Mehr als sicheres Fahren

Das Lenksystem „NHSteering“ erhöht die Fahrsicherheit, mindert den Reifenverschleiß und senkt den Kraftstoffverbrauch.

Elektrohydraulische Lenkanlage: Mehr als sicheres Fahren
Elektrohydraulische Lenkanlage: Mehr als sicheres Fahren

Wenn es beim Lenken von Landmaschinen eng, kurvig oder steil wird, ist fahrerisches Geschick gefragt. Die Herausforderung an das eigene Können mag bisweilen mit Spaß verbunden sein. Gehört schwieriges Fahren auf Straße und Gelände allerdings zum Alltag, dann ertönt schnell der Ruf nach entlastenden, sicheren Lenkhilfen. Die von der Theodor Niehues GmbH gemeinsam mit der Forsys GmbH entwickelte elektrohydraulische Lenkanlage „NHSteering“ für mehrachsige, gezogene Anhängerfahrzeuge gehört dazu.

Dieses spezielle Lenksystem ist für den Straßen- und Feldmodus konzipiert. Auf Asphalt greift hier das Ackermann-Prinzip. Bedeutet: Die Achsen aller Räder sind als Kreisradien mit einem gemeinsamen Mittelpunkt angeordnet. Dieser Mittelpunkt liegt auf einer von der Hinterachse ausgehenden Linie.

Mehr Fahrsicherheit, weniger Reifenverschleiß, geringerer Kraftstoff- verbrauch

Insgesamt verhindert die Ackermann-Geometrie, dass die Räder seitlich rutschen. Also ein Plus für mehr Fahrsicherheit, weniger Reifenverschleiß und Kraftstoffverbrauch. Laut Hersteller sorgt die stufenlose Lenkachsenzentrierung ab 20 km/h zudem für eine spürbar verbesserte Fahrstabilität.

Geht es von Straßen und Wegen aufs Feld, bietet die elektrohydraulische Lenkanlage je nach Fahrsituation weitere Lenkeinstellungen. Dazu gehört der Hundegang. Bei dieser Lenkungsart schlagen die Räder analog in die gleiche Richtung ein. Dadurch wird insbesondere empfindlicher Boden aufgrund des reduzierten Rangierens weniger beansprucht und verdichtet. Bei hangparallelen Fahrten erweist sich „NHSteering“ dank einstellbarem Gegenlenken der Lenkachsen (Offset) als angenehme Unterstützung für den Fahrer. Darüber hinaus lässt sich die Lenkwinkelvorgabe manuell einstellen und so auf die jeweilige Fahrsituation bei Kurven- und Manövrierfahrten ausrichten.

Teil des „NHSteering“-Systems ist der innovative Deichselsensor der Scharmüller Lenkkugel K80. Dieser erfasst den Einschlagwinkel zwischen dem Anhänger und dem Zugfahrzeug mittels innenliegender Sensorik. Laut Hersteller ist das Einschlagen bis zu 70 Grad möglich.

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Die Scharmüller Lenkkugel K80 EAMS (Abb. unten) ist Teil der elektrohydraulischen Lenkanlage und vereinfacht das Ankuppeln des Anhängers.

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Marc Daniels (links) und Klaus Klein-Hitpaß sind Mobilhydraulik-Experten und waren an der Entwicklung der elektrohydraulischen Lenkanlage maßgeblich beteiligt.

Innovatives Deichselsystem

Zusätzliche Kuppelvorgänge erübrigen sich mit diesem vor Umwelteinflüssen sicher geschützten System. Auch weitere mechanische Zwangslenkungssysteme sind nicht erforderlich. Per Plug & Play-Funktion sei dieses Deichselsystem aktiv, sobald die Zugkupplung an die K80 angeschlossen werde, heißt es von Niehues weiter.

Über das Grafikdisplay erfasst der Fahrer alle relevanten Systemdaten, kann vom Führerhaus aus die gewünschten, automatisierten Fahrmanöver einleiten und wird so in seiner Tätigkeit insgesamt entlastet. Zudem lässt sich „NHSteering“ durch eine CAN-Bus-Schnittstelle in bestehende Betriebssysteme integrieren. Darüber hinaus wird durch die eingesetzte CAN-Bus-Technologie die Verdrahtung deutlich vereinfacht.

Die elektrohydraulische Lenkanlage ist seit Mitte 2022 Teil des Niehues-Verkaufsprogramms und nach der Norm UN/ECER79 TÜV-zertifiziert. Bei der Entwicklung habe sich das „Niehues Development“-System bewährt, berichtet Klaus Klein-Hitpaß, Vertriebsspezialist Mobilhydraulik bei Niehues.

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Die im Fahrerhaus befindlichen Displays werden über eine CAN-Bus-Schnittstelle bedient.

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Durch den Deichselsensor der Scharmüller Lenkkugel K80 EAMS als Teil der elektrohydraulischen Lenkanlage werden Kuppelvorgänge auf ein notwendiges Maß reduziert. Der Einschlagwinkel wird mittels Sensorik erfasst. Das System wird gemeinsam mit der Scharmüller Zugöse zu einer intelligenten Verbindung zwischen Zugmaschine wund Anhänger.

Schneller am Markt durch eigene Produktentwicklung

Diese Entwicklungsstrategie sieht vor, dass zunächst ein Anforderungsprofil erstellt und dazu Kundenbefragungen durchgeführt werden. Ergänzt durch Marktanalysen bekommt das Niehues-Entwicklungs- team damit eine feste Basis für das Erstellen des ersten Produkt- oder System-Konzeptes. Dies wird zusätzlich auf bestehende gesetzliche Anforderungen und Maschinenrichtlinien abgeklopft. Hier kommt die Forsys GmbH ins Spiel, die mit Niehues seit 2017 projektorientiert zusammenarbeitet. Forsys befasst sich von der Entwicklung und Programmierung bis zur Produktion mit Steuerungssystemen für mobile Arbeitsmaschinen, unter anderem auch in der Landmaschinentechnik. Das Osnabrücker Unternehmen war bei der elektrohydraulischen Lenkanlage für die elektronische Intelligenz verantwortlich. Auch bei anderen Projekten stellt Forsys variable, erweiterbare Softwarebausteine und ISOBUS-Technologien zur Verfügung. Bei Niehues ist man sich sicher, dass dank dieser Strategie auch in Zukunft Systeme und Produkte noch schneller serienreif werden.

Wertvolles Feedback bei der Produktentwicklung kam „direkt von der Straße“: Beim Landmaschinenhersteller Wienhoff aus dem emsländischen Bawinkel wurde die Lenkanlage an einem Tandemfahrzeug erstmalig abgenommen. 2022 erfolgte die zweite Abnahme bei der RSM GmbH aus Reken, unter anderem Hersteller von Hakenlifts und Wechselsystem-Kippern.

Die elektrohydraulische Lenkanlage sei zwar bereits in anderen Ausführungen auf dem Markt verfügbar, macht Vertriebsspezialist Marc Daniels deutlich. Jedoch sei das Niehues-Team von kleineren Landmaschinenherstellern dazu aufgefordert worden, ein auf deren spezielle Bedürfnisse maßgeschneidertes und vor allem schnell lieferbares Produkt zu entwickeln.

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Die Scharmüller Lenkkugel K80 EAMS ermöglicht laut Hersteller das Einschlagen bis zu 70 Grad. Über die Plug & Play-Funktion ist das System aktiv, sobald die Zugkugelkupplung an die K80 gekuppelt wird.

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Verschiedene Lenkprogramme sind über das Display im Fahrerhaus individuell einstellbar.

Kunden schätzen kurze Wege und Lieferzeiten

„Unsere Kunden haben uns das einfach zugetraut“, meint Daniels weiter. Er hebt hier auf die kurzen Entscheidungswege bei Niehues ab, die bei der Produktentwicklung besonders förderlich seien.

Die Lenkanlage ist nicht das einzige landtechnische System aus dem Hause Niehues-Forsys. So werden unter anderem Holztransporter mit integriertem Ladekran sowie Multifunktionsfahrzeuge für den Kommunalbereich mit der kompletten Steuerung und Hydraulik, Diagnosesystemen oder einbaufertigen Teilsystemen ausgelegt. Die Entwicklung und Herstellung von Systembauteilen für Futterautomaten ist ebenfalls ein Beispiel für Agrartechnik aus dem Hause Niehues. Darüber hinaus werden Erstausrüster wie Wienhoff unter anderem beim Entwickeln und Fertigen von Antriebsachsen für Güllewagen unterstützt.

Als vorteilhaft scheint sich dabei die Kernstrategie von Niehues zu erweisen: Das Unternehmen bietet den Kunden vom Einzelteil wie Ventilen, Pumpen oder Schläuchen über maßgeschneiderte, einbaufertige Teilsysteme bis hin zur Beratung und dem 24/7 Vor-Ort-Service – gepaart mit der Software-Expertise von Forsys – sozusagen ein „Rundum-Sorglos-Paket“ aus einer Hand.

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Die Theodor Niehues GmbH wird von Michael Niehues (links) als geschäftsführendem Gesellschafter in zweiter Generation geführt. Zur Geschäftsleitung gehören weiter (v. l.) Harald Beermann (kaufmännische Geschäftsleitung), Guido Scharf (Geschäftsleitung Controlling /IT) und Domenico Palumbo (Technische Geschäftsleitung).

Die Unternehmen

Komplettanbieter

Die Theodor Niehues GmbH wurde 1978 gegründet und wird heute in zweiter Generation durch Michael Niehues als Familienunternehmen geführt. Am Hauptstandort Senden-Bösensell bei Münster sind derzeit 135 Mitarbeiter in zwei Werken beschäftigt. Eine dritte Produktionsstätte ist in Planung.

Das Unternehmen versteht sich als Komplettanbieter für hydraulische sowie elektrische Antriebs- und Steuerungstechnik. Wichtigste Geschäftsbereiche sind der Handel mit Qualitätsprodukten wie Schläuchen oder Verschraubungen für die Mobilhydraulik und stationäre Systeme. Zu den Niehues-Premiumpartnern gehören unter anderem Danfoss, Parker, Hydac, Bosch Rexroth, BlackBruin, Walvoil und Stauff. Weitere Geschäftsfelder sind die Entwicklung, Fertigung, Montage und Inbetriebnahme elektrohydraulischer Systeme sowie ein umfassender Servicebereich von Reparatur, (Fern-)wartung und Instandhaltung bis hin zu einem 24/7 Vor-Ort-Service. Stark wachsend ist das Elektrifizieren mobilhydraulischer Anwendungen im Nieder- und Hochvolt-Bereich. Hier ist Niehues gemeinsam mit Forsys Vollanbieter von den Komponenten über die Planung bis zur Endmontage.

Weitere Infos: www.niehues.com.

Die Forsys GmbH – Gesellschaft für Forschungstransfer und Systemtechnik – wurde 2009 in Osnabrück gegründet. Geschäftsführer sind die Ingenieure Jens Meyer und Oliver Eickhoff. Forsys sieht sich als Entwicklungspartner und Lieferant für Systeme. Zu den Schwerpunkten zählt unter anderem die Entwicklung von Steuersystemen sowie die Elektrifizierung mobilhydraulischer Anwendungen.

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RSM, Hersteller von Hakenlifts und Wechselsystem-Kippern, gab bei der Entwicklung der elektrohydraulischen Lenkstange wertvolles Feedback.


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