Beziehungen – wichtig auch in der Landwirtschaft

Innovationen sind nicht immer eine Frage der Technik, sondern auch neue Formen der Zusammenarbeit. Das meint Dr. Hartmut Matthes, Geschäftsführer des Bundesverbandes Lohnunternehmen e.V.

AUF DEN PUNKT GEBRACHT: Beziehungen – wichtig auch in der Landwirtschaft

Mit Blick auf Auslastung und Betriebskosten der Landtechnik stellt sich mittlerweile auch für den Lohnunternehmer die Frage nach „nutzen oder besitzen“.

AUF DEN PUNKT GEBRACHT: Beziehungen – wichtig auch in der Landwirtschaft

Dr. Hartmut Matthes.

Im Stammbaum der grünen Branche würde eine Genanalyse engste Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Landwirten, Lohnunternehmen, Herstellern und Händlern offenbaren. Kein Wunder, denn im Zuge einer technischen Evolution haben sich die Aufgaben in der Landwirtschaft immer weiter diversifiziert. Weichende Erben und findige Bauern haben aus ihrer Not eine Tugend gemacht und damit für manches namhafte Unternehmen der Landtechnik den Grundstein gelegt. So stellt sich heute noch die Frage, wie viel Hersteller oder Händler in einem Lohnunternehmer steckt? Viele Ideen entstehen auch heute noch in der Praxis, und so präsentieren sich einfallsreiche Lohn-unternehmer mit eigenen technischen Lösungen, die sich hinter den Produkten großer Firmen nicht verstecken müssen. Oder die Werkstätten in den Betrieben, die bisweilen professioneller ausgestattet sind als die Servicestützpunkte mancher Vertragshändler.

Hersteller, Händler und Lohnunternehmer – vielleicht muss die Beziehung neu gedacht werden. Im Kern geht es doch um die Bereitstellung einer bestimmten Leistung, insbesondere um die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft von Maschinen und Geräten für die Arbeitserledigung. Die Motive vieler Landwirte, nicht selbst zu mechanisieren, behalten ihre Bedeutung und entwickeln sich weiter. Arbeitsteilung, jeder tut, was er am besten kann, bleibt ein Erfolgsfaktor: Landwirte produzieren (Prozess-Kompetenz), Lohnunternehmer bieten die Arbeitserledigung (Durchführungs-Kompetenz), die Händler stellen die Betriebsbereitschaft sicher (Service-Kompetenz) und der Hersteller steht für die Entwicklung neuer Methoden und Werkzeuge (Lösungs-Kompetenz). Somit stellt sich, mit Blick auf Auslastung und Betriebskosten, mittlerweile auch für den Lohn- unternehmer die Frage nach dem „nutzen oder besitzen“.

„Geld verdiene ich nicht mit dem Besitz einer Maschine, sondern mit der Durchführung von Arbeiten.“

In der Ausbildung zum Landwirt haben wir noch gelernt, dass man die Grundlast selbst mechanisiert und Arbeitsspitzen überbetrieblich bricht. Das verschiebt aber nur das Problem zum Lohnunternehmer, der die Kosten letztlich auch wieder auf die seine Dienstleistungspreise umlegen muss. Im Zeitalter der Share Economy braucht es organisatorische Lösungen wie Plattformen oder Börsen für Maschinenkapazitäten. Die Hersteller könnten zusammen mit ihren Vertriebspartnern dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

„Die Sicherstellung der Betriebs- bereitschaft ist wichtiger als PS.“

Maschinen und Geräte sind aufgrund der Leistungsverdichtung bei gleichem Bauraum gegenüber früher technologisch deutlich mehr aufgeladen. Dabei wird es zunehmend schwieriger, das Leistungspotenzial der Maschine auch tatsächlich abzurufen. Häufig stehen die Mehrkosten von Features nicht automatisch im Zusammenhang mit der durch den Fahrer nutzbaren Mehrleistung. Nicht die Möglichkeit zur Optimierung, sondern deren Realisation müssen zum Standardumfang des Produktes werden. Dazu gehören selbstlernende Einstellsysteme und Telematik-Anwendungen ebenso wie der Klassiker, die Anwenderschulungen.

„Plug and play“ oder „Plug and pray …“

Das passt schon! Nach diesem Motto wurde früher Landtechnik eingekauft, denn Maschinen und Geräte konnten unkompliziert miteinander gekoppelt werden. Im Gegensatz dazu investieren Landwirte und Lohnunternehmer heute in Systeme, die ihre Leistungsfähigkeit erst dann ausspielen, wenn Kompatibilität und Konnektivität bei Hard- und Software auch mit den Produkten anderer Hersteller funktionieren. Erschwerend kommt hinzu, dass Prozessdaten auch anderen Gliedern der Wertschöpfungskette lückenlos zur Verfügung stehen müssen. Leider zeigt die Erfahrung, dass Hersteller und Landtechnikhandel damit häufig überfordert sind, da die einzelnen Komponenten dieser Systeme selten aus einer Hand kommen. Es braucht eine herstellerübergreifende Instanz, die bei Inbetriebnahme oder dem Service im operativen Betrieb aktiv unterstützen kann.

Bei allem darf die Einkommenssituation der Landwirte nicht aus dem Blick verloren werden. Gewissermaßen am Ende der Nahrungskette wird die Luft dünner. Die Schere zwischen Erzeugerpreisen und Kosten geht weiter auseinander. Das bekommen die Agrardienstleister ebenfalls zu spüren, denn die Zahlungsfähigkeit der Kunden verbessert sich auch aufgrund der letzten Jahre nicht.


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