Beim Agrardiesel bewegt sich nichts

Großkundgebung mit rund 30.000 Teilnehmern am Montag dieser Woche vor dem Brandenburger Tor in Berlin – Gespräche der Bauernvertreter mit Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP brachten keine konkreten Ergebnisse – Beim Agrardiesel keine Bereitschaft zu weiteren Zugeständnissen

Bauerndemonstrationen: Beim Agrardiesel bewegt sich nichts

Die Veranstalter zählten auf der Großdemo der Landwirte am Montag in Berlin rund 30.000 Teilnehmer.

Die Bundesregierung wird keine weiteren Abstriche an ihren Sparplänen zu Lasten der Landwirtschaft machen. Bundesfinanzminister Christian Lindner bekräftigte auf der Großkundgebung mit rund 30.000 Teilnehmern am Montag dieser Woche vor dem Brandenburger Tor in Berlin den Beschluss, die Agrardieselvergünstigung in drei Jahresschritten abzubauen. Er begründete das mit den dringend notwendigen Einsparungen, zu denen auch die Bauern einen Beitrag leisten müssten.

Der FDP-Politiker bot zugleich an, den Betrieben entgegenzukommen und Belastungen an anderer Stelle zu reduzieren. Konkret stellte Lindner in Aussicht, die Tarifglättung bei der Einkommensteuer nun doch zu entfristen und die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage zu prüfen. Offen zeigte sich der Minister für die Forderungen nach Bürokratieabbau. Er sprach sich dafür aus, planbare Perspektiven für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu schaffen, Auflagen für die Tierhaltung zu durchforsten, an Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse festzuhalten und auf die obligatorische Stilllegung von 4 % im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu verzichten.

Fauler Kompromiss

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, hatte zuvor erneut gefordert, die Streichung der Agrardieselbeihilfe vollständig zurückzunehmen. Die entschärften Sparpläne der Regierung bezeichnete Rukwied einmal mehr als „faulen Kompromiss“. Die Regierung habe es in der Hand: Ziehe sie die Agrardieselpläne zurück, seien die Traktoren wieder runter von der Straße. Schätzungen der Veranstalter zufolge lag die Zahl der Traktoren und Transportfahrzeuge in Berlin bei rund 10.000. Neben dem Transportgewerbe hatten sich auch Handwerkerorganisationen beteiligt, beispielsweise das Bäckerhandwerk. Rukwied bezeichnete die bislang größte Demonstration im Rahmen der Proteste gegen die Sparpläne als weiteres wichtiges Signal an die Berliner Politik, endlich einen Kurswechsel vorzunehmen. Es gehe letzten Endes um die Sicherstellung der Versorgung mit heimischen Lebensmitteln.

Ampelkoalition räumt Versäumnisse in der Agrarpolitik ein

Die Ampelkoalition räumte in Gesprächsrunden mit Bauernvertretern am Montag Versäumnisse in ihrer Agrarpolitik ein, lässt aber beim Agrardiesel keine Bereitschaft zu weiteren Zugeständnissen erkennen. Das ist das Ergebnis des Verbändegesprächs im Anschluss an die Großdemonstration am Montag, zu dem die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP eingeladen hatten. Zwar wies SPD-Fraktionschef Dr. Rolf Mützenich nach dem Treffen darauf hin, dass man bis zur abschließenden Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses am 18. Januar über den Entwurf der Bundesregierung für ein Haushaltsbegleitgesetz und die darin enthaltenen Sparvorschläge beraten werde.

Weder Mützenich noch seine Grünen-Kollegin Britta Haßelmann oder FDP-Fraktionschef Christian Dürr deuteten jedoch ein mögliches Entgegenkommen beim Agrardiesel an. Dessen ungeachtet will der Deutsche Bauernverband (DBV) nach den Worten seines Präsidenten Joachim Rukwied weiter das Gespräch mit der Ampel suchen. Man werde dabei eindringlich für eine Lösung werben. Sollte dies ergebnislos bleiben, werde man über weitere Schritte nachdenken, so Rukwied.

Keine Zusage für Tierwohlabgabe

Mützenich kündigte an, dass die Ampel bis zur Sommerpause einen Fahrplan für eine veränderte Agrarpolitik vorlegen werde. Dabei werde man sich an den Empfehlungen der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) orientieren. Für beide Vorlagen werde man konkrete Umsetzungsschritte formulieren, versicherte der SPD-Politiker. Dabei gehe es um Planungssicherheit und Entlastungen für die Betriebe. Wettbewerbsfragen würden ebenso aufgegriffen wie Entwicklungen auf dem Bodenmarkt und die Gemeinsame Agrarpolitik. Anlässlich der Debatte des Agrarberichts am 18. Januar im Bundestag will die Koalition einen entsprechenden Entschließungsantrag beschließen. Ob sich die Ampel auf eine Tierwohlabgabe zur Umsetzung des Borchert-Plans verständigen kann, blieb offen. Laut Haßelmann will man auch darüber diskutieren. Für die Liberalen stehen nach den Worten von Dürr faire Wettbewerbsbedingungen für landwirtschaftliche Unternehmer im Vordergrund.

Willkürliche Agrarpolitik

Der Verbandsvertreter begrüßten die Gesprächsbereitschaft der Koalition, zeigten sich aber wegen fehlender konkreter Ergebnisse ernüchtert. DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken bemängelte, dass es in der „Kernfrage Agrardiesel“ keine Bewegung gebe. Dem Präsidenten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Hubertus Paetow, zufolge haben die gegenwärtigen Demonstrationen die gleiche Ursache wie die Proteste von 2019, nämlich eine „nach Willkür gestaltete Agrarpolitik“. Umso dringlicher sei es, dass die ZKL-Leitlinien Eingang in die Politik finden. 


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