtet werden, dass die Kette wirklich im Rad läuft und nicht dahinter. Außerdem ist der Verschleiß etwas höher und gleichzeitig schwerer erkennbar, da er im Inneren erfolgt, es werden quasi die Stege zwischen den Vertiefungen für die Treibglieder der Kette dünner.
Der Wechsel zwischen den beiden Typen ist problemlos möglich, zum Ringkettenrad muss lediglich einmalig die Glocke mit dem Aufnehmer gekauft werden.
Häufige Fehler
Schiene nicht gewendet: Bei jedem Kettenwechsel die Schiene drehen. Schon beim Demontieren darauf achten, wie der Aufdruck ausgerichtet ist. Ist die Schiene an einer Stelle eingelaufen, sprich der Rand der Nut nicht mehr gerade, kann sie mittels eines Schienenrichters nachgearbeitet werden, bevor die Treibglieder am Grund der Nut schleifen.
Kette nicht genug gespannt: Durch den lockeren, freien Lauf rattert die Kette, sie kann beim Sägen dann auch schräg laufen und so die Nut der Schiene aufweiten. So ist dann irgendwann die gerade Führung nicht mehr gegeben und die Kette läuft generell schräg. Dadurch nimmt die Schnittleitung stark ab – viele Kunden vermuten dann eine falsch geschliffene Kette, laut unserer Expertin sei die Ursache meist aber die verschlissene Nut der Schiene.
Kette falsch geschärft: Dadurch können sich die Schienenstege – die Seitenwände der Nut – ungleichmäßig abnutzen. Dadurch kippt die Kette zur Seite und verläuft schräg im Schnitt, was zur gleichen Problematik wie bei der zu schwach gespannten Kette führt.
Verschleiß des Kettenrades zu spät erkannt: Eine kleine Nut auf dem Profilkettenrad ist verkraftbar, sobald aber mehr sichtbar ist, muss das Rad getauscht werden. Auch hier ist sonst die Kettenführung nicht mehr gegeben, was auch zu mehr Verschleiß in der Schiene führt. Im Extremfall könne laut unserer Endress-Expertin durch ein stark verschlissenes Kettenrad sogar die Kurbelwelle reißen.
Da sich zu spät erkannter Verschleiß an einem Teil schnell auf andere Teile auswirkt, müssen immer alle Teile der Schneidgarnitur – Kette, Schiene, Kettenrad – überprüft werden. Der Austausch von nur einem Teil hat häufig zur Folge, dass ein weiteres defektes Teil das Neuteil schnell wieder schädigt.