In der Zulassungsstatistik kam vor etwa zehn Jahren Bewegung in die bis dato eher unscheinbare Klasse bis 50 PS. Ein neuer Markt entstand vor allem durch preissensitive Privatkunden, die nach einfachen, praktischen Maschinen suchten. Die damals vorherrschenden Hersteller wie Iseki, Kubota und John Deere hatten ihr Portfolio aber großteils auf professionelle Dienstleister und den kommunalen Sektor ausgerichtet. Die neuen Kunden konnten deshalb vor allem von Marken angesprochen werden, die ihre Bedürfnisse erfüllten – auch wenn sie keine langjährige Vertretung hierzulande vorzuweisen hatten.
Das beste Beispiel ist die Marke Solis des indischen Herstellers ITL, die in der Kompaktklasse der Zulassungsstatistik seit einigen Jahren zu den Tabellenführern gehört. Verkaufsschlager ist dabei der 26 PS starke Solis 26, der in Deutschland 2022 öfter von den Händlerhöfen fuhr als Fendt 700 Vario oder John Deere 6R. Allein im Dezember 2023 wurden knapp 100 neue Solis bis 30 PS zugelassen. Wobei diese Zahlen hinsichtlich der generellen Marktsituation eher noch aufgerundet werden müssen: Kompakttraktoren arbeiten des Öfteren auch ohne Nummernschild, wenn sie beispielsweise nur innerbetrieblich auf Pferdehöfen oder arrondierten Gemüsebetrieben laufen. Die realen Verkaufszahlen liegen nach der Einschätzung von Marktexperten daher wohl um 20 bis 25 Prozent höher.
Beziehungsgeflecht im Hintergrund
Seit 2005 kooperiert ITL mit dem in Japan beheimateten Yanmar-Konzern in Ländern wie Brasilien, der Türkei, Thailand und den Philippinen. Yanmar stieg damals mit 12 Prozent bei ITL ein und erhöhte 2017 auf 30 Prozent Im September 2023 eröffnete man das Yanmar-Werk im türkischen Izmir, wo Traktoren der YM-Serie und Solis-Traktoren mit 16 bis 90 PS produziert werden. Zudem hat man konkrete Pläne für die Produktion von Traktoren der YT-Serie mit autonomen Fahrfunktionen. Auch in Deutschland möchte man künftig das Geschäft zusammen vertiefen, was man durch den gemeinsamen Stand auf der Agritechnica 2023 bereits deutlich machte. Dort wurden diverse neue Modelle vorgestellt (wir berichteten). Beide Unternehmen streben nun eine Erweiterung ihres europäischen Marktangebots an. Das europäische Servicenetz profitiert dabei unter anderem von den Ersatzteilzentren in Deutschland und den Niederlanden. Genauere Details zur Ausweitung ihrer Kooperation wollen die Firmen aktuell noch nicht verraten.
Dass ITL weiter in den europäischen Markt vordringen möchte, zeigt auch die Übernahme des deutschen Hoflader-Herstellers Thaler im Dezember 2022. Der indische Konzern mit 230.000 Kunden außerhalb Indiens und jährlich 35.000 exportierten Maschinen möchte nun auch die kompakten Lader weltweit in bisher von Thaler unerschlossene Märkte schicken. Auch Yanmar erweitert sein Geschäft in neue Sparten: Mit YTAgri kündigte man den Einstieg in das Geschäft mit Anbaugeräten an. Das Sortiment umfasst 250 Arbeitsgeräte in zwölf Kategorien. Dazu gehören Fräsen, Mulcher, kleine Ballenpressen und Geräte für die Aussaat und Bodenbearbeitung, auch für den semiprofessionellen Einsatz. Fast alle Geräte werden von Partnerunternehmen in der Türkei gebaut. Vertrieb und Service sollen über das Yanmar-Netzwerk in Europa erfolgen. Das Sortiment ist für Traktoren von 15 bis 300 PS geeignet.

© Yanmar
Yanmar steigt mit der Marke YTAgri ins Anbaugeräte-Geschäft ein, wofür bald 250 Produkte parat stehen sollen.
Etablierte reagieren
Inzwischen haben auch die großen Firmen auf den neuen Markt für Kompakttraktoren reagiert, wie etwa der bereits seit den 1960er Jahren in diesem Segment aktive japanische Hersteller Kubota: „Auch in Deutschland wird die hochwertige Verarbeitung sehr geschätzt, sodass sich Kubota am deutschen Markt etabliert hat. Seit den 1980er Jahren gehören wir im Bereich des kommunalen und gewerblichen Einsatzes nunmehr zu den Marktführern“, sagt Friedrich Velder, Product Manager Compact Tractor bei Kubota. „Wo einst nur wenige Wettbewerber den Markt dominierten, zählen nun viele ‚Newcomer‘ zu ernstzunehmenden Mitbewerbern. Weiterhin hat das Kundensegment der Privatanwender in Bereichen des semi-professionellen Einsatzes stark zugenommen und somit auch die Nachfrage nach entsprechenden Maschinen.“ Bis dato wurden vorwiegend professionelle Anwender (Kommunen, Dienstleister, GaLa-Bauer) adressiert, welche hohe Ansprüche an die Maschinen stellen, da sie tagtäglich im Umgang mit der Maschine stehen. So sind beispielsweise komfortable Kabinen, eine umfangreiche Hydraulikausstattung, Frontkraftheber und Frontzapfwelle gefordert.

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Solis präsentiert mit dem E26 den Einstieg in den Elektroantrieb.
Zusätzliche Kundengruppen
Seit 2015 habe sich der Markt geändert, sodass sich das Verhältnis der Nachfrage aus dem gewerblichen und dem semi-professionellen Einsatz bei Kubota nahezu in der Waage halte. Privatanwender verhielten sich eher preissensibel: Sie verwenden die Maschinen vorwiegend für die eigene Grundstückspflege, kleine Forstarbeiten oder in der Nebenerwerbslandwirtschaft. Die jährliche Nutzungsdauer fällt dabei eher gering aus. Daher ist eine einfachere Ausstattung der Maschine oftmals ausreichend. Kubota hatte sich bislang auf die professionellen Anwender und Maschinen im Kompakttraktorensegment spezialisiert, weshalb man diesen Bedarf nur teilweise decken konnte. So kam es 2020 erstmalig zu einer Investition in den indischen Traktorenhersteller Escorts. Eine weitere Beteiligung erfolgte im Jahr 2021, sodass Kubota nun als Hauptanteilseigner mit 53,5 Prozent agiert.

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Mit dem EK1 will Kubota preissensitive Kunden ansprechen. Das Segment soll künftig weiter ausgebaut werden.
Mit Einführung des Einsteigermodells, dem EK1-261 von Escorts-Kubota-Limited wurde die Produktpalette von Kubota erweitert, und auch preissensible Käufer können bedient werden. „Seitdem ist die Nachfrage der EK1-Traktoren stetig gestiegen und stellt eine sehr gute Ergänzung im Produktsegment der Kompakttraktoren dar“, ist sich Velder sicher. Dass der Absatz ausgebaut werden konnte, zeigt auch die Statistik für Dezember 2023, in der bereits 21 neu zugelassene Escorts-Traktoren standen. Eine Erweiterung der Produktpalette ist für die nächsten Jahre geplant.
Auch die Marke Tym bietet ihren Kunden weltweit seit über 50 Jahren ein Produktportfolio an Klein- und Kompakttraktoren. Die namensgebende Tong-Yang-Moolsan-Gruppe begann 2016, den Konkurrenten Kukje und seine Marke Branson zu übernehmen, 2020 gründete man dann die dafür passende Tym Corporation als einen der nun größten Landmaschinen-Hersteller in Südkorea. 2022 integrierte man die technisch unveränderten Branson-Traktoren in die Tym-Palette, wofür die Serien neu gestaffelt wurden. Hierbei werden alle Bereiche abgedeckt: vom einfachen Schalter mit Frontlader bis hin zur professionell ausgestatteten Hydrostat-Kommunalmaschine mit klimatisierter Werkskabine, ergänzt um heimische Frontanbauten und Zubehör. Da noch Restbestände bei den deutschen Händlern standen, werden Branson und Tong Yang (Tym) in der Zulassungsstatistik noch getrennt geführt, was sich aber bald bereinigt haben dürfte. Zusammen gerechnet brachten die beiden Marken allein im Dezember 2023 fast 30 Traktoren in die Tabelle und konnten so bereits zu den anderen Herstellern aufschließen.
Süden wird erschlossen
Künftig ist damit zu rechnen, dass Tym noch weiter in die oberen Reihen der Zulassungszahlen der Klasse unter 50 PS klettert. Denn der bisher händlertechnisch eher dünn erschlossene Süden Deutschlands (Bayern, Baden-Württemberg, Saarland und das südliche Rheinland-Pfalz) wird seit Anfang 2023 durch die in der Branche langjährig erfahrene Firma Eder betreut: „Unsere eigenen Filialen reichen von unserem Kerngebiet in Oberbayern bis in die Region Ulm und Heilbronn. Für das restliche Gebiet bauen wir derzeit ein Fachhändler-Netz auf“, erklärt Michael Hangl, bei Eder verantwortlich für die Produktsparte Tym. Der Import läuft weiterhin über die Tym-Traktoren-Vertrieb GmbH aus Haltern am See, Eder übernimmt für sein Gebiet aber von der Entladung der Container bis zum kundenindividuellen Aufbau der Maschinen alle anfallenden Maßnahmen selbst. Die Anbaugeräte bietet man seinen Händlern ebenfalls direkt mit an: Peruzzo liefert beispielsweise Schlegelmähwerke, Winterdiensttechnik kommt seit langem großteils von Ecotech.

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Mit dem EK1 will Kubota preissensitive Kunden ansprechen. Das Segment soll künftig weiter ausgebaut werden.
Die Händler-Landkarte von Eder füllt sich stetig, inzwischen sind dort bereits etwa 25 Partnerstandorte verzeichnet. Vor kurzem versammelte sich der Großteil davon auf einer Händlertagung am Eder-Stammsitz in Tuntenhausen, wobei die Firma nach eigener Aussage viel positives Feedback bekam. Um den Bekanntheitsgrad der südkoreanischen Traktoren im Vergleich zu den größeren Marken wie Kubota oder Yanmar noch zu verbessern, setzt Eder derzeit verstärkt auf Online- und Social-Media-Aktivität. Auf drei Messen zeigen die roten Traktoren ebenfalls Präsenz: Ende April starten sie auf der Agrarschau Allgäu, im Mai steht die Pferd International in München auf dem Plan, zum Ende des Sommers geht es dann für das traditionelle Heimspiel nach Karpfham. Mit der zusätzlichen Marke könne man nun eine breitere Kundengruppe ansprechen: „Mit Tym können wir auch Maschinen preislich etwas unter den großen Marken anbieten, etwa für Privatkunden oder Pferdehöfe“, sagt Hangl.

Neben höheren Leistungsklassen bleibt der Kompakttraktorenmarkt für Kioti weiter im Fokus.
Europa-Organisation jetzt direkt an Zentrale angebunden
Auch der ebenfalls aus Südkorea stammende Hersteller Kioti möchte in Deutschland einen Gang hochschalten, inzwischen hat man sich in der Zulassungstabelle klar etabliert. Möglich gemacht hat das die Umstellung des Vertriebskonzeptes 2018/2019 auf eine Verkaufsabteilung und der Ausbau des Händlernetzes statt der bis dahin laufenden Zusammenarbeit mit verschiedenen Importeuren. Seit Juli 2023 ist Daedong Kioti Europe nun direkt dem Mutterkonzern Daedong Corporation aus Südkorea angegliedert. Zuvor war das Europageschäft mit Hauptsitz in Rotterdam und dem Vertriebsbüro in Hamburg der US-amerikanischen Division untergeordnet. Der für Deutschland verantwortliche Manager Knut Ziemer sieht dadurch deutliche Vorteile für den deutschen Vertrieb: „Die nun direkte Verbindung zur Daedong Corporation in Südkorea verspricht eine bessere, effektivere und schnellere Kommunikation, zudem die Möglichkeit einer direkteren Einflussnahme auf zukünftige, technische Entwicklungen – somit kann Kioti noch besser und schneller auf die Anforderungen und Wünsche des deutschen und europäischen Marktes reagieren.“ Seitens des Konzerns verantwortlich ist dafür inzwischen Stuart Kang, der als President Daedong Kioti Europe B.V die europäischen Vertriebsfäden in der Hand hält. Er bringt jahrelange Führungsverantwortung im Vertrieb in verschiedenen Ländern Europas mit.

© Kioti
Mit der HX-Serie steigt Kioti in das höhere Leistungssegment ein.
Des Weiteren will Kioti mit den neu geschaffenen Gebietsleiter-Positionen den Handel beim weiteren Ausbau des Geschäftes zusätzlich unterstützen: Im Juni 2023 wurde dafür Sascha Meyer im Außendienst für den Verkauf in Norddeutschland begrüßt. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich Traktoren und Kommunal-/Gartentechnik. Diese Erfahrungen konnte er bei einem namhaften Großhändler im norddeutschen Raum erlangen, bei dem er sowohl Händler als auch Endkunden betreut hat. Im Dezember 2023 trat dann Stefan Lehner-Mörth die Nachfolge von Jürgen Schneider als Gebietsleiter Verkauf Süddeutschland an. Auch er verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich Vertrieb und Service von Landtechnik namhafter Hersteller. Zuletzt tätig als Verkäufer bei einem Landmaschinenfachhandel nahe seines Wohnortes Amberg, hat es Lehner-Mörth wieder zurück zu einem Hersteller gezogen. Dass sich das bisherige Geschäft gut entwickelt hat, zeigt auch der nun – zusätzlich zum bisherigen Kerngeschäft der Kompakttraktoren – neue Fokus auf kleinere und mittlere Agrar-Traktoren der RX- und HX-Serien im Leistungsbereich 70 bis 140 PS: „Wir haben den festen Plan und Willen, das Händlernetz, die Umsätze und die Marktanteile in Deutschland in den kommenden Jahren weiter und schneller auszubauen“, so Ziemer.

© Tym
Der neue Tym-Vertriebspartner Eder erschließt Süddeutschland mit einem eigenen Händlernetz. Dafür zeigt man 2024 auch auf mehreren Messen Präsenz.

© Branson
Tym integrierte auch die Konkurrenzmarke Branson in die eigene Palette und bietet so nun ein breites Portfolio.
Jetzt auch Agrartraktoren bis 140 PS
Einen Schub soll hierbei die Erweiterung der 2023 vorgestellten HX-Traktorenserie um drei zusätzliche Modelle mit Leistungen von 116–140 PS Nennleistung mit Achtfach-Lastschaltgetriebe und Kabinenfederung geben. Im kleineren Traktorensegment soll zudem 2024 die neue RX 40er Serie mit 66 und 73 PS sowie eine neue Fünf-Pfosten-Kabine auf dem deutschen Markt eingeführt werden. „Unabhängig davon behält Kioti weiterhin einen starken Fokus auf den Ausbau der bisherigen Kerngeschäftsbereiche Kompakttraktoren, UTV’s -und Zero-Turn-Mäher“, versichert Ziemer. Ebenso werden der Ersatzteilbestand und die Lagerflächen für Maschinen 2024 weiter ausgebaut.