Die Vielzahl von Fahrzeugen und Maschinen eines landwirtschaftlichen Betriebes führt immer wieder zu Unklarheiten in Bezug auf den Versicherungsschutz. Wie hängen Zulassungspflicht, Kennzeichenpflicht, Versicherungspflicht, Kfz- und Betriebshaftpflicht zusammen und was ist bei den verschiedenen landwirtschaftlichen Fahrzeugtypen zu beachten?
Wer Kraftfahrzeuge auf öffentlichen Wegen oder Plätzen in Betrieb setzt, muss eine Betriebsgenehmigung und entsprechenden Versicherungsschutz nachweisen können. Bei der Zulassungsstelle wird die Betriebsgenehmigung (Kfz-Kennzeichen) nur erteilt, wenn neben einem positiven Dekra-Gutachten über die Betriebsbereitschaft des Fahrzeugs auch eine elektronische Versicherungsbestätigung (eVB) vorliegt. In der Landwirtschaft kommen allerdings auch Fahrzeuge und Maschinen zum Einsatz, die diesen Vorgaben nicht entsprechen.
So sind Zugmaschinen nicht zulassungspflichtig, wenn sie eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h und selbstfahrende Arbeitsmaschinen, wenn sie eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h nicht überschreiten, unabhängig davon, ob sie gelegentlich oder regelmäßig auf öffentlichen oder beschränkt öffentlichen Verkehrsflächen eingesetzt werden. Die selbstfahrenden Arbeitsmaschinen müssen an den Seiten und hinten mit dem Hinweisschild „20 km/h“ versehen und zusätzlich müssen auf der linken Seite Wohnort und Adresse des Besitzers angegeben sein. Außerdem ist eine Betriebserlaubnis mitzuführen. Ein eventuelles Gutachten des Herstellers über die Betriebstüchtigkeit der Maschine gilt erst dann als Betriebserlaubnis, wenn es von der Straßenverkehrsbehörde abgestempelt wurde.
Im Umkehrschluss sind alle Kraftfahrzeuge, die den oben genannten Kriterien nicht entsprechen, zulassungs- und versicherungspflichtig, sofern sie auf öffentlichen oder beschränkt öffentlichen Wegen und Plätzen verkehren. Eine Kfz-Kaskoversicherung ist nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll. Die selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 km/h sind laut Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) zwar zulassungsfrei, aber kennzeichenpflichtig, benötigen also mindestens ein grünes Kennzeichen, sofern sie ausschließlich in der Land- oder Forstwirtschaft eingesetzt werden. Damit greift die Versicherungspflicht, so dass für diese Fahr- zeuge eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden muss.
Beschränkt öffentliche Verkehrsflächen
Auf Betrieben kommt es im Zusammenhang mit beschränkt öffentlichen Verkehrsflächen immer wieder zu Missverständnissen. Ein typisches Beispiel für eine solche Verkehrsfläche ist die Hofstelle von landwirtschaftlichen Betrieben. Hier verkehren zwar überwiegend landwirtschaftliche und private Fahrzeuge des Betriebes, aber diese Flächen werden auch von Dritten genutzt, zum Beispiel von Lieferanten oder Privatpersonen. Laut offizieller Definition handelt es sich um öffentlich gewidmete Verkehrsfläche mit untergeordneter Verkehrsbedeutung, deren Nutzung auf bestimmte Verkehrsarten oder Verkehrszwecke beschränkt ist (sogenannter beschränkter Gemeingebrauch). Da die Flächen für Dritte frei zugänglich sind, hat dies Konsequenzen hinsichtlich der Zulassungs- und Versicherungspflicht der eigenen Fahrzeuge.
Betriebshaftpflicht nicht zuständig
Ein Landwirt hatte die Idee, eine bestimmte Zugmaschine jedes Jahr für sechs Monate abzumelden, weil er sie in dieser Zeit ohnehin nur auf der Hofstelle nutzen wollte. Somit, meinte er, könne er sich die Kfz-Versicherungsprämie für ein halbes Jahr sparen. Er ging davon aus, dass die Maschine, sofern er sie nur auf dem Hof bewegen würde, automatisch in seiner Betriebshaftpflicht mitversichert sei, genau wie sein alter Hofschlepper und die selbstfahrenden Arbeitsmaschinen. Nicht bedacht hatte er, dass sein alter Hofschlepper nur deshalb in der Betriebshaftpflicht als versichert gilt, weil dessen bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit auf 6 km/h beschränkt ist. Auch die selbstfahrenden Arbeitsmaschinen sind, im Gegensatz zu der besagten Zugmaschine, nur bis zu einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h in der Betriebshaftpflicht versicherbar und müssen außerdem beim Versicherer gemeldet werden. Aus den Versicherungsbedingungen beziehungsweise der FZV geht hervor, dass diese Regelungen nicht für sonstige landwirtschaftliche Zugmaschinen gelten. Diese müssen, selbst wenn sie nur auf der Hofstelle fahren, zugelassen und in der Kfz-Haftpflicht versichert sein, was ebenso auf Anhänger zutrifft, wenn sie mit mehr als 25 km/h unterwegs sind. Der Plan des Landwirts funktionierte also nicht, denn er durfte die abgemeldete Zugmaschine, selbst für den ausschließlichen Einsatz auf seiner Hofstelle, nicht in Betrieb setzen.
In der Land- und Forstwirtschaft kommen überwiegend zulassungsfreie Anhänger zum Einsatz. Diese sind in der Betriebshaftpflicht mitversichert, wenn sie mit maximal 25 km/h auf öffentlichen Straßen bewegt werden und mit dem Hinweisschild „25 km/h“ gekennzeichnet sind. Im Gespann sind die Anhänger über die Kfz-Haftpflicht der Zugmaschine versichert. Außerdem benötigen sie im Straßenverkehr das gleiche Kennzeichen wie eine auf dem Betrieb zugelassene Zugmaschine (sogenanntes Wiederholungskennzeichen). Fahren Landwirte mit diesen Anhängern schneller als 25 km/h oder ohne das Hinweisschild, werden bei einer Kontrolle ein Bußgeld und ein Punkt in Flensburg fällig.
Neue EU-Richtlinie zwingt zur Anpassung
Das EU-Parlament hat im Zuge der Harmonisierung der Kfz-Haftpflichtversicherung in Europa die Erweiterung der Pflichtversicherung für selbstfahrende Arbeitsmaschinen beschlossen. Bis zum 23.12.2023 muss die betreffende EU-Richtlinie (Nr. 2021/2118) in nationales Recht umgesetzt sein. Damit werden beispielsweise Bagger, Erntemaschinen und Stapler auch dann versicherungspflichtig, wenn ihre bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit in dem Bereich von über 6 km/h bis 20 km/h liegt. Die Pflichtversicherung in der Kfz-Haftpflicht kann jedoch durch die Mitversicherung der Fahrzeuge in der Betriebshaftpflicht ersetzt werden oder entfällt, wenn die Fahrzeuge auf rein privaten oder ausschließlich betrieblichen Verkehrsflächen eingesetzt werden. Die Hofstelle von landwirtschaftlichen Betrieben gehört hier allerdings nicht dazu.