Politik muss Chancen nutzen

Biokraftstoffe benötigen geeignete Rahmenbedingungen für den langfristigen Einsatz – Für den Einsatz alternativer Kraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft ist die finanzielle Attraktivität wichtig

Biokraftstoffe: Politik muss Chancen nutzen

Seit dem 1. Juli läuft der New Holland T6.180 mit Methangasantrieb vom Band.

Der Geschäftsführer der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP), Stephan Arens, hat die Bundesregierung dazu aufgerufen, die Chancen, die sich aus dem Entwurf der überarbeiteten Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien (KUEBLL) der EU-Kommission für die Biokraftstoffe in der Landwirtschaft ergeben, zu nutzen. Er begründete das mit dem inhaltlichen Fortschritt der Leitlinie, die steuerliche Förderung nachhaltiger Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft fortzusetzen. Arens appellierte auf dem digitalen Zukunftsforum der Branchenplattform Biokraftstoffe in der Land- und Forstwirtschaft am 13. Juli an das Bundeslandwirtschaftsministerium, jetzt die Rahmenbedingungen für einen langfristigen Einsatz von Biokraftstoffen zu schaffen. Das müsse sich in der nationalen Politik wiederfinden.

„Mit dem Einsatz von Biokraftstoffen im Maschinenbestand in der Land- und Forstwirtschaft können kurzfristig 3 Mio. t CO2 eingespart werden“, betonte Arens. Daher sei es sehr wichtig, die Richtlinie zur Förderung der Energieeffizienz und der CO2-Einsparungen in der Landwirtschaft und im Gartenbau „dringend“ anzupassen, um technologieoffen Biomethan und Biokraftstoffe bei Neu- und Bestandsmaschinen einsetzen zu können.

Nach Auffassung von Dr. Axel Kunz von der John Deere GmbH & Co. KG Deutschland sind alternativ angetriebene Motoren volkswirtschaftlich gesehen zunächst vernachlässigbar. „Sie gewinnen aber mit der Zeit an Bedeutung“, betonte Kunz. Das Gute daran sei, dass sie unmittelbar zur positiven Wahrnehmung der Landwirtschaft beitrügen.

Verteuerung fossiler Kraftstoffe wird zunehmen

Arens zeigte sich überzeugt, dass angesichts der weiteren Verteuerung fossiler Kraftstoffe in den nächsten fünf bis sechs Jahren die Wettbewerbsfähigkeit der Biokraftstoffe und Pflanzenöle zunehmen werde. Deshalb begrüßte er, dass die CSU-Europaabgeordnete Marlene Mortler kürzlich an die Landwirtschaft appelliert habe, längerfristig nicht am fossilen Dieselkraftstoff festzuhalten. Bezüglich der Vorteile der Biokraftstoffe bekräftige der UFOP-Geschäftsführer die Forderung der Biokraftstoffbranche nach einer höheren Beimischung im normalen Verkehrssektor, beispielsweise durch die Einführung von E20 oder E30. Zugleich gab Arens auch aus Sicht der Branchenplattform Biokraftstoffe zu bedenken, dass Biokraftstoffe für die Land- und Forstwirtschaft ein wichtiger Absatzfaktor seien und damit regionale Kreisläufe gestärkt würden. Zudem würden damit Alternativen für die teurer werdenden fossilen Kraftstoffe geschaffen. Nach wie vor notwendig seien dafür die beihilferechtlichen Genehmigungen der EU-Kommission.

Einsparungen machen nur einen kleinen Anteil aus

Kunz wies darauf hin, dass im Jahr 2020 in der Landwirtschaft 70 Mio. t CO2 angefallen seien, davon 6 Mio. t im Bereich Landmaschinen. Mit den richtigen Maßnahmen könnten im Agrarsektor bis 2030 insgesamt 1,5 Mio. t CO2 eingespart werden. Diese 1,5 Mio. t seien immerhin fast 11 % der im Klimaschutzgesetz geforderten gesetzlichen Einsparungen im Sektor Landwirtschaft bis 2030. Gleichzeitig müsse man aber auch berücksichtigen, dass diese 1,5 Mio. t nur 0,35 % der vom Klimaschutzgesetz in der revidierten Form der zulässigen CO2-Emissionen im Jahr 2030 in Deutschland darstellten. „Wir reden hier von statistischem Rauschen“, so Kunz. Was eingespart werden könne, habe auf die Bilanz nur eine geringe Auswirkung, sei aber dennoch nicht unwichtig.

Breiten Anreiz geben

Ministerialrat Dr. Werner Ortinger vom bayerischen Landwirtschaftsministerium gab zu bedenken, dass der Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe in der Landwirtschaft im Allgemeinen und von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft im Besonderen nur zum Teil ein technisches Problem sei. Vielmehr müssten geeignete wirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden; dann gebe es einen breiten Anreiz dafür. Mit dem CO2-Preis sei hier ein Anfang gemacht worden.

Ortinger forderte ein differenziertes Vorgehen; parallel zu den politischen Forderungen sollten zusätzlich andere Wege eingeschlagen werden. Vorgegangen werden sollte auf drei Ebenen: Auf der ersten Ebene sei ein Dreiklang aus Kommunikation, Kooperation und Konsens notwendig. Für die zweite Ebene nannte der Ministerialrat einen Zweiklang aus „Lessons learned“ und „Leute finden, die von der Idee begeistert sind“. Die dritte Ebene bestehe aus einem ausgefeilten Monitoring, auch, um aufzuzeigen, dass Biokraftstoffe eine ernstzunehmende Alternative zu fossilen Kraftstoffen seien.

Wertschöpfung verbessern

Den notwendigen Beitrag des Agrarsektors zum Klimaschutz zeigte Prof. Peter Pickel von John Deere auf. Landwirtschaft könne per Definition nur dann nachhaltig sein, wenn sie vom Verbrauch endlicher Ressourcen mit Treibstoffen fossilen Ursprungs unabhängig werde. „Der Einsatz von nachhaltigen Biokraftstoffen in der Land- und Forstwirtschaft steht und fällt allein mit der finanziellen Attraktivität“, betonte Pickel. Er sieht in der eigenständigen Produktion des benötigten Kraftstoffs in der Landwirtschaft die Chance, ein besonders werthaltiges Erzeugnis herzustellen. Das könne die Wertschöpfung in den landwirtschaftlichen Betrieben verbessern. Positiv für die Nachhaltigkeit sei auch eine möglichst dezentrale Erzeugung mit kurzen, geschlossenen Kreisläufen und eine sinnvolle Verwertung und Bewertung der Produkte, etwa des Rapspresskuchens.

Pickel plädierte dafür, die Landwirtschaft künftig energieneutral zu gestalten. Dafür müsse auch der Einsatz landwirtschaftlich erzeugter Kraftstoffe unterstützt und zugelassen sowie steuerlich gerecht behandelt werden. Es sei auch sinnvoll, die CO2-Einsparungen dem Landwirtschaftssektor zuzuordnen. Hinsichtlich der Befristung der steuerlichen Entlastung der Biokraftstoffe mahnte er langfristige Planungssicherheit an, damit die Landmaschinenhersteller und die Anwender in entsprechende Technologien investieren könnten. Darüber hinaus müsse die Zulassung alternativer Kraftstoffe im Rahmen der Motorhomologation kostenrelevant für Maschinenhersteller erleichtert werden. Das sei ein entscheidender Schritt, um die Technologie an den Markt zu bringen.

Methangastraktoren

Klaus Senghaas, Communications Manager bei der CNH Industrial Deutschland GmbH, berichtete, dass bei New Holland mit dem T 6.180 am 1. Juli dieses Jahres das erste Modell eines Traktors mit Methangasantrieb vom Band gerollt sei. Der CNH-Manager gab zu bedenken, dass komprimiertes Methangas (CMG) nicht bei jedem Schlepper eingesetzt werden könne. Daher konzentriere sich New Holland auf das Segment zwischen 130 PS und 180 PS; das seien in Deutschland etwa 5.000 Einheiten pro Jahr.

Wenn von diesem „Kuchen“ jährlich ein kleines Stückchen für CMG-Motoren abgeschnitten werden könne, dann sei es genau das Ziel, was New Holland erreichen wolle – die Landwirtschaft zu unterstützen und Biomethan weiter nach vorne zu bringen, so Senghaas. Es werde sich nicht lohnen, für einen einzelnen Landwirt eine Gasaufbereitungsanlage und eine Tankstelle für einen Traktor zu errichten. Den Einsatzbereich für den Methangastraktor sieht der CNH-Manager bei Biogasanlagenbetreibern, aber auch in Kommunen mit eigenen Kraftstoffanlagen und bei Erzeugern von Gemüse und Direktvermarktern.


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