Zwischen Raupe und Schiebkarre

Zaun-Infotag in Northeim zeigt, wie Herdenschutz funktionieren kann

Herdenschutz: Zwischen Raupe und Schiebkarre

Mathias Brockob (2. von links), Herdenschutzberater und Fachberater Schafhaltung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, erklärt die Funktionsweise des Automatikwicklers, der das Aufstellen eines mobilen Zaunes erleichtert.

Rund 100 Gäste informieren sich in Northeim bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und Landschaftspflegeverbänden über wolfabweisende Zäunung in schwierigen Hanglagen.

Für Generationen ist der Wolf in Deutschland kein Thema gewesen. Weidetiere brauchten lediglich so eingezäunt zu werden, dass sie nicht ausbrechen können. Raubtiere? Gab es kaum. Doch plötzlich war der Wolf da – und jetzt müssen weidetierhaltende Betriebe binnen kurzer Zeit in den Herdenschutz investieren. Zur Seite steht den Betrieben dabei die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK), die Anfang 2020 im Auftrag des Niedersächsischen Umweltministeriums die Aufgabe der Herdenschutzberatung übernommen hat.

Beim Herdenschutz-Infotag in Northeim, zu dem die LWK gemeinsam mit dem Deutschen Verband für Landschaftspflege und den Landschaftspflegeverbänden der Landkreise Goslar und Göttingen erstmals eingeladen hatte, stand ein ganz konkretes Problem im Fokus: Wie kann der Herdenschutz an schwierigen Standorten gewährleistet werden? Wie kann ich in extensivem Gelände überhaupt zäunen?

Erheblicher Aufwand in Naturschutzgebieten in Hanglage

„Eine häufig geäußerte Anmerkung zu unserer Herdenschutzzaun-Dauerausstellung in Echem ist, dass die dort eingezäunte Fläche sehr eben ist“, erklärt Elke Steinbach, Herdenschutz-Koordinatorin der LWK, „denn oft handelt es sich gerade bei jenen sensiblen Flächen, die wesentlich für den Erhalt von naturschutzrelevanten Pflanzen- und Insektenarten sind und mit Tieren beweidet werden müssen, um hängige, flachgründige und kleinparzellierte Grünlandstandorte. Und diese sind in der Praxis schwer und nur mit sehr hohem Aufwand wolfabweisend zu zäunen.“

Die Besucherinnen und Besucher des Infotags konnten sich nun mitten in einem Naturschutzgebiet in Northeim-Bühle – natürlich in Hanglage – über verschiedene technische Möglichkeiten unterschiedlicher Firmen informieren. Neben dem Aufstellen und Warten von (mobilen) Elektrozäunen sowie Mähtechnik, um einen Zaun von Bewuchs freizuhalten, stand auch das Thema Förderung im Fokus. Da die Gerätschaften mitunter recht kostenintensiv sind, kam auch beim Infotag der Kritikpunkt auf, dass über eine Einstiegsförderung hinaus beispielsweise Elektronetze, die nach drei Jahren verschlissen seien, bezuschusst werden sollten. Und dass insbesondere Flächen finanziell unterstützt werden müssten, auf denen das Freischneiden der unteren Litze nicht von technischem oder nur sehr teurem Gerät übernommen werden könne.

Besonders groß war das Interesse unter anderem an einem Automatikwickler: einer Art Schiebkarre, die dem Menschen beim Aufstellen eines mobilen Zaunes den Antrieb und das Bremsen abnimmt und dafür sorgt, dass die Drähte auf Spannung bleiben und sich nicht verheddern – zu einem erschwinglichen Preis. Auch eine ferngesteuerte Mähraupe, die selbst in Hanglagen bis zu 45 Grad die Fläche mähen kann, zog die Aufmerksamkeit auf sich.

Festzuhalten bleibt aber auch: „Es gibt nicht die Lösung, die alles abdeckt“, so Steinbach, „es müssen immer bestmögliche Kompromisse gefunden werden. Aufwand, Investition und Tierschutz müssen im Einklang stehen.“ Wichtig sei es, miteinander zu reden. So habe es auch wesentlich zur positiven Stimmung beim Infotag in Northeim beigetragen, dass alle Beteiligten miteinander ins Gespräch gekommen seien.

Herdenschutz: Zwischen Raupe und Schiebkarre

Gäste des Herdenschutz-Infotags in Northeim beobachten, wie Zaunpfähle mit technischer Unterstützung in den Boden gerammt werden.

Herdenschutz: Zwischen Raupe und Schiebkarre

Die Gäste des Infotags konnten sich mitten in einem Naturschutzgebiet in Hanglage über verschiedene technische Möglichkeiten informieren.

Kompromisse gefragt

„Zaunbaufirmen und Lohnunternehmen haben beispielsweise über eine künftige Zusammenarbeit gesprochen.

Wichtige Synergien, die zum Ziel haben, Weidetierhaltende bei der Wolfabweisung zu unterstützen.“ Auch Gäste aus der Herdenschutzberatung anderer Bundesländer seien dabei gewesen, die einen solchen Infotag nun auch gerne bei sich ausrichten möchten.

Informationen zur wolfabweisenden Herdenschutzzäunung finden Sie in den Merkblättern für den Herdenschutz: bit.ly/merkblatt-herdenschutz.

Weidetierhalter, die einen Besichtigungstermin der Zaunanlage am LBZ Echem vereinbaren möchten und Fragen rund um wolfabweisende Zäune haben, wenden sich an Herdenschutz-Expertin Steinbach telefonisch unter 04 41/801-639 oder per Mail unter elke.steinbach @ lwk-niedersachsen.de.


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