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Übungen durch. Die Studierenden müssen die Versuche beschreiben einschließlich der Probleme, die auftauchen können, und Berechnungen durchführen“, erklärt der Hochschullehrer. Wie sich Prüfungen verändert haben Neben den Vorlesungen gibt es auch neue Arten von Prüfungen. „Wir haben Kollegen, die weiterhin schriftliche Prüfungen mit n Präsenz anbieten“, sagt Spomer. Sie war selbst einmal als Aufsicht bei einer dieser Prüfungen dabei. Das Tragen einer FFP2-Maske über 90 Minuten war für sie schon sehr anstrengend. „Ich habe große Achtung von den Studierenden, die sich dabei auch noch konzentrieren mussten“, urteilt sie. Sie selbst ist dagegen zu einem „Portfolio“ genannten System übergegangen. Hierbei besteht die Prüfung aus verschiedenen Teilen, die alle zu einem gewissen Prozentsatz zur Note beitragen wie zum Beispiel ein Online-Quiz, eine Hausarbeit und eine Fallstudie. Kath-Petersen hat dagegen alle Prüfungen mit laufender Kamera mündlich durchgeführt. Das hat auch gut funktioniert, stellt er fest. Wie die Studierenden die Situation erleben Für Julia Richter fehlt bei vielen Gesprächen oder virtuellen Gruppentreffen die Gestik, Mimik und andere Körpersprache. Sie studiert Eventmanagement und Technik an der THM in Gießen und hat damit auch Vorlesungen bei Prof. Spomer. Sie arbeitet gerade an ihrer Bachelorarbeit. Außerdem ist viel Selbstorganisation nötig, weil die festen Vorlesungszeiten fehlen – gerade, wenn man mit dem Studium anfängt. Sie hat gute Erfahrungen damit gemacht, sich einen festen Zeitplan zu machen, damit das Studium nicht in den Hintergrund rückt. Vorteil der digitalen Version aus ihrer Sicht: Der Lerneffekt ist größer, weil sie sich mehr mit dem Stoff auseinandersetzen muss: das Vorlesungsvideo anschauen, das Skript dazu durcharbeiten und so weiter. Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung: Sie kann Studentenjob und Vorlesung besser unter einen Hut bekommen. „Ich arbeite jetzt vormittags und beschäftige mich nachmittags mit dem Uni-Stoff“, sagt sie. Für sie sind aufgezeichnete Videos daher sehr hilfreich. Benedikt Vilbusch, Student am Institut für Bau- und Landmaschinentechnik (IBL) an der TH Köln, kann das bestätigen. „Aufzeichnungen kann man sich immer wieder anschauen, zurückspulen, wiederholen“, nennt er den Vorteil. Diese Art der Vorlesungen gab es in einigen Fächern an der TH Köln schon vor der Pandemie, daher war es nicht ganz neu für die Studierenden. Gerade bei Landtechnikbegeisterten bringt es aber auch eine gewisse Gefahr mit sich: „Ich kenne einige, die beim Lohnunternehmer arbeiten. Sie haben sich einige Vorlesungen während der Arbeit auf dem Traktor angeschaut“, sagt er. Ablenkungsgefahr ist groß Hier rät er wie Julia Richter dazu, sich mehr auf die Studieninhalte zu fokussieren, die Woche für das Studium freizuhalten und zu einem geregelten Alltag zu kommen – auch, wenn man von zuhause aus studiert und die Ablenkung groß ist. Fortsetzung von Seite 25 Als großen Nachteil sieht er den Wegfall der Praktika mit Bezug zu den Maschinen. „Vieles muss man selbst erleben, das geht nicht nur per Video“, weiß er aus eigener Erfahrung. Für die Konferenzen via Zoom & Co. spricht aus seiner Sicht die räumliche Unabhängigkeit. So konnte er bei einer Dienstreise, die ihn als Werkstudent in die Ukraine geführt hatte, mal eben eine Präsentation aus einem Konferenzraum halten. „Sie war wichtig für die Prüfungsnote. Ohne die Online-Variante hätte ich ein Problem gehabt“, sagt er. Auch viele Projekte, an denen mehrere Kommilitonen beteiligt waren, ließen sich gut digital organisieren, vor allem, wenn sie sich über das ganze Semester erstreckten. Sowohl Julia Richter als auch Benedikt Vilbusch sehen ein großes Problem für Erstsemester, die sich noch nicht kennen und die gleich mit Online-Vorlesungen beginnen. „Wir von der Fachschaft wollen jetzt dabei helfen, dass die Einsteiger sich schnell vernetzen können“, stellt er in Aussicht. Julia Richter hört die Veranstaltungen von Frau Prof. Spomer. Für Studierende ist viel Selbstorganisation nötig. Was die Professoren feststellen Prof. Spomer hat festgestellt, dass sich einige Studierende mit der neuen Welt noch schwer tun. Einige trauen sich nicht, ihre Kamera einzuschalten, weil sie zum Beispiel ihr privates Wohnumfeld nicht preisgeben wollen. Oder sind gehemmter beim Fragenstellen. Wie Umfragen von ihrem Fachbereich ergeben haben, finden die Studierenden die aufgezeichneten Vorlesungen besser, vor allem, weil sie zeitlich flexibler sind oder diese auch mehrmals anhören können. Auch Kath-Petersen würde sich wünschen, dass sich die Studierenden mehr einbringen und Fragen stellen. „Das ist im Vergleich zur physischen Vorlesung deutlich weniger“, hat er festgestellt. Was sich auch verbessern muss, ist die Internetverbindung gerade auf dem Land. Da gibt es noch einige Defizite. Trotzdem hat sich einiges zum Positiven verändert. „Weil viel Reisezeit wegfällt, kann man am Tag mehr Dinge erledigen.“ Das betrifft zum Beispiel Schulungen bei Firmen. Er hält es für möglich, dass ein Teil der coronabedingten Sonderlösungen auch später Bestand haben könnte. Das betrifft unter anderem Gruppentreffen oder andere Besprechungen, gerade, wenn es nur kurze Treffen sind. „Es ist schon toll, dass wir jetzt gesehen haben, welche technischen Möglichkeiten es auf dem Markt gibt“, so Kath-Petersen. Hinrich Neumann n n n Adobe Stock/momius 26 | on track | 2021 Privat


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