Mit dem richtigen Bauchgefühl zum Traumjob

Mirjam Kleinknecht (Produktmarketing) und Felix Glas (Retail Marketing) haben beide sehr erfolgreich den Berufseinstieg bei AGCO/Fendt geschafft. So unterschiedlich ihre Wege waren: Beide sind immer ihren Interessen gefolgt. Damit haben sie letztlich genau den Job gefunden, der zu ihnen passt.

: Mit dem richtigen Bauchgefühl zum Traumjob

Über 400 Aussteller und rund 20.000 Besucher: Die Messe Intervitis ist Deutschlands größte Messe für Wein- und Obstbau sowie Brennereitechnik in Stuttgart. Ein professioneller Messeauftritt ist für jeden Aussteller eine große Aufgabe – erst recht, wenn man als junge Berufseinsteigerin mit der Messevorbereitung für den weltweit agierenden Landtechnikhersteller Fendt betraut wird. „Das war ein großes Projekt für mich, aber auch ein interessanter Einstieg“, sagt Mirjam Kleinknecht. Sie hat im Jahr 2012 bei Fendt in Marktoberdorf angefangen. Projektleiterin für die Intervitis wurde sie nicht von ungefähr: Die heute 33-jährige stammt von einem Wein- und Ackerbaubetrieb aus der Nähe von Heilbronn. Als ehemalige Württemberger Weinkönigin hat sie zudem sehr gute Kontakte in diesem Spezialbereich der Landwirtschaft. Den technischen Hintergrund für ihre Arbeit bei einem Landtechnikhersteller erwarb sie sich hingegen im Studium.

Mirjam Kleinknecht hat an der Universität Hohenheim Agrarwissenschaften mit Schwerpunkt Landtechnik studiert. „Mich hat es mehr zur Technik gezogen als zur Tier- oder Pflanzenproduktion. Hinzu kam, dass es in diesem Bereich weniger Studierende gab und damit weniger ‚Frontalunterricht‘. Wir konnten sehr viel selbst erarbeiten, beispielsweise bei Konstruktionsaufgaben oder es gab Projektarbeiten, in denen verschiedene Gruppen den anderen Studierenden ihre Arbeiten vorgestellt haben.“

Praktikum in einer Landtechnikwerkstatt

Eines ihrer Praktika während des Studiums hat Kleinknecht in einer Landmaschinenwerkstatt nahe ihrem Heimatort gemacht. „Die Mechaniker in der Werkstatt hatten kein Problem mit technikinteressierten Kolleginnen. Neben mir gab es nämlich schon eine junge Frau, die ihre Ausbildung zur Landmaschinenmechanikerin machte“, berichtet sie. Diese praktischen Erfahrungen waren für sie wichtig. Denn sie wollte unbedingt auch das Innenleben der Maschinen direkt kennen lernen – nicht nur theoretisch in der Vorlesung.

Nach der Bachelorarbeit hat sie ein Praktikum in der Verkaufsförderung bei Fendt in Marktoberdorf absolviert. „Als Student denkt man, warum sollte sich so ein großer Hersteller unter all den Bewerbern gerade für mich entscheiden. Trotzdem habe ich mich beworben und die Stelle bekommen“, blickt sie zurück.

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Zu Mirjam Kleinknechts Aufgaben gehört es, bei der Einführung einer neuen Baureihe die technischen Details aus der Entwicklungsabteilung aufzuarbeiten.

Viele Absolventen schaffen mit einem Praktikum den Einstieg. Auch Kleinknecht hat festgestellt, wie wertvoll es ist, Unternehmenseinblicke schon als Praktikantin zu erhalten. Das gilt auch umgekehrt: Auch der potenzielle Arbeitgeber und die Mitarbeiter können im Rahmen eines Praktikums einen potenziellen Kollegen besser kennen lernen.

Zunächst wollte sie aber 2010 erst einmal an die Universität Hohenheim zurück, um ihr Studium mit einem Master in Landtechnik abzuschließen. Die generell wirtschaftlich schwierige Situation in Deutschland zu diesem Zeitpunkt verstärkte ihren Entschluss, einen höheren akademischen Abschluss zu machen. „Ich hatte im Bachelorstudium nur zwei Semester mit dem Schwerpunkt Landtechnik, der Rest war landwirtschaftliche Grundlagen“, sagt sie. „Mit dem Masterstudium hatte ich dann die Möglichkeit, diese Kenntnisse zu vertiefen.“ Dank der Kontakte, die sie bei Fendt geknüpft hatte, konnte sie auch die Mas- terarbeit in der Abteilung Verkaufsförderung schreiben. Darüber schaffte sie den Berufseinstieg und fing 2012 fest bei Fendt an.

Einstieg in der Verkaufsförderung

Nach dem Einstiegsprojekt „Intervitis“ war sie anfangs in der Verkaufsförderung dafür zuständig, den eigenen Verkäufern neue Baureihen vorzustellen. Dafür hat sie nicht nur Unterlagen erstellt, sondern war auch bei Vorführtouren in Italien und der Schweiz dabei. „Ich habe früh viel Verantwortung übertragen bekommen. Das war spannend und ich habe unglaublich viel gelernt“, sagt sie.

Im Januar 2019 ist sie ins Produktmarketing gewechselt. Mirjam Kleinknecht beschreibt ihre Stelle jetzt als „Schnittstelle zwischen Entwicklung und Marketing“. Wegen ihrer Spezialkenntnisse im Weinbau ist sie für die kompakten Traktorbaureihen bis 170 PS zuständig, zu denen u.a. auch die Spezialtraktoren für Weinbau zählen.

Zu ihren Aufgaben im Fendt-Produktmarketing gehört es, beispielsweise bei der Einführung einer neuen Baureihe die technischen Details aus der Entwicklungsabteilung aufzuarbeiten. Mit diesen Informationen versorgt sie das Marketing, damit neue Produkte Kunden auch entsprechend vorgestellt werden können. Das gilt sowohl für die Pressearbeit als auch für Anzeigen, Broschüren oder Kataloge. Zudem gibt ihre Abteilung Empfehlungen zur Preisgestaltung oder legt fest, welche Anforderungen eine neue Baureihe erfüllen sollte.

Als Frau muss man sich beweisen

Was sie in den sieben Jahren ihres Berufslebens festgestellt hat: Es ist für viele Kollegen und Kunden in der Landtechnik-Branche nach wie vor ungewohnt, dass eine Frau intensive Fachkenntnisse und praktische Erfahrung mit Technik hat. Kleinknecht nennt schmunzelnd ein typisches Beispiel: „Wenn ich mit einem Kollegen auf der Messe stehe, fragen die Landwirte ihn nach technischen Details und mich nach Katalogen oder Kaffee!“ Sie musste lernen, sich in dieser männlich dominierten Branche zu beweisen. Im Unternehmen Fendt fühlt sie sich voll und ganz akzeptiert und gleichwertig behandelt, und auch die Branche ändert sich langsam. „Aber das braucht eben seine Zeit.“ Umso wichtiger, dass heute immer mehr junge Frauen sich für Landtechnik interessieren und hier ihre Karriere beginnen.

Tipps von Mirjam Kleinknecht für den Berufseinstieg

: Mit dem richtigen Bauchgefühl zum Traumjob

■ Im Bereich Produktmarketing und Verkaufsförderung bei einem Landtechnikhersteller sind landwirtschaftliche und landtechnische Fachkenntnisse sowie praktische Erfahrung unerlässlich: „Man muss wissen, wie die Kunden denken und was sie benötigen“, weiß sie heute.

■ Wer hier arbeiten will, muss nicht unbedingt vom elterlichen Hof kommen, sollte sich aber mit Ausbildung oder längeren Praktika das Spezialwissen über Landwirtschaft und Technik angeeignet haben.

■ Es ist hilfreich, ein Netzwerk aufzubauen und den Draht zur Praxis zu behalten. Kleinknecht fährt z. B. regelmäßig nach Hause, um im elterlichen Betrieb zu helfen. Hier erhält sie von Landwirten oder Lohnunternehmern immer wieder wichtige Rückmeldungen zu Anforderungen an neue Technik.

■ Sie rät dazu, sich bei der Bewerbung auf einen „Traumjob“ nicht von der langen Anforderungsliste der Stellenausschreibung entmutigen zu lassen. Ihrer Erfahrung nach gibt es selten einen Kandidaten, der tatsächlich alle Anforderungen erfüllt.

■ Ein Praktikum im Unternehmen ist sehr hilfreich, um sich gegenseitig kennenzulernen.

■ Im Nachhinein bedauert sie, dass sie nicht noch einen längeren Auslandsaufenthalt machen konnte. In ihrem Fall war dafür keine Zeit mehr.

■ Der Master war für sie persönlich wichtig, um noch tieferes Fachwissen für Landtechnik zu erwerben. Sie rät dazu, Dinge nur zu machen, die man persönlich will – und nicht, um später eine vermeintlich bessere Stelle zu erhalten.

■ Sie rät gerade jungen Frauen, sich auch in der Landtechnik zu bewerben. Ihr Credo: „Wir können das genauso gut wie die Männer – und das sollte heute niemanden mehr überraschen.“

Felix Glas: Vom Vorführfahrer zum Markenbotschafter

Felix Glas ist heute 35 Jahre alt. Auch er arbeitet seit 2012 bei Fendt. Ursprünglich hatte er die Landtechnikbranche nicht im Fokus und drei Semester Maschinenbau studiert. Zunehmend stellte er fest, dass sein Herz für eine andere Branche schlägt. So schwenkte er 2006 um und begann an der TH Bingen Agrarwirtschaft zu studieren. Hier absolvierte er von 2006 bis 2009 den letzten Diplomstudiengang. Bei Prof. Dr. agr. Thomas Rademacher schrieb er seine Diplomarbeit zur Markteinführung eines neuen Mähdreschermodells.

Parallel dazu hat er schon früh angefangen, bei Lohnunternehmern zu arbeiten. „Maschinen wurden meine Leidenschaft, ich bin viel Traktor und Mähdrescher gefahren“, erzählt er.

Das Sommersemester 2008 verbrachte er in Saskatchewan in Kanada auf einem Betrieb mit 6000 ha. „Das war sehr interessant, da die Kanadier wegen des strengen Winters nur Sommergetreide aussäen. Ich konnte daher von Mai bis August eine komplette Saison von der Aussaat bis zur Ernte mitmachen“, berichtet Glas.

: Mit dem richtigen Bauchgefühl zum Traumjob

Felix Glas arbeitet eng mit Vertriebspartnern, Regionalvertriebsleitern und Werksbeauftragten zusammen.

Nach seinem Abschluss an der TH Bingen machte er seinen Traum wahr und verbrachte im Jahr 2010 sechs Monate in Australien. Hier arbeitete er bei einem großen Lohnunternehmer. Schon von Australien aus bewarb er sich bei verschiedenen Herstellern. Fendt suchte für eine neue Mähdreschergeneration Vorführfahrer. Die Gelegenheit nutzte Glas und arbeitete vier Monate lang in verschiedenen Regionen in der Verkaufsförderung für Fendt-Erntemaschinen. Da diese Stelle befristet war, ging er im Jahr 2011 für weitere neun Monate nach Australien. „Das Jahr war dort extrem nass. In der Ernte hatten wir 500 l Niederschlag“, blickt er zurück. Wegen der schwierigen Erntebedingungen konnte er mit einer Raupenmaschine rund 700 Stunden dreschen.

Einstieg als Werksbeauftragter

Im Jahr 2012 bekam er eine Festanstellung im Vertrieb bei Fendt. Die ersten fünf Jahre arbeitete er als Werksbeauftragter für Erntemaschinen in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen, später in Thüringen, Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz. „Auch wenn es sich so anhört, ich musste in der Zeit nie umziehen und war auch nur vier- bis fünfmal im Jahr am Fendt-Hauptsitz in Marktoberdorf. Denn im Außendienst wird im Homeoffice gearbeitet“, schildert er die damalige Situation.

In den folgenden Jahren hat Fendt sein Produktprogramm erweitert. So stellte der Hersteller den Kunden zur Agritechnica 2017 neue Produktgruppen, wie Rundballenpressen, Ladewagen, Grünfuttererntemaschinen sowie Pflanzenschutztechnik vor. Aus diesem Grund wurde eine Stelle für das „Retail Marketing“ (Deutsch: Vertriebsmarketing) eingeführt und mit Felix Glas besetzt. Seitdem hat er erstmals ein Büro in Marktoberdorf. „Ich bin jetzt die rechte Hand des Vertriebsleiters in Deutschland“, beschreibt er die Stelle. Eine seiner Hauptaufgaben ist die zentrale Planung, Organisation und strategische Ausrichtung der Vertriebsaktivitäten in Deutschland: Welche Segmente und Themenfelder werden in Zukunft interessant? Welche Stückzahlen sind von jeder Produktgruppe gefragt? Dabei arbeitet er eng mit Vertriebspartnern, den Regionalvertriebsleitern und den Werksbeauftragten zusammen. Außerdem kümmert er sich um Themenfelder, wie Händlerentwicklung, Digitalisierung und Marketing.

Hilfreich für ihn ist, dass er selbst mehrjährige Erfahrung im Außendienst sammeln konnte. Für sechs Mitarbeiter der Verkaufsförderung hat er auch Personalverantwortung.

Demnächst steht für ihn aber schon wieder der nächste Karriereschritt an: Er wird für 21 Monate als „Fendt-Markenbotschafter“ nach Brasilien gehen. Vor Ort soll er die Markteinführung von Fendt mitgestalten und beim Aufbau eines Händlernetzwerkes unterstützen. Primär geht es darum, die Kultur und die Werte von Fendt in den brasilianischen Markt zu bringen. Im Januar 2020 geht es für ihn los – wieder eine spannende Aufgabe mit einer neuen Stelle für ihn.

Tipps von Felix Glas für den Berufseinstieg

: Mit dem richtigen Bauchgefühl zum Traumjob

■ Schon beim Studiengangwechsel von Maschinenbau zu Agrarwirtschaft hat sich Felix Glas von seinem Bauchgefühl leiten lassen. Sein Rat: Das tun, worauf man wirklich Lust hat und nicht das, was vermeintlich gute Berufsaussichten verspricht oder was andere einem raten.

■ Spaß im Job ist sehr wichtig. Wenn man mit Herzblut bei der Sache ist, dann kommt der Erfolg von ganz allein.

■ Dinge können sich schnell verändern. So kann es bei jedem Job und auf jeder Stelle neue Perspektiven oder neue Möglichkeiten geben. Glas rät dazu, Ruhe zu bewahren und nicht in einer emotionalen Phase kurzfristig die Stelle zu wechseln.

■ Eine Karriereplanung ist sehr schwierig, da sich viel Neues ergibt, was man vorher nicht wissen kann. Sein Rat: Immer dem eigenen Gefühl folgen und das tun, was einem wirklich liegt.

■ Wenn etwas mal nicht so gut läuft, hat Glas gute Erfahrung damit gemacht, erst einmal sich selbst zu fragen: „Was kann ich tun, um die Situation zu verbessern?“ Eine gesunde Selbstreflek- tion ist wichtig.

■ Seit zwei Jahren pendelt er zwischen seinem Heimatort im Rhein-Main-Gebiet und Marktoberdorf. „Pendeln ist keine Dauerlösung, die Belastung ist schon hoch“, musste er feststellen.

■ In einem Auslandspraktikum, wie in Kanada oder Australien, hat er seinen Horizont erweitert und gelernt, anders an Dinge heranzugehen und auch mal zu improvisieren.


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