Herr Präsident Kopplin, wen vertritt der LandBauTechnik-Bundesverband?
Der LandBauTechnik-Bundesverband e.V. ist ein Arbeitgeberverband im Handel und im Handwerk. Wir sprechen bundesweit für rund 5.800 Unternehmen, Fachhändler und Serviceunternehmen mit knapp 45.000 Mitarbeitern, die einen Jahresumsatz von hochgerechnet 13 Mrd. Euro mit Vertrieb von sowie dem Service an Land- und Baumaschinen, Garten- und Kommunaltechnik oder Flurfördertechnik und landwirtschaftlicher Innenwirtschaft erzielen. Unsere Verbandsorganisation ist föderal aufgebaut. Die 42 Innungen LandBauTechnik in Deutschland sind die Basis der Verbandsorganisation auf regionaler Ebene. Auf Landesebene vertreten wir elf Verbände und Landesinnungen sowie die Mitgliederinteressen von Handel und Handwerk überregional.
Wie hat sich die Zahl der Landtechnikunternehmen in den vergangenen Jahren entwickelt?
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, die Anzahl der Betriebe in der Handwerksrolle ist nun bereits im siebten Jahr in Folge gestiegen, was uns sehr freut. Am 1. Januar 2023 waren bundesweit als Land- und Baumaschinenmechatroniker 5.831 Betriebe eingetragen, im Vorjahr waren es noch 5.793, darunter einige Filialen größerer Unternehmensverbünde.
Wie schlagen sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft und das damit einhergehende Größenwachstum in der Nachfrage nach Landtechnik nieder?
Jedenfalls gibt es hier nach Branchenstatistik keinen parallelen Verlauf, schon gar nicht automatisch. Die Zahl der Fachbetriebe – also der Stellen, an denen Service stattfindet – ist seit Jahren konstant bis leicht steigend. Das muss jedoch nichts mit den vertrieblichen Märkten zu tun haben, denn die Herzkammer der Fachbetriebe ist die Werkstatt und ihr Service im weitesten Sinne. Insofern kann es hier zu einer inversen Situation kommen, wenn sich von einer größeren Betriebseinheit mehrere Mitarbeiter selbständig machen. Der Vertriebsumsatz sinkt dann sicherlich, nicht jedoch das Serviceangebot. Aber um noch einmal auf die Frage einzugehen, kann man sagen, dass es fast nur besser wurde. Strukturwandel bedeutet auch immer Investitionen in neue andere, innovativere, größere Technik. Ein Vorteil für den Fachhandel.
Welche Trends kennzeichnen die Strukturentwicklung in der Branche?
Die Trends, vor allem im Handel, sind bundesweit sehr unterschiedlich. Es zeichnet sich in Flächenregionen eine deutliche Konzentration der landwirtschaftlichen Großbetriebe ab. Das hat Konsequenzen für die vertrieblichen Einheiten; am Servicebedarf als solchem ändert das wenig. Tendenziell konzentriert sich der Fachhandel zu größeren Unternehmen, überwiegend getrieben von der Industrie.
Was heißt das für kleine und mittlere Betriebe – können diese weiter auf ein ausreichendes Maschinenangebot vertrauen?
Grundsätzlich sieht man an der gestiegenen Anzahl an Landmaschinen-Fachbetrieben, dass ein Bedarf in der Region da ist, auch wenn es – wie erwähnt – eine Konzentration in einigen Regionen und Bereichen gibt. Doch letztlich ist hier auch immer Raum für viele kleinere Landmaschinen-Fachbetriebe, die ihren Nischenplatz finden. Wir messen das ersatzweise an der Anzahl der B- und C-Händler eines Fabrikats. Diese haben absolut ihre Daseinsberechtigung. Fest steht doch allemal, unser Service wird gebraucht, die Nachfrage im Service für Land- und Baumaschinen sowie Motorgeräte und Flurförderzeuge ist gleichbleibend hoch.
Sind flächendeckende Serviceangebote für die landwirtschaftlichen Betriebe gewährleistet?
Der Service ist das Herzstück der Fachbetriebe – wir leben Service. Die Maschinen werden immer komplexer, da repariert kein Landwirt mal eben selbst etwas. Unser Service wird gebraucht. Die Nachfrage im Service für Land- und Baumaschinen sowie Motorgeräte und Flurförderzeuge ist gleichbleibend hoch und muss auch zukünftig flächendeckend zur Verfügung stehen. Der Service ist selbstverständlich gewährleistet.
Welche Entwicklungen erwarten Sie in den kommenden Jahren für ihre Mitgliedsunternehmen?
Die meisten Fachbetriebe sind gesund. Die Umsatzentwicklung war die letzten Jahre im Durchschnitt ordentlich, zum Teil deutlich darüber. Nach einer – immer gern gesehenen – Sonderkonjunktur, die die Agritechnica auslöst, sehen wir uns im kommenden Jahr vor große Herausforderungen gestellt, insbesondere, was den Vertrieb von Neumaschinen angeht. Unsere Lager stehen nach Überwindung der Lieferschwierigkeiten der Industrie in der Corona-Zeit und dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine mittlerweile voll und müssen in Zeiten deutlich gestiegener Zinsen zwischenfinanziert werden. Die ganze Problematik habe ich jüngst in einem Präsidentenbrief veröffentlicht.
Das heißt, die Engpässe in der Lieferung von Landmaschinen sind überwunden, wie sie mit dem Investitions- und Zukunftsprogramm, Stichwort „Bauernmilliarde“, aufgetreten waren?
Wie gesagt, wir haben momentan eher die Lage, dass die Lager der Landmaschinenhändler gut gefüllt sind, weil viele Maschinen, die wir „blind“ in der Corona-Zeit bestellt haben beziehungsweise bestellen mussten, verfügbar und mittlerweile geliefert sind. Aus der Pandemie heraus haben wir hohe Lagerbestellungen ausgelöst. Das führt dazu, dass die Händler eben hohe Lagerbestände haben, und das bei einem deutlich gestiegenen Zinsniveau. Dies ist eine essenzielle Herausforderung, der sich unsere Händler derweil stellen müssen. Meiner Meinung nach wird die aktuelle Situation eher dazu führen, dass sich die Bestellungen bei den Herstellern reduzieren werden, um eben Lagerbestände abzubauen und um einigermaßen liquide zu bleiben. Das geht ja auch gar nicht anders. Aber auch das wird sich in Zukunft einspielen, aber so leichtfertig wird sich der Lagerbestand wohl nicht mehr hochschrauben.
Die Zahl der Auszubildenden in der „grünen Branche“ ist in den letzten Jahren gestiegen. Wie ist die Situation in den Landtechnikbetrieben?
Wir beobachten seit vielen Jahren – teilweise auch gegen jeden Bundestrend – steigende Zahlen bei den Auszubildenden. Der Beruf des Land- und Baumaschinenmechantronikers ist also beliebt. In der Summe der 3,5 Lehrjahre waren es zuletzt 9.700 Azubis. Das zeigt sich auch bei den Neuverträgen: Zum Stichtag 30. September 2022 lagen nach Angaben des Bundesinstituts für berufliche Bildung (BiBB) bundesweit 2.892 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge Land- & Baumaschinenmechatroniker/in vor; im Vorjahr waren es zur gleichen Zeit 2.832. Das ist ein Plus von 2,1% und macht uns als Branche sehr stolz. In vielen anderen Handwerksbranchen sieht es nämlich ganz anders aus.
Wie schätzen Sie den Bedarf in den nächsten Jahren ein?
Da sieht es bei uns nicht anders aus als in anderen Branchen. Nachwuchs- und Fachkräfte zu finden und zu binden, heißt daher unsere Devise. Und dafür tun wir einiges, beispielsweise mit dem neu entwickelten Berufslaufbahnkonzept für den Beruf des Land- und Baumaschinenmechatronikers. Wir schaffen damit ein attraktives Angebot für kleine und mittlere Unternehmen, um die Fachkräfte, die sie benötigen, zu finden und zu fördern. Unser Ziel ist es dabei natürlich, die Fachkräfte im System zu halten und ihnen eine attraktive Berufslaufbahn mit Weiterbildungs- und Quereinstiegsmöglichkeiten zu bieten. Ebenso setzt hier unser Versorgungswerk an und bietet exakt auf die Branche zugeschnittene Lösungen wie beispielsweise die Überstundenrente. Wir sind also bemüht, den Beruf und die Rahmenbedingungen immer attraktiver zu gestalten, um so junge, aber natürlich auch erfahrene Menschen zu begeistern und von der Faszination LandBauTechnik zu überzeugen.
Insbesondere in der Tierhaltung ist seit Jahren eine Investitionszurückhaltung spürbar. Ursache sind vor allem die unklaren politischen Rahmenbedingungen. Wie stellt sich Ihren Mitgliedsbetrieben die Nachfrage nach Landmaschinen dar?
Um es mit einem Wort zu sagen: reserviert. Investitionen in Stall-, Futter- und Melktechnik oder den Hof-Fuhrpark sind immer kostspielig; das „macht man nicht mal eben so“. Wenn dann die Politik keine klaren Signale gibt und zudem auch noch die Zinssituation ist, wie sie mittlerweile ist, ist eine gewisse Zurückhaltung erwartbar. Das zeigt auch unser quartalsweise angelegtes Konjunkturbarometer. Differenzieren müssen wir hier jedoch ganz klar zwischen Innen- und Außenwirtschaft.
Wie schätzen Ihre Mitgliedsunternehmen ihre Zukunft ein?
Da sagen die Zahlen einiges: Die Branchenkonjunktur im Land- & Baumaschinenhandel und -Handwerk zeigte sich im zweiten Quartal 2023 noch zurückhaltend – das hatten die fast 6.000 Land- & Baumaschinen- sowie Motorgeräte-Fachbetriebe in Deutschland zuvor auch so erwartet: 37 % verzeichneten Umsatzzuwächse gegenüber dem Vorjahresquartal, bei 29 % war keine Veränderung und bei 34 % waren Umsatzverluste zu beklagen. Im Durchschnitt bedeutet das einen Zuwachs von nur noch 1,4 % Umsatzvolumen. Insofern kann es auch nicht verwundern, dass auch die Erwartungen der Unternehmer an die Umsatzentwicklung in näherer Zukunft eher schwach sind: Nur noch 3 % erwarten Zuwächse beim Umsatz, demgegenüber jedoch 45 % Umsatzverluste und 52 % eine Null-Entwicklung.
Was erwarten Sie von der Politik in Bund, Ländern und Kommunen?
Ganz klar, wir erwarten, dass unsere Herausforderungen dort erkannt und nicht noch weitere bürokratische Hürden in den Weg gelegt werden. Es stehen zum Beispiel Themen wie EU Data Act im Raum. Hier sind wir im engen Austausch mit weiteren Verbänden und der Politik. Ebenso wichtig ist das Thema Ausbau des G5-Netzes. Gerade in unserer Branche schreitet die Digitalisierung extrem stark voran. Digitalisierung ist für uns keine Zukunftsmusik mehr, sondern gelebter Alltag. Um den Anforderungen an unseren Beruf auch in Zukunft Rechnung tragen zu können, brauchen wir gerade im ländlichen Raum im Bereich der 5G-Frequenzen eine stabile und zukunftsweisende Infrastruktur. Am wichtigsten ist für unsere Betriebe jedoch eine verlässliche Politik: ertragbare Energiekosten und nach Erreichen des angestrebten Inflationsniveaus eine unbedingte Anpassung des Zinsniveaus.