Bei mittelständisch geprägten Unternehmen werden Ideen und Innovationen oft durch Kundenwünsche ausgelöst – so auch in diesem Fall, der die Anbindung zwischen Zugfahrzeug und Anhänger betrifft.
Für eine elektrohydraulische Hilfslenkung einer oder mehrerer Achsen des Trailers ist es wichtig, den Winkel zwischen Zugfahrzeug und Anhänger zu erfassen, um die Lenkgeometrie gemäß Ackermann (siehe 1) Exkurs) darstellen zu können. Nur so können die Hauptvorteile wie reduzierter Reifenverschleiß und hohe Manövrierfähigkeit voll ausgenutzt werden.
Hierfür hat die Firma Mobil Elektronik einen besonders robusten Deichsel-Winkelgeber entwickelt (Abbildung 1).
In dem robusten Edelstahlgehäuse ist ein redundanter Dreh-Winkelgeber verbaut. Um den Knickwinkel messen zu können, wird der Hebel des Winkelgebers über ein Gestänge mit der K50 Zwangslenkungskugel des Traktors verbunden werden. Diese mechanische Kopplung hat den Vorteil, dass der Knickwinkel zwischen Zugfahrzeug und Anhänger in allen Fahrsituationen, sogar im Stillstand, gemessen werden kann. Dadurch können die Lenkachsen des geparkten Hängers, direkt nach dem Ankuppeln an den Traktor, durch das Lenksystem von Mobil Elektronik synchronisiert werden, und die Lenkgeometrie gemäß Ackermann ist für das Gespann schon vor dem Losfahren gegeben.
Diese Verbindung ist zwar sehr robust und hält den widrigen Bedingungen auf dem Feld stand, ist aber vielen Anwendern beim An- und Abkuppeln zu aufwändig, wenn unterschiedliche Zugfahrzeuge zum Einsatz kommen.
Die Aufgabenstellung lag nun darin, eine einfachere Anbindung zwischen Zugfahrzeug und Trailer mit einem von ME Mobil Elektronik ausgestatteten Lenksystem zu realisieren.
Das hört sich zunächst recht trivial an, ist aber gar nicht so einfach umzusetzen: Denn um das EHLA TRAILER Lenksystem weiterhin gemäß EC 79-R auf öffentlichen Straßen betreiben zu können, muss der Knickwinkel der beiden Fahrzeuge in Form eines elektrischen Signals redundant ermittelt werden.
Die Lösung, die Firma Scharmüller erfunden und patentieren lassen hat, ist eine Kugelkopfanbindung mit integrierter Sensorik (Abbildung 2).
Für dieses Konzept ist traktorseitig eine Sensorkugel erforderlich, die in Scharmüller-Kupplungssystemen sehr einfach getauscht und auch in anderen Systemen nachgerüstet werden kann.
Die anhängerseitige Kugelkupplung ist mit einem Sensorelement ausgestattet. Beim Drehen der Zugöse auf der Kugel ändert sich das Magnetfeld. Durch den sogenannten Hall-Effekt wird daraus ein Signal erzeugt, welches über CAN an den Sicherheits-Lenkcomputer des Lenksystems von Mobil Elektronik geliefert wird.
Abbildung 3 verdeutlicht im Detail die Funktionsweise des EHLA TRAILER Lenksystems.
„Diese Lösung ist praxisgerecht und erfüllt die Forderungen der Landwirte und Lohnbetriebe zur einfachen An- und Abkopplung unterschiedlicher Fahrzeuge“, so Thomas Beckert, Vertriebsingenieur von Mobil Elektronik.
Aktuell werden noch Feldtests der neuen Scharmüller Kugelkopfkupplung in Verbindung mit dem EHLA Lenksystem durchgeführt. Danach soll die Serienfreigabe erfolgen.
Eine weitere Neuerung, die den Kunden in Kürze für Agrartrailer zur Verfügung stehen wird, ist die Bedienung des Lenksystems über ISOBUS.
Über Mobil Elektronik
Mobil Elektronik entwickelt und produziert seit über 45 Jahren komplexe Steuerungssysteme für namhafte Hersteller von mobilen Maschinen sowie Nutz- und Spezialfahrzeugen weltweit. Mittlerweile beschäftigt der Systemanbieter in Langenbrettach bei Heilbronn über 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hinsichtlich der Breite des Angebots und Knowhows sieht sich das Unternehmen als Vorreiter und Weltmarktführer bei elektronischen Lenksystemen (Steer-by-Wire).
1) Exkurs
Die Ackermann-Lenkgeometrie ist eine geometrische Anordnung von Gestängen in der Lenkung eines Autos oder eines anderen Fahrzeugs, die das Problem von Rädern innerhalb und außerhalb einer Kurve lösen soll, die Kreise mit unterschiedlichen Radien nachzeichnen müssen. Es wurde 1817 vom deutschen Kutschenbauer Georg Lankensperger in München erfunden und 1818 von seinem englischen Vertreter Rudolph Ackermann (1764–1834) für Pferdekutschen patentiert. Die Ackermann-Bedingung des Fahrzeugzuges ist erfüllt, wenn nicht nur die Radachsen des ziehenden Fahrzeugs, sondern auch die Radachsen des Anhängers in das theoretische Wendezentrum (Momentan Centrum) zeigen. (Quelle: wikipedia)