Technik für Front und Heck unter einem Dach

Seit Februar 2020 gehört der schwedische Frontladerspezialist Ålö mit der Marke Quicke zu den Jost Werken. Wie der Konzern seine Marken Rockinger und den Neuzugang Quicke weltweit positioniert, das erfuhr der eilbote in der Firmenzentrale in Neu-Isenburg

Jost / Quicke / Rockinger: Technik für Front und Heck unter einem Dach

Rockinger mit Anhängesystemen und Quicke mit Frontladern und Werkzeugen gehen jetzt im Team auf den Handel zu.

Jost / Quicke / Rockinger: Technik für Front und Heck unter einem Dach

Mehr als jede zweite Sattelkupplung weltweit kommt aus dem Hause Jost, zu dem auch Quicke und Rockinger gehören.

Im Februar 2020 meldeten die Jost Werke die Übernahme der Ålö Holding AB aus dem schwedischen Umeå. Mit dem Frontladerspezialisten erweiterten die Neu-Isenburger ihr Agrartechnik-Portfolio. Als Produzent von Anhängesystemen für Traktoren und Landmaschinen gehört die Marke Rockinger mit Hauptsitz in Walterhausen bereits seit 2001 zur Jost Familie. Wie werden die Töchter integriert, was sind die Zukunftspläne, wie weit reicht die Zusammenarbeit im Vertrieb? Der eilbote traf sich mit Mitarbeitenden aus dem Hause Quicke, Rockinger und Jost zum Gespräch in der Jost Zentrale in Neu-Isenburg.

Von der Schmiede zum Weltmarktführer

Anfang der 1950er-Jahre finden sich in Neu-Isenburg mit Hans Breuer und Joseph Steingass zwei echte Macher-Typen. So wird 1952 eine Fabrik für Kugellenkkränze gegründet. Angeregt von Sattelschleppern, die sie bei den amerikanischen Truppen in Frankfurt sehen, beginnen sie, Sattelkupplungen aus Stahlguss zu entwickeln. Wie vielleicht schon zu erahnen ist, wird der Markenname Jost aus den ersten beiden Initialen des Gründers Joseph Steingass abgeleitet.

Heute ist das Unternehmen mit Vertriebs- und Produktionsstätten in über 20 Ländern auf allen fünf Kontinenten mit 3.600 Mitarbeitenden bei diesen Produkten Weltmarktführer. Mehr als jede zweite Sattelkupplung auf der Welt kommt aus dem Hause Jost. Zu den Kunden auf allen Kontinenten zählen die weltweit führenden Hersteller der Nutzfahrzeugindustrie. Über 50 verschiedene Ausführungen von Sattelkupplungen, oft länderspezifisch, stehen in der Preisliste. Als Automotive-Zulieferer hat man die Lieferung an das Band der Lkw-Hersteller „Just in Sequence“ perfektioniert.

Um das Portfolio an der Schnittstelle Truck und Trailer zu komplettieren, übernahm Jost 2001 den Münchener Hersteller von Anhängesystemen Rockinger mit einem bedeutenden Standbein in der Landtechnik. Rockinger produziert in Walterhausen und in einem Werk in Ungarn mit über 400 Mitarbeitenden Anhängekupplungen mit Flansch- oder höhenverstellbarem Lager, Zugpendel mit Piton-Fix oder Kugelkupplung, Zugösen, Zugpfannen und Zuggabeln.

Seit 2008 gehört auch Tridec, ein Spezialist für Lenksysteme und Achsaufhängungen, zum Jost Konzern. Tridec baut für Trailer und Anhänger mechanische, hydraulische und elektronische Lenksysteme – auch für den landwirtschaftlichen Off-Road-Einsatz.

Anfang 2015 hat Jost Mercedes-Benz TrailerAxleSystems übernommen. Dadurch wurde das Unternehmen zu einem wichtigen Hersteller von Trailer- und Anhängerachsen in Europa.

Weltmarktführer bei Frontladern

45.000 Frontlader und 77.000 Arbeitsgeräte baut die schwedische Ålö AB im schwedischen Umeå, in Frankreich, den USA und China jährlich. Der Umsatz 2022 betrug 3,3 Mrd. SEK (300 Mio. Euro). Mit Vertriebsgesellschaften in zehn Ländern, Fabriken in vier Ländern und Kunden in mehr als 50 Ländern ist Ålö mit seiner Marke Quicke Partner für viele landwirtschaftliche Kunden. Fast jeder dritte Frontlader weltweit ist ein Quicke, den Sattelkupplung-Marktanteilen der Mutter Jost ist man also dicht auf den Fersen.

Seit 19 Jahren leitet Robert Eckert das Geschäft in Teilen Mitteleuropas für die Schweden. Heute reicht sein Verantwortungsbereich von Deutschland, Österreich, der Schweiz, Niederlande, Luxemburg, Polen bis Tschechien. Eckert äußert sich erfreut darüber, dass Quicke mit Jost nun eine Familie gefunden hat mit strategischer Ausrichtung. Lader und Arbeitsgeräte vom Quicke Team werden ausschließlich mit Partnern vom Fachhandel vermarktet.

Jost / Quicke / Rockinger: Technik für Front und Heck unter einem Dach

Erstmals unter einem Dach: Der Jost Konzern präsentierte seine Marken Quicke und Rockinger auf der SIMA 2022 gemeinsam auf einem Messestand.

Rockinger zieht mit

Auf diese erarbeitete Präsenz im After Market baut Rockinger nun auf. Rockinger Head of Sales and Marketing, Jan Meister, sieht viel Potenzial darin, die bewährten Geschäftsbeziehungen von Quicke zum Handel für sein Programm zu nutzen, um so im After Market Bereich nach dem Motto „Rundum die Besten“ gemeinsam auf die Kunden zuzugehen.

In den vergangenen zwei Jahren ergänzte man das Quicke Angebot um das Rockinger Portfolio. Das Quicke Außendienstteam erhielt die erforderlichen Schulungen und hat jetzt auch den orangenen Rockinger Katalog in der Aktentasche dabei. Denn jede Werkstatt, die Frontlader installiert, verbaut oder ersetzt auch Anhängungen an Traktoren. Beides gibt es nun mit Beratung aus einer Hand.

„Das Transport- und Agrargeschäft ist unser strategischer Fokus“, betont Jost Head of Sales Frank Uhlmann. Uhlmann arbeitet bereits seit über 30 Jahren bei Jost und hat die Phase der Akquisitionen von Tridec, Rockinger und Quicke begleitet.

Gut zwei Jahre nach der Übernahme, diesen Eindruck vermittelt jedenfalls die Gesprächsrunde, haben sich die Unternehmen Jost, Rockinger und Ålö gut zusammengefunden. Die Synergiemöglichkeiten im Einkauf, in der Forschung und Entwicklung sowie im Vertrieb nutzt man zunehmend, ohne es zu überstürzen. Jede der Konzernmarken behält ihre Identität. „Allen gemeinsam ist das Versprechen „Premiumqualität mit Premiumservice“ gegenüber ihren Kunden“, erläutert Frank Uhlmann.

Den ersten gemeinsamen Auftritt auf einer großen Messe hatten Quicke und Rockinger auf der SIMA im letzten November. Das Quicke Marketingteam unter Leitung von Tina Scherer entwarf für Quicke und Rockinger einen offenen hellen Stand. In Paris präsentierten sich Frontlader aus Schweden, Werkzeuge aus China und Kupplungslösungen aus Thüringen erstmals unter einem Dach.

Interview – Im Frontladerbereich international weiter wachsen

Jost / Quicke / Rockinger: Technik für Front und Heck unter einem Dach

Niklas Åström.

Der eilbote sprach mit dem CEO von Ålö AB, Niklas Åström.

eilbote: Zwei Jahre gehören Sie jetzt zu Jost. Was sind die Konsequenzen für Ihre strategische Ausrichtung?

Mit der globalen Organisation von Jost werden wir in der Lage sein, unser Wachstum auf Märkten fortzusetzen, in denen wir vorher keine lokale Präsenz hatten. Mit der Jost Strategie „Local for Local“ können wir unsere Kunden noch besser unterstützen als heute. Ich sehe also nur neue Möglichkeiten für Quicke, auf dem globalen Markt noch stärker zu werden.

Quicke produziert zehntausende Werkzeuge in China. Corona und die Logistikprobleme haben den Austausch mit China erschwert. Wie groß ist der Standort und wie sehen Sie dessen Zukunft?

Die Welt ändert sich. Um flexibler zu werden, errichten wir aktuell einen neuen Standort in Indien. Auf dem 12.000 m2 großen Gelände werden ab September 2023 dann 200 Mitarbeitende 42.000 Arbeitsgeräte, 42.000 Lader, 53.000 Anbaukonsolen und 12.000 Heckbagger jährlich bauen, auch für den lokalen Markt.

Wie sehen Sie Quicke im Wettbewerb positioniert? Gibt es Alleinstellungen oder planen Sie welche?

Wir bauen und verkaufen ein Premium-Quality-Produkt. Wir sind ein verlässlicher Partner, was Qualität und Performance betrifft. Wir expandieren international wie zum Beispiel in Indien und Asien, aber auch mit progressiven Ideen, die den Ladevorgang zukünftig noch mehr automatisieren und den Bediener weiter entlasten.

Wie entwickeln sich Ihre Geschäftsbereiche OEM und Nachrüstung? Die zunehmende Ausstattung mit selbst gefertigten Frontladern, zum Beispiel bei John Deere und Fendt, nimmt Ihnen doch Umsatz.

Das Verhältnis OEM zum After Market ist ungefähr 50 zu 50. Wir haben in Europa eine sehr gute Position im After Market, die wir verteidigen werden. Auf der anderen Seite wollen wir auch für die Traktorenhersteller ein attraktiver Partner sein. Mit welchem Frontlader der bestellte Traktor auf den Hof kommt, das bestimmt letztlich der Kunde. Und dieser gibt Frontladerspezialisten, zum Beispiel uns, sehr oft den Vorzug.

Wir sehen in Deutschland besonders in den kleinen Kompakttraktoren einen hohen Zuwachs. Wie entwickeln sich Ihre Märkte in den einzelnen PS-Größenklassen?

Heute haben wir ein komplettes Sortiment an Frontladern für alle Traktoren von 15 PS bis über 300 PS. Wir haben die C-Serie (Lader für Kompakttraktoren) vor vielen Jahren auf dem nordamerikanischen Markt eingeführt und sehen jetzt einen steigenden Absatz von Kompakttraktoren in Europa und haben daher die C-Serie in Europa im Jahr 2021 eingeführt. Die Verkaufsentwicklung hat bisher meine Erwartungen übertroffen.

Im Jahr 2016 besuchte ich die Vorstellung der neuen Q-Serie in Umeå. Wann plant Quicke eine neue Serie zu launchen? Oder entwickeln Sie die Q-Serie weiter?

Die wesentlichen Entwicklungsschritte gab es in den Jahren 2005 und 2016. Wir entwickeln unsere Baureihen permanent weiter. Wann es den nächsten großen Schritt geben wird, möchte ich zur Zeit noch nicht verraten.

Die Fragen stellte Bernd Pawelzik


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