Zahl der bestätigten Seuchenfälle bei Wildschweinen steigt auf 40

Erster Seuchenfall außerhalb des ursprünglichen Gefährdungsgebiets – Schweineerzeuger befürchten „Infarkt der Lieferkette“

Afrikanische Schweinepest: Zahl der bestätigten Seuchenfälle bei Wildschweinen steigt auf 40

Afrikanische Schweinepest im Baltikum, Belgien, Deutschland, Griechenland, Moldawien, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, Ukraine und Ungarn 2020.

In Brandenburg hat es weitere Funde von mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) infizierten Wildschweinen gegeben. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bestätigte letzte Woche die Seuche bei zwei weiteren Tieren. Anders als beim letzten Fall liegen beide Fundorte innerhalb des ersten Kerngebiets. Die Zahl der nachgewiesenermaßen an ASP verendeten Wildschweine in Deutschland ist damit auf 40 Tiere gestiegen (Stand 5.10.).

Nach Angaben des zuständigen Brandenburger Sozial- und Verbraucherschutzministeriums wird die Fallwildsuche unterdessen in allen von der Afrikanischen Schweinepest betroffenen Landkreisen mit Hochdruck fortgesetzt. Diese werde mit Hilfe von Drohnen und Menschenketten durchgeführt; im Kreis Spree-Neiße werde die Suche seit heute auch durch die Bundeswehr unterstützt. Darüber hinaus bereite man rund um das erste Kerngebiet die Vorbereitungen zur Einzäunung einer „Weißen Zone“ vor.

Seuche wahrscheinlich seit Juli im Land

Unterdessen wurden Anzeichen dafür gefunden, dass die Seuche schon deutlich früher im Land war als bisher gedacht. Laut dem Sozialressort wurden im Zuge der Fallwildsuche am 18. und 19. September im Hotspot Dorchetal im Südwesten von Neuzelle vier Wildschweinskelette ohne Gewebe gefunden. Im Rahmen der ersten epidemiologischen Ausbruchsuntersuchungen hatte das FLI dem Landeskrisenzentrum-ASP bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass diese vier Kadaver schätzungsweise acht bis zehn Wochen am Fundort gelegen haben müssten, bevor sie entdeckt worden seien. Damit müsse der Seucheneinschleppungszeitpunkt für die erste Julihälfte angenommen werden.

Schweinestau bringt Landwirte in Notlage

Die aktuelle Situation am deutschen Schweine- und Ferkelmarkt spitzt sich zu, denn die coronabedingt begrenzten Schlacht- und Zerlegekapazitäten lassen den Rückstau an schlachtreifen Schweinen nach dem Auftreten der Afrikanischen Schweinepest (ASP) weiter anwachsen. Ferkelerzeuger und Mäster seien gleichermaßen in einer akuten Notlage, warnte jetzt die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN). Neben der ruinösen Preissituation wüssten die Erzeuger derzeit nicht mehr, wohin mit den Tieren. Die ISN fordert deshalb die Politik und insbesondere auch die nachgelagerten Behörden auf, die Erweiterung der Schlacht- und vor allem Zerlegekapazitäten zu ermöglichen, um eine weitere Zuspitzung und einen „Infarkt der Lieferkette“ zu verhindern. Dazu brauche es jetzt ein schnelles, entschiedenes und abgestimmtes Maßnahmenbündel vonseiten der Behörden.

„Corona und ASP für sich allein genommen stellen den Schweinemarkt bereits vor riesige Herausforderungen. Dass nun beides zusammenkommt, macht die Lage für Ferkelerzeuger und Mäster gleichermaßen dramatisch“, erklärte ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Die aktuell ruinöse Preissituation sei fatal. Wenn zusätzlich die Erzeuger ihre Tiere nicht vermarkten könnten, werde die aktuelle Lage zu einer „handfesten Notsituation“. Laut ISN ist die Situation noch weit schlimmer als bei den coronabedingten Schlachthofschließungen in diesem Sommer, denn die dadurch verursachten Überhänge hätten sich bis heute noch nicht aufgelöst.

Zerlegekapazität: Wöchentlich fehlen 50.000 Schlachtungen

Die ISN wies darauf hin, dass die Zerlegekapazitäten aufgrund der Corona-Maßnahmen an fast allen Schlachthöfen weiter reduziert seien. „Seit Wochen stagnieren daher die Schlachtzahlen bei maximal 850.000 bis 870.000 Schweinen pro Woche. Es fehlen rund 50.000 Schlachtungen pro Woche, allein um den Überhang an Schweinen nicht noch größer werden zu lassen, um den Stau aufzulösen, noch deutlich mehr“, erläuterte ISN-Marktexperte Matthias Quaing.

Die ISN begrüßte, dass am Feiertag der Deutschen Einheit in Nordrhein-Westfalen geschlachtet und zerlegt werden durfte. Generell sei zu prüfen, ob es durch erweiterte Schlachtzeiten und -obergrenzen je Standort Spielräume gebe, um Druck vom Schweinemarkt zu nehmen. Die begrenzenden Corona-Auflagen sollten ebenfalls noch einmal auf den Prüfstand, ohne dabei Kompromisse beim Gesundheitsschutz der Mitarbeiter einzugehen.


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