Die Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat soll diesmal um zehn Jahre verlängert werden. Das sieht der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission vor, der jetzt dem Ständigen Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) vorgelegt worden ist. Maximal möglich wäre eine Verlängerung der Zulassung um 15 Jahre. Zuletzt wurde der herbizide Wirkstoff Ende 2017 um fünf Jahre und anschließend aufgrund von Verzögerungen bei der Überprüfung des Wirkstoffs für ein weiteres Jahr bis zum 15. Dezember dieses Jahres verlängert.
Dem Vernehmen nach wird der SCoPAFF frühestens Ende Oktober über den Entwurf abstimmen. Sollte es dann weder eine qualifizierte Mehrheit für oder gegen den Kommissionsvorschlag geben und sich dieses Ergebnis im Berufungsausschuss bestätigen, entscheidet am Ende die Brüsseler Behörde selbst.
Keine grundsätzlichen Bedenken der EFSA
Anfang Juli hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) klargestellt, dass aus wissenschaftlicher Sicht keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine erneute Zulassung des Herbizidwirkstoffs bestehen. Bei der Risikobewertung der Auswirkungen von Glyphosat „auf die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie auf die Umwelt wurden keine kritischen Problembereiche festgestellt“, so damals die Behörde in Parma.
Die EFSA wies allerdings auf Datenlücken hin. Die Experten in Parma räumten ein, dass nicht alle Fragen abschließend hätten geklärt werden können. Hierzu gehörten Aspekte des ernährungsbedingten Risikos für die Verbraucher sowie die Bewertung der Risiken für die Wasserpflanzen. Zudem gestand die Behörde ein, dass Informationen über die Toxizität sogenannter „Cocktail-Effekte“ – also das Zusammenspiel von Glyphosat und anderen Bestandteilen bei der Pestizidformulierung – fehlten.
Geteiltes Echo
Die von der Europäischen Kommission geplante Verlängerung der Glyphosat-Zulassung hat erwartungsgemäß konträre Reaktionen ausgelöst. Während der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament, Norbert Lins von der CDU, und der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker, den Verordnungsentwurf ausdrücklich begrüßten, sprach der Agrarsprecher der Grünen, Martin Häusling, von einem „Skandal“.
Lins konstatierte, dass die Brüsseler Behörde die Einschätzung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ernst nehme. Die vorgeschlagene Wiederzulassung von zehn Jahren sei ein wichtiger Schritt für die Landwirtschaft, da diese Planungssicherheit brauche.
Hocker stellte zu dem Kommissionsvorschlag fest, dass das Glyphosat-Verbot der früheren Bundesregierung und ihrer Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ab 2024 in Deutschland dadurch „erneut als voreilig und faktenfrei“ entlarvt werde. Für die Landwirtschaft habe Glyphosat in der konservierenden umweltschonenden Bodenbewirtschaftung eine große Bedeutung.
Wer politische Entscheidungen auf Grundlage wissenschaftlicher Fakten treffe, für den sei die Wiederzulassung auf EU-Ebene alternativlos, so der Liberale. Daran änderten auch faktenfreie Kampagnen bestimmter NGOs nichts. „Wir dürfen einer nachhaltigen und gleichzeitig produktiven europäischen Landwirtschaft nicht zunehmend die Basis entziehen“, warnte der FDP-Agrarsprecher.
Fragwürdige Faktenlage
Häusling beklagte derweil, dass die EU-Kommission Fakten schaffe, bevor der öffentliche Druck und die öffentliche Aufmerksamkeit noch größer würden. Da die Faktenlage zur Unbedenklichkeit von Glyphosat fragwürdig sei, sei das Vorgehen der Kommission „ein umwelt- und gesundheitspolitischer Skandal“, so der Grünen-Politiker. Die EFSA habe schließlich selbst erklärt, dass es noch offene Fragen und Datenlücken gebe.