Zum 1. Oktober 2023 erweitert die Kotte Landtechnik GmbH & Co. KG ihre Geschäftsführung. Neben dem bisherigen Geschäftsführer und alleinigen (Familien-)Gesellschafter Dr. Stefan Kotte tritt Dr. Hendrik Schuchardt als weiterer Geschäftsführer und Gesellschafter in das Unternehmen ein. Mit diesem Schritt will sich das Unternehmen strategisch auf die vielfältigen aktuellen und zukünftigen Herausforderungen einstellen. Der bisherige Erfolgskurs soll mit der Erweiterung fortgesetzt und das Familienunternehmen mit zukunftsfähigen Strukturen weiterentwickelt werden. Die Wachstumsstrategie des Unternehmens soll vor allem in den Bereichen der Internationalisierung, der Digitalisierung, der Maschinen-Konnektivität sowie der Anwendung von KI im Bereich Flüssigmisttankwagen liegen.
Dr. Hendrik Schuchardt (35) ist in einer Stadtlohner Unternehmerfamilie aufgewachsen. Er studierte Management & Technology (TUM BWL) an der TU München. Seinen Berufseinstieg hatte er bei einer internationalen Prüfungs- und Beratungsgesellschaft. Hier promovierte er berufsbegleitend in Betriebswirtschaftslehre. Im Januar 2017 wechselte er zur Bernard Krone Holding SE & Co. KG, wo er zunächst als Assistent des Vorstands und insbesondere in strategischen Projekten des Familienunternehmens tätig war. Seit November 2020 war er für die nordamerikanische Vertriebs- und Servicegesellschaft Krone NA, Inc. in Olive Branch (USA) tätig. Dort war Schuchardt als Finanzchef verantwortlich für Finanzen, IT und Projektmanagement sowie für die strategische Weiterentwicklung der Gesellschaft mit eigenen Handelsstandorten zur Distribution von Krone Landtechnik in Nordamerika. Schuchardts familiärer Hintergrund als Gesellschafter des Unternehmens Lichtgitter in Stadtlohn ermöglicht ihm nun den Einstieg als Gesellschafter bei der Firma Kotte.
Die Firma Kotte in Rieste im Landkreis Osnabrück besteht seit 1892. Hier führen Dr. Stefan Kotte (52) und seine Mutter Maria das Unternehmen mit 135 Mitarbeitenden. Kotte hat zwei Geschäftsbereiche: den Landmaschinenhandel als Case IH Vertriebspartner und den Bau von Flüssigmisttankwagen mit gut 40 Millionen Euro Jahresumsatz und einem Marktanteil von 25 Prozent in Deutschland. Dabei erreicht die Exportquote 15-20 Prozent. Stefan Kotte trat nach dem Tod seines 60-jährigen Vaters 1998 in das Familienunternehmen ein, damals mit 35 Mitarbeitenden. Der Volkswirtschaftler hat zwei Kinder im Alter von 10 und 13 Jahren.
Der eilbote sprach exklusiv mit Dr. Stefan Kotte und Dr. Hendrik Schuchardt via Teams über die Ziele der neuen Partnerschaft.
eilbote: Herr Dr. Schuchardt, wie kam es zu diesem Entschluss, Ihren Job bei Krone aufzugeben und bei der Firma Kotte in Rieste einzusteigen?
Dr. Hendrik Schuchardt: Über einen langjährigen Freund unserer Familie aus Stadtlohn stellte sich der Kontakt zu Dr. Kotte her. Bei Krone hatte ich einen interessanten Job in den USA mit vielen Herausforderungen und einer guten Perspektive. Stefan und ich waren uns nach dem ersten Treffen sofort sympathisch, und wir überlegten, ob ein Einstieg von mir als geschäftsführender Gesellschafter in Rieste sinnvoll wäre. Die Familie Kotte hat mir die Möglichkeit geboten, vom Angestellten zum Mit-Unternehmer zu werden. Die Möglichkeit, diese Verantwortung zu übernehmen, reizt mich enorm.
Dr. Stefan Kotte: Weihnachten 2022 haben wir uns das erste Mal getroffen. Den Termin zur Vertragsunterzeichnung hatten wir dann bereits in der ersten Maiwoche 2023. Es ging ziemlich schnell. Bei allen Zahlen und Verträgen ist es aber am wichtigsten, dass man menschlich miteinander klarkommt.
Herr Dr. Schuchardt, warum das Invest in das Unternehmen Kotte?
Dr. Schuchardt: Zunächst einmal ist die Firma Kotte mit den zwei Geschäftsbereichen Handel von Landmaschinen sowie der Produktion von Flüssigmisttankwagen hervorragend aufgestellt. Kotte ist wirtschaftlich erfolgreich, bankenunabhängig und modern aufgestellt. Ich empfinde die Landtechnik grundsätzlich und die Gülletechnik im Speziellen als Zukunftsmarkt, in dem es national wie international noch viel Potenzial gibt. Am wichtigsten für mich waren jedoch der Unternehmer Stefan Kotte und seine Mutter Maria Kotte. Zwischenmenschlich passt es und ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam den bisherigen Erfolgskurs der Firma Kotte weiter fortsetzen werden.
Wie sind die Gesellschafteranteile verteilt? Und wie ist der finanzielle Hintergrund?
Dr. Kotte: Von Beginn an war Hendrik und mir klar, dass ein langfristiges und substanzielles Engagement nur mit einer entsprechenden Beteiligung möglich ist. Wir haben uns daher auf eine gleiche Verteilung der Gesellschafteranteile geeinigt.
Dr. Schuchardt: Ich gehöre als einer von mehreren Gesellschaftern der vierten Generation unseres Familienunternehmens in Stadtlohn, Lichtgitter, an, welches im stahlverarbeitenden Bereich tätig ist und sich auf die Herstellung von Gitterrosten spezialisiert hat. Hier bringe ich mich mit meinen Geschwistern sowie Cousins als aktiver Gesellschafter ein, bin aber nicht operativ tätig.
Sind eventuell gemeinsame Aktivitäten, zum Beispiel im Stahleinkauf, zwischen Kotte und Lichtgitter geplant?
Dr. Schuchardt: Nein, das ist nicht vorgesehen. Beide Unternehmen haben keine gemeinsamen Aktivitäten und agieren unabhängig voneinander.
Herr Dr. Kotte, Sie sind 52 Jahre alt und Dr. Schuchardt 35 Jahre. Ist diese Erweiterung des Führungsteams schon der vorbereitete Generationswechsel?
Dr. Kotte: Mein Vater erkrankte schwer mit 60 Jahren, sodass er das Unternehmen nicht mehr leiten konnte. Bei uns war damals die Nachfolge im Unternehmen nicht geklärt. Ursprünglich war es nicht mein Plan, die Nachfolge hier in Rieste anzutreten. Trotz des Sprungs ins kalte Wasser ist es mit Unterstützung meiner Mutter und des gesamten Teams gelungen, diese kritische Phase des Unternehmens zu meistern. Ich möchte frühzeitig die richtigen Weichen stellen, um auch Optionen offen zu halten. Meine Kinder sind noch recht jung; ich weiß nicht, ob sie ihre Zukunft in der Landtechnik sehen werden. Bei unserer aktuellen Entscheidung geht es nicht um einen Generationswechsel. Wir sehen es mehr als Zukunftssicherung des Unternehmens, vor allem im Sinne unserer Vertriebspartner.
Dr. Schuchardt: Die Aufgaben, die wir uns vorgenommen haben, erfordern auch mehr Arbeitskraft und Zeit.
Sie sprechen es an, was haben Sie sich für das Themenfeld Internationalisierung vorgenommen?
Dr. Kotte: Wir wollen zuerst in Europa stärker werden. Die EU-Typgenehmigung für Transporttechnik 2023 und Ausbringungstechnik 2024 erleichtert uns hier den Marktzugang. Dies zeigt zum Beispiel unser rasches Wachstum in Frankreich. Auch in Spanien, Norditalien und Osteuropa haben wir schon Vertriebspartner, die wir künftig weiter stärken wollen.
Dr. Schuchardt: Auch Nordamerika ist ein spannender Markt. Tendenziell wird auch hier mehr in Ausbringtechnik investiert.
Dr. Kotte: Unser Ziel ist es, unseren Exportanteil von aktuell rund 15 Prozent mittelfristig auf 50 Prozent zu steigern.
Was planen Sie im Bereich der Fertigung? Erlaubt beispielsweise eine höhere Stückzahl den Bau eigener Gestängelösungen?
Dr. Kotte: Die Vielfalt der Kundenwünsche ist so groß, dass wir weiterhin die Produkte der Premium-Hersteller Bomech, Vogelsang, Evers und TBL vollumfänglich anbieten werden. Aktuell bauen wir pro Jahr 500 Fahrzeuge, davon circa ein Drittel in der Transporttechnik. Die relativ standardisierte Transporttechnik möchten wir in eine gezogene Produktion umstellen. Das bringt 30-50 Prozent mehr Effizienz. Bevor wir in einen Neubau investieren, werden wir unsere Reserven mobilisieren.
Stichwort Digitalisierung?
Dr. Kotte: Big Data ist in unserem Technikbereich noch wenig vertreten. Es gibt noch zu wenige Daten, um über Künstliche Intelligenz Muster zu erkennen. Welche Erkenntnisse können wir frühzeitig ziehen, zum Beispiel für die vorbeugende Wartung? Was lässt sich daraus ableiten für die Standzeiten oder die Bestimmung von Verschleißteilen in der Gülletechnik? Hieran arbeiten wir in einem Netzwerk auch mit der Hochschule Osnabrück zusammen. Im Bereich der Konnektivität werden wir auf der Agritechnica zahlreiche Neuheiten vorstellen.
Dr. Schuchardt: Bei Krone war ich bei der Implementierung des Portals „myKrone Green“ in den USA involviert und habe viel gelernt. Für die vielfältigen Anwendungen vom Konfigurator bei der Auftragsgewinnung bis hin zur Predictive Maintenance im Service bietet der Markt viel Potenzial.
Wird es innerhalb der Geschäftsführung eine Aufgabenverteilung geben?
Dr. Schuchardt: Erst mal werde ich das Unternehmen, die Kunden und die Vertriebspartner kennenlernen. Eine Verteilung der Aufgaben ergibt sich dann mit der Zeit der Zusammenarbeit. Ich habe bisher im kaufmännischen Bereich, aber auch in der strategischen Marktentwicklung mit engem Kontakt zu Krone-Händlern Erfahrungen sammeln dürfen.
Wo sehen Sie die Kotte Landtechnik GmbH & Co. KG im Jahr 2030?
Dr. Kotte: Die politischen Rahmenbedingungen, wie die Vorschrift der deutschen Düngeverordnung, ab dem 1. Februar 2025 Gülle auf Grünland streifenweise auszubringen sowie die einstündige Einarbeitungspflicht auf unbestelltem Ackerland, sind Treiber für unseren Markt. Darüber hinaus werden die Vorgaben der NEC-Richtlinie (Reduzierung der Ammoniak-Emissionen bis 2030 um 29 Prozent), die geplante EU-weite CO2-Bepreisung (Verteuerung von mineralischem Dünger) sowie die deutliche Steigerung der Biomethan-Produktion signifikante Impulse für unseren Markt geben. Nicht zuletzt wird der Wettbewerbsdruck dafür sorgen, dass flüssiger organischer Dünger immer effizienter eingesetzt werden wird.
Mit den genannten Zielen ist es unser Plan, in den ersten ein bis zwei Jahren noch einige interne Projekte anzuschieben. Dann werden wir uns verstärkt um den Export kümmern. Die Märkte werden sich konsolidieren. Für uns sehen wir genügend Wachstumspotenzial mit unserem breit aufgestellten Produktportfolio aus Pumptankwagen, Vakuum-Güllewagen sowie Transporttechnik. Wir sind uns sicher, dass wir als unabhängiges Familienunternehmen weiter erfolgreich sein können.
Das Interview führte Bernd Pawelzik