Unterstockbewirtschaftung geht nun autonom

Daniel Regnery und Dr. Matthias Porten, DLR Mosel, berichten über ausgewählte Neuheiten aus dem Weinbau

Technik für Sonderkulturen: Unterstockbewirtschaftung geht nun autonom

Die Technikvorführungen in den Rebzeilen wurden auf eine Leinwand übertragen.

Technik für Sonderkulturen: Unterstockbewirtschaftung geht nun autonom

Einmal jährlich veranstaltet das DLR Mosel eine zentrale Vorführung in Zusammenarbeit mit dem VEW Mosel, dem Maschinenring Trier-Wittlich, der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), der Universität Trier, dem Fraund Verlag Mainz und der LWK Rheinland-Pfalz. Angesichts der ungewissen Zulassungssituation der Herbizide war die Unterstockbewirtschaftung im Fokus der Betrachtung. Mit großem Interesse verfolgten die gut 400 Zuschauerinnen und Zuschauer die fachlichen Ausführungen. Vor allem der praktische Einsatz im Feld ist es, der die Veranstaltung immer wieder attraktiv für die Winzerschaft macht.

Die französische Firma Oeliatec präsentierte ihr Heißwassergerät, welches zur Bekämpfung von Beikraut eingesetzt werden kann. Vorgestellt wurde ein mobiles Heißwasseraggregat vom Typ Houat 500, das für den Einsatz im kommunalen Bereich konzipiert wurde.

Oelitec Heißwassergerät

Ausgestattet mit einem 40 kW starken Heizbrenner erhitzt es das mitgeführte Wasser für die Behandlung der Beikräuter auf eine Arbeitstemperatur von 120° C. Ausgebracht wird das Heißwasser wahlweise mit einer Sprühlanze oder mit einem speziellen Streichaufsatz, der einem haushaltsüblichen Staubsauger ähnelt. Der eigentliche Bekämpfungseffekt des System Oeliatec besteht darin, dass die Pflanzenproteine aufgrund der hohen Temperaturen denaturieren und es somit zum allmählichen Absterben der behandelten Beikräuter kommt. Es liegt nun einmal in der Natur der Sache, dass der Bekämpfungserfolg des Systems erst einige Stunden nach der Behandlung ersichtlich wird. Deshalb reiste die Firma früher an und bearbeitete bereits am Vortag eine Versuchszeile. Das Resultat konnte dann von der Winzerschaft am Tag der Vorführung bewertet werden. Es zeigte sich, dass die Wirkung auf zweikeimblättrige, krautige Pflanzen wie beispielsweise Amarant oder Melde absolut ausreichend ist, wohingegen die Wirkung auf einkeimblättrige Ungräser bestenfalls als hemmend eingestuft werden kann. Es sei erwähnt, dass das gezeigte Vorführgerät nicht speziell für den Einsatz in Raumkulturen konzipiert ist. Bei derartigen technischen Lösungen wird der Heißwassergenerator auf dem Heckkraftheber montiert. Die beidseitige Unterstockbehandlung wird mit einer Art Hochdruckreinigerpistole zielgerichtet vollzogen. Es werden unterschiedliche Größen von Geräten angeboten, die, je nach möglicher Wassermitnahme und Kesselleistung, in unterschiedlichen Preisbereichen liegen. Die für den Weinbaubereich einzusetzende Maschine fährt in einem Bereich von 3,5 bis 4 km/h. Es erfordert ungefähr eine dreifache Durchfahrt pro Jahr, um einen entsprechenden Erfolg bei der Behandlung des Unkrauts zu haben. Die Investitionen für diese Maschine liegen bei circa 25.000 Euro als Komplettanlage für die Heißwasserbehandlung. Ein stolzer Preis für eine Flächenleistung von 1,5 AKh/ha. Seitens der Zuschauer kamen die Bedenken auf, inwiefern eine schädigende Wirkung auf Kleintiere und Mikroorganismen zu befürchten ist; auch das müsste noch näher beleuchtet werden. Abschließend betrachtet ist das System Oeliatec sicherlich eine enorme Erleichterung, um im kommunalen Bereich unerwünschten Beikräutern, zum Beispiel in Parks, Alleen, Zwischenräumen von Kopfsteinpflastern, das Handwerk zu legen. Ob sich das System auch für den Weinbau eignet, bleibt noch abzuwarten.

Technik für Sonderkulturen: Unterstockbewirtschaftung geht nun autonom

Der vollautonome Vario zieht das Überzeilengespann von Beiser; ermöglicht durch die Technik der Firma GPX Solutions BV.

Sattler Frontüberzeilenrahmen

Die aus Österreich stammende Firma Sattler stellte ihr Unterstockpflegekonzept vor, welches im Überzeilenbetrieb geführt wird. Vertreten wurde Sattler durch die rheinhessische Firma Auer. Der Trägerrahmen wird einseitig im Frontbereich des Schleppers angebaut, was dem Fahrer eine besonders gute Sicht auf die Arbeitswerkzeuge bietet. Das vorstellte System war mit gewöhnlichen Radius SL Flachscharen von Clemens ausgestattet, welche durch den Überzeilenrahmen leicht versetzt gegenläufig eingesetzt wurden. Richtig eingestellt konnte das System von Sattler ein schönes Bearbeitungsbild erzielen und wurde bei moderatem Bewuchs selbst auch mit einem hohen Aufwuchs von Melde und Weidelrose fertig. Es bestätigte sich nochmals die These, dass sich gerade bei der Unterstockbewirtschaftung die gegenüberliegende Anordnung der Bearbeitungswerkzeuge als besonders vorteilhaft erweist; nicht nur um unbehandelte Inseln um den Rebstamm herum zu vermeiden, sondern vor allem, um die Bearbeitungsqualität in besonderem Maß zu verbessern. Obwohl das System von Sattler eine Tastersteuerung aufwies, was für gewöhnlich eher zu Lasten der Bearbeitungsgeschwindigkeit geht, war in Thörnich bei Sattler eine gute Arbeitsgeschwindigkeit zu beobachten. Allerdings stieß die Gerätekombination unter folgend beschriebenem Umstand an ihre Grenzen: Die Versuchsfläche war artenreich begrünt und wurde im Vorfeld der Vorführung gewalzt. Wenn das Bearbeitungsgerät gegen die Walzrichtung gefahren wurde, kam es infolgedessen zu teils erheblichen Verstopfungen der Bearbeitungswerkzeuge. Ein Aspekt, der nicht gänzlich außer Acht gelassen werden sollte, stellt doch die krautige Begrünung in Verbindung mit Walzen die zukunftsträchtigste Form des Bodenpflegemanagements dar.

Weiterhin konnte unter den extrem trockenen Bodenverhältnissen, je nach Härtegrad des Untergrundes, beobachtet werden, dass teils enorme Kräfte auf den Überzeilenrahmen wirkten. Um eine lange Lebensdauer des Rahmens zu gewährleisten, muss dieser besonders solide konzipiert werden. Auch hier wird der mehrjährige Dauereinsatz die Standhaftigkeit des Systems beweisen müssen.

Der fahrbare Sprühroboter der chinesischen Firma XAG stellt eine besondere Innovation dar, weil damit grundsätzlich eine vollautonome Pflanzenschutzmittelapplikation möglich ist. Dementsprechend groß war das Interesse der Besucher für die von der Firma Webaro vorgestellte Technik.

Technik für Sonderkulturen: Unterstockbewirtschaftung geht nun autonom

Der Überzeilenrahmen von Sattler, ausgestattet mit gegenläufigen Flachscharen der Firma Clemens.

XAG R150 Sprühroboter

Der vergleichsweise geringe Preis des Gerätes, welches 120 l Mittelmenge aufnehmen kann, wurde von den Besuchern positiv bewertet. Die neuartige Sprühtechnik, die mit einer Art an „wedelnden“ Sprühdüsen arbeitet, wirkte zwar zunächst imposant, konnte jedoch hinsichtlich der Applikation die Winzerschaft nicht wirklich überzeugen. Zwar sind die Sprühdüsenköpfe mit einem zusätzlichen Miniaxialgebläse, welches von der Größe und von der Geräuschemission eher an einem Haarfön erinnert, ausgestattet, aber dem kritischen Blick des Praktikers entging nicht, dass teils erhebliche Applikationsschatten in der behandelten Laubwand zu erkennen waren. Somit ist davon auszugehen, dass das System vor dem flächendeckenden Einsatz im mitteleuropäischen Weinbau noch weiteren Modifikationen unterzogen werden muss. Hier werden aber bereits Lösungen erarbeitet. Auch das Wendemanöver des Roboters wirkt noch plump und verbesserungswürdig, da keine Lenkachse vorhanden ist und der Richtungswechsel ähnlich einem Raupenfahrzeug auf der Stelle erfolgt und mit teils erheblichem Schlupf einhergeht. Dennoch ist der XAG R150 ein interessantes Gerät, welches den Trend in nicht mehr allzu ferner Zukunft aufzeigt. Wie die nationalen Absatzzahlen der Firma belegen, wird der XAG in der chinesischen Landwirtschaft bereits sehr breitflächig eingesetzt.

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Der autonome Sprühroboter R 150 von XAG im Einsatz.

Autonom fahrender Vario (GPX Solutions BV) in Verbindung mit dem System Beiser/Slowine Tech

Sowohl der Tüftler Simon Beiser vom Weingut Beiser in Vendersheim, als auch die aus Ahrweiler stammende Firma Slowine Tech, welche die entsprechende Technik vertreibt, waren in Thörnich präsent. Durch die Gegenüberpositionierung der Bearbeitungsgeräte wird nicht nur eine deutlich bessere Bearbeitungsintensität erreicht, sondern vielmehr werden Probleme, die aus der einseitigen Bearbeitung resultieren, ausgeräumt. So spielt beispielsweise die Wallbildung eine geringere Rolle. Ferner kann das System Beiser eine enorme Schlagkraft entwickeln, wenn Schlaggröße und Infrastruktur dies zulassen. Losgelöst von der grundsätzlichen Vorstellung einer bemannten Schlepperbearbeitung, lässt ein derartiges Überzeilensystem, wie eben das System Beiser, die Phantasie spielen, hin zu einer autonomen Bearbeitung durch einen ähnlich ausgeführten Bearbeitungsroboter. Was bis dato als nicht mehr unwahrscheinlicher Gedanke gehandelt wurde, wurde nun Wirklichkeit! Neben Beiser und Slowine Tech war nämlich auch die Firma GPX Solutions BV mit von der Partie, die ihrerseits ihren autonom fahrenden Fendt 200 Vario vorgestellt hat. Dieser wurde erstmalig ein Tag vor der eigentlichen Vorführung vor den Beiser-Überzeilenrahmen gespannt, um die Unterstockbewirtschaftung vollautonom durchzuführen.

Aus Gründen der Unfallverhütung musste entsprechend weiträumig um den autonomen Vario abgesperrt werden, jedoch war es für die Zuschauer ein besonderes Highlight, als der Schlepper souverän und völlig ohne Kurskorrektur in die Rebzeile einfuhr und selbst das komplexe Überzeilengerät sicher in Position gebracht hat. Simon Beiser ist lediglich am Heck des Anbaugerätes mitgefahren, um die Hydrauliksteuerung des Bearbeitungsgerätes manuell zu steuern. Auch dies soll in nicht allzu ferner Zukunft voll autonom erfolgen. In diesem Zusammenhang war besonders der erwähnte Zeilenwechsel, der vollautonom vollzogen wurde, sehr interessant für die Zuschauer, da er wie von Geisterhand erfolgte. Besonders der Ansatz, dass bestehende bewährte Maschinen für die autonome Bewirtschaftung genutzt werden können, ist ein Ansatz, der nicht nur im Sinne einer Brückentechnologie sehr gut genutzt werden kann, da die Investitionen in diese Technik ja bereits erfolgt sind. Auch eine Form der Nachhaltigkeit. So können im Gegensatz zu den elektrifizierten, sehr teuren Überzeilenlösungen auch schwere Bodenbearbeitungen oder, wie hier gezeigt, die Unterstockbodenberarbeitung schon jetzt vollkommen autonom erfolgen. Damit sind jetzt schon die Lösungen für den Weinbau vorhanden, die in der Landwirtschaft auf elektrischer Basis wegen der benötigten hohen Energieladung teilweise schwerlich umgesetzt werden können. Wie gesagt, können damit auch die Standardanbaugeräte genutzt werden, sodass eine autonome Bewirtschaftung im ganzen Betrieb jetzt schon möglich wäre.

Technik für Sonderkulturen: Unterstockbewirtschaftung geht nun autonom

Der HOUAT 500 von Oeliatec.

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Die Heißwasserbehandlung erfolgt wahlweise mit einer Lanze oder, wie hier, mittels eines Streichwerkzeuges.

Darüber hinaus können auch schwierige Flächen immer noch mit der Standardein-satzform bemannt bearbeitet werden. Und weitergedacht ist ja ein vollkommen elektrisch betriebener Schlepper in Zukunft somit voll autonom führbar. Das heißt, mit dieser Technik von GPX ist man schon jetzt vom Antriebsaggregat unabhängig. Wohlwissend, dass die gesetzlichen Vorgaben für die Führung solcher autonomer Systeme im Weinberg noch nicht etabliert sind und erst rechtssicher erarbeitet werden müssen, war dieser sehr interessante Blick in die Zukunft für die Zuschauer sehr beeindruckend.

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Beikräuter (am Beispiel der Melde) nach der Behandlung mit heißem Dampf.

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Simon Beiser konnte sich bei der Fahrt voll auf die Steuerung der Unterstockpflegegeräte konzentrieren. Diese soll künftig auch autonom erfolgen.


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