„Wer ernten will, muss säen – mehrere Jahre!“

Die italienische Gruppe Argo Tractors machte kurz vor Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland einen Restart. Wir blicken zusammen mit Geschäftsführer Günter Ordnung auf die letzten drei Jahre zurück und sprechen über die Projekte der Zukunft.

Argo Deutschland: „Wer ernten will, muss säen – mehrere Jahre!“

Die roten McCormick-Traktoren kommen aus dem Argo-Werk im norditalienischen Fabbrico.

Argo Deutschland: „Wer ernten will, muss säen – mehrere Jahre!“

Günter Ordnung (links) und Simeone Morra sehen in Deutschland noch Potenzial für Argo Tractors.

Dass der Neustart von Argo Tractors in Deutschland kein Spaziergang wird, das war Günter Ordnung bewusst, als er den Job bei dem italienischen Hersteller von Landini- und McCormick-Traktoren antrat. Ordnung war kurz nach seinem Berufsstart selbst Landmaschinenhändler, baute einen neuen Betrieb als John Deere A-Händler auf, verkaufte diese Liegenschaft an die BayWa und wechselte dann in die Claas-Vertriebsleitung für Süddeutschland. Er kennt somit beide Blickwinkel – die des Händlers und die des Herstellers.

Argo Vertriebschef Simeone Morra überzeugte Ordnung von der Ernsthaftigkeit seines Vorhabens, in Deutschland wirklich festen Fuß zu fassen. Auch mit der Zusage, mehrere Millionen in eine eigene Niederlassung zu investieren – für Ordnung eine wichtige Voraussetzung, um Vertrauen bei den hiesigen Händlern aufzubauen.

Bis dato war die Vertriebspolitik von Argo in Deutschland nicht kontinuierlich gewesen. Viele Händler hatten Kontakt mit der blauen oder der roten Marke der norditalienischen Traktorenbauer. Manche davon entwickelten sich erfolgreich und sind heute noch als Vertriebspartner eine feste Bank. Viele verloren aber auch die Lust – eine mangelnde Power im Händlerservice war vielleicht der Hauptgrund. So galt es, für das im Jahr 2020 unter Günter Ordnung aufgestockte Argo-Deutschland-Team auch, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.

In Mailing- und Werbekampagnen und vielen persönlichen Besuchen berichtet man über Argo-Tractors: Familienunternehmen – hohe eigene Fertigungstiefe – breites und weiter auszubauendes Traktorenprogramm – made in Italy – ertrags- und investitionsstark. Unter dem Motto „Die Freiheit, zu wachsen“ zeigte man auf, welche Chancen ein Traktorspezialist auch kleineren Händlern im Markt bieten kann.

Argo Deutschland: „Wer ernten will, muss säen – mehrere Jahre!“

Die Marke Landini ist besonders im Mittelmeerraum populär.

In Anzeigen – auch im eilboten – lud man die Händler zum Kennenlernbesuch in die Argo-Werke nach Norditalien ein – die Resonanz war sehr erfreulich. Doch dann schlug Corona zu. Vor allem Italien war schwer betroffen. Und die geplanten Reisen in die Firmenzentrale nach Fabbrico fielen aus. Die deutsche Charmeoffensive der Norditaliener wurde durch das Virus abrupt gestoppt.

Doch das Argo-Team fand Wege, auch unter erschwerten Bedingungen und mit eingeschränkten Möglichkeiten neue Kontakte zu knüpfen und bestehende zu intensivieren. Parallel machte man Hausaufgaben im After-Sales. Im Ersatzteilbereich kooperiert man heute zum Beispiel mit Granit. In der Garantieabwicklung gibt es die feste Zusage, Anträge bis 1.500 Euro innerhalb einer Woche zu begleichen. Mit Hochdruck suchte man einen Standort für die eigene deutsche Niederlassung. In Burg- oberbach bei Ansbach wurde 2021 der Grundstein für die neue Heimbasis von Argo Tractors Deutschland gelegt.

Am 22. März letzten Jahres feierte Argo die Eröffnung der Vier-Millionen-Euro-Investition. Ein 60 x 25 Meter großes Gebäude mit Verwaltung, Ausstellung, Trainingsraum, Ersatzteillager und einer angegliederten Werkstatt eines Argo-Vertriebspartners unter dem selben Dach. Mit Bedacht hatte man den Standort vom nur wenige Kilometer entfernten Triesdorf gewählt, dem größten landwirtschaftlichen Ausbildungszentrum in Deutschland.

Mittlerweile umfasst die Mannschaft von Argo-Tractors Deutschland gut 30 Mitarbeitende. Sie betreuen die Händler, wovon rund 80 zu den besonders aktiven zählen. „Wir geben auch jungen Firmengründern eine Chance“, berichtet Ordnung und verweist dabei auf die Finanzierungsmöglichkeit durch Argo über die gemeinsam mit der Bank De Lage Landen entwickelten Programme.

Auch kleinere Händler, die die Finanzierung von Inzahlungnahmen größerer Traktoren fürchten, können über das Modell der Argo-Competence Center eingebunden werden. Das Competence Center in Schleswig-Holstein arbeitet mit 15 angegliederten Betrieben bereits sehr erfolgreich. Dabei unterstützt das Center in Wartung und Service sowie Ersatzteilen vor Ort bis hin zur Gebrauchtmaschinenrücknahme. „Wenn wir als Newcomer in so einem wettbewerbsstarken Umfeld wie Deutschland einen Händler für unsere Marken begeistern wollen, müssen wir für ihn schon sehr attraktiv sein“, so Ordnung.

Wie andere Hersteller litt auch Argo in den letzten Jahren unter den Problemen in der Lieferkette. Die Traktoren für Deutschland kamen nicht so schnell wie gewünscht, Ausstellungsmaschinen und Vorführer aus Norditalien waren teilweise schwer zu bekommen. Das zeigt sich in der Zulassungsstatistik 2022. Statt der angepeilten 350 Traktoren gingen nur 251 in die Zulassung.

Allerdings hält sich der deutsche Argo Manager nicht gern lang in der Defensive auf und verspricht Besserung: „Erst recht vor einer Agritechnica – in Deutschland!“ Neue Modelle wie ein technisch solider Sechszylinder als X7 mit Xtra Shift sollen weiteren Schwung bringen. Das Jahr 2023 wollen die Burgoberbacher mit 500 Traktoren abschließen, 2025 sollen es bereits 1.000 sein.

„Wir sehen unser Potenzial auch bei Spezialtraktoren, wie zum Beispiel der Hochradversion oder im Kommunalbereich. Auch unser Raupenprogramm ist in Deutschland erst wenig bekannt. Warum muss man denn mit der Fernbedienung seiner Raupe beim Mulchen hinterherlaufen, wenn man bei uns für den gleichen Preis in einer klimatisierten Kabine draufsitzen und mitfahren kann?“ fragt Ordnung verschmitzt.

Argo Deutschland: „Wer ernten will, muss säen – mehrere Jahre!“

Der neue Argo Standort in Burgoberbach bei Ansbach.

Fahrer-Wettbewerb

Man müsse die Kunden auf die Traktoren bringen, damit sie diese „erfahren“ und danach „lieben lernen“, ist Ordnung überzeugt. Dafür startet Argo Tractors Deutschland im Frühsommer einen Traktor-Geschicklichkeitswettbewerb für Fahrerinnen und Fahrer. Auf dem Parcours am Argo Hauptsitz Burgoberbach wird der Gewinner ermittelt und auf der Agritechnica mit 5.000 Euro ausgezeichnet.

„Wer brauchen die Sichtbarkeit! Wir investieren regional in viele Messen und Veranstaltungen. Um ernten zu können, müssen wir säen – und das über mehrere Jahre!“, so der Geschäftsführer. Auch für die Argo Vertriebspartner gibt es einen Wettbewerb. Die Besten von ihnen gehen 2024 auf eine spannende Südafrika-Reise. Südafrika ist für Argo Tractors in Fabbrico interessanterweise nach Italien einer der bedeutendsten Einzelmärkte.

Dass die Argo-Händler die Arbeit von Günter Ordnung und seinem Team schätzen, zeigen die Ergebnisse des jüngsten Dealer Satisfaction Index vom Land-Bau-Technik-Bundesverband. Mit 15,1 Punkten verdrängte Argo den Platzhirsch Fendt von Rang 1 in der Händlergunst. Die Zeit des Welpenschutzes ist damit für Argo Tractors in Deutschland vorbei.

Argo Tractors – Traktoren designed and made in Italy

Argo ist ein italienisches Landtechnikunternehmen, heute bekannt durch die Markennamen McCormick, Landini und Valpadana.

Die Wurzeln der Marke Landini reichen bis ins Jahr 1884. In der italienischen Provinz Reggio Emilia eröffnete Giovanni Landini seine Schmiedewerkstatt. Nach Dampfmaschinen für die Landwirtschaft werden Traktoren mit Glühkopfmotor und ab 1956 auch mit Dieselmotor gebaut. 1960 übernahm Massey Ferguson Landini bis zum Jahr 1990. Die angespannte wirtschaftliche Situation von Massey Ferguson erforderte einen Verkauf von Landini an Finanzinvestoren. Im Jahr 1994 erwarb die Familie Morra die Mehrheit am Unternehmen Landini. Ein Jahr später übernahm man Valpadana, den Hersteller von isodiametrischen Traktoren, das sind kompaktere Traktoren mit vier gleich großen Rädern, die viel in Sonderkulturen eingesetzt werden. Mit Laverda kam im Jahr 2000 ein führender norditalienischer Mähdrescherhersteller unter das Argo-Dach. Im Zuge der großen Fusion von Case IH und New Holland zu CNH im Jahr 1999 mussten die beteiligten Unternehmen Teile abgeben. Argo erwarb in diesem Zusammenhang 2000 das englische McCormick-Traktorenwerk in Doncaster mit der Teilefertigung im französischen St. Dizier und gelangte so an die Markenrechte des Traditionsnamens McCormick. Einher gingen die Konstruktions- und Produktionsrechte der Baureihen C, CX und MX-C mit Vertriebsrechten in den europäischen Wirtschaftraum (EWR). Landini baut diese Traktoren sowie den MX Maxxum im EWR als Mc Cormick und außerhalb für CNH bis 2002.

Argo Deutschland: „Wer ernten will, muss säen – mehrere Jahre!“

Die Montagestraße im Werk Luzzara.

Ebenfalls an Argo ging die Case Großpackenpressenproduktion in Neustadt/Sachsen und das Laverda Mähdrescherwerk im italienischen Breganze. Hier wurden auch Pressen gebaut.

Mit Erwerb der Futtererntetechnik von Fella in Feucht war Argo auf dem Weg zum Long-Liner. Direkt neben dem Fella-Werk befand sich auch die damalige Niederlassung von Argo Deutschland. Der Longliner-Kurs war jedoch langfristig weniger erfolgreich. Das Werk Doncaster war nicht gewinnbringend. 2007 wickelte Argo Doncaster sowie St. Dizier ab und holte die Traktorenproduktion in das Argo-Werk Fabbrico. Seitdem produziert man in Norditalien blaue Landinis und rote McCormicks unter einem Dach.

Das Management konzentrierte sich jetzt voll auf die Traktorenproduktion und die Konsolidierung der Marke McCormick. Finanziell unterstützt wurde dieses Vorhaben durch den Verkauf von Fella und Laverda an den Agco-Konzern in zwei Tranchen. Die ersten 50 Prozent gingen 2007, die zweiten 2010 an Agco.

In der folgenden Dekade ordnete Argo Tractors S.p.A. sein Traktorenportfolio. Man baute die Palette bis zum Sechszylinder X8 aus, fast immer parallel als Landini und McCormick. Landini hat in Italien und im gesamten Mittelmeerraum eine hohe Bedeutung, besonders mit Schleppern für den Obst- und Weinbau. McCormick hat seinen Schwerpunkt mit PS-stärkeren Modellen eher in England, Frankreich und Deutschland.

Die Fertigungstiefe von Argo ist hoch. Alle Kabinen und ein Großteil der Getriebe werden in fünf Werken, alle in Norditalien, montiert. Man arbeitet mit den führenden Komponentenherstellern wie ZF, Carraro, Bosch-Rexroth und Topcon zusammen, die Motoren der meisten Modelle liefert FPT. Im Jahr 2020 kaufte Argo Tractors den italienischen Frontladerhersteller Sigma 4 dazu.

Argo Tractors ist je zur Hälfte Eigentum der Brüder Valerio und Pierre-Angelo Morra. Vielen Händlern bekannter ist der Sohn von Pierre-Angelo, Simeone Morra.

Im Jahr 2022 erwirtschaftete Argo Tractors S.p.A. einen Umsatz von 640 Mio. Euro mit einem EBIT von neun Prozent. Das Unternehmen verkaufte weltweit 13.500 Traktoren, die Produktionskapazität beträgt 22.000 Traktoren, es gibt somit noch Luft nach oben.

BP


Weitere Artikel zum Thema

weitere aktuelle Meldungen lesen