Statt Flugzeugturbinen nun Axion-Getriebe

Der 26-jährige Henrik Burmester ist gelernter Fluggerätmechaniker. Heute fühlt er sich in der Landtechnikwerkstatt wohler als vorher auf der Flugzeugwerft.

Schmahl: Statt Flugzeugturbinen nun Axion-Getriebe

Quereinstieg: Henrik Burmester (26) ist gelernter Fluggerätmechaniker. Heute arbeitet er als Landmaschinenmechaniker bei der Schmahl GmbH & Co.

„Es ist ein schöner Moment, wenn ich nach getaner Arbeit noch kurz am Feldrand stehe und beobachte, wie der Kunde mit der von mir reparierten Maschine wieder seine Runden auf dem Acker dreht“, beschreibt Henrik Burmester einen besonderen Augenblick aus seinem Arbeitsalltag.

Burmester, 26 Jahre alt, ist Landmaschinenmechatroniker bei der Schmahl GmbH & Co mit Hauptsitz in Oldenburg (Holstein). Das Landtechnik-Unternehmen ist Claas Vertriebspartner. Es betreut die Region Ostholstein mit den Standorten Oldenburg und Woltersdorf und das westliche Mecklenburg von Upahl aus. Insgesamt sind unter der Leitung von Nicolaus von Fallois rund 120 Mitarbeitende beschäftigt. Die Kundschaft im Einzugsgebiet ist vielseitig. Sie reicht von Grünland- bis zu Ackerbaubetrieben mit sehr guten Böden. Die Landschaft ist für norddeutsche Verhältnisse hügelig.

Burmester ist in der Filiale Woltersdorf tätig. Hier arbeiten acht Gesellen, ein Vorführer, drei Auszubildende und ein Meister in der Werkstatt. Ursprünglich lernte Burmester den Beruf des Fluggerätmechanikers bei einer Fluggesellschaft in Hamburg. In seiner Kindheit und Jugend verbrachte er viel Zeit auf dem kleinen Nebenerwerbshof seines Onkels. Landtechnik aus den siebziger und achtziger Jahren prägte seine Jugend. Daher absolvierte er auch zwei Praktika bei Landmaschinenhändlern im Norden Hamburgs. Die weckten schon sein Interesse an dem Beruf des Landmaschinenmechatronikers. Dennoch faszinierten damals den jungen Schrauber die großen Turbinen und Sternmotoren der Flugzeuge mehr als Traktoren, Mähdrescher und Co. Nach dem Realschulabschluss bewarb er sich daher bei einer großen deutschen Fluggesellschaft und startete dort seine Ausbildung als Fluggerätmechaniker mit dem Schwerpunkt Turbinentechnik.

„Meine dreijährige Ausbildung ist eine sehr gute Basis für die Bearbeitung verschiedenster Werkstoffe. Ich kenne mich aus mit der Bearbeitung von Stahl, Aluminium und Verbundwerkstoffen“, erläutert Burmester rückblickend. Nach der auf drei Jahre verkürzten Ausbildungszeit startete er 2016 am Flughafen Fuhlsbüttel die Arbeit im Bereich der Turbineninstandsetzung und Wartung bei der gleichen Airline. „Es ist gigantisch, das große Schaufelrad einer Flugzeugturbine auszuwuchten. Die Dimensionen haben mich als junger Mensch echt beeindruckt“, berichtet er.

Schmahl: Statt Flugzeugturbinen nun Axion-Getriebe

Statt an Flugzeugturbinen ...

Schmahl: Statt Flugzeugturbinen nun Axion-Getriebe

... arbeitet Henrik Burmester jetzt an Claas Traktoren.

Seine Tätigkeit war regelmäßig und planbar. Start war um sechs Uhr am Morgen. Für den Weg zum Flughafen musste er eine Stunde Fahrt auf sich nehmen. Der Rückweg nach Hause dauerte wegen der Rushhour manchmal sogar länger. Die immer wiederkehrende gleiche Routinearbeit und die überschaubaren Möglichkeiten, ohne Studium beruflich weiterzukommen, veranlassten Burmester vor rund drei Jahren, sich nach beruflichen Alternativen umzuschauen. In den sozialen Medien stieß er dabei auf ein Stellenangebot der Firma Schmahl. Denn der Landtechnik war der junge Fluggerätmechaniker in seiner Freizeit immer treu geblieben. Auf dem elterlichen Hof restauriert er mit seinem Vater einen Schlüter Compakt 850 und einen Super 450. Mit Begeisterung für Motoren und Getriebe reparierte er die Oldies. Auch den T-Führerschein hatte er bereits in der Tasche.

Schmahl: Statt Flugzeugturbinen nun Axion-Getriebe

Bei der Firma Schmahl war man nach dem ersten Anruf von Burmester sehr interessiert aber skeptisch, ob man die Gehaltserwartungen erfüllen könnte. Doch schneller als gedacht wurden sich beide Parteien einig, berichtet Nicolaus von Fallois. Burmester startete nun als Landmaschinenmechatroniker in der Filiale Woltersdorf. Für den Einstieg in die moderne Landmaschinentechnik begleitete der junge Mann die ersten drei Monate einen erfahrenen Gesellen. Seitdem arbeitet Burmester mit eigenem Servicewagen, Werkzeug, eigenem Diagnoseset und Laptop. Er absolvierte im ersten Jahr mehrere Lehrgänge in der Claas Academy Steinhagen für die Traktoren Arion und Axion und ist mittlerweile in Woltersdorf Produktspezialist für Claas Traktoren. Aber auch auf den Lehrgang für den Lexion freut sich Burmester bereits.

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Die Schmahl Filiale Woltersdorf, Schleswig-Holstein, in der Burmester beschäftigt ist.

Zusätzlich zur saatengrünen Technik absolvierte er bei Küpper Weisser einen Lehrgang für Winterdiensttechnik und einen für Wartung und Reparatur von Amazone-Düngerstreuern und Spritzen.

Werkstattmeister Jörn Franck: „Henrik brachte viel eigenes Interesse mit, sodass ihm das Einarbeiten nicht schwerfiel“. Franck ist offen für berufliche Quereinsteiger. „Wir haben vor Henrik bereits einen gelernten Landwirt und einen Kfz-Mechatroniker erfolgreich in das Werkstattteam integriert.“

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Henrik Burmester hat sich auf Claas Traktoren spezialisiert.

Die Spannung bleibt

„Es ist spannend, morgens noch nicht genau zu wissen, welche Aufgaben mich an einem Arbeitstag erwarten. In der Flugzeugbranche war meine Tätigkeit so vorhersehbar wie am Fließband“, so Burmester. „Statt über zwei Stunden Arbeitsweg täglich brauche ich jetzt nur noch 20 Minuten morgens und abends nach Woltersdorf.“ Die Arbeitszeit beträgt 40 Stunden in der Woche im Wechsel zwischen Werkstatt und Außendienst. Eine neue Erfahrung war für ihn der direkte Kontakt mit den Kunden, den es in der Fluggerätwerkstatt nicht gab. Hier überwiegen seine positiven Erfahrungen deutlich. „Sicherlich gibt es auch Tage, die man vergessen kann: zum Beispiel die Reparatur auf der kalten zugigen Siloplatte im Nieselregen, rings um mich herum nur Berge von Maissilage...“ Die meisten Kunden würden ihn aber freundlich empfangen, denn schließlich komme er ja, um ein Problem zu beseitigen. Die Arbeit in einem überschaubaren Team mit Strukturen, die er selbst mit beeinflussen kann, erwähnt er als einen bedeutenden Vorteil gegenüber seiner vorherigen Arbeitsstelle.

Auch für seine Karriere in der Landtechnik hat er schon Pläne: Für 2025/26 ist er bereits an der Meisterschule in Lüneburg angemeldet. Auf die Frage, was ihm im Vergleich zu seiner vorherigen Arbeit einfällt, antwortet Burmester mit einem Augenzwinkern. „Statt Hämmerchen mit Schonbezug beim Airbus braucht man in der Landtechnik doch manches Mal Körperkraft und Vorschlaghammer!“


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