Die Stihl-Gruppe blickt auf herausfordernde acht Monate zurück. Von Januar bis August 2023 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 3,84 Milliarden Euro. Das entspricht einem Minus von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahrszeitraum. Ohne Kurseffekte wäre der Umsatz um 0,9 Prozent gewachsen. Die Belegschaft sank zum Stichtag 31. August 2023 um 0,5 Prozent auf 20.311 Mitarbeitende weltweit. Das deutsche Stammhaus, die Andreas Stihl AG & Co. KG, erzielte von Januar bis August 2023 einen Umsatz von 1,11 Milliarden Euro. Das entspricht einem Minus von 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Belegschaft stieg um 2,6 Prozent auf 6.004 Mitarbeitende. Davon arbeiten 4.266 in Waiblingen, 460 in Fellbach, 259 in Ludwigsburg, 921 in Weinsheim und 98 in Wiechs am Randen.
Die Gründe für die eingetrübte Geschäftsentwicklung sind laut Stihl vielfältig: Mit Wegfall der Corona-Maßnahmen fließen wieder mehr Konsumausgaben in Bereiche wie Tourismus, Kultur und Gastronomie. Zudem führen Konjunkturabschwächung, Inflation und Energiepreisentwicklung allgemein zu zurückhaltendem Konsumverhalten. Neben der weltweiten Kaufzurückhaltung wirken sich auch die gefüllten Lager des Fachhandels auf die Absatzentwicklung bei Stihl aus. Michael Traub, Stihl Vorstandsvorsitzender, betont: „Nach mehreren Jahren starken Wachstums befinden sich unsere Märkte 2023 in einer Phase vorübergehender Konsolidierung. Doch Stihl hat in der fast 100-jährigen Geschichte genügend Erfahrung in der Reaktion auf Schwankungen im operativen Geschäft. Unser Familienunternehmen ist langfristig ausgerichtet, und wir blicken zuversichtlich in die Zukunft.“ Weiter erklärt Traub: „Wir verfolgen ambitionierte Wachstumspläne und investieren weiterhin auf hohem Niveau, insbesondere in die Zukunftstechnologie Akku und in unseren weltweiten Produktions- und Vertriebsverbund.“ So wird Stihl den deutschen Stammsitz weiter ausbauen. Neben einer neuen Akku-Geräte-Fertigung plant das Unternehmen eine eigene EC-Motoren-Fertigung für Profi-Akku-Produkte in Waiblingen. Mit diesem Schritt wird die Wertschöpfungstiefe auch bei akkubetriebenen Geräten weiter erhöht.
„Erfreulich ist, dass unsere Akku-Strategie aufgeht und unsere Kundinnen und Kunden weltweit nach wie vor hohes Interesse an batteriebetriebenen Produkten haben. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben wir sowohl bei Akku-Motorsägen als auch bei anderen Akku-Motorgeräten und unserem Mähroboter positive Wachstumsraten erzielt“, sagt Michael Traub. „Auch einige regionale Märkte entwickeln sich erfreulich. Dennoch verzeichnen wir in Summe über alle Antriebsarten hinweg einen weltweiten Absatzrückgang.“ Da 90 Prozent des Stihl-Umsatzes außerhalb von Deutschland generiert wird, ist der internationale Markt sehr wichtig:
- Westeuropa liegt im Absatzvolumen unter dem Vorjahr. Die Nachfrage im Heimatmarkt Deutschland war geprägt von einem verspäteten Saisonstart mit einem nassen, kalten Frühjahr und anschließender Trockenheit. Entsprechend ging der Absatz zurück, der Umsatz bewegt sich auf dem Niveau des Vorjahres. Auch in Osteuropa ist die Nachfrage gesunken.
- Der Absatz in Nordamerika ist gesunken. Davon sind auch die USA als größter Einzelmarkt betroffen. Lateinamerika hingegen bewegt sich auf dem Vorjahresniveau. Brasilien, der größte Stihl Markt auf dem südlichen Kontinent, erzielte leichte Absatzgewinne.
- Afrika wächst weiter und verzeichnet ein Absatzwachstum. Insbesondere Südafrika entwickelt sich positiv.
- Asien verzeichnet insgesamt einen Absatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr. Der Einzelmarkt Indien liegt jedoch leicht über dem Vorjahresniveau.
- Ozeanien liegt beim Absatz unter dem Vorjahr, wobei Neuseeland ein Wachstum erzielt hat.
- Stihl hat nach eigener Aussage bereits seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine keine Geräte mehr nach Russland geliefert, den dortigen Importeuren wurde gekündigt. Aktuell laufen noch einige wenige Lieferungen, die sich aber vollständig auf Garantiefälle beziehen.
„Als unabhängiges Familienunternehmen mit einer hohen Eigenkapitalquote von über 60 Prozent können wir trotz einer kurzfristig herausfordernden Marktentwicklung weiterhin langfristig agieren und planen. Wir rechnen daher mit weiterem Wachstum, insbesondere im Akku-Segment, und investieren kräftig in die weltweite Stihl Gruppe“, erläutert der Stihl-Vorstandsvorsitzende. Zu den Maßnahmen zählen unter anderem die Erweiterung und Erneuerung des Portfolios – für Privat- als auch Profieinsatz – sowie die Entwicklung von leistungsstarken Ladelösungen für Akku-Produkte, insbesondere für das Profi-Segment, um ein reibungsloses Arbeiten über den ganzen Tag hinweg zu ermöglichen.
Außerdem ist die Entwicklung spezieller Produkte für Schwellenmärkte geplant, um das Marktpotenzial dort noch besser ausschöpfen zu können. In Indien etwa wird die Landwirtschaft gerade erst flächendeckend mechanisiert, viele Kleinbauern können sich jedoch keinen Traktor leisten. Kleingeräte aber wären finanziell einfacher zu stemmen, daher will Stihl dort mit speziell entwickelten Produkten wie Motorhacken, Pumpen, Generatoren oder Rückentank-Spritzen auf den Markt gehen.
Von mechanischen Bauteilen wie Schiene, Kette, Kettenraddeckel oder Gehäuse bis hin zu Elektronikkomponenten wie Akku-Pack oder Kabelbaum: Bereits heute entwickelt und produziert Stihl viele Komponenten für eigene Akku-Produkte selbst. Nun wird das Unternehmen erstmals auch EC-Motoren für die Profi-Akku-Produkte selbst fertigen. Der spezielle Motortyp wurde von Stihl entwickelt, bisher aber bei Partnern gefertigt. Das wird auch künftig noch eine Zeitlang so bleiben, die Fertigung im eigenen Haus soll langsam hochfahren. Nicht alle E-Motoren sind also ab 2025 Made in Waiblingen. Die Investitionssumme dafür liegt bei rund 17 Millionen Euro. 2025 wird zudem ein neues Werk in Rumänien eröffnet, das ebenfalls Akkus fertigen wird. Der neue Standort soll aber keinesfalls Arbeit aus Waiblingen abziehen, sondern zusätzliche Kapazität schaffen, da das Akku-Segment künftig stark wachsen wird. Außerdem möchte man durch mehrere Produktionsstandorte auf künftige Lieferengpässe flexibler reagieren können.
Aktuell fallen etwa 20 Prozent des Absatzes auf Akkugeräte. Bis 2035 sollen es 80 Prozent sein. Die dann verfügbare Technik soll kaum noch Benzin-Motoren benötigen. Die letzten Verbrenner werden nach Aussage der Stihl-Führung in den schweren Fällsägen sitzen. Welche Baureihen das genau sein werden, steht noch nicht fest. Gleichzeitig wurde betont, dass damit nicht der Abgesang des klassischen Zweitakters eingeleitet wurde, vielmehr strebe man die doppelte Marktführerschaft in Akku und Benzin an. Zum Thema Akku-Recycling forsche man bereits mit Partnern an künftigen Lösungen. Derzeit sollen Händler bereits defekte oder verschlissene Akkus zurücknehmen. Es gebe aber bisher kein Verfahren, das beispielsweise Elektrolyte so rein zurückgewinnen kann, dass sie wieder in neue Akkus fließen können. Stattdessen werden die recycelten Rohstoffe derzeit in weniger sensiblen Industrien verwertet, etwa in Rohstahlwerken. Das Akku-System mit anderen Herstellern zu teilen und so breitere Vereinheitlichung zu schaffen, sei für Stihl nicht machbar, da es zu viele Kompromisse bedeuten würde.
Händler müssen künftig umdenken
Stihl plant die Erweiterung der weltweiten Vertriebskanäle um E-Commerce-Lösungen und den Ausbau des weltweiten Fachhandelsnetzwerkes. Mit zunehmenden Akkugeräten (80 Prozent in 2035) geht bei Fachbetrieben das Servicegeschäft sicher stark zurück. Diese Prognose bestätigte auch die Stihl-Führung. Handwerklich nehme zwar das Geschäft mit der Installation von Rasenrobotern zu, vollständig kompensiert werden könnte das schwindende Servicegeschäft nach deren Aussage aber nur durch mehr Handelsumsatz, auch mit Zubehör und Schutzkleidung. Passend dazu wurde das Spielzeugsortiment des Stihl Markenshops durch eine Neuheit ergänzt, die in Kooperation mit Playmobil entstanden ist: das Sonderset Stihl Timbersports Edition. Es besteht aus zwei Sportler-Figuren, die die Motorsägendisziplin Hot Saw und die Axtdisziplin Standing Block Chop ausführen, sowie einem Kameramann. Banden, Scheinwerfer und Aufsteller runden das Wettkampfszenario ab. Damit möchte man auch auf die entsprechende Veranstaltung aufmerksam machen: Nach 2013 und 2016 kehrt die Weltmeisterschaft in diesem Jahr nach Stuttgart zurück. Bei den Wettkämpfen in der Porsche-Arena am 3. und 4. November werden 13.000 Zuschauende und ausverkaufte Ränge erwartet. Schon jetzt stehen nur noch wenige Restkarten zur Verfügung. Über 120 Top-Athletinnen und Athleten aus mehr als 20 Nationen werden die Wettkämpfe im Team und Einzel bestreiten.