Die Rollhacke – ein Klassiker neu entdeckt

Die Rotary Hoe oder Rollhacke arbeitet vollflächig, reihen- und richtungsunabhängig. Jan Hinrich Löken vom Industriehof Scherenbostel beschreibt die Möglichkeiten dieses über hundert Jahre alten Werkzeugs.

Werkzeuge: Die Rollhacke – ein Klassiker neu entdeckt

Die Rollhacke erlaubt Arbeitsgeschwindigkeiten zwischen 15 und 20 km/h.

Werkzeuge: Die Rollhacke – ein Klassiker neu entdeckt

Aufbau der Rollhacke: Tragarme (rot), Spiralfedern (gelb), Rollsterne (blau) und das freigelagerte Pendel (grün).

Als ich die „Rotary Hoe“ oder Rollhacke das erste Mal auf einer Vorführung zum Thema Hacktechnik gesehen habe, war diese Form der mechanischen Beikraut-Regulierung für mich nicht mehr als ein Nischenprodukt, was eigentlich nur in einigen wenigen Kulturen eingesetzt werden kann. Erst als ich mich – im Zuge der Aufnahme in unser Portfolio – näher damit beschäftigte, stellte ich fest, wie enorm das Einsatzspektrum doch sein kann.

Ursprung

Die Rollhacke ist bereits seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in Nordamerika im Einsatz. Anfänglich war ihr Zweck allerdings nur das Aufbrechen von Verkrustungen der Ackeroberfläche. Die Bauform der Maschinen hat sich seitdem leicht verändert, die Arbeitsweise ist jedoch die Gleiche geblieben. Durch die heutige Bauform eignet sich die Rotary Hoe für viele verschiedene Kulturen.

Aufbau

Die Hacke besteht aus einem, meist rechteckigen Rahmenrohr, an welches Tragarme (rot) über Wellen angebracht werden. Diese Tragarme wiederum sind mit Spiralfedern (gelb) ausgestattet, die einen gewissen Andruck erzeugen sollen. Die Arme führen an ihrem unteren Ende jeweils zwei Rollsterne (blau), die auf einem frei gelagerten Pendel (grün) vor und hinter dem Arm angeordnet sind. Dies sorgt für eine optimale Anpassung an Bodenunebenheiten bei gleichbleibendem Andruck. Die Sterne selbst haben Zinken, die am äußeren Ende löffelartig ausgeformt sind. Durch die flexibel angebauten Tragarme könnte das Gerät – rein theoretisch – auch an alle möglichen Reihenweiten angepasst werden. Grundsätzlich ist aber die vollflächige, reihen- und richtungsunabhängige Bodenbearbeitung der große Vorteil der Maschine. Denn hier findet auch in der Reihe eine Bearbeitung statt, die bei einer Standard-Hacke nur mit zusätzlichen Werkzeugen, wie beispielsweise Fingerrädern, möglich ist.

Arbeitsweise

Die Löffel dringen in den Boden ein, lockern ihn auf und werfen Erde und kleine Beikräuter im Fädchen-Stadium auf die Oberfläche, wo diese dann vertrocknen. Größere Kräuter können jedoch nicht mehr auf diese Art freigelegt werden, diese werden nur zerteilt. Auch lohnt es sich, diesen Arbeitsgang bei starker Sonneneinstrahlung vorzunehmen, da hier die entwurzelten Kräuter keine Chance haben, noch einmal anzuwachsen bevor sie verdorren.

Des Weiteren werden verkrustete Bodenschichten aufgebrochen und gelockert. Hierdurch wird auch die Bodengare mit Sauerstoff und Nährstoffen angereichert und ermöglicht so schon in der frühesten Phase des Wachstums einen idealen Nährboden für die Kulturpflanzen. Auch für das Entwässern von Flächen im Frühjahr sowie für das kulturschonende Einarbeiten von Gülle oder Substratdünger auch in der stehenden Kultur ist die Rollhacke sehr gut geeignet. Zudem ist auch eine vorbeugende Unkrautbekämpfung vor dem Ausbringen der Kultur eine kosteneffiziente Möglichkeit, die Rotary Hoe zum Einsatz zu bringen.

Die Arbeitsgeschwindigkeiten, welche mit dieser Maschine erreicht werden können, liegen zwischen 15 und 20 km/h. Dies ermöglicht, in Kombination mit großen Arbeitsbreiten, sehr große tägliche Hektarleistungen und damit auch eine hohe Effizienz. Einzig ein Wermutstropfen bleibt, die spitzen Löffel und rotierenden Sterne nehmen alles Mögliche auf, was nicht auf den Acker gehört. Plastik (-Folien), Schnüre, Drähte und andere anorganische Rückstände. Dies bedeutet einen täglichen Reinigungsaufwand nach der Arbeit auf dem Acker und kann zur Beschädigung an den Lagereinheiten führen, wenn es einfach ignoriert wird. Aber auch hier sieht der Praktiker einen Vorteil: Alles, was ich abends aus der Maschine pulen muss, verschmutzt nicht mehr meinen Acker. Somit leistet die Rotary Hoe ganz nebenbei auch noch einen weiteren kleinen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz.

Anwendungsgebiete

Die Hauptanwendungsgebiete hier bei uns in Europa sind Mais, Getreide, Leguminosen, Sonnenblumen und Rüben. Vereinzelt wird die Hacke jedoch auch in Dammkulturen wie Kartoffeln eingesetzt, um Oberflächenverkrustungen auf den Dämmen aufzubrechen. Bedingt durch die Bauform und die Tatsache, dass mit dieser Maschine eine vollflächige Bearbeitung erfolgt, kann die Hacke in aufgegangenen Beständen nur bis zu einer gewissen Pflanzengröße eingesetzt werden, da hier sonst die Nutzpflanzen von den Aufnahmen der Sterne beschädigt werden können. Ein weiterer Vorteil bei der Bearbeitung ist die Bearbeitungsrichtung. Diese kann, je nach Kultur, auch quer zur Saatreihe ausgerichtet sein. In der Regel kann in den Kulturen bis zur Bestockung gearbeitet werten. Auch ist beispielsweise beim Mais darauf zu achten, dass nicht zu viel von dem aufgeworfenen Boden in die Blattachseln der Pflanze transportiert wird. Für Kulturen mit großen bodennahen Blättern ist die Rotary Hoe nicht geeignet, da hier ein zu großer Schaden am Blattwerk angerichtet werden kann und die Pflanze dann in ihrem Wachstum gehemmt wird.

Fazit

Alles in allem ist die Rotary Hoe eine vielseitig einsetzbare und effiziente Maschine, welche auch bei konventionellen Betrieben ihre Schlagkraft ausspielen kann. Ohne chemische Rückstände, reihenunabhängig, schnell und zugkraftsparend Beikräuter regulieren und die Bodengare anreichern. All das sind die Stärken der Rollhacke. Angesichts der großen und noch steigenden Nachfrage nach Segmenten für diese Maschinen ist zu vermuten, dass wir erst am Anfang einer Renaissance dieser über hundert Jahre alten Technik stehen.

Verbundprojekt – KINERA soll die Feldbestellung von Getreide optimieren

„Künstliche Intelligenz für eine effiziente und resiliente Agrartechnik“ (KINERA) ist der Titel eines Verbundprojektes unter der Koordination von Jun.-Prof. Dr. Anthony Stein. Es beschäftigt sich damit, wie mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) die Bestandes- etablierung, also die Bodenbearbeitung, Saatbettbereitung und Aussaat mit besserer Auslastung, robuster und bedienbarer gestaltet werden kann. KINERA wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit insgesamt rund 1,4 Millionen Euro gefördert. Davon erhalten drei Fachgebiete der Universität Hohenheim etwas mehr als 914.000 Euro – ein Schwergewicht der Forschung dort.

Das Potenzial komplexer High-Tech-Landmaschinen kann in der Praxis oft nicht voll genutzt werden. Neben ihrer Komplexität spielen dabei auch nicht steuerbare Einflüsse, wie beispielsweise das Wetter, aber auch die Zuverlässigkeit der Datenverbindung eine Rolle. „Durch unsere Forschung möchten wir zum einen die Auslastung der Maschinen erhöhen und ihre Bedienkomplexität reduzieren“, erklärt Jun.-Prof. Dr. Stein. „Zum anderen suchen wir nach Lösungen, die den Praxiseinsatz insgesamt resilienter machen, also die Betriebsfähigkeit eines digitalisierten ackerbaulichen Landwirtschaftsbetriebs trotz Störungen aufrechterhalten können.“

Das im April 2021 gestartete Verbundprojekt KINERA fokussiert darauf, die Feldbestellung von Getreide zu optimieren: Am Beispiel einer modernen Bestellkombination soll der gesamte Prozess zur Etablierung eines Bestandes betrachtet werden. „KI ist hier besonders gut geeignet, um die hohe Komplexität des Maschineneinsatzes beherrschbar zu machen. Wir können so die wichtigsten Einflussparameter identifizieren und die Maschinenkonfiguration anschließend optimal an die wahrgenommene Situation anpassen“, fährt Jun.-Prof. Dr. Stein fort.

Dafür betrachten die Forschenden alle Ebenen: Angefangen bei der Maschinenebene über die betriebliche bis hin zur überbetrieblichen Ebene. So beschäftigen sie sich unter anderem damit, wie die weitgehend auf digitalen Methoden basierende Funktionalität der Maschinen aufrechterhalten werden kann, wenn die Datenverbindung zur Cloud abreißt und für die Maschinen keine Daten mehr verfügbar sind.


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