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Der TUMtrac: Entwicklungbaukasten für vollelektrische Traktoren.
Traktoren und Landmaschinen werden weiterhin flächendeckend mit Diesel angetrieben. Ein Problem, das viele Hersteller von Landmaschinen aufgrund von verschiedenen Herausforderungen, wie beispielsweise dem Kostendruck oder fehlendem Zugang zu Technologie, bislang noch nicht für die Breite lösen konnten. Hier setzt das Forschungsprojekt TUMtrac an. Forschende der TUM erarbeiten einen modularen Entwicklungsbaukasten für vollelektrische Traktoren. Ziel ist es, Landmaschinenproduzenten markenübergreifend bei der Entwicklung neuer Traktoren-Konzepte zu unterstützen. Eine mögliche Variante haben sie auf der Fachmesse Agritechnica gezeigt.
Dabei konzentriert sich das Team auf kleine bis mittlere Traktoren, wie sie beispielsweise im Obstanbau verwendet werden. „Wir sehen die Möglichkeit der Elektrifizierung vor allem bei Traktoren, die zwar viele Arbeitsstunden abzuleisten haben, dabei aber konstante Leistung liefern müssen. Hier sind die Hopfenernte oder das Pflücken von Früchten ideale Beispiele. Unser Traktor-Baukasten soll dank seines modularen Aufbaus ganz unterschiedliche Traktorenkonzepte simulieren und bewerten können“, erklärt Korbinian Götz, Projektleiter des Forschungsprojekts am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik der TUM. Für die Konstruktion von Traktoren ab 1.000 Betriebsstunden pro Jahr soll sich der Baukasten besonders gut eignen.
Modularer Aufbau des Funktionsträgers mit Wechselakku
Das Besondere bei TUMtrac ist der modulare Aufbau, der je nach Anwendungsgebiet individuell angepasst werden kann. Der auf der Messe ausgestellte Funktionsträger zeigte, wie ein Gesamtkonzept später aussehen könnte. Eine einheitliche Bodengruppe bildet hier die Basis des Traktors. Diese wird durch einen Wechselakku ergänzt, der je nach Aufgabenfeld vorne oder hinten auf dem Fahrzeug platziert werden kann. Damit dient der Akku als Stromquelle und gleichzeitig als Gegengewicht für Anbauten wie Mähwerke oder Schneepflüge.
Zum einen senkt der Wechselakku das Fahrzeuggewicht, da er kleiner als ein festverbauter Akku sein kann und somit nur der Strom mitgeführt wird, der auch wirklich benötigt wird. Zum anderen können die Akkus auch als eine Art riesige Powerbank fungieren. So kann Strom, den die Landwirte selbst über Photovoltaik oder Windkraft erzeugen, gepuffert und für die eigene Arbeit verwendet werden. „Was im Pkw-Bereich aktuell noch eine Randerscheinung ist, können wir im Agrarsektor gezielt für die Auslegung unseres Traktorensystems nutzen. Der Wechselakku kann landwirtschaftlichen Betrieben durch mehr Flexibilität bei der Anwendung einen echten Mehrwert bieten“, sagt Prof. Markus Lienkamp, Leiter des Lehrstuhls für Fahrzeugtechnik an der TUM.
Softund Hardware aus einer Hand
Neben der Hardware konzentriert sich das Forschungsteam auch auf die Entwicklung einer auf das Gesamtkonzept angepassten Software. Mit ihrer Hilfe lassen sich nach Eingabe der gewünschten Anforderungen unterschiedliche Traktorkonzepte auf ihre Wirtschaftlichkeit für den Agrarbetrieb bewerten. Die ganzheitliche Herangehensweise soll den modularen Ansatz der Plattform unterstützen, da die Herausforderungen im jeweiligen Arbeitsumfeld schnell aufgegriffen werden können. Damit nehmen sich die Forschenden der immer komplexer werdenden Arbeitsrealität in der Landwirtschaft an. Sich stetig verändernde Rahmenbedingungen fordern mehr Flexibilität bei den Gerätschaften. Hier könnte TUMtrac einen Beitrag zur Dekarbonisierung im Agrarsektor leisten – und das weltweit.
Landmaschinen funktionieren mit erneuerbaren Kraftstoffen genauso zuverlässig wie mit Diesel. Da Antriebe mit Biokraftstoffen zusätzlich noch einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten, weil sie Treibhaus- gasemissionen einsparen, sind sie in der Gesamtbewertung den fossilen Antrieben überlegen. Zu diesem Ergebnis kommen die Wissenschaftler am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) in Straubing. Im Rahmen eines Langzeitmonitorings begleiteten sie 30 Traktoren und Landmaschinen im Praxiseinsatz, die mit Rapsölkraftstoff, Biodiesel und paraffinischem Dieselkraftstoff (HVO) betrieben wurden. Die Ergebnisse dazu veröffentlicht das TFZ nun im Bericht 80 „Klimafreundliche Landmaschinen im Feldtest“.
„Da der Einsatz der Maschinen über mehrere Jahre hinweg begleitet wurde und kaum Probleme aufgetreten sind, können nun Vorbehalte, was die Zuverlässigkeit von Biokraftstoffen betrifft, aus dem Weg geräumt werden“, so Dr. Johannes Ettl, Wissenschaftler am TFZ. Über 100.000 Betriebsstunden, die auf den Bayerischen Staatsgütern (BaySG) absolviert wurden, zeigen, dass Biokraftstoffe zuverlässig auf land- und forstwirtschaftlichen Betrieben einsetzbar sind. Sie eignen sich sowohl für ältere als auch für neue Land- und Forstmaschinen, besonders im hohen bis mittleren Leistungsbereich. Die Wissenschaftler des TFZ untersuchten eine Maschinenflotte von insgesamt 28 Traktoren und einem Harvester. Die Maschinen mit regenerativen Antrieben wurden bei Feldarbeiten sowie bei Arbeiten auf dem Betriebsgelände eingesetzt. Dadurch konnte insgesamt eine Million Liter fossiler Dieselkraftstoff auf den BaySG eingespart werden.
Auch ältere Maschinen im Test
„Sowohl auf dem Prüfstand als auch im realen Betrieb blieben die Abgasemissionen auf niedrigem Niveau. Dies haben wir nicht nur bei neuen, sondern auch bei älteren Maschinen nachgewiesen, die zum Beispiel schon 8.000 Stunden Arbeit geleistet hatten“, resümiert Ettl. Die Wissenschaftler konzentrierten sich bei den Untersuchungen auf Abgasstufe V-Motoren: Sowohl im Biokraftstoff- als auch im Referenzbetrieb mit Dieselkraftstoff erwiesen sich beide Antriebe als gleichermaßen effizient und emissionsarm. Auch die neuesten Emissionsgrenzwerte für Stickoxide, Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoff und Partikel wurde von den mit Biokraftstoff betriebenen Maschinen eingehalten. „Die Versuchsmaschinen arbeiteten insgesamt sehr verlässlich. Sofern Störungen auftraten, betrafen sie meist das Niederdruckkraftstoffsystem und konnten schnell behoben werden“, so Ettl weiter. Im unteren Leistungsbereich haben sich zudem elektrische Hoflader und Transporter als praxistauglich hinsichtlich Zuverlässigkeit, Reichweite und Arbeitsleistung erwiesen.
Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit den Bayerischen Staatsgütern (BaySG) umgesetzt und vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) gefördert. Der Forschungsbericht kann kostenlos unter www.tfz.bavern.de heruntergeladen werden.