Der Deutsche Bauernverband (DBV) rechnet mit einer nur unterdurchschnittlichen Getreideernte in diesem Jahr. Für den Verband ist derzeit nicht absehbar, ob die Marke von 40 Mio. Tonnen noch erreicht werden kann. Im vergangenen Jahr waren bundesweit rund 43 Mio. Tonnen Getreide eingebracht worden. DBV-Präsident Joachim Rukwied sprach letzte Woche auf der Ernte-Pressekonferenz in Berlin von deutlichen Mengen- und Qualitätsverlusten aufgrund der schwierigen Wetterbedingungen. Die aktuelle Marktlage stuft der Verbandspräsident aufgrund der russischen Blockade ukrainischer Getreidelieferungen als kritisch ein.
Nur Wintergerste über Vorjahresniveau
Nach den bisher vorliegenden Zahlen werden sich laut DBV die Erträge beim Weizen deutlich unter den 2022 erreichten Werten bewegen. Nur die Wintergerste wird mit einer Erntemenge von 9,5 Mio. Tonnen die Vorjahresmenge von 8,7 Mio. Tonnen übertreffen. Beim Winterraps veranschlagt der Bauernverband die Gesamtmenge auf 4,07 Mio. Tonnen, nach 4,28 Mio. Tonnen im vergangenen Jahr.
Rukwied bezeichnete die diesjährige Getreideernte als „echte Zitterpartie“: „Ein nasses Frühjahr, gefolgt von Trockenheit im Mai und Juni, und eine ständig durch Niederschläge unterbrochene Ernte stellen Deutschlands Bauern in diesem Jahr vor gewaltige Herausforderungen.“ Für den DBV-Präsidenten zeigt der Witterungsverlauf einmal mehr die deutlich spürbaren Auswirkungen des Klimawandels.
An klimatische Bedingungen anpassen
„Wir müssen alles dafür tun, um zukünftig unsere Erträge und die Ernährung sichern zu können“, forderte Rukwied. Dafür brauche man verschiedene Möglichkeiten zur Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen. Als Beispiele nannte der Bauernpräsident die Züchtung resilienterer Pflanzensorten, eine breite Palette an Wirkstoffen für den Pflanzenschutz, wassersparende und konservierende Bodenbearbeitung sowie die gezielte Förderung einer Bewässerungsinfrastruktur.“
Regionaler Preisdruck
Rukwied sprach von einer paradoxen Marktsituation. Zum einen sei die Versorgungslage am Weltmarkt nach wie vor angespannt. Dies gehe vor allem zu Lasten von Entwicklungs- und Schwellenländern in Afrika, im Nahen Osten und in Asien. Zum anderen dränge die Ware in die angrenzenden europäischen Länder und sorge dort für einen starken regionalen Preisdruck. „Wir müssen alles dafür tun, dass der Transit durch Europa funktioniert und der Seeweg wieder in Gang kommt, damit das ukrainische Getreide dort ankommt, wo es gebraucht wird“, mahnte der DBV-Präsident.