Immer mehr Landwirte klagen zusammen auf Schadenersatz

Auf Rückforderungs- und Schadensersatzansprüche spezialisierter Prozessfinanzierer berichtet von hoher Nachfrage – Sammelklage soll im Spätsommer eingereicht werden – Bislang haben sich mehr als 2.600 Betriebe angeschlossen – Prozessfinanzierer geht von mehr als 250.000 geschädigten Landwirten aus

Pflanzenschutzmittel-Kartell: Immer mehr Landwirte klagen zusammen auf Schadenersatz

Immer mehr deutsche Landwirte sind offenbar bereit, mögliche Schadensersatzansprüche gegenüber dem Pflanzenschutzmittel-Kartell durch Prozessfinanzierer geltend machen zu lassen. Die unilegion GmbH berichtet von 600 Anmeldungen allein im März; pro Woche sollen es im Durchschnitt 100 Betriebe sein. Das auf Rückforderungs- und Schadensersatzansprüche spezialisierte Münchener Unternehmen hat nach eigenen Angaben aufgrund der hohen Nachfrage seine Anmeldefrist daher bis zum 15. Mai verlängert. Eingereicht werden soll die entsprechende Sammelklage dann im Spätsommer. Nach derzeitigem Stand wird unilegion die Forderungen von mehr als 2.600 Betrieben bündeln, die zusammen 650.000 Hektar Agrarfläche bewirtschaften und im fraglichen Zeitraum Pflanzenschutzmittel im Wert von etwa 750 Mio. Euro gekauft haben.

Das Bundeskartellamt hatte im Rahmen des Verfahrens wegen Absprachen über Preislisten, Rabatte und einige Einzelpreise beim Verkauf an Einzelhändler und Endkunden Bußgelder über insgesamt 154,6 Mio. Euro verhängt. Betroffen waren die Agravis Raiffeisen AG, die BayWa AG, die Agro Agrargroßhandel GmbH & Co. KG, die BSL Betriebsmittel Service Logistik GmbH & Co. KG, die Getreide AG sowie die Raiffeisen Waren GmbH, die Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main (RWZ) und die ZG Raiffeisen eG. Die Beiselen GmbH blieb straffrei, da sie als erstes Unternehmen kooperiert hatte. Die BayWa hatte zunächst noch versucht, mit einer Amtshaftungsklage gegen die Kartellwächter vorzugehen und das Bußgeld von 68,6 Mio. Euro sowie Verteidigungskosten von 4,4 Mio. Euro als Schaden geltend zu machen. Das Landgericht Bonn wies die Klage im Dezember 2020 aber vollständig ab.

Nach Schätzungen von unilegion hat das Kartell mit seinen Preisabsprachen im Zeitraum von 1998 bis 2015 mehr als 250.000 Landwirte geschädigt. Der Prozessfinanzierer erhält nach eigenen Angaben im Erfolgsfall eine Provision von 21 bis 32 Prozent des erstrittenen Schadenersatzes; der übrige Betrag soll unter den beteiligten Landwirten aufgeteilt werden.

Provision im Erfolgsfall

Die Höhe der potenziellen Entschädigung hängt laut unilegion von einer „eingehenden wettbewerbsökonomischen Begutachtung und dem Erfolg bei Verhandlungen mit den Kartellanten beziehungsweise vor Gericht“ ab.

Auf Grundlage von Preisaufschlägen aus anderen langfristigen und flächendeckenden Kartellen sei es möglich, dass die Betriebe bis zu 20 Prozent ihrer Kosten für Pflanzenschutzmittel zuzüglich Zinsen erstattet bekommen könnten. Bei einer Beteiligung von mehr als 3.000 Landwirten dürften laut dem Prozessfinanzierer mehr als 100 Mio. Euro zusammenkommen.

Informationen: www.unilegion-pflanzenschutz.de

 


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