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Der Einachser wurde bereits mehrfach totgesagt, Hersteller wie Rapid haben ihn jedoch zukunftsfähig gemacht.
Das Einzugsgebiet für die Ausbildung zum Geprüften Natur- und Landschaftspfleger erstreckt sich inzwischen auf ganz Deutschland: Der eine erzählt von Maßnahmen am Deich, sein Kollege daneben von Grünflächen im Allgäu“, sagt Fachlehrer Tobias Weggel. Der 15-wöchige Lehrgang auf Meisterniveau erfuhr auch durch politische Entscheidungen vor einigen Jahren Aufwind, als über einen weiteren Nationalpark sowie das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ diskutiert wurde. Große Teile der Bevölkerung sind dafür, Landwirte und ihr Verband vehement dagegen. Der Kompromiss war dann einerseits die Absage Söders an das Großprojekt – das beispielsweise im Steigerwald aufgebaut hätte werden können – und andererseits aber die generelle Naturförderung voranzubringen. Dazu gehörten dann auch 60 Ranger, die in den Naturparks eingestellt wurden. Nicht wenige davon qualifizierten sich dafür durch den Lehrgang zum Natur- und Landschaftspfleger.
Aber auch Dienstleister oder anderweitig generell an der Branche Interessierte sind an der Schule in Oberfranken gerne gesehen: „Grundlage ist eine Ausbildung in den grünen Berufen, wie etwa Landwirt, Gärtner oder Forstwirt – wir akzeptieren aber auch andere Qualifizierungen. Unsere Absolventen stammen aus sehr vielfältigen Berufsgruppen, vom Bauhof-Mitarbeiter bis zum studierten Landschaftsarchitekten“, erzählt Weggel während eines Praxisseminars für Grünlandpflege. Hier wird den Teilnehmern der Unterschied zwischen einzelnen Verfahren und der entsprechenden Technik dazu vermittelt. Dazu steht auf einer an der Schule gelegenen Wiese die komplette dafür notwendige Maschinenriege parat, vom Einachser bis zum Butterfly-Mähwerk. Denn das Grün kann auf diverse Arten geschnitten und – bei Bedarf – von der Fläche gebracht werden. Im ersten Vergleich werden die Klassiker Trommel- und Scheibenmähwerk verglichen, an letzterem hat Hersteller Krone zudem noch einen Aufbereiter montiert. Weggel und die anwesenden Fachleute der Händler erklären dabei die Unterschiede, etwa hinsichtlich Leistungsbedarf, Bodenlast und was beim Einstellen des Gerätes beachtet werden muss.

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Zwei Arbeitsansätze der Grünlandtechnik von Samasz an einer Maschine, natürlich jeweils alleine vorgeführt.

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Die angehenden Natur- und Landschaftspfleger lernen Grünlandtechnik im Detail kennen.
Mähwerke im Vergleich
Auch Landwirte, die sich hier weiterbilden, lernen noch viel Neues, da sie zwar mit großflächigen Scheibenmähern, Zettern und Ladewagen bestens vertraut sind, Messerbalken-Mähwerke wie das Butterfly von BB-Umwelttechnik, kommunalorientierte Großflächenmäher oder Bandschwader am Einachser aber haben die wenigsten reinrassigen Agrarpraktiker bereits in Aktion erlebt. „Dass ein modernes Messerbalken-Schneidwerk mit ESM-Doppelmessern durchaus 14 km/h schnell arbeiten kann und dabei lediglich 2 PS pro Meter Arbeitsbreite benötigt, überrascht dann doch den einen oder anderen. Denn ein Scheibenmähwerk braucht das Zehnfache an Pferden“, weiß Weggel. Dafür sei allerdings der Wartungsaufwand höher. Für die angehenden Naturpfleger liegt der Vorteil der beinahe in Vergessenheit geratenen Mähtechnik in ihrem schonenden Umgang mit Insekten und Boden sowie der reduzierteren Wachstumsdepression durch den sehr sauberen Schnitt der Halme.
Nach dem Schnitt will das Grüngut auch geborgen werden, weshalb an verschiedenen Maschinen demonstriert wird, was der Unterschied zwischen Zetten und Wenden ist, und warum man danach auch noch einen Schwader benötigt. Auch Fachdetails wie die durch bestimmte Werkzeuge unterschiedlich stark angeschlagene Wachsschicht der Grashalme und die entsprechenden Auswirkungen zeigen die Praktiker der oberfränkischen Schule direkt am frischen Schnittgut. Ebenso weisen sie auf Dinge wie Bröckelverluste hin, die sich bei falsch eingestelltem Gerät auf bis zu 20 Prozent summieren können. Da gerade in der Natur- und Landschaftspflege die schonende Arbeitsweise oft über der Schlagkraft steht, sieht auch der Kammschwader ein Revival auf sich zukommen. Vor Ort war ein neues Gerät der polnischen Marke Samasz im Einsatz. „Dafür ist aber anständig Hubkraft gefordert, weshalb der 6120M von John Deere hier auch nicht überdimensioniert ist“, gibt Weggel zu bedenken. Mit schwerem Material komme man zudem schnell an die Grenze, weshalb eher trockenes Heu und weniger Silagegras zum Beuteschema des Kammschwaders gehört.

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Die irischen Sichelmäher von Major reisten mit Händler und Importeur Krengel extra aus dem Sauerland an.

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Müthing zeigte seine Mulcher für wendige Kompaktschlepper.
Maschinen mit Fernbedienung
Eine Station weiter werden dann die Einachser von Rapid in Aktion genommen und deren Vorteile in der Landschaftspflege auf kleineren oder schwerer zugänglichen Schlägen herausgestellt. Dass der Bediener hier dank Funk auch am Feldrand bleiben kann, ist ein klarer Vorteil. „Hier kann inzwischen auch mit einer Kamera auf der Maschine und einer VR-Brille gearbeitet werden, die Berufsgenossenschaft sieht solche Lösungen derzeit aber noch eher kritisch“, so Weggel. Neben dem Schnitt wird mit dem Bandrechen auch die Abfuhr von der Fläche per Einachser ermöglicht, das Gerät führt das Schnittgut auf einer Schwad zusammen und transportiert es bei Bedarf wie eine motorisierte Schubkarre auch zur gewünschten Position. Ein häufiger Einsatz dafür ist beispielsweise das Freihalten von Regenrückhaltebecken. Durch die gute Sicht auf das Schnittgut können dabei bodenbrütende Vögel leichter im Bestand erkannt werden.

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Neben den Traktoren waren auch kommunal orientierte Mähgeräte im Einsatz.

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Neben dem Einsatz der Maschinen müssen die Teilnehmer auch die Technik verstehen und warten können. Dazu gehören neben Traktoren und Einachsern auch Freischneider und Kettensägen.
Praxistag mit zwölf Traktoren
Wenn es darum geht, plattes Gras zu schneiden, müssen jedoch Mulcher mit mehr Sog oder Sichelmäher ran. Auch hier schreiten neue Entwicklungen zum Insektenschutz voran, wie etwa Mulag mit seinem darauf ausgerichteten Mulchkopf für Straßen-Seitenstreifen zeigt. Als Exot, der aber durchaus Berechtigung findet, war der hiesige Händler der irischen Firma Major mit zwei unterschiedlich dimensionierten Geräten vor Ort und zeigte Alleinstellungsmerkmale: Mit 10 PS pro Meter Arbeitsbreite ist der Leistungbedarf der Sichelmäher geringer als die eines Mulchers, komme dabei aber trotzdem auch mit sehr hohem Bestand (zwei Meter seien kein Problem) zurecht. Außerdem sei die Technik insektenfreundlicher. Müthing zeigte dagegen seine Mulcher mit Y-Messern, die ebenfalls für schonendere Einsätze ausgelegt wurden. Ebenfalls vor Ort dabei war das Gebläse von Fischer Maschinenbau, mit dem Insekten aus dem Gras gescheucht werden sollen. Insgesamt waren am Praxistag zwölf Traktoren mit teilweise mehreren Anbaugeräten im Einsatz.
„Die Absolventen müssen neben der Wahl des richtigen Werkzeugs für eine bestimmte Maßnahme auch die komplette Einsatzbereitschaft herstellen können“, erklärt Weggel. Daher müssen die Teilnehmer am Nachmittag in der Werkstatt zeigen, dass sie die Technik auch im Detail verstanden haben, vom Messer bis zum Motor. In der Prüfung müssen zwar keine großen Reparaturen bis auf die Zylinderkopfdichtung durchgeführt werden, wohl aber ein Überprüfen des Motors auf seine Einsatzfähigkeit, wozu beispielsweise der Ölstand und ein sauberer Kühler gehören. Messerwechsel sowie die Wartung von Kettensäge und Freischneider gehören ebenfalls zum Lehrplan.
Schulung für Landmaschinenmechatroniker
Als zweite Lehrveranstaltung besuchten wir ein paar Wochen danach die Robotik-Woche der angehenden Meister der Landmaschinenmechatroniker. Diese entstand zusammen mit der Fahrzeugakademie der Handwerkskammer für Unterfranken in Schweinfurt. „Die Digitalisierungsthemen werden ab 2024 auch offiziell prüfungsrelevant, wir haben das einstige Randthema bereits vor zwei Jahren für eine ganze Woche Vollzeit in den Lehrplan integriert“, so Weggel. Innerhalb einer Woche widmet man sich dabei täglich einem Bereich: Montag steht alles rund um die Spurführung auf dem Programm, Dienstag wird das dann durch Section Control und alles drumherum vertieft. Am Mittwoch befassen sich die Schüler dann mit Farmmanagementsystemen und deren Datenverwaltung. Der vorletzte Tag behandelt dann das Thema Isobus-TIM, wobei das Anbaugerät selbst aktiv in die Steuerung des Traktors eingreifen darf. Dazu war beispielsweise Lemken mit vor Ort und zeigte an einem Pflug, wie dieser seine Einstellung selbst nachregelt, sollte der Schlepper vom Kurs abkommen. Dafür muss keine eigenständige Hydrauliksteuerung am Anbaugerät verbaut werden, da die Zylinder an den Scharen via TIM durch die Steuergeräte des Traktors bewegt werden können. Ebenfalls dabei war die Baywa mit einem Gespann aus Fendt-Traktor und Ladewagen, die ebenfalls auf die neue Technik setzen.
„Notwendig wird eine fundierte Ausbildung am digitalen System, da Plug&Play meist nur in der Theorie funktioniert“, weiß Weggel. Auch am Versuchsschlepper wurde lediglich kurz vorher noch auf ein anderes Terminal umgestellt, wodurch das System erst einmal nicht so wollte wie gedacht. Die Lemken-Experten konnten das Problem jedoch schnell lösen und zeigten so den realen Fall: Die Fachleute der zukunftsorientierten Landmaschinenhändler müssen auch solche Systeme im Detail kennen, Fehler schnell finden und lösen können. „Natürlich braucht es auch weiterhin Spezialisten, die sich bereits auf die Arbeit freuen, wenn ein weiß aus dem Abgasrohr rauchender Schlepper auf den Hof fährt. Gleichzeitig braucht es aber eben auch Leute, die auf den digitalen Systemen absolut fit sind und dort ihre Leidenschaft finden“, ist sich Weggel sicher.

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Feldrobotik gehört in Bayreuth bereits fest zum Lehrplan, auch wenn es erst nächstes Jahr in der Abschlussprüfung relevant wird.
Agrarroboter auf dem Stundenplan
An den Nachmittagen der Donnerstage stehen dann die inzwischen in der Praxis angekommenen Agrarroboter auf dem Stundenplan. Als Partner sind hier die Firmen Naio und Farming GT an Bord und mit ihren Vorführern in Bayreuth dabei. Nachdem die Technik im Detail erklärt wurde, dürfen die Schüler auch an die Fernbedienungen und die Geräte über den Hof steuern. Dabei erfahren sie, wie das Anlernen der Maschine funktioniert und wie man durch Abfahren die Grenzen eines Ackers erfasst. Zudem werden Störungen simuliert und deren mögliche Behebung erörtert. Dazu gehört etwa die saubere Kalibrierung der Schare einer Unkrauthacke, die per Verschieberahmen gesteuert wird. Denn wenn der Roboter mit fehlerhaften Werten über deren Position arbeitet, köpft er eventuell alle Rüben, statt das Unkraut zwischen den Pflanzen zu beseitigen.
„Derzeit müssen wir auf dem Hof Trockenübungen veranstalten, statt real im Feld zu hacken“, sagt Weggel. Das liege vor allem daran, dass die Hersteller und Händler mit ihren Maschinen in der Hauptsaison bei potenziellen Kunden vorführen und die Maschinen damit kaum für die Schule zur Verfügung stehen. Da es an arrondierten Flächen aber nicht mangelt, möchten die Lehranstalten nun einen eigenen Roboter anschaffen, wofür derzeit ein Förderantrag ausgearbeitet wird. Damit könnte die Ausbildung in Zukunft noch näher an der Praxis stattfinden. Die künftigen Robotikwochen sollen dann Landwirte und Mechatroniker zusammen besuchen, denn beide Berufsgruppen könnten so voneinander lernen und von der neuen Technik gleichermaßen profitieren.