Negative Stützlasten sind brandgefährlich

Hecklastige Bodenbearbeitungsgeräte beim Ausheben, Muldenkipper beim Abkippen mit geschlossener Heckbordwand – Beispiele für negative Stützlasten

Walterscheid Werkstatt-Tipp 4: Negative Stützlasten sind brandgefährlich

Auswirkungen negativer Stützlast beim Abkippen können Fahrer und Gespann gefährden.

Walterscheid Werkstatt-Tipp 4: Negative Stützlasten sind brandgefährlich

Hier hat die Belastung den Niederhalter zerstört.

In den vorausgegangenen Beiträgen haben wir Ihnen Tipps zur Pflege und Wartung von Zugkugel 80-Systemen gegeben, mit denen Sie selbst direkt Einfluss auf die Haltbarkeit Ihrer Einrichtung nehmen können. Einen weiteren wichtigen Aspekt für Sicherheit und Funktionalität von Verbindungseinrichtungen bilden die auftretenden Kräfte, welche während der Straßenfahrt und Feldarbeit auf die Kupplungsverbindung einwirken.

Bedienfehler beim An- und Abkuppeln und die Überschreitung der technisch möglichen Bewegungswinkel sind häufig Ursachen für Überlastungen. Diese können sowohl horizontal als auch vertikal auftreten.

Horizontale „Überbelastungen“ entstehen bei Kurven- und Rückwärtsfahrten sowie Rangierarbeiten, wenn es zum Beispiel zu Kollisionen zwischen Deichsel und Unterlenkern oder den Hinterreifen kommt. Diese Auswirkungen auf das Kugel 80-System erläutern wir einem gesonderten Beitrag.

Walterscheid Werkstatt-Tipp 4: Negative Stützlasten sind brandgefährlich

Auswirkungen negativer Stützlast sind lebensgefährlich.

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Hakenliftgeräte sind wegen der auftretenden negativen Stützlasten beim Aufnehmen besonders kritisch.

Bei der vertikalen Belastung sind Kräfte gemeint, die auf das System nach unten einwirken, kurz auch Stützlast genannt. Hier gibt es seitens der Gesetzgebung (StVZO §43 Abs.14 Pkt. 44) definierte Höchstwerte, die nicht überschritten werden dürfen. Sprechen wir bei Transportanhängern in der Untenanhängung (Kuppelpunkt unterhalb Zapfwellenstummel) von max. 4.000 kg Stützlast bis zu einer maximalen Geschwindigkeit von 40 km/h, so ist die Stützlast in der Obenanhängung (Kuppelpunkt oberhalb Zapfwellenstummel) auf maximal 2.000 kg begrenzt.

Die anliegende Stützlast hat großen Einfluss auf die Fahrdynamik des Gespanns. Sie wirkt bei Feldarbeiten wie eine zusätzliche Ballastierung der Hinterachse des Traktors, der dadurch wiederum eine bessere Traktion auf den Untergrund erreicht.

Wirkt die vertikale Belastung nach oben, spricht man von „negativer Stützlast“. Beim Befahren öffentlicher Straßen darf diese seitens der Gesetzgebung nicht auftreten. Die Hersteller von Anhängern oder Geräten unterliegen entsprechenden Auflagen, ihre Technik so zu gestalten (zum Beispiel durch die Anordnung der Achsen), dass bei Straßenfahrten keine negativen Lasten auftreten. Wirkt eine „negative Stützlast“ auf den Niederhalter der Verbindungseinrichtung, beeinflusst dies kritisch die gesamte Fahrdynamik des Gespanns, weil die Hinterachse entlastet wird und das Zugfahrzeug nur schwer lenkbar ist. In Kombination mit höheren Fahrgeschwindigkeiten ist ein solcher Zustand unbeherrschbar.

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Wenn das Ladegut beim Abrutschen stockt, wird die Kalotte nach oben gedrückt.

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Schwer bepackt: Beispiel abnormaler Stützlast.

Ein Hakenliftgerät als Praxisbeispiel:

Hakenliftgeräte ermöglichen das Ab- und Aufsatteln von Containern. Diese sogenannten Gleitabrollbehälter haben je nach Volumen bis zu 40 Kubikmeter Rauminhalt und ein entsprechend hohes Gewicht. Wird ein befüllter Behälter ohne wirksame hintere Abstützung (das ist die Regel) auf die Wechselbrückenplattform gezogen, wirken in dem Moment, wenn dieser den Kipppunkt erreicht, hohe negative Stützlasten am Niederhalter der Verbindungseinrichtung. Jeder Millimeter Spiel zwischen Kugelkalotte und Niederhalter führt dazu, dass sich diese Kräfte schlagartig auf dem Niederhalter entladen. Dies kann zu Verformungen bis hin zum Bruch des Niederhalters führen. Für den Fahrer stellt eine entkoppelte und sich zur Kabine hinbewegende Deichsel eine große Gefahr dar, da dieser sich in unmittelbarer Nähe befindet.

Weitere Beispiele für das Auftreten von negativen Stützlasten sind das Abkippen von Mulden bei geschlossener Heckbordwand, Bodenaushub, der an der Mulde haftet, ruckartiges Anfahren mit Mulde in Kippstellung, Rückwärtsfahren gegen schräg ansteigende Silos mit Ladewagen, hecklastige Bodenbearbeitungsgeräte beim Ausheben am Vorgewende oder beim Verfahren von Transportstellung in Arbeitsstellung, Güllefässer mit nachgerüsteten Einarbeitungsgeräten, Holzrückewagen mit Kran auf der Deichsel montiert und Abstützungen vorn.

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Die Walterscheid Prüfkalotte zeigt, ob die Niederhalteeinrichtung verformt ist.

Negative Stützlasten treten bei unterschiedlichen Gerätekombinationen und Arbeitssituationen auf. Nicht beim Fahrbetrieb auf der öffentlichen Straße (Geschwindigkeit hoch), wohl aber beim Ausführen oder Vorbereiten auf die eigentliche Tätigkeit zum Beispiel bei der Feldarbeit auf dem Acker (Geschwindigkeit niedrig) oder auf der Baustelle. Dort erfahren die Niederhalter am Kugelsystem 80 dann ihre Vorschädigungen, welche beim folgenden Betrieb auf der öffentlichen Straße (Geschwindigkeit hoch) zum Ausfall führen.

Niederhalter werden für negative Stützlasten entsprechend technischer Anforderungen mit mindestens 0,6 x D-Wert dimensioniert (das entspricht mindestens 7,2 Tonnen). Größere Lasten können Verformungen verursachen, welche den Austausch des Niederhalters, nach vorausgegangener Diagnose des kompletten Kugelsystems 80, erfordern.

Um festzustellen, ob Niederhalteeinrichtungen verformt oder vorgeschädigt sind, bietet Walterscheid eine Prüfkalotte an. Diese unterstützt herstellerunabhängig die Funktionsprüfung und Diagnostik.

Auch nach der Lektüre dieses Beitrages sollten Anwender verinnerlichen, dass Verbindungseinrichtungen mehr aushalten müssen als auf den ersten Blick erkennbar ist. Missbräuche und Fehlanwendungen führen zum Ausfall, manchmal auch mit tödlichen Folgen.


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